Wie geht es Gott?

Rund um Bibel und Glaube
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Halman
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#381 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Halman » Mi 8. Feb 2017, 20:17

Andreas hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Von Logan5 habe ich gelernt, dass sich jede Textinterpretation am zugrundeliegenden Text messen lassen muss.
Halman hat geschrieben:Ich lese die Bibel nach dem Logan5-Grundsatz: Jede Bibelinterpretation muss sich um zugrundeliegenden Bibeltext messen lassen!
In dem ersten Zitat ist von Textinterpretation und vom zugrundeliegenden Text die Rede.
Im zweiten Zitat ist aus dem "Text" des ersten Zitats "die Bibel" geworden.
Dann ist aus den Text eine Textsammlung geworden.

Andreas hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Und die Bibel ist eine Textsammlung, deren Texte zu interpretieren sind.
Jaaa. Und wieso macht das dann keiner? Da liegt meiner Meinung nach der Hase im Pfeffer. Die Bibel ist eine Sammlung von Texten - eine Sammlung von Büchern - eine Bibliothek. Eine Bibliothek kann man nicht interpretieren - Texte schon.
Doch, kann man, wenn die Bibliothek einen Gesamtkontext bildet.

Andreas hat geschrieben:"Die Bibel sagt ...", "Die Bibel ist Gottes Wort" und ähnliche Formulierungen setzen sich über "die Texte" hinweg. Das ist der Grund, warum es zu den unterschiedlichen "Bibelinterpretationen" kommt, welche in Wirklichkeit längst "Theologien" und keine Text-Interpretationen mehr sind.
Jedem Text liegt schon eine Theologie zu Grunde - aber nicht allen Texten liegt dieselbe Theologie zu Grunde. So schustert sich jeder seine Theologie aus "der Bibel" und aus "dem Wort Gottes" zusammen indem er Textbausteine aus verschiedenen Texten isoliert und nach eigenem Gusto miteinander vermischt.
Du beschreibst wild-willkürliches Vorgehen. Logan5 meinte es schon im literaturwissenschaftlichen Sinne und vertrat auch andere Ansichten als ich. Er wäre nicht auf die Idee gekommen Texte "nach eigenem Gusto miteinander" zu vermischen. Wenn eine Beziehung besteht, dann muss diese anhand der verwandten Texte begründet werden können, z.B. wenn in einem Bibelbuch ausdrücklich auf die Torah oder Jesaja verwiesen wird.
Und wenn im Text bereits eine Theologie zugrunde liegt, so kann man diese Behauptung hoffentlich auch am zugrundeliegenden Text begründen. Da ich mal annehme, dass man davon in der Bibelwissenschaft allgemein ausgeht, nehme ich an, dass auch mein alter Freund, der über theologisches Fachwissen verfügt, davon ausging. Wenn er Bibeltexte interpretierte, sprang er nicht wild durch die Bibel. Dieses "Springen" überließ er dann mir. Ich bin eben ein Kanoniker.

Andreas hat geschrieben:Ich finde, dass man (jeder) sich dessen bewusst werden sollte. Dann bestünde die Chance, dass nicht um "die Wahrheit" gestritten würde, die jeder mit der Bibel in Händen zu halten glaubt, sondern um unterschiedliche Theologien verschiedener Glaubensgemeinschaften. Ich glaube, das diese hermeneutische Erkenntnis ein erster Schritt sein könnte, der konstruktivere Dialoge unter Christen ermöglichen würde.
Ich ahnte schon, dass hier in Missverständnis vorliegt. Der Chance auf einen konstruktiven Dialog, mit dem Interesse an unterschiedlichen Interpretationen, denen verschiedene hermeneutische Ansätze zugrunde liegen, will ich keinesfalls durch "erzwunde Eindeutigkeit" einen Riegel vorschieben. Dergleichen aus meinen Beiträgen herauszulesen wäre im übrigen anhand meiner Texte schwerlich begründbar.
Aus der legitimen Vielfalt der Bibeltext-Interpretationen, z.B. die jüdische und die christliche usw., die Anhand der Texte auch begründbar sind, folgt keineswegs völlige Beliebigkeit. Atombomben im Namen der Bibel zu segnen ist sicher eine Fehlinterpretation.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Halman
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#382 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Halman » Mi 8. Feb 2017, 20:44

Novalis hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Sag mal, hast Du denn nicht gelernt, dass sich Textinterpretationen immer am zugrundeliegenden Text messen lassen müssen? Ist Dir dies neu? Na, dann weiß Du es nun.
Und die Bibel ist eine Textsammlung, deren Texte zu interpretieren sind. Und wer biblische Texte gewaltförderund interpetiert, tut sich unwissendlich oder arglistig im deutlichen Widerspruch zum biblischen Gesamtkontext. Somit liegt dann eine eindeutig feststellbare Fehlinterpretation vor, die man redlich abweisen muss. Ist Dir dies etwa neu? (Einige scheinen dies hier nicht zu wissen.)

Das stimmt schon. Ich denke nur, dass die Mehrdeutigkeit zur Natur der biblischen Texte gehört. Was für manche orthodoxe Christen selbstverständlich erscheint, kann darum für Christen der westlichen Tradition sehr fremd und kaum verständlich sein.
Dies hat meiner Meinung nach mit einer Extreminterpretation von Luthers Grundsatz sola scriptura zu tun. Infolge dessen verschand der vierfache Schriftsinn und übrig blieb der kreationistische Literalsinn.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Logan5 verstand selbstverständlich, dass man Literatur, sei es in Form von Spielfilmen, sei es in Form von Büchern oder Theaterstücken, unterschiedlich interpretieren kann. Ich verstand seine Beiträge immer als Plädoyer für die Freiheit des Rezipienten - in aller Vieldeutigkeit. Die Interpretation muss sich lediglich an der zugrundeliegenden Literatur messen lassen und ist frei.

Dennoch gibt es Fehlinterprationen und diese kann und darf man in aller Deutlichkeit auch benennen. Die neoatheistische Bibelkritik, die immer mehr Mainstream wird (nicht nur hier im Forum, sondern auch in anderen Foren und sogar im öffentlich-rechtlichen TV), verdient eigentlich gar nicht die euphemistische Bezeichung Bibelkritik, weil zur qualifizierten Untersuchung (Kritik) nun mal auch literaturwissenschaftliche Grundlagen zumindest auf Realschulniveau gehören. Ein Vers-Bombing, unter Missachtung der jeweiligen Kontexte und Unterschlagung des biblischen Gesamtkontextes (keine systemmatische Einheit, sondern ein dramatischer Zusammenhang, Zenger), ist nun mal keine qualifizierte Kritik, sondern tumber Aktionismus.

Novalis hat geschrieben:Dennoch sind wir alle Geschwister im Glauben und gemeinsam auf dem Weg. Wie könnte ich an ihrer Wahrhaftigkeit zweifeln, wenn ich solche Worte lese:

Verleihe, o Herr, dass die Ohren, die deinen Lobpreis gehört haben,
verschlossen seien für die Stimme des Streites und Unfriedens,
dass die Augen, die deine große Liebe gesehen haben,
auch deine selige Hoffnung schauen,
dass die Zungen, die dein Lob gesungen haben, hinfort die Wahrheit bezeugen,
dass die Füße, die in deinen Vorhöfen gestanden sind,
hinfort gehen auf den Wegen des Lichts
und dass die Leiber, die an deinem lebendigen Leib Anteil gehabt haben,
hinfort in einem neuen Leben wandeln.
(Aus einem alten orthodoxen Gebet am Ende der Liturgie)
Ja, dieses Gebet bezeugt, dass die Ordoxen Christen keinesfalls beabsichtigen, die Bibel zu verdrehen, sondern recht zu verstehen.

Novalis hat geschrieben:Ein typisches Beispiel für eine Differenz: im östlichen Christentum spielen Ikonen eine sehr wichtige Rolle, da sie die Gegenwart von Christus, Maria, Engeln,Aposteln und Heiligen veranschaulichen. Sie sehen es so, dass eine Ikone die geheimnisvolle Gegenwart dessen realisiert, was darauf gemalt ist. Wie ein Fenster, welches für einen kurzen flüchtigen Moment etwas vom Licht der himmlischen Wirklichkeit durchscheinen lässt. Es gibt dazu eine eigene Theologie der Ikonen, was aber nicht als Idololatrie (Anbetung der Materie) missverstanden werden sollte.

Was sagt die orthodoxe Theologie zu diesem Vorwurf?
Wenn ein orthodoxer Christ sich vor einer Ikone niederwirft und sie küsst, hat dieser Vollzug für ihn nichts mit Verehrung der Materie zu tun. Denn die Ikone ist für ihn kein Idol (Götzenbild) sondern ein Ort für das Zusammenkommen der himmlischen und irdischen Welt. Die Verehrung, die er der Ikone darbringt, ist nicht auf die Materie des Holzes oder der Farben bezogen, sondern auf die in der Ikone dargestellte Person, d.h. letztlich auf Gott, der in jedem menschlichen Antlitz aufleuchtet.
Die Kirchenväter unterscheiden scharf zwischen der Anbetung, die nur Gott zukommt, und der Verehrung, die dem Abglanz Gottes in der irdischen Materie entgegengebracht wird. Die Materie sehen sie als geheiligt an, weil diese in der Ikone transparent für die himmlische Welt ist.

Die Ikone ist das irdische Abbild des himmlischen Urbildes. So wie das verkündete Wort des Evangeliums uns akustisch das Heil zuträgt, genau das Gleiche geschieht optisch durch die Ikonen. Sie sind für den orthodoxen Christen Zugang von dieser Welt hinüber zum Jenseits, zur himmlischen Welt. Sie sind Fenster zum Himmel. - Aufgrund dieser theologischen Begründung der Ikone praktiziert der orthodoxe Christ jene Verehrung nicht nur in der Kirche sondern auch bei sich zu Hause, wo er seine heilige Ecke mit den Ikonen hat, vor denen er betet.

http://www.orthodoxie-in-deutschland.de ... gkeit.html

Wenn man die dazu gehörige theologische Begründung nicht kennt, dann wird man dafür wenig Verständnis aufbringen.
Um christliche Glaubenssysteme zu verstehen, genügt es nicht, lediglich die Heiligen Schriften zu kennen. Dazu gehört natürlich auch die Theologie, welche die jeweilige Gemeinde/Kirche entwickelt hat. Die Orthodoxen berufen sich hier eindeutig auf die Kirchenväter und dies ist legitim.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Andreas
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#383 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Andreas » Mi 8. Feb 2017, 21:05

Halman hat geschrieben:Doch, kann man, wenn die Bibliothek einen Gesamtkontext bildet.
Man kann und hat die Bücher in ein Buch gebunden - genauer: verschiedene Textsammlungen zusammengestellt. "Die Bibel" der Protestanten oder der ZJ ist nicht "die Bibel" der RKK usw. Schon diese Tatsache ist unterschiedlichen Theologien geschuldet und nicht den Texten.

Da hat der Vater der "Bibeltreuen" der Theologe Martin Luther - schwups - von heut' auf morgen mehr als eine Handvoll "heiliger Schriften" über seine theologische Klinge springen lassen. Die eben noch "heiligen" Texte konnten sich nicht dagegen wehren - "Geistgehaucht" hin "Gottes Wort" her, "Verbalinspiration" kreuz, "Autorität der Bibel" quer und "Zuverlässigkeit der Bibel" zurück. Die dazu passenden Bibelzitate standen vor Luther auch schon in der Bibel. Das wird schlichtweg unter den Tisch fallen gelassen. So geht es schon mal los.

Dieser "Gesamtkontext" ist aber auch aus inhaltlichen Gründen nicht gegeben und deswegen auch nicht haltbar. Wie denn? Womit willst du das begründen, wenn doch die Texte eine ganz andere Sprache sprechen?

Wie du ganz richtig sagst sind die Texte des AT jüdische Texte und die des NT christliche Texte - keine unterschiedlichen Theologien sondern ein "Gesamtkontext"? Ernsthaft?
Christus ist der Messias der Juden - das ist die Theologie des Paulus (und anderen).
Christus ist nicht der Messias der Juden - das ist die Theologie des Markus. Ich kann ja nichts dafür, dass die Texte so sind, wie sie sind. Wer in diesen hermeneutischen Dingen nicht wahrhaftig ist ... :silent:
In dieser Art gibt es wirklich jede Menge unterschiedliche theologische Standpunkte in der Bibel. Wen wundert das, sind doch die Texte zu ganz unterschiedlichen Zeiten und an ganz unterschiedlichen Orten von ganz unterschiedlichen Autoren verfasst worden. Judäa, Israel, Babylon, Rom usw.

Deswegen wird die Bibel doch nicht schlechter - im Gegenteil sie gewinnt an Reichtum und vor allem ihre Wahrhaftigkeit wieder zurück.

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#384 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Novas » Mi 8. Feb 2017, 21:38

Halman hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Dennoch sind wir alle Geschwister im Glauben und gemeinsam auf dem Weg. Wie könnte ich an ihrer Wahrhaftigkeit zweifeln, wenn ich solche Worte lese:

Verleihe, o Herr, dass die Ohren, die deinen Lobpreis gehört haben,
verschlossen seien für die Stimme des Streites und Unfriedens,
dass die Augen, die deine große Liebe gesehen haben,
auch deine selige Hoffnung schauen,
dass die Zungen, die dein Lob gesungen haben, hinfort die Wahrheit bezeugen,
dass die Füße, die in deinen Vorhöfen gestanden sind,
hinfort gehen auf den Wegen des Lichts
und dass die Leiber, die an deinem lebendigen Leib Anteil gehabt haben,
hinfort in einem neuen Leben wandeln.
(Aus einem alten orthodoxen Gebet am Ende der Liturgie)
Ja, dieses Gebet bezeugt, dass die Ordoxen Christen keinesfalls beabsichtigen, die Bibel zu verdrehen, sondern recht zu verstehen.

Ja, wir sollten uns mehr auf das Wesentliche konzentrieren ;)



Mich macht es betrübt, dass Christen aus vollkommen banalen, unnötigen, lächerlichen Gründen miteinander zerstritten sind, obwohl wir das Glück haben hier in Frieden leben zu können, während unsre Brüder und Schwestern an anderen Orten dieser Welt verfolgt werden und um ihr Leben fürchten müssen. Wir haben wirklich Luxusprobleme.

Andreas hat geschrieben:Deswegen wird die Bibel doch nicht schlechter - im Gegenteil sie gewinnt an Reichtum und vor allem ihre Wahrhaftigkeit wieder zurück.

Das sehe ich auch so. Der Geist weht nicht nur, wo er will, sondern auch häufig auf eine unerwartete Weise, die sich nicht in irgendein starres System pressen lässt. Ein System ist auch etwas ganz anderes, als ein Weg.

JackSparrow
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#385 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von JackSparrow » Mi 8. Feb 2017, 22:09

Novalis hat geschrieben:Was meinst Du, weshalb wir uns Christen nennen?
Weil Menschen Herdentiere sind und sich ohne einen Führer unwohl fühlen, der Bibel-Jesus aber für Leute, die gern irgendwie "besonders" wären und sich unbedingt vom sogenannten "Mainstream" abgrenzen wollen, unter den gegeben Alternativen (Islam, Buddhismus, Kommunismus, Nationalsozialismus, Veganismus, ...) noch die bequemste Möglichkeit darstellt und mit den geringsten Einschränkungen verbunden ist.

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#386 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Novas » Mi 8. Feb 2017, 22:10

JackSparrow hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Was meinst Du, weshalb wir uns Christen nennen?
Weil Menschen Herdentiere sind und sich ohne einen Führer unwohl fühlen

Irgendeinem „Herrn“ folgt jeder.

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#387 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von JackSparrow » Mi 8. Feb 2017, 22:12

Novalis hat geschrieben:Irgendeinem Herrn folgt jeder.
Dann muss es auch Herrn geben, die niemandem folgen.

Novas
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#388 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Novas » Mi 8. Feb 2017, 22:14

JackSparrow hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Irgendeinem Herrn folgt jeder.
Dann muss es auch Herrn geben, die niemandem folgen.

Die größte Weltreligion dieses Planeten ist bekanntlich der Egoismus.
Zuletzt geändert von Novas am Mi 8. Feb 2017, 22:20, insgesamt 1-mal geändert.

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#389 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Halman » Mi 8. Feb 2017, 22:17

Andreas hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Doch, kann man, wenn die Bibliothek einen Gesamtkontext bildet.
Man kann und hat die Bücher in ein Buch gebunden - genauer: verschiedene Textsammlungen zusammengestellt. "Die Bibel" der Protestanten oder der ZJ ist nicht "die Bibel" der RKK usw. Schon diese Tatsache ist unterschiedlichen Theologien geschuldet und nicht den Texten.
Dass die biblischen Kanones der großen Kirchen (Proestanten, RKK und Ordothoxe Kirchen) verschieden sind, bedeutet schlicht, dass die Kirchen ihren Theologien verschiedene Gesamtkontexte zugrundelegen. Natürlich kann man aus kritischer Sicht das Vorliegen eines biblischen Gesamtkontextes leugnen. Will man aber Religionen kritisieren, wie dies ja hier geschieht, dann sollte man zur Kenntnis nehmen, dass sich die Rezeption biblischer Schriften in den Gemeinden im Allgemeinen an dem Buch orientiert, dass man dort "Bibel" nennt und somit ist der religiöse Bezug die Gesamtheit biblischer Schriften. Größtenteils stimmen die Kirchen übrigens darin überein, welche Schriften zum Bibelkanon gehören. Da wären die Gründungsgeschehen, also die Torah und die synoptischen Evangelien, zu nennen. Der protestantische Kanon ist "schlanker".

Andreas hat geschrieben:Da hat der Vater der "Bibeltreuen" der Theologe Martin Luther - schwups - von heut' auf morgen mehr als eine Handvoll "heiliger Schriften" über seine theologische Klinge springen lassen. Die eben noch "heiligen" Texte konnten sich nicht dagegen wehren - "Geistgehaucht" hin "Gottes Wort" her, "Verbalinspiration" kreuz, "Autorität der Bibel" quer und "Zuverlässigkeit der Bibel" zurück. Die dazu passenden Bibelzitate standen vor Luther auch schon in der Bibel. Das wird schlichtweg unter den Tisch fallen gelassen. So geht es schon mal los.
Luther tat dies nicht grundlos, sondern orientierte sich an der hebräischen Tradition, womit die deuterokanonischen Spätschriften der altgriechischen Tradition (LXX) nicht mehr als kanonisch gewertet wurden.

Andreas hat geschrieben:Dieser "Gesamtkontext" ist aber auch aus inhaltlichen Gründen nicht gegeben und deswegen auch nicht haltbar. Wie denn? Womit willst du das begründen, wenn doch die Texte eine ganz andere Sprache sprechen?
Mit der Theologie und Exegese von Prof. Erich Zenger. Ich lese sein Fachbuch Einleitung in das Alte Testament (8. Auflage). Zwar besteht keine systematische Einheit, aber sehr wohl ein dramatischer Zusammenhang. Und selbst, wenn man dies bezweifelt, so muss man doch konstatieren, dass sich die christlichen Glaubensgemeinschaften auf die Bibel als "kleine Bibleothek" insgesamt berufen und sie als Grundlage ihres Glaubens verwenden. Der Gesamtkontext wird also in den Rezeptionen der Glaubensgemeinschaften vorausgesetzt.

Andreas hat geschrieben:Wie du ganz richtig sagst sind die Texte des AT jüdische Texte und die des NT christliche Texte - keine unterschiedlichen Theologien sondern ein "Gesamtkontext"? Ernsthaft?
Ja, in einem innerbiblischen Dialog der einen zweigeteilten Bibel. Das NT schöpft aus dem AT.
Suche doch bitte einfach in meinen Beiträgen nach Zenger-Zitaten.

Andreas hat geschrieben:Christus ist der Messias der Juden - das ist die Theologie des Paulus (und anderen).
Christus ist nicht der Messias der Juden - das ist die Theologie des Markus. Ich kann ja nichts dafür, dass die Texte so sind, wie sie sind. Wer in diesen hermeneutischen Dingen nicht wahrhaftig ist ... :silent:
Diese Behauptung widerlegt schon der erste Vers des Markusevangeliums.

Andreas hat geschrieben:In dieser Art gibt es wirklich jede Menge unterschiedliche theologische Standpunkte in der Bibel. Wen wundert das, sind doch die Texte zu ganz unterschiedlichen Zeiten und an ganz unterschiedlichen Orten von ganz unterschiedlichen Autoren verfasst worden. Judäa, Israel, Babylon, Rom usw.

Deswegen wird die Bibel doch nicht schlechter - im Gegenteil sie gewinnt an Reichtum und vor allem ihre Wahrhaftigkeit wieder zurück.
Diese Polyphonie stellte auch Zenger fest. Darin entfaltet sich die vielgestaltige "Klangwelt" der Bibel, mit all ihren Spannungen und ringt im innerbiblischen Dialog, indem sich die Bibel selbst ins Wort fällt, um die Gotteswahrheit.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#390 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Halman » Mi 8. Feb 2017, 22:18

Novalis hat geschrieben:Mich macht es betrübt, dass Christen aus vollkommen banalen, unnötigen, lächerlichen Gründen miteinander zerstritten sind, obwohl wir das Glück haben hier in Frieden leben zu können, während unsre Brüder und Schwestern an anderen Orten dieser Welt verfolgt werden und um ihr Leben fürchten müssen. Wir haben wirklich Luxusprobleme.
Ja, das ist wahr. :thumbup:
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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