Wie geht es Gott?

Rund um Bibel und Glaube
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lovetrail
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#171 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von lovetrail » Do 2. Feb 2017, 11:39

Andreas hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:Passt auf, dass der unmittelbare Textbezug nicht verlassen wird,
Das ist hermeneutisches Harakiri, weil sich vieles nur in Bezug zum Kontext dieses Buches richtig deuten lässt. Mit der "Kunst des Verstehens" ist es damit aus und vorbei.
Das Verstehen der Texte wird durch diese leider, leider weit verbreitete hermeneutische Vorentscheidung unterbunden. Warum eigentlich? Gibt es dafür einen vernünftigen Grund? Den konnte mir noch keiner erklären. "Bibel-Teilen" macht man halt so, ist keine vernünftige Erklärung.
Es braucht beides. Treue im Kleinen und Treue im Großen. Ich habe nur das eine erwähnt, weil dies mE oft das Hauptproblem in den Bibelrunden ist.
Man springt von einem Bezug zum Nächsten, macht alle möglichen Fässer gleichzeitig auf und konzentriert sich nicht auf den Nahzusammenhang.

Oder man hat halt sein eigenes Thema am Laufen, zu dem man möglichst schnell hinnavigieren will und schon steht der unmittelbare Text wieder verwaist da. Es fehlt halt oft an Disziplin bzw am Willen zur Disziplin. Man will sich entspannen, tratschen, sich selber reden hören.
Ich bin kein Freund der Schwadroniererei ;-)

LG lovetrail
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lovetrail
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#172 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von lovetrail » Do 2. Feb 2017, 11:49

Andreas hat geschrieben: Hier bei Johannes zum Beispiel ist der springende Punkt einzig, an Jesus zu glauben.
Wer nicht an ihn glaubt, drückt sich vor dem "Gericht" (?), damit seine Taten nicht aufgedeckt werden und bleibt in der Finsternis, in der er sich ja auch am wohlsten fühlt.
Wer an ihn glaubt, erscheint vor "Gericht" (?), aber nur um sich bestätigen zu lassen, dass seine Taten in Gott vollbracht wurden und sich seinen "Freispruch" (?) samt ewigem Leben abzuholen.
Ein Gericht in dem Sinne, wie es anderen Orts in der Bibel beschrieben wird, gibt es in dieser Vorstellung des Johannes nicht - die Sache ist hiermit ja erledigt.
Das ist zB ein schönes Beispiel dafür, wie man aus Lust am Rumprobieren die Konzentration auf den Text verlieren kann. Das Gericht besteht hier darin, dass diese Leute nicht an Jesus glauben und die Finsternis bzw ihre bösen Werke lieber haben. Das Licht kam in die Finsternis und sie haben es nicht begriffen. Wer aber an ihn glaubt kommt nicht ins Gericht, sondern ist vom Tod ins Leben übergegangen. (Joh.5,24).

Johannes spricht von einer Auferstehung des Gerichts:
Wundert euch darüber nicht, denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören
29 und hervorkommen werden; die das Gute getan haben zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben zur Auferstehung des Gerichts.(joh.5,28-29; Elb.)
Andreas hat geschrieben: Bei Matthäus hingegen werden alle "gerichtet", alle müssen vor Gericht erscheinen und jeder erhält ein Urteil: die einen das ewige Leben, die anderen die ewige Strafe.
Hier werden sie allerdings nicht einzig danach abgeurteilt, ob sie an Jesus glauben oder nicht, sondern nach ihren jeweiligen Taten. Das allerdings ziemlich unrealistisch schwarz-weiß, weil der Fall, dass jemand beispielsweise einen im Gefängnis besucht hat, aber keinen Kranken gar nicht vorkommen kann. Ich kenne niemanden, der nicht das eine oder andere der hier aufgezählten Dinge in seinem Leben getan oder unterlassen hätte. Habt ihr schon mal jemanden im Gefängnis besucht oder einen verdreckten Obdachlosen bei euch aufgenommen ... ?
Ich denke, dass Jesus hier die Schraube anzieht, so wie er es auch schon bei der Bergpredigt gemacht hat. Die Menschen sollen merken, dass keiner von sich aus den Anforderungen entprechen würde. Die Latte liegt sehr hoch. Und so wird der Ruf nach einem Retter dringlich.

Das heißt nicht, dass diese Anforderungen (in Mt.) im Glauben an Jesus obsolet werden würden, nein sie werden erst durch Jesus im heiligen Geist möglich.

LG lovetrail
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lovetrail
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#173 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von lovetrail » Do 2. Feb 2017, 11:54

Erich hat geschrieben:
Wer an Jesus Christus glaubt, über den hat der zweite Tod (Feuer- und Schwefelsse) keine Macht, sondern er erhält das Ewige Leben!

--------------------------------------------------------------------------------------------

Und bedenke nebenbei: Diese Himmel und Erde werden vergehen!
Mt 24,35 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.
Offb 20,11 Und ich sah einen großen, weißen Thron und den, der darauf saß; vor seinem Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es wurde keine Stätte für sie gefunden.
Hebr 1,11-12
11 Sie werden vergehen, du aber bleibst. Sie werden alle veralten wie ein Gewand;
12 und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, wie ein Gewand werden sie gewechselt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht aufhören.
2.Petr 3, 10-13
10 Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb; dann werden die Himmel zergehen mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden ihr Urteil finden.
11 Wenn nun das alles so zergehen wird, wie müsst ihr dann dastehen in heiligem Wandel und frommem Wesen,
12 die ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und erstrebt, an dem die Himmel vom Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden.
13 Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.
LG! Erich

Hallo Erich!

Siehst du und ich glaube, dass das was mit der Erde geschieht, auch mit ihren (ungläubigen) Bewohnern geschehen wird.

Die Elemente zermschmelzen vor Hitze, die Erde und die Werke darauf werden im Feuer vergehen. Und dann kommt die neue Erde und der neue Himmel. Die Erde wird nicht auf ewig im Feuer geröstet.

LG lovetrail
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#174 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Pluto » Do 2. Feb 2017, 12:34

lovetrail hat geschrieben:Siehst du und ich glaube, dass das was mit der Erde geschieht, auch mit ihren (ungläubigen) Bewohnern geschehen wird.

Die Elemente zermschmelzen vor Hitze, die Erde und die Werke darauf werden im Feuer vergehen. Und dann kommt die neue Erde und der neue Himmel. Die Erde wird nicht auf ewig im Feuer geröstet.
Warum wird es nur die Ungläubigen treffen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#175 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Andreas » Do 2. Feb 2017, 12:40

lovetrail hat geschrieben:Es braucht beides. Treue im Kleinen und Treue im Großen.
Stimmt. Die Treue zum Großen vermisse ich. Wobei sich die Frage stellt, was das Große sein soll. Zum ganz Großen, "die Bibel" wird in den mir bekannten Kreisen andauernd gesprungen. Da mault keiner. Die gerade gelesene Stelle wird mit anderen Stellen in Verbindung gebracht: Stichwort Bibel-Bastel-Bogen. Beispielsweise Schlange in Eden > Drache aus der Offenbarung = "eigene" Theologie wird bestätigt.

Es wird nie im Kontext des Buches geblieben - weil ja alles Gottes Wort ist. Aber wenn man auf Zusammenhänge innerhalb des Buches hinweist, kommt das Argument doch bitte bei dem gerade gelesenen Text zu bleiben. So kann man nicht verstehen, was der Text des Buches aussagen will.
Hinter dieser "Methodik" steckt meiner Meinung nach die Angst dass "herauskommt", dass der Text des Buches nicht so ganz der Lehre der Glaubensgemeinschaft entspricht.
Beispiel: Markus, der nicht die Meinung vertritt, dass Jesus der Messias der Juden ist - wohl aber der Christus der Christen! Aber wenn Paulus und andere Jesus als den Messias der Juden und als Christus der Christen darstellen, ist dieser absolute Anspruch: "Gott" ist der der Autor der Bibel nicht mehr haltbar. Es wird nicht wahrgenommen, das Markus auf den früher schreibenden Paulus antwortet, ihn in diesem Punkt korrigieren möchte - vielleicht sogar "im Auftrag" Gottes - oder weil manches eben erst später verstanden wurde - oder weil es die Situation erforderte, dass die Christen ihr Profil schärfen mussten - um sich von den Juden abzugrenzen, die Jesus nicht als ihren Messias annahmen. Was weiß ich. Es steht halt da. Es wird aber mit der theologischen Konstruktion eines angeblichen "Messiasgeheimnisses" kaschiert und unter den Tisch gekehrt, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Weil das den hermeneutischen Vorgaben zuwider läuft, stellt man sich über die Bibel und verweigert das Schriftverständnis, indem man monoton die genehmen Bibelstellen ohne Ende abfeuert. Das heißt: Die Glaubensgemeinschaft hat beim "Bibelstudium" die höhere Priorität als die Schrift. Markus darf nicht für sich stehen, darf nicht als das verstanden werden, was er ist.
lovetrail hat geschrieben:Oder man hat halt sein eigenes Thema am Laufen, zu dem man möglichst schnell hinnavigieren will und schon steht der unmittelbare Text wieder verwaist da.
Das wäre falsch. Da sind wir einer Meinung. Aber gerade das passiert leider auf dem Weg, den ich oben beschrieben habe - und das machen vor allem die Hauskreisleiter, in dem sie ihre "Autorität" ausspielen.
lovetrail hat geschrieben:Ich bin kein Freund der Schwadroniererei
Ich auch nicht, wenn es um Bibelstudium geht. Schwadronieren muss auch mal sein. Alles zu seiner Zeit.

Das Ziel der Hauskreise ist nicht Bibelstudium, sondern Festigung der Gemeinschaft. Das ist mir klar und auch völlig in Ordnung. Was mich ärgert ist, dass es oft als Bibelstudium "verkauft" wird. Wirkliches gemeinsames Bibelstudium habe ich trotzt intensiver Suche noch nirgends gefunden. Vorträge gibt es viele, aber da ist kein Raum für den Diskurs, weil da wiederum nur die eigene Lehre gepredigt wird. Diese Dialogunfähigkeit der Kirchen finde ich so schlimm - wenn es um die Texte geht.

Man sieht es allerorts an den Angeboten und Veranstaltungen von Gemeinden: Es gibt überall Kindergruppen, Firm- und Jugendgruppen, Seniorengruppen. Da fehlt doch was! Der Erwachsene. Für diese lange Lebensphase des Menschen gibt es so gut wie nichts zum Thema biblischer Bildung. Das fehlt nicht nur auf den Seiten einzelner Gemeinden - das ist ein chronischer Mangel. Ich könnte dir hunderte solcher Beispiele zeigen.
Das spiegelt sich auch in den Gottesdiensten wieder. Hauptsächlich Senioren im normalen Gottesdienst in den alternativen Gottesdiensten vorwiegend Jugendliche. Das "Mittelalter" findet hier wie dort kaum noch statt. In meiner Kindheit und Jugend war das ganz anders. Ich finde das schade, weil mir die Bibel heilig ist. Ich komme mir manchmal vor, wie der Antichrist - obwohl mein Anliegen doch genau das Gegenteil will - mehr Nähe zur Schrift, ein gutes Verständnis.

Ich habe so vieles in der Bibel entdeckt, dass ich aber nie innerhalb von Glaubensgemeinschaften entdecken hätte können. Ihre hermeneutischen Scheuklappen hätten das verhindert. Das ist echt keine gute Situation, für niemanden.

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#176 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von lovetrail » Do 2. Feb 2017, 13:15

Andreas, wenn ich offen sprechen darf:

Es entspricht durchaus auch meiner Erfahrung, dass oft Unterschiede in den einzelnen Büchern glatt gebügelt werden, um eine gewisse vorgefertigte Dogmatik zu stützen. Da wird zB das Evangelium vom Reich Gottes einfach in eins mit dem Evangelium Christi gesetzt. (nur als Beispiel).

Ich finde es wichtig sich diesen Widersprüchlichkeiten, bzw Kanten zu stellen. Bei dir habe ich aber den Eindruck, dass du da ins selbe Horn stößt, wie viele Atheisten, die dann sagen: Siehst du, die widersprechen sich alle, deshalb ist das nicht das Wort Gottes und nur menschliche Erfindung... bla.

Ich bin der Meinung, dass Gott es belohnt, wenn man sich demütig nach Antworten ausstreckt, ohne vorschnell mit dem eigenen Verstand vorgehen zu wollen. Gott gibt Klarheiten und Weisheit. Und jene, die meinen sie wüssten schon alles, werden ärmer gemacht.

LG
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#177 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Novas » Do 2. Feb 2017, 13:21

Andreas hat geschrieben: Ich finde das schade, weil mir die Bibel heilig ist. Ich komme mir manchmal vor, wie der Antichrist - obwohl mein Anliegen doch genau das Gegenteil will - mehr Nähe zur Schrift, ein gutes Verständnis.

Ich habe so vieles in der Bibel entdeckt, dass ich aber nie innerhalb von Glaubensgemeinschaften entdecken hätte können. Ihre hermeneutischen Scheuklappen hätten das verhindert. Das ist echt keine gute Situation, für niemanden.

Die Wahrheit ist eben, dass der spirituelle Weg in die Einsamkeit führt. Das ist auch notwendig, damit Individuation stattfinden kann. Wenn es gut läuft, findet man ein paar Weggefährten. Manchmal ist es aber auch am Besten allein zu sein. Bei mir ist es so, dass ich eher in diese Richtung tendiere. Manchmal ruft Gott einen Menschen in die Wüste der vollkommenen Einsamkeit.

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Andreas
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#178 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Andreas » Do 2. Feb 2017, 13:28

lovetrail hat geschrieben:Bei dir habe ich aber den Eindruck, dass du da ins selbe Horn stößt, wie viele Atheisten, die dann sagen: Siehst du, die widersprechen sich alle, deshalb ist das nicht das Wort Gottes und nur menschliche Erfindung... bla.
Das ist mir durchaus bewusst, dass ich so wahrgenommen werde.

Es ist ein Kampf um unterschiedliche Hermeneutiken. Gerade das, wäre doch in der Schrift deutlich erkennbar. Jesus und in der Nachfolge das ganze NT ist doch ein Umdenken zu einem anderen, erneuerten Gottesbild. Das ist so offensichtlich wie nur was. Sonst hätte man ja beim AT und Jude bleiben können und Jesus wäre nicht notwendig gewesen. Ich fasse es nicht. Das ist so klar wie Kloßbrühe, dass das auch schon in den Jahrhunderten davor innerhalb des AT so war und auch innerhalb des NT so ist und innerhalb des Christentumes in 2000 Jahren so weiterging.

Wie man das nicht sehen kann oder dass man das nicht sehen will, werde ich nie verstehen. Das ist doch gut so. Selbst innerhalb eines Menschenleben wächst der Glaube oder denkst du heute noch so, wie als Kind oder Jugendlicher? Ich hoffe nicht.

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#179 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Pluto » Do 2. Feb 2017, 13:34

Das stimmt, Andreas!
Der Philosoph Daniel Dennett (ein Atheist) verglich mal den Gott des AT mit einem massiven, kantigen Berg in den Alpen. Das NT verglich er mit den sanften Hügeln des Jura. Die Zeit hat an dem zornigen rachsüchtigen Gott genagt, und ihn geschliffen.
Heut sind selbst die Hügel des NT in der Kirche kaum noch wahrnehmbar. Was wird wohl in 2-300 Jahren sein? Die Norddeutsche Ebene?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#180 Re: Wie geht es Gott?

Beitrag von Novas » Do 2. Feb 2017, 13:48

Andreas hat geschrieben:Es ist ein Kampf um unterschiedliche Hermeneutiken. Gerade das, wäre doch in der Schrift deutlich erkennbar. Jesus und in der Nachfolge das ganze NT ist doch ein Umdenken zu einem anderen, erneuerten Gottesbild. Das ist so offensichtlich wie nur was. Sonst hätte man ja beim AT und Jude bleiben können und Jesus wäre nicht notwendig gewesen

Da stimme ich Dir zu. Dennoch wertschätze ich die ganze Bibel und dazu gehört auch das Alte Testament. Vielleicht weißt Du auch, dass es mal den sogenannten marcionischen Streit gab. Marcion wies das gesamte Alte Testament zurück.

Marcion ist der erste Theologe, der systematisch einen Unterschied definierte zwischen einem guten Gott der Liebe des Neuen Testamentes, wie er von Jesus als Vater verkündigt wurde, und einem bösen Gott des Alten Testamentes, der für Schöpfung, Gesetz und Gericht verantwortlich sei. Infolgedessen weist Marcion das gesamte Alte Testament zurück, da es einen Demiurgen beschreibe, den er, ähnlich wie in der Gnosis, als bösen Gott auffasst, vor allem aber als einen Gott des Gesetzes. Dabei wird die Schöpfung nicht in ihrer Schönheit, sondern in ihrer materiellen Grobheit wahrgenommen (inter urinas et faeces nascimur - zwischen Urin und Kot werden wir geboren). Für den geistlich-spirituellen Menschen eine grauenvolle Vorstellung. Folglich ist dieser Demiurg auch für das Leid und Unglück in der Welt zuständig.

. Es bedarf einer Erlösung, die als Rückkehr zum eigentlich geistlichen, spirituellen und grenzenlosen Leben gedacht wird. Christus vertrete daher den Gott der Liebe, welcher die Menschen von der Herrschaft dieses Gottes des Gesetzes befreit. Alleine der Glaube an den Gott der Liebe ist zur Erlösung notwendig. Jesus gilt ihm nicht als Messias, sondern als ein göttliches Wesen mit einem Scheinleib (Doketismus), denn freilich könne Erlösung nicht durch Leid, Schweiß, Blut und Tränen geschehen, sondern als geistige Überwindung des Materiellen durch den Erlöser. Wie in der Gnosis fasst also Marcion das Materielle als schlecht auf und postuliert zwei Götter. Anders als in der Gnosis jedoch gibt es keine Geheimlehre, die notwendig zur Erlösung ist. Nach Marcion haben der von ihm Demiurg genannte böse Gott und der Gott der Liebe nichts miteinander zu tun, sie haben keinerlei Beziehung zueinander. Sie kennen sich vermutlich nicht einmal. Der Gott der Liebe war vor seiner Offenbarung in Christus vollkommen unbekannt (ignotus).

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Marcion

Mit dieser Frage habe auch ich mich schon mal beschäftigt, weil viele Christen auch heute noch ein eher gesetzlich-alttestamentarisches Bild von Gott vertreten: hatte Marcion vielleicht doch recht? Diese Idee habe ich jedoch schnell aufgegeben, denn da ist reine Logik gefragt: ohne AT gibt es auch kein Neues Testament - und niemand würde verstehen, was das Neue Testament sagt, wenn es nicht den Kontrast zum AT geben würde.

Das ist der Grund, weshalb sich Marcion irrte.
Zuletzt geändert von Novas am Do 2. Feb 2017, 13:51, insgesamt 2-mal geändert.

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