ThomasM hat geschrieben:Theologisch besteht die Herausforderung, diese beiden Texte zusammen zu bringen.
Genau das halte ich für einen großen Irrtum, weil die Phrase "Die Bibel ist Gottes Wort" falsch verstanden wird. Das stimmt schon, aber ich verstehe es anders. Ich werde von Gott mittels der Bibel angesprochen. Das Wort stellt mich oft vor die Wahl, ist oft Frage und nicht Antwort. Auch für die Bibel gilt, das Gute vom Schlechten zu unterscheiden in der Erkenntnis der Liebe. Ich werde von Gott vor die Frage gestellt: Was wählst du - 1. Kor. 3, 11-15 oder Off. 20, 10, 13-15 - für wen hältst du mich? Die Antwort fällt mir - mittlerweile (!) - leicht. Das war aber nicht immer so, denn Glaube entwickelt sich nach und nach. Ich habe erkannt, dass ich die Bibel nicht "im Gehorsam, dass alles wahr sei", lesen muss, sondern dass ich sie in Liebe lesen darf und dass mich diese Liebe auffordert, liebevoll zu unterscheiden, mich zu entscheiden - im Sinne der Liebe und nur so. Die Liebe hat oberste Priorität, ist der einzig wahre Maßstab. Die Bibel offenbart sich in mir beim Lesen, erwacht in mir zum lebendigen Wort. Die Autoren sind tot. Der Buchstabe ist tot. Die Bibel ist ein Buch, ein Print-Medium-des-Geistes. Der Geist lebt in mir auf, Jesus ersteht in mir auf als Christus.
Jesus ist durch die Ortschaften von Galiläa gewandert und in Jerusalem gekreuzigt worden. Es gab nur das AT (in verschiedenen Versionen). 20 Jahre später gibt es ganz wenige jüdische Gemeinden, die Jesus nachfolgen. Ein (gewissenloser ?) jüdischer Pharisäer hat nichts besseres im Sinn, als diese Jesusnachfolger zu verfolgen, weil er ein Traditionalist ist, ein Vertreter des Gesetzes und der Propheten. Dann hat er auf dem Weg nach Damaskus eine Begegnung, die ihn zum Umdenken bringt. Das dauert eine Weile. Dann schreibt er einen Brief an die Thessalonicher. Dieser Brief ist der Anfang unseres NT und darin steht folgendes:
1.Thess 5,9-22 hat geschrieben:Denn Gott hat uns nicht für das Gericht seines Zorns bestimmt, sondern dafür, dass wir durch Jesus Christus, unseren Herrn, das Heil erlangen. Er ist für uns gestorben, damit wir vereint mit ihm leben, ob wir nun wachen oder schlafen. Darum tröstet und ermahnt einander und einer richte den andern auf, wie ihr es schon tut. Wir bitten euch, Brüder: Erkennt die unter euch an, die sich solche Mühe geben, euch im Namen des Herrn zu leiten und zum Rechten anzuhalten. Achtet sie hoch und liebt sie wegen ihres Wirkens! Haltet Frieden untereinander! Wir ermahnen euch, Brüder: Weist die zurecht, die ein unordentliches Leben führen, ermutigt die Ängstlichen, nehmt euch der Schwachen an, seid geduldig mit allen! Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergilt, sondern bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun. Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles; denn das will Gott von euch, die ihr Christus Jesus gehört. Löscht den Geist nicht aus!
Verachtet prophetisches Reden nicht! Prüft alles und behaltet das Gute! Meidet das Böse in jeder Gestalt!
Dieser Brief und alle anderen Schriften des NT sind in den Gemeinden geschrieben worden von "denen, die sich solche Mühe geben, euch im Namen des Herrn zu leiten". Dieser Pharisäer weiß um sein eigenes Stückwerk und das seiner Gemeinden. Sie gaben sich alle Mühe, aber nicht jeder traf "geistgehaucht" ins Ziel. Darum: Prüft alles und behaltet das Gute! Das ist eine hermeneutische Aussage die einen weit höheren Wert hat, als die Idee einer Verbalinspiration der gesamten Schrift. Das NT ist voller hermeneutischer Aussagen, aber das erschloss sich mir erst nach und nach. Man muss die Schrift nur mal danach fragen und dann gilt es auch für diesem Punkt: Prüfet alles und behaltet das Gute! Das heißt aber auch, das Schlechte zu verwerfen. In diesem Sinne: "Löscht den Geist nicht aus!" durch blinden Gehorsam. "Meidet das Böse in jeder Gestalt!" - auch in der Gestalt der Bibel.
Mk 7,18-23 hat geschrieben:Er antwortete ihnen: Begreift auch ihr nicht? Seht ihr nicht ein, dass das, was von außen in den Menschen hineinkommt, ihn nicht unrein machen kann? Denn es gelangt ja nicht in sein Herz, sondern in den Magen und wird wieder ausgeschieden. Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein. Weiter sagte er: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.
Näheres zu dieser Perikope habe ich hier und in den Folgebeiträgen geschrieben.