Wie geht es Gott?

Rund um Bibel und Glaube
Benutzeravatar
Tyrion
Beiträge: 828
Registriert: Mo 21. Nov 2016, 00:24

#391 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Tyrion » Mi 8. Feb 2017, 22:28

Halman hat geschrieben:Darin entfaltet sich die vielgestaltige "Klangwelt" der Bibel, mit all ihren Spannungen und ringt im innerbiblischen Dialog, indem sich die Bibel selbst ins Wort fällt, um die Gotteswahrheit.

Ein toller Satz. Widersprüchlichkeiten, Dualismus zwischen Gewaltverherrlichung und Pazifismus, Gegensätze von "steinigt ihn/sie" und "du sollst nicht richten", all das soll helfen, eine "Gotteswahrheit" zu erkennen.

Kann Gott keinen Klartext reden?

JackSparrow hat geschrieben:Weil Menschen Herdentiere sind und sich ohne einen Führer unwohl fühlen, der Bibel-Jesus aber für Leute, die gern irgendwie "besonders" wären und sich unbedingt vom sogenannten "Mainstream" abgrenzen wollen, unter den gegeben Alternativen (Islam, Buddhismus, Kommunismus, Nationalsozialismus, Veganismus, ...) noch die bequemste Möglichkeit darstellt und mit den geringsten Einschränkungen verbunden ist.

Nein, glaube ich nicht. Es liegt am Kulturkreis. All die, die den einzig wahren Glauben "gefunden haben", wurden doch genau so erzogen. Es mag sein, dass die Protagonisten erst später wirklich intensiv geglaubt haben. Wären sie aber anderswo aufgewachsen und sozialisiert worden, wären sie jetzt ebenso glühende Moslems, Hindus oder was weiß ich und würden sehr gut argumentieren können, warum ihr Glaube der einzig wahre ist und sich alle anderen irren müssen. Welchem Führer sie sich unterordnen, ist kein Zufall. :engel:

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#392 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von JackSparrow » Mi 8. Feb 2017, 22:32

Novalis hat geschrieben:Die größte Weltreligion dieses Planeten ist bekanntlich der Egoismus.
Eben. Ohne egostische Wünsche nach ewigem Leben, Erleuchtung, himmlischen Belohnungen oder Beziehungen zu übernatürlichen Wesen hätten ja auch alle Religionen schlechte Karten. Allein der Egoismus seiner Anhänger macht das Alpha-Tier zum Alpha-Tier...

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#393 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Novas » Do 9. Feb 2017, 00:13

JackSparrow hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Die größte Weltreligion dieses Planeten ist bekanntlich der Egoismus.
Eben. Ohne egostische Wünsche nach ewigem Leben, Erleuchtung, himmlischen Belohnungen oder Beziehungen zu übernatürlichen Wesen hätten ja auch alle Religionen schlechte Karten. Allein der Egoismus seiner Anhänger macht das Alpha-Tier zum Alpha-Tier...

Erleuchtung oder Heiligkeit bedeutet sicher nicht, dass der Mensch sein Ego nur den Anstrich einer geistlichen Glorie verleiht. Das wäre nur Scheinheiligkeit. Die christliche Mystik spricht von eine wirklichen Erfahrung der universalen Liebe zu allen Wesen und zur ganzen Schöpfung, in die ein Mensch gelangen kann. In die er erwachen und hinein reifen kann, wie ein Baum zum Licht der Sonne empor wächst. Dann erfährt er sein Leben nicht als geringer, sondern als größer. Du verlierst nicht etwas, sondern Du gewinnst etwas. Die Wahrheit ist, dass der Mensch, wenn er sich nicht zum anderen hin öffnet, innerlich verkümmert, verwest und verkrüppelt. Er trennt sich auf diese Weise selbst von jenem Leben in Fülle und Überfluss, von dem Jesus gesprochen hat. Der Mensch trägt diese Sehnsucht nach Selbstüberschreitung in sich. Im Grunde finden wir erst wirklich uns selbst, unser wahres Selbst und Sein, wenn wir uns selbst überschreiten. Das ist es, was die Religion seit alters her „Liebe“ nennt.
Die Botschaft der Bibel kann man im Grunde so zusammenfassen: wenn wir uns der Selbsttranszendenz verschließen, dann gehen wir unter. Doch es gibt einen anderen Weg, der wirklich ins Leben führt. Wirkliches Leben, das zeigt sich gerade in unsrem Verbundensein mit dem Ganzen, nicht in der egozentrischen Abkehr davon. Niemand ist eine Insel, sagte der englische Dichter John Donne. Unser Ego lässt uns nur manchmal in der Einbildung leben, es wäre so. Liebe ist nicht nur ein Gebot, sondern die bewegende und belebende Kraft, gewissermaßen das Weltbaugesetz, was wir daran erkennen können, dass es in der Evolution einen erkennbaren Drang in Richtung Selbsttranszendenz gibt zum Größeren hin (schon ein Atom hat die Tendenz sich zum Molekül hin zu öffnen). Dem können wir uns öffnen oder verweigern, das liegt an jedem Einzelnen.

Tyrion hat geschrieben:All die, die den einzig wahren Glauben "gefunden haben", wurden doch genau so erzogen. Es mag sein, dass die Protagonisten erst später wirklich intensiv geglaubt haben. Wären sie aber anderswo aufgewachsen und sozialisiert worden, wären sie jetzt ebenso glühende Moslems, Hindus oder was weiß ich und würden sehr gut argumentieren können, warum ihr Glaube der einzig wahre ist und sich alle anderen irren müssen. Welchem Führer sie sich unterordnen, ist kein Zufall.

Nur eine sehr kleine Minderheit von Fundamentalisten behauptet, dass alleine ihr Glaube wahr und alle anderen wertlose Irrtümer sind. Die meisten Christen sind schon längst sehr viel weiter. In „Nostra aetate“ wird es doch vollkommen klar gesagt: „Von den ältesten Zeiten bis zu unseren Tagen findet sich bei den verschiedenen Völkern eine gewisse Wahrnehmung jener verborgenen Macht, die dem Lauf der Welt und den Ereignissen des menschlichen Lebens gegenwärtig ist, und nicht selten findet sich auch die Anerkenntnis einer höchsten Gottheit oder sogar eines Vaters. Diese Wahrnehmung und Anerkenntnis durchtränkt ihr Leben mit einem tiefen religiösen Sinn. Im Zusammenhang mit dem Fortschreiten der Kultur suchen die Religionen mit genaueren Begriffen und in einer mehr durchgebildeten Sprache Antwort auf die gleichen Fragen. So erforschen im Hinduismus die Menschen das göttliche Geheimnis und bringen es in einem unerschöpflichen Reichtum von Mythen und in tiefdringenden philosophischen Versuchen zum Ausdruck und suchen durch aszetische Lebensformen oder tiefe Meditation oder liebend-vertrauende Zuflucht zu Gott Befreiung von der Enge und Beschränktheit unserer Lage. In den verschiedenen Formen des Buddhismus wird das radikale Ungenügen der veränderlichen Welt anerkannt und ein Weg gelehrt, auf dem die Menschen mit frommem und vertrauendem Sinn entweder den Zustand vollkommener Befreiung zu erreichen oder - sei es durch eigene Bemühung, sei es vermittels höherer Hilfe - zur höchsten Erleuchtung zu gelangen vermögen. So sind auch die übrigen in der ganzen Welt verbreiteten Religionen bemüht, der Unruhe des menschlichen Herzens auf verschiedene Weise zu begegnen, indem sie Wege weisen: Lehren und Lebensregeln sowie auch heilige Riten.
Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist.

http://www.vatican.va/archive/hist_coun ... te_ge.html

Das ist eine klare Stellungnahme FÜR den interreligiösen Dialog. Besonders bemerkenswert und beispielhaft finde ich da das Leben von Thomas Merton, der sich sehr intensiv mit dem Buddhismus beschäftigt und viel darüber geschrieben hat. Papst Franziskus hat Thomas Merton als eine der vier großen Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte hervor gehoben.

Ein historischer Moment in der Geschichte der Päpste: Als erster Papst sprach Franziskus, nach einem privaten Treffen mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses John Boehner, an diesem Donnerstagnachmittag (deutscher Zeit) vor dem US-Kongress. In einer langen englischsprachigen Rede wandte er sich an die vielen Abgeordneten und sprach von der Flüchtlingskrise, der Todesstrafe, dem Dialog mit Kuba und Iran bis hin zum Fundamentalismus. Vier Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte können in ihrer Vorbildfunktion die Lösung einiger Krisen sein: Abraham Lincoln, Martin Luther King, Dorothy Day und Thomas Merton.
http://de.radiovaticana.va/news/2015/09 ... en/1174389

Damit dürfte nun ausreichend bewiesen sein, dass wir auf einem guten Weg sind ;) ein Weg der Andersglaubende keineswegs ausgrenzt und links liegen lässt. Die Zukunft gehört denen, die zur Kommunikation fähig sind. Dahingehend stehen Atheisten vor exakt der selben Herausforderung, denn wir leben in einer Welt in der deutlich mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung einer bestimmten Religion angehören (Pew Research Center’s Forum on Religion & Public Life) Noch ein Zitat aus Nostra Aetate:

Universale Brüderlichkeit

5. Wir können aber Gott, den Vater aller, nicht anrufen, wenn wir irgendwelchen Menschen, die ja nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind, die brüderliche Haltung verweigern. Das Verhalten des Menschen zu Gott dem Vater und sein Verhalten zu den Menschenbrüdern stehen in so engem Zusammenhang, daß die Schrift sagt: "Wer nicht liebt, kennt Gott nicht" (1 Joh 4,8).

So wird also jeder Theorie oder Praxis das Fundament entzogen, die zwischen Mensch und Mensch, zwischen Volk und Volk bezüglich der Menschenwürde und der daraus fließenden Rechte einen Unterschied macht.

Deshalb verwirft die Kirche jede Diskriminierung eines Menschen oder jeden Gewaltakt gegen ihn um seiner Rasse oder Farbe, seines Standes oder seiner Religion willen, weil dies dem Geist Christi widerspricht. Und dementsprechend ruft die Heilige Synode, den Spuren der heiligen Apostel Petrus und Paulus folgend, die Gläubigen mit leidenschaftlichem Ernst dazu auf, daß sie "einen guten Wandel unter den Völkern führen" (1 Petr 2,12) und womöglich, soviel an ihnen liegt, mit allen Menschen Frieden halten (14), so daß sie in Wahrheit Söhne des Vaters sind, der im Himmel ist (15).

Ich persönlich würde mich freuen, wenn Atheisten ebenfalls auf dieses Ideal der universalen Brüderlichkeit hin arbeiten würden. Der Oxforscher Forscher Alister McGrath hat jedoch schon darauf hingewiesen, dass sich manche New Atheists in einem „Kreuzzug“ gegen die Religion befinden, religiöser Glaube wird als dumm und minderwertig bezeichnet, während sie sich selbst gerne als moralisch überlegen darstellen, als auf der Seite der Wissenschaft, intellektuellen Redlichkeit und Vernunft stehend, im Besitz der höheren Wahrheit, was sie den religiösen Menschen kurzerhand absprechen :| Auf diese Weise werden sie selbst eher zum Teil des Problems, als zu einem Teil der Lösung, weil sie so selbst fundamentalistischen Denkmustern folgen (siehe dazu „Alister McGrath, Reflections on the New Atheism, Catalyst, 2013“)

Hemul
Beiträge: 19835
Registriert: So 21. Apr 2013, 11:57

#394 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Hemul » Do 9. Feb 2017, 01:38

Erich hat geschrieben:Scheinbar vergisst Du mit Absicht die schlaue listige betrügerische lügnerische Schlange, die Gott auch geschaffen hat. (Warum wohl?)
Ja warum wohl? :roll: Sag es uns du edler Balladir. :wave:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

Benutzeravatar
Tyrion
Beiträge: 828
Registriert: Mo 21. Nov 2016, 00:24

#395 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Tyrion » Do 9. Feb 2017, 01:58

Novalis hat geschrieben:Nur eine sehr kleine Minderheit von Fundamentalisten behauptet, dass alleine ihr Glaube wahr und alle anderen wertlose Irrtümer sind.

Statistisch gesehen hast du da sicher recht. Wie ich andernorts bereits ausführte, sind beispielsweise bei uns die meisten Christen "gewohnheitsreligiös" (sageich mal so). Natürlich findet man auch darunter (Religions-)Chauvinisten, aber das hat dann wohl wenigermit der Religion an sich zu tun.
Interessant wird es, wenn man diejenigen betrachtet, die sich als besonders intensiv glaubend bezeichnen, mit der Bibel ausführlich beschäftigen. Mir hat mal ein Priester der Neuapostolischen Kirche ernsthaft gesagt, dass ich allein dadurch, dass ich einem katholischen Pfarrer bei dessen Predigt zuhöre, mein Seelenheil in Gefahr sei, weil er ein falscher Prophet sei. Durch ihn (also mein Gesprächspartner) spreche Gott, da er seine Prdigt nicht vorbereite, sondern nur als Mittler, als Sprachrohr Gottes diene, während der katholische Priester seine Predigt vorbereite, ausfeile und diese daher nur Menschenwort sei.
Was meine Kritik betrifft, bezieht sich ja primär auf Extremisten - da ist es nicht einmal o.k., Christ zu sein, denn wer nicht wiedergeboren sei (als Beispiel), der ist ja kein Christ (usw.).
Deine Rhetorik (in anderen Beiträgen) legt allerdings auch fest, was "Jesus sagt", was richtig ist, was falsch, also was die Wahrheit ist und was nicht bzw. wie man was zu sehen hat. Auf alle Fälle steht für dich fest (als einzig gültige Wahrheit), dass Gott existiert. Das ist dann vermutlich auch der Grund, warum du so vehement gegen Atheisten (wie schreibst du? Neoatheisten?) wetterst. Wo ist da der Unterschied? Gleicher Mechanismus, nur nicht so eng gefasst, da du dann innerhalb von Auslegungen, was Gott betrifft, toleranter bist, gar nicht aber in Bezug auf die These, Gott existiere nicht.

Die meisten Christen sind schon längst sehr viel weiter. In „Nostra aetate“ wird es doch vollkommen klar gesagt:

Ja, die RKK hat sich stark gewandelt und ist hier sehr offener und toleranter geworden (durch das und seit dem 2. Vatikanischen Konzil). In anderen Punkten beharrt sie weiterhin sehr auf der Richtigkeit ihrer Lehre - trotz Franziskus, der von Fundis ja teils als unchristlich (bzw. antichristlich) angesehen wird...

Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. [/i]“

Und wieder wird festgelegt, was wahr ist. Die Aussage, dass man nicht ablehnt, was wahr ist, ist eine Nullaussage, denn würde man die Wahrheit ablehnen, was wäre man dann? Aber wer legt für wen fest, was wahr ist?

Das ist eine klare Stellungnahme FÜR den interreligiösen Dialog.

Ja, es ist ein Fortschritt, dass Religionsgemeinschaften überhaupt miteinander reden. Für mich ist das ein Minimalstandard. Die Nostra Aetate wäre aber ohne die Einschränkung "wahr und heilig" kaum durchgegangen. Und so wird der kritische Punkt ausgelagert - wer kann sich anmaßen, zu wissen, was wahr und heilig ist. Der Begriff wahr ist schon anmaßend, denn er impliziert, dass andere Sichtweisen falsch sind, falsch sein müssen.

Ich empfinde es als Fortschritt, dass ich als Atheist meine Meinung schreiben darf und dafür nur verbal angegriffen werde (du bist der erste, der mich bedroht hat, aber das kann man wohl kaum ernst nehmen). Früher wäre ich dafür von Christen verbrannt worden und ich müsste deine Warnung sehr ernst nehmen. Aber auch an dieser erkenne ich, wie gut es ist (wie auch sonst im Netz), hier anonym zu schreiben.

Benutzeravatar
Tyrion
Beiträge: 828
Registriert: Mo 21. Nov 2016, 00:24

#396 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Tyrion » Do 9. Feb 2017, 02:16

Novalis hat geschrieben:Deshalb verwirft die Kirche jede Diskriminierung eines Menschen oder jeden Gewaltakt gegen ihn um seiner Rasse oder Farbe, seines Standes oder seiner Religion willen, weil dies dem Geist Christi widerspricht.

Ja, aber aufgrund seiner sexuellen Orientierung darf er diskriminiert werden. Wieder so eine Einschränkung - selbst Gewaltakte würden so zugelassen werden, wenn sie nicht wegen Rasse ("Farbe"), Stand oder Religion erfolgt. Gerade die RKK diskriminiert Menschen aufgrund ihres Lebenswandels. Aber das verstehst du vermutlich nicht, weil du nicht betroffen bist (und es betrifft auch nicht nur die RKK).

Und dementsprechend ruft die Heilige Synode, den Spuren der heiligen Apostel Petrus und Paulus folgend, die Gläubigen mit leidenschaftlichem Ernst dazu auf, daß sie "einen guten Wandel unter den Völkern führen" (1 Petr 2,12) und womöglich, soviel an ihnen liegt, mit allen Menschen Frieden halten (14), so daß sie in Wahrheit Söhne des Vaters sind, der im Himmel ist (15). [/color]

Hm... womöglich mit allen Menschen Frieden - wieder einschränkend...

Ich persönlich würde mich freuen, wenn Atheisten ebenfalls auf dieses Ideal der universalen Brüderlichkeit hin arbeiten würden.

Dieses Ideal der Brüderlichkeit lehne ich ab. Ich sehe die Brüderlichkeit universal an - man nennt das Prinzip Menschenrechte. Du argumentierst für eingeschränkte Menschenrechte und wirfst Atheisten indirekt vor, nicht einmal das zu wollen, obwohl gerade Atheisten erhoffen, dass Religionen Menschenrechte anerkennen.
Denk mal nach: warum musste so viel Blut vergossen werden, bis die Kirchen überhaupt Menschenrechte anerkennen wollten? Die Brüderlichkeit musste erkämpft werden. Und jetzt tust du so, als wären Atheisten hier die hemmende Kraft. Das Gegenteil ist der Fall.

Der Oxforscher Forscher Alister McGrath hat jedoch schon darauf hingewiesen, dass sich manche New Atheists in einem „Kreuzzug“ gegen die Religion befinden, religiöser Glaube wird als dumm und minderwertig bezeichnet, während sie sich selbst gerne als moralisch überlegen darstellen, als auf der Seite der Wissenschaft, intellektuellen Redlichkeit und Vernunft stehend, im Besitz der höheren Wahrheit, was sie den religiösen Menschen kurzerhand absprechen

Schön für ihn - nette Rhetorik. Manche New Atheists... sicherlich. Manche Christen töten auch heute noch im Namen Jesu (jaja, üble Propaganda, es kann nicht sein, dass Christen sowas tun, jaja). Das ist eine Nullaussage.
Und was sollen New Atheists sein? Alle, die nicht mehr verbrannt werden? Früher gab es (offiziell) keine, denn man hatte in der Gesellschaft kaum Chancen, wenn man sich als Atheist geoutet hätte. Wer nicht in die Kirche ging, wurde schon schräg angesehen und ausgegrenzt. Ist nicht lange her, diese gute, alte Zeit. Neoatheist klingt so toll - ein Schlagwort, das du aus Propagandaschriften entlehnst. Und du hast einen Sündenbock.

Insofern ja: ich sehe Religion an sich kritisch - ich sehe in ihr generell ein Gefahrenpotential und ich habe das Recht dazu, das so zu sehen. Du kannst mir das nicht verbieten (zum Glück) und auch durch Drohungen nicht austreiben. :devil: Und du siehst im Atheismus eine Gefahr - und jetzt halte dich fest: ja, du hast das Recht dazu.
Was kann/darf ich nicht? Ich darf (und will) dir nicht das Recht auf Ausübung deiner Religion nehmen. Ich bin quasi so blöd, auch Religionsfreiheit als Menschenrecht anzusehen. Zur Brüderlich keit gehört das dazu. Wenn es nach dir ginge, würde man Atheisten entsorgen - und dennoch würde ich für dein Recht, in die Kirche zu gehen, kämpfen, selbst wenn du mich anspuckst oder bedrohst. Ich unterscheide eben nicht, wenn ich von "Mensch" oder "Bruder" rede. Du in jeder Aussage.

Auf diese Weise werden sie selbst eher zum Teil des Problems, als zu einem Teil der Lösung, weil sie so selbst fundamentalistischen Denkmustern folgen (siehe dazu „Alister McGrath, Reflections on the New Atheism, Catalyst, 2013“)

Nette Propaganda - man nennt eine winzige Teilgruppe, verknüpft sie mit einem Schlagwort und haut dann pauschal drauf. Und ja, jetzt wirst du mir wieder genau das spiegelnd vorwerfen. Dann lies nochmal durch, was ich zu Brüderlichkeit und Menschenrechten schreibe.

Schade, dass du so blind bist durch deinen Glauben, das du jede Propaganda ebenso blind glaubst und all deine Missgunst auf die Ungläubigen porjezierst, die es wagen, deine ach so tolle Heilige Schrift schlicht als gefährlich anzusehen. Nein, wo käme man da hin? Das ist doch keine Meinungsfreiheit mehr, da muss die Militia Christi einschreiten.

Benutzeravatar
Erich
Beiträge: 1745
Registriert: Mi 9. Mär 2016, 06:13

#397 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Erich » Do 9. Feb 2017, 06:23

Rembremerding hat geschrieben:
Erich hat geschrieben: 4. Gott hat alles erschaffen: Das "Gute" und das "Böse"!
Hier musst du präziser werden.
1. Ich habe dazu einige Bibelstellen zitiert! - Verstehst Du sie nicht?

2. Hier (auch aus der Bibel) etwas zum Nachdenken:
Hiob 40,1-41,26
1 Und der HERR antwortete Hiob und sprach:
2 Wer mit dem Allmächtigen rechtet, kann der ihm etwas vorschreiben? Wer Gott zurechtweist, der antworte!
3 Hiob aber antwortete dem HERRN und sprach:
4 Siehe, ich bin zu gering, was soll ich antworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen.
5 Einmal hab ich geredet und will nicht mehr antworten, ein zweites Mal geredet und will's nicht wieder tun.

6 Und der HERR antwortete Hiob aus dem Wettersturm und sprach:
7 Gürte wie ein Mann deine Lenden! Ich will dich fragen; lehre mich!
8 Willst du mein Urteil zunichte machen und mich schuldig sprechen, dass du Recht behältst?
9 Hast du einen Arm wie Gott, und kannst du mit gleicher Stimme donnern wie er?
10 Schmücke dich mit Pracht und Hoheit; zieh Majestät und Herrlichkeit an!
11 Streu aus den Zorn deines Grimmes; schau an alle Hochmütigen und demütige sie!
12 Ja, schau alle Hochmütigen an und beuge sie und zertritt die Gottlosen in Grund und Boden!
13 Verscharre sie miteinander in der Erde, und versenke sie ins Verborgene,
14 so will auch ich dich preisen, dass dir deine rechte Hand helfen kann.

15 Siehe da den Behemot, den ich geschaffen habe wie auch dich! Er frisst Gras wie ein Rind.
16 Siehe, welch eine Kraft ist in seinen Lenden und welch eine Stärke in den Muskeln seines Bauchs!
17 Sein Schwanz streckt sich wie eine Zeder; die Sehnen seiner Schenkel sind dicht geflochten.
18 Seine Knochen sind wie eherne Röhren, seine Gebeine wie eiserne Stäbe.
19 Er ist das erste der Werke Gottes; der ihn gemacht hat, gab ihm sein Schwert.
20 Die Berge tragen Futter für ihn, und alle wilden Tiere spielen dort.
21 Er liegt unter Lotosbüschen, im Rohr und im Schlamm verborgen.
22 Lotosbüsche bedecken ihn mit Schatten, und die Bachweiden umgeben ihn.
23 Siehe, der Strom schwillt gewaltig an: er dünkt sich sicher, auch wenn ihm der Jordan ins Maul dringt.
24 Kann man ihn fangen Auge in Auge und ihm einen Strick durch seine Nase ziehen?

25 Kannst du den Leviatan fangen mit der Angel und seine Zunge mit einer Fangschnur fassen?
26 Kannst du ihm ein Binsenseil an die Nase legen und mit einem Haken ihm die Backen durchbohren?
27 Meinst du, er wird dich lang um Gnade bitten oder dir süße Worte geben?
28 Meinst du, er wird einen Bund mit dir schließen, dass du ihn für immer zum Knecht bekommst?
29 Kannst du mit ihm spielen wie mit einem Vogel oder ihn für deine Mädchen anbinden?
30 Meinst du, die Zunftgenossen werden um ihn feilschen und die Händler ihn verteilen?
31 Kannst du mit Spießen spicken seine Haut und mit Fischerhaken seinen Kopf?
32 Lege deine Hand an ihn! An "den" Kampf wirst du denken und es nicht wieder tun!
1 Siehe, jede Hoffnung wird an ihm zuschanden; schon wenn einer ihn sieht, stürzt er zu Boden.
2 Niemand ist so kühn, dass er ihn zu reizen wagt. - Wer ist denn, der vor mir bestehen könnte?
3 Wer kann mir entgegentreten und ich lasse ihn unversehrt? Unter dem ganzen Himmel ist keiner!
4 Ich will nicht schweigen von seinen Gliedern, wie groß, wie mächtig und wohlgeschaffen er ist.
5 Wer kann ihm den Panzer ausziehen, und wer darf es wagen, ihm zwischen die Zähne zu greifen?
6 Wer kann die Tore seines Rachens auftun? Um seine Zähne herum herrscht Schrecken.
7 Stolz stehen sie wie Reihen von Schilden, geschlossen und eng aneinander gefügt.
8 Einer reiht sich an den andern, dass nicht ein Lufthauch hindurchgeht.
9 Es haftet einer am andern, sie schließen sich zusammen und lassen sich nicht trennen.
10 Sein Niesen lässt Licht aufleuchten; seine Augen sind wie die Wimpern der Morgenröte.
11 Aus seinem Rachen fahren Fackeln, und feurige Funken schießen heraus.
12 Aus seinen Nüstern fährt Rauch wie von einem siedenden Kessel und Binsenfeuer.
13 Sein Odem ist wie lichte Lohe, und aus seinem Rachen schlagen Flammen.
14 Auf seinem Nacken wohnt die Stärke, und vor ihm her tanzt die Angst.
15 Die Wampen seines Fleisches haften an ihm, fest angegossen, ohne sich zu bewegen.
16 Sein Herz ist so hart wie ein Stein und so fest wie der untere Mühlstein.
17 Wenn er sich erhebt, so entsetzen sich die Starken, und vor Schrecken wissen sie nicht aus noch ein.
18 Trifft man ihn mit dem Schwert, so richtet es nichts aus, auch nicht Spieß, Geschoss und Speer.
19 Er achtet Eisen wie Stroh und Erz wie faules Holz.
20 Kein Pfeil wird ihn verjagen; die Schleudersteine sind ihm wie Spreu.
21 Die Keule achtet er wie einen Strohhalm; er spottet der sausenden Lanze.
22 Unter seinem Bauch sind scharfe Spitzen; er fährt wie ein Dreschschlitten über den Schlamm.
23 Er macht, dass die Tiefe brodelt wie ein Topf, und rührt das Meer um, wie man Salbe mischt.
24 Er lässt hinter sich eine leuchtende Bahn; man denkt, die Flut sei Silberhaar.
25 Auf Erden ist nicht seinesgleichen; er ist ein Geschöpf ohne Furcht.
26 Er sieht allem ins Auge, was hoch ist; er ist König über alle stolzen Tiere.
Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. (Hebr 13,8)

Helmuth
Beiträge: 7948
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51

#398 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Helmuth » Do 9. Feb 2017, 08:51

Nein, Danke, darüber denke ich jetzt nicht nach. Die Stellen zeigen mir nicht an wie es Gott geht.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5148
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#399 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Andreas » Do 9. Feb 2017, 09:54

Halman hat geschrieben:Dass die biblischen Kanones der großen Kirchen (Proestanten, RKK und Ordothoxe Kirchen) verschieden sind, bedeutet schlicht, dass die Kirchen ihren Theologien verschiedene Gesamtkontexte zugrundelegen.
Es ist nicht sinnvoll von einer Grundlegung von "Gesamtkontexten" zu sprechen, wenn aus einem vorher schon bestehenden Gesamtkontext Teile herausgebrochen werden, wie Luther es tat. Das ist unlogisch.

Das bedeutet, dass die Kirchen eine höhere Autorität haben als die Texte, die sie so auswählen und zusammenstellen, wie sie es für richtig halten. Das können sie ja machen, das kreide ich ihnen auch nicht an. Wenn sie das aber machen, dann aber so tun, als wäre "die Bibel" oder "Das Wort Gottes" vom Himmel gefallen und hätte die höchste Autorität, entspricht das einfach nicht der Wahrheit und ist eine blanke Lüge. In diesem Punkt ist die RKK insofern ehrlich, als sie die Abfassung des NT innerhalb ihrer Kirche darstellt.
Halman hat geschrieben:Natürlich kann man aus kritischer Sicht das Vorliegen eines biblischen Gesamtkontextes leugnen.
Ich leugne gar nichts. Ich stelle allgemein bekannte Tatsachen einfach nur so dar, wie sie sich verhalten.
Halman hat geschrieben:Will man aber Religionen kritisieren, wie dies ja hier geschieht ...
Ich bin nicht "man" und ich kritisiere keine Religionen.
Halman hat geschrieben: dann sollte man zur Kenntnis nehmen, dass sich die Rezeption biblischer Schriften in den Gemeinden im Allgemeinen an dem Buch orientiert, dass man dort "Bibel" nennt
Dagegen habe ich nichts - siehe oben.
Halman hat geschrieben:und somit ist der religiöse Bezug die Gesamtheit biblischer Schriften.
Wenn die Gemeinden das so "verkaufen", sind sie nicht wahrhaftig, weil eine kleinere Auswahl aus einer vorher bestandenen Gesamtheit biblischer Schriften eben eine Auswahl darstellt und damit keine Gesamtheit biblischer Schriften mehr ist. "Bibeltreue" kann das unmöglich sein. Mit einem so krassen Euphemismus streut man seinen Schäfchen Sand in die Augen. Ich muss mich sehr darüber wundern, wie so offensichtlich falsche Behauptungen so widerstandslos von den Gemeindemitgliedern "übernommen" und gedankenlos nachgeplappert werden. "Die Bibel" gibt es nicht, weil es nun mal viele von Menschen gemachte unterschiedliche Bibeln gibt. Diese babylonischen Sprachverwirrungs-Spielchen sollen den Leute etwas vorgaugeln, was so nicht ist. Ehrlicherweise von "unserer Bibel" zu sprechen, wäre ja kein Problem. Dann könnte man guten Gewissens von einem Gesamtkontext "unserer" Bibel sprechen und alles wäre in biblischer Ordnung.

"Die Bibel sagt ..." oder "die Bibel ist Gottes Wort" geht dann allerdings nicht mehr. Dafür wird es aber möglich "Gotteswort im Menschenwort" aufrichtig zu leben und an wichtigen Stellen festzustellen, dass es sich dort um Menschenwort und nicht um Gotteswort handelt.
Lk 16,10 hat geschrieben:Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen, und wer bei den kleinsten Dingen Unrecht tut, der tut es auch bei den großen.
Das wäre auch im Sinne einer vernünftigen Apologetik. Wie soll man einen wahrhaftigen Glauben verteidigen, wenn schon das Glaubens-Fundament "Bibel" von den Glaubensgemeinschaften auf trügerischen Sand gestellt wird?
Mt 7,26 hat geschrieben:Wer aber meine Worte hört und nicht danach handelt, ist wie ein unvernünftiger Mann, der sein Haus auf Sand baute.

Nochmal ganz deutlich: die Bibeln sind völlig in Ordnung, ich betreibe hier weder Religions- noch Bibelkritik sondern Kirchenkritik. Gerade weil ich meinen Bibeln vertraue und ihre Inhalte hoch halte, habe ich es nicht nötig, sie mit falschen Argumenten zu rechtfertigen.

Fortsetzung folgt

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#400 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von JackSparrow » Do 9. Feb 2017, 11:12

Novalis hat geschrieben:Die christliche Mystik spricht von eine wirklichen Erfahrung der universalen Liebe zu allen Wesen und zur ganzen Schöpfung, in die ein Mensch gelangen kann.
Ja, und die Werbung von Persil spricht von völlig weißer Wäsche dank der neuen Turbo-Sauerstoff-Aktiv-Formel.

Du verlierst nicht etwas, sondern Du gewinnst etwas.
Egoistische Wünsche drehen sich immer um den Gewinn. Da bilden religiöse Versprechungen offensichtlich keine Ausnahme.

Ich persönlich verspüre dummerweise nicht den geringsten Wunsch, alle Wesen der Schöpfung zu lieben. Höchstens gebraten in Rotweinsauce.

Die Wahrheit ist, dass der Mensch, wenn er sich nicht zum anderen hin öffnet, innerlich verkümmert, verwest und verkrüppelt.
Die Wahrheit ist, dass eure ständigen misanthropischen Unterstellungen (verkümmert, verwest, verkrüppelt, taub, verstocktes Herz, innerlich leer, geistig tot, gewalttätig, unmoralisch, von der Fülle des Lebens getrennt, ...) bei euren Mitmenschen einen Haufen Leid verursachen und eine signifikante positive Korrelation zwischen Christentum und Heuchelei vermuten lassen.

Logisch. Wer nach universaler Liebe sucht, muss sie ja wohl ganz besonders nötig haben...

Antworten