Alles Teufelszeug? V

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Münek
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#451 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mo 16. Jan 2017, 15:39

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Dogmatik legt keine Bibeltexte aus.
Die Dogmatik führt das fort, nachdem exegetische Grundlagenarbeit geleistet ist. - Was sind Dogmen anderes als weitergeführte Bibel-Exegese?
Die Dogmatiker machen sicher so manches, aber ganz sicher führen sie nicht die historisch-kritische Exegese weiter. :lol:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Selbstverständlich. So schwierig ist das nicht. Die Profs sind theologische Profis.
Mit "Profi" ist es nicht getan. - Entweder versteht in sich selbst die geistige Substanz der Bibel oder nicht.
Die "geistige Substanz" der Bibel ist wirklich relativ einfach zu verstehen. Bei Deiner subjektiven "Chiffren-Interpretation" wird es da schon schwieriger; aber dieser muss ja schließlich niemand folgen - zumal ihr eisegetischer Charakter mehr als offensichtlich ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die HKM braucht sich nichts zu "erkämpfen". Mach Dich mal schlau, wie lange es schon die historisch-kritische Exegese gibt.
Wenn man das tut, wird man erkennen, gegen welche Widerstände (zu Recht oder Unrecht) sich die HKM durchsetzen musste. - Natürlich musste die HKM kämpfen.
Du hast aber geschrieben, die HKM hätte sich in den LETZTEN JAHREN viel erkämpft. Das ist natürlich blanker Unsinn. Fakt ist, dass sich die HKM seit ihren Anfängen im 18. Jahrhundert - und nicht erst "in den letzten Jahren" - gegen mannigfache Widerstände von seiten der Kirche und der Dogmatik unaufhaltsam und schon seit sehr langem endgültig durchgesetzt hat.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bei der "Ratzinger-Exegese" ist das bestimmt nicht so.
Das müsstest Du erklären.
Der von Ratzinger geforderte Glaubensentscheid besagt eigentlich alles...

closs
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#452 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 16. Jan 2017, 16:34

Münek hat geschrieben:Dogmatik interpretiert und vermittelt Glaubenslehrsätze der Kirche.
Ja - aber immer auf Basis dessen, was in der Bibel steht, also exegetisch untermauert.

Münek hat geschrieben:Darum geht es doch gar nicht. Du hast behauptet, dass die Kirche seit langem nicht mehr darauf besteht, dass die Evangelien aus der Hand der Apostel sind. Ratzinger besteht in seinem Jesusbuch aber ausdrücklich darauf, dass der Lieblingsjünger Jesu Johannes das nach ihm benannte Evangelium verfasst hat.
Ja - die Kirche besteht nicht darauf - aber das heisst doch nicht, dass es im Einzelfall trotzdem so sein kann.

Münek hat geschrieben:Also stimmt Deine Behauptung mal wieder nicht.
Du hast wieder einmal etwas nicht verstanden und schiebst dies dann traditionell anderen in die Schuhe - das kannst Du Dir auch mal abgewöhnen.

Münek hat geschrieben: Von der Erbsünde als "einer wesentlichen Glaubenswahrheit"...
Richtig! - Und das, was mit der A+E-Geschichte rüberkommen soll, HAT doch auch stattgefunden - und findet immer wieder neu statt. - Die A+E-Geschichte zeigt die Wirklichkeit des Menschen. - Das hat doch nicht mit kreationistischem Denken zu tun.

Münek hat geschrieben:Die Dogmatiker machen sicher so manches, aber ganz sicher führen sie nicht die historisch-kritische Exegese weiter.
Ich sprach von "Exegese" und nicht von "historisch-kritischer Exegese".

Münek hat geschrieben:Die "geistige Substanz" der Bibel ist wirklich relativ einfach zu verstehen.
Warum wird dann so oft dieses Verständnis kunstvoll versteckt? :lol:

Münek hat geschrieben:Du hast aber geschrieben, die HKM hätte sich in den LETZTEN JAHREN viel erkämpft.
"Jahren" ist falsch - es hätte "Generationen" heißen müssen. - Da hätte ich mich verschrieben.

Münek hat geschrieben:Der von Ratzinger geforderte Glaubensentscheid besagt eigentlich alles...
Was ist der Unterschied zwischen "methodischem Glaubensentscheid" und "spirituellem Glaubensentscheid"?

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#453 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mo 16. Jan 2017, 22:35

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dogmatik interpretiert und vermittelt Glaubenslehrsätze der Kirche.
Ja - aber immer auf Basis dessen, was in der Bibel steht, also exegetisch untermauert.
Das ist doch gar nicht das Thema. Du hast mal wieder das Wesentliche nicht zitiert. Es geht hier um den von Dir gewünschten Gedankenaustausch zwischen Dogmatikern und Exegeten. Welcher Austausch - und das fragte ich - sollte da mangels Berüh-
rungspunkten stattfinden? Darum ging es primär.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Darum geht es doch gar nicht. Du hast behauptet, dass die Kirche seit langem nicht mehr darauf besteht, dass die Evangelien aus der Hand der Apostel sind. Ratzinger besteht in seinem Jesusbuch aber ausdrücklich darauf, dass der Lieblingsjünger Jesu Johannes das nach ihm benannte Evangelium verfasst hat.
Ja - die Kirche besteht nicht darauf - aber das heisst doch nicht, dass es im Einzelfall trotzdem so sein kann.
Glaube mir - wenn Ratzi bei seinem Lieblingsevangelium auf die Autorenschaft des Johannesjüngers besteht, dann tut es die Kirche auch.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Also stimmt Deine Behauptung mal wieder nicht.
Du hast wieder einmal etwas nicht verstanden und schiebst dies dann traditionell anderen in die Schuhe - das kannst Du Dir auch mal abgewöhnen.
Was ist denn an Deiner simplen Falschbehauptung nicht zu verstehen? Du behauptest, die Kirche bestehe nicht mehr darauf, dass die Evangelien von Aposteln verfasst worden sind. Und ich halte dagegen, dass der Expapst Ratzinger in seinem Jesusbuch haargenau die gegenteilige Auffassung vertritt.

Wo siehst Du da bei mir Unverständnis?

=closs"
Münek hat geschrieben: Von der Erbsünde als "einer wesentlichen Glaubenswahrheit"...
Richtig! - Und das, was mit der A+E-Geschichte rüberkommen soll, HAT doch auch stattgefunden - und findet immer wieder neu statt.
Nö - nach dem Katechismus der katholischen Kirche hat der Sündenfall der Stammeltern Adam und Eva zu Beginn der Geschichte der Menschen tatsächlich stattgefunden. So vertritt es auch aus- und nachdrücklich der Apostel Paulus. Aus diesem Akt des Ungehorsams
des ersten Menschenpaares soll dann nach Auffassung der katholischen Kirche die sog. Erbsünde entstanden sein...


Ergo: Mythologie und Fantasie pur...

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Dogmatiker machen sicher so manches, aber ganz sicher führen sie nicht die historisch-kritische Exegese weiter.
Ich sprach von "Exegese" und nicht von "historisch-kritischer Exegese".
Welche Exegese wird denn neben der historisch-kritischen Exegese an den theologischen Fakultäten noch praktiziert? Meines Wissens keine.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die "geistige Substanz" der Bibel ist wirklich relativ einfach zu verstehen.
Warum wird dann so oft dieses Verständnis kunstvoll versteckt? :lol:
Es wird ja nicht versteckt. Man nimmt Glaubenszeugnisse und -bekenntnisse zur Kenntnis, prüft sie im Lichte der Vernunft auf Plausibilität und Evidenz - und verwirft sie oder nicht. Die Substanz der biblischen Offenbarungen zu verstehen, bedeutet ja nicht, ihnen zuzustimmen.

Verständnis: klar - die Offenbarungsbotschaft ist simpel. Zustimmung: ja oder nein. So einfach ist das

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der von Ratzinger geforderte Glaubensentscheid besagt eigentlich alles...
Was ist der Unterschied zwischen "methodischem Glaubensentscheid" und "spirituellem Glaubensentscheid"?
Die historisch-kritische Forschung ist eine WISSENSCHAFTLICHE Diziplin, bei der subjektiver Glaube an transzendente Mächte außen vorbleibt. Im Übrigen ist das Nichtsammeln von Briefmarken meines Wissens kein Hobby. ;)

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#454 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 16. Jan 2017, 23:10

Münek hat geschrieben: Es geht hier um den von Dir gewünschten Gedankenaustausch zwischen Dogmatikern und Exegeten.
Natürlich gibt es diesen Austausch, wenn auch nicht unbedingt auf institutionalisierter Ebene. - Dogmen sind ohne Bibel und deren Auslegung nicht möglich.

Richtig ist, dass Dogmen unabhängig von historisch-kritischen Einzel-Interpretationen sind - auf Interpretations-Ebene sind beide sehr unterschiedlich normiert.

Münek hat geschrieben:Glaube mir - wenn Ratzi auf die Autorenschaft des Johannesjüngers besteht, dann tut es die Kirche auch.
Nee - Ratzinger hat seine wissenschaftlichen Aussagen nie ex cathedra gemeint und dies auch ausdrücklich gesagt. - Da ist er nur EIN Teilnehmer im wissenschaftlichen Diskurs.

Münek hat geschrieben:Du behauptest, die Kirche bestehe nicht mehr darauf, dass die Evangelien von Aposteln verfasst worden sind. Und ich halte dagegen, dass der Expapst Ratzinger in seinem Jesusbuch haargenau die gegenteilige Auffassung vertritt.
Stimmt - und ich habe Dir gerade den Unterschied zwischen Theologie und "ex cathedra" erklärt.

Münek hat geschrieben:Nö - nach dem Katechismus der katholischen Kirche hat der Sündenfall der Stammeltern Adam und Eva zu Beginn der Geschichte der Menschen tatsächlich stattgefunden.
Nein - wie erklärst Du Dir, dass die RKK die Evolutions-Theorie voll anerkennt? - Das passt doch nicht. - RKK ist NICHT kreationistisch eingestellt.

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#455 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 16. Jan 2017, 23:12

Münek hat geschrieben:Welche Exegese wird denn neben der historisch-kritischen Exegese an den theologischen Fakultäten noch praktiziert? Meines Wissens keine.
Ich habe Dir mal aus wiki die Geschichte und Vielfalt der Exegese kommentarlos herauskopiert - der HKM gehört am Ende EIN Satz.

Die jüdische Exegese als Vorbild der christlichen Exegese

Die jüdische Bibelauslegung ist von einem zweiteiligen Offenbarungs­begriff geprägt: Der schriftlichen Tora (der jüdischen Bibel) wird eine mündliche Tora gegenübergestellt. ... Wichtig an diesem Konzept ist, dass es einander widersprechende Positionen integrieren kann.[5]

Die jüdische Bibelauslegung, die man in Ansätzen schon in innerbiblischen Bezügen finden kann, liegt in ersten Zeugnissen aus den Jahrhunderten um die Zeitenwende vor. Ein Teil davon (Philo von Alexandrien, Josephus und in gewisser Weise auch das Neue Testament) gehört in den Kontext hellenistischer Kultur. Hier ist die Auslegung biblischer Texte sehr stark von Allegorisierungen geprägt, die die starke Menschenähnlichkeit Gottes in den Bibeltexten als uneigentliche Rede zu deuten versuchen.

Die klassische (d. h. im Judentum tradierte) Bibelauslegung ist zwar hebräisch bzw. aramäisch überliefert, aber auch hellenistisch geprägt. Sie zeigt bereits Vorläufer in den Schriften von Qumran. Die an den wöchentlichen Tora-Lesungen ausgerichtete Kommentar- bzw. Predigtliteratur heißt Midrasch. ...

Methodisch ist diese rabbinische Exegese durch den Gegensatz zweier Grundauffassungen geprägt, die mit zwei Gelehrten verbunden werden: Während Rabbi Jischmael darauf besteht, dass „die Tora in der Sprache der Menschen rede“, sieht Rabbi Akiba die Notwendigkeit, einen darüber hinausgehenden Sinn an bestimmten sprachlichen Elementen des Bibeltextes festzumachen, der als göttlicher Text mit jeder kleinen Einzelheit eine bestimmte Aussage verbinden müsste. So schien es als ein wichtiges dogmatisches Erfordernis nachzuweisen, dass in der Tora von der Auferstehung der Toten gesprochen werde, was eine Lektüre auf der Ebene des einfachen Textes nicht wirklich hergibt.

Seit dem 10. Jahrhundert n.Chr. kam eine neue Form rabbinischer Kommentare auf, die einen stark rational und philologisch orientierten Ansatz hatten, die phantasievollen Midraschim allerdings auch rezipierten und zusammenfassten. Diese Kommentare (u.a. Raschi, Kimchi, Ibn Esra) wurden zusammen mit den Targumim (s.o.) in großen Tora- oder Bibelausgaben (Miqra'ot Gedolot, bzw. „Rabbinerbibeln“) parallel zum Bibeltext abgedruckt und sind in der Neuzeit z.T. auch sehr stark von christlichen Auslegern rezipiert worden.[6]
Urchristentum bis Mittelalter – der vierfache Schriftsinn

Entsprechend der Kommentierungsmethode der klassischen philologischen Schule in Alexandria stellte Origenes (ca. 185–254) für die Bibel die Theorie vom „mehrfachen Schriftsinn“ auf. Demzufolge reichte nicht die rein literarisch-philologische Analyse des Textes. Dem einfachen Gläubigen genügte dieser geschichtliche Sinn, jedoch sollte die Exegese für Geübtere auch den seelischen Sinn erheben und für Vollkommene der geistig-geistliche Sinn festgestellt werden.

Dieser Dreischritt somatische – psychische – pneumatische Exegese wurde dann durch Johannes Cassianus im 5. Jahrhundert zur Theorie vom vierfachen Schriftsinn ausgebaut, die für das gesamte Mittelalter prägend war. Ähnlich wie in der jüdischen Tradition der Bibelauslegung (siehe PaRDeS) tritt zur historisch-literalen Exegese nun ein Dreischritt, der sich am Schema Glaube-Liebe-Hoffnung orientiert.

Literalsinn (wörtliche, geschichtliche Auslegung)
Allegorischer Sinn (Interpretation „im Glauben“) = dogmatisch
Tropologischer Sinn (Interpretation „in Liebe“) = moralisch
Anagogischer Sinn (Interpretation „in Hoffnung“) = endzeitlich

Damit stand die Frage einer mehrdeutigen Schrift im Raum. Da aber nach eindeutigen Auslegungen gefragt wurde, setzten hier Reformbemühungen ein.

Der Skeireins ist eine gotische Auslegung zum Johannesevangelium der Wulfilabibel. Eine weitere Auslegung ist der „Skarapsus“ aus dem 8. Jahrhundert, ein Text, der dem hl. Pirminius zugeschrieben wird. Der Heliand ist ein frühmittelalterliches altsächsisches Großepos und wichtiges Glied im historischen Kontext der Entstehung der deutschen Sprache und Literatur.Dort wird in stabreimenden Langzeilen das Leben Jesu Christi in der Form einer Evangelienharmonie nacherzählt.
Reformation und Konzil von Trient

Die Reformatoren lehnen im Einklang mit dem in der Renaissance neu entdeckten historischen Bewusstsein den vierfachen Schriftsinn ab. Sie wollen historisch (und auch theologisch) „zu den Quellen“ (ad fontes). Sie fragen allein nach dem Wort- oder Literalsinn (sola scriptura). Vielfach kam es im protestantischen Raum zur Vorstellung einer „Verbalinspiration“, d. h. die Bibel sei Wort für Wort vom Heiligen Geist inspiriert und somit im wortwörtlichen Sinne unfehlbar. Damit stellte sich dann aber die Frage, ob das ausreicht. Die reformatorische Hermeneutik beantwortete das mit der theologischen These vom „Wort Gottes“, das alleinige Autorität hat und für sich spricht. Damit spitzte sich die Frage nach dem Verstehen zu und die neuzeitliche Hermeneutik entwickelte sich – zunächst als typisch protestantische Ergänzung der Exegese.

Eine entsprechende Verdeutlichung der katholischen Position erfolgte auf dem Konzil von Trient (1545–1563), als die mehrdeutige Schrift unter die Autorität des kirchlichen Lehramts gestellt wurde: Ohne das (bischöfliche bzw. päpstliche) Lehramt bleibt die Bibel zweideutig. Durch die enge Anlehnung der Bibel an die kirchliche Tradition bildete sich zunächst keine spezifisch katholische Hermeneutik heraus.
Aufklärung vs. Repristinationstheologie

Die Exegese seit der Aufklärung reagierte insbesondere auf die altprotestantische (lutherische) Orthodoxie des 16. und 17. Jahrhunderts, die den Literalsinn mit „Gottes Wort“ gleichsetzte und somit den Bibeltext erneut mit einem bis ins Äußerste verfeinerten Regelwerk umgab. Die sich als wissenschaftlich verstehende Exegese der Aufklärung propagierte dagegen die Trennung von Literalsinn der Bibel und „Wort Gottes“ in der Bibel. Damit konnte der Bibeltext mit nun sich schnell entwickelnden philologischen und historischen Methoden untersucht werden, wogegen die Dogmatik (insbesondere die Schriftlehre) und die Biblische Hermeneutik sich um das Verstehen der analysierten Texte kümmern sollte.

Der konservative Protest gegen die Bibelauslegung der Aufklärung firmierte im 19. Jahrhundert unter dem Stichwort Repristinationstheologie: Es war der Versuch, den früheren, voraufklärerischen Umgang mit der Bibel wiederherzustellen. Die Repristinationstheologie konnte sich allerdings nicht durchsetzen.

Wenn auch eine absolut objektive Exegese nicht möglich ist, so sind doch ihre Ergebnisse heute zwischen katholischen und evangelischen (und mit Einschränkung auch orthodoxen) Theologen im akademischen Bereich weithin ähnlich. Die Verwertung der Ergebnisse einer exegetischen Standardanalyse jedoch kann sehr unterschiedlich sein.
Entwicklung der historisch-kritischen Methode
Die historisch-kritische Methode wurde ab dem 18. Jahrhundert als wissenschaftlicher Methodenapparat zur Untersuchung biblischer Texte entwickelt, vor allem von evangelischen Theologen.


Korrekt in Deinem Sinne ist, dass die HKM-Exegese zur Zeit dominiert, jedoch sehr wohl auch von nicht-säkular orientierten Theologen betrieben wird. - Folge davon sind Interpretationen, die hier mehrfach gepostet, aber ignoriert wurden. - Die Tendenz in der RKK ist momentan folgende:

"Wenn Papst Benedikt XVI. recht hat, dann besteht der hoffnungsvolle Weg für die moderne Exegese darin, an der Geschichte und an einer authentischen historischen Forschung festzuhalten, bei gleichzeitiger Wahrnehmung der theologischen Tragweite ebendieser durch die Vorsehung Gottes offenbarten Geschichte. Oder anders ausgedrückt: Katholische Exegeten und Theologen müssen sowohl dem genauen wörtlichen Sinn nachgehen als auch die drei spirituellen Sinne der heiligen Schrift <= Allegorischer Sinn, Tropologischer Sinn, Anagogischer Sinn> endzeitlich erkunden" ("Portal zur katholischen Geisteswelt"). - Ziel der exegetischen Zukunft sei die Auflösung der heutigen "exegetischen Engführung".

Wir sehen hier also insgesamt:
1) Die vielen Exegese-Systeme (wiki).
2) Die Feststellung, dass die HKM seit einigen Generationen dominiert.
3) Die Zukunft der Exegese aus katholischer Sicht, in der "authentische historischen Forschung" und Erkennen "der theologischen Tragweite ebendieser" verbunden werden, und somit die heutige exegetische Engführung aufgelöst wird.

Das wird sicherlich hart diskutiert werden. - Wie auch immer: Die Systematische Theologie" hat in den letzten Generationen nie etwas anderes gemacht: Sie hat immer die "authentische historischen Forschung" und das Erkennen "der theologischen Tragweite ebendieser" verbunden. - Das drückt in etwa das aus, was ich ständig mit "Trennung von Sachergebnissen und Interpretationen" meine.

Das läuft heute und solange ich damit befasst bin genau so.

Münek hat geschrieben: Man nimmt Glaubenszeugnisse und -bekenntnisse zur Kenntnis, prüft sie im Lichte der Vernunft auf Plausibilität und Evidenz - und verwirft sie oder nicht.
Genau das ist weltanschaulich verengt, weil man "plausibel" und "evident" an seinem eigenen exegese-verengenden Weltbild misst.

Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Forschung ist eine WISSENSCHAFTLICHE Diziplin
Sie Systematische Theologie ebenfalls - beide haben ihre unterschiedlich gearteten "Glaubensentscheide" - übrigens: Es geht gar nicht anders.

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sven23
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#456 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Di 17. Jan 2017, 06:58

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Welche Exegese wird denn neben der historisch-kritischen Exegese an den theologischen Fakultäten noch praktiziert? Meines Wissens keine.
Ich habe Dir mal aus wiki die Geschichte und Vielfalt der Exegese kommentarlos herauskopiert - der HKM gehört am Ende EIN Satz..
In der historischen Jesusforschung ist der entscheidende Punkt: welche Methode genügt wissenschaftlichen Ansprüchen?
Und da bleibt eben nur die historisch-kritische Methode übrig.
Wenn man diesen wissenschaftlichen Anspruch nicht hat, dann kann man sich natürlich alles zusammen phantasieren, wie es beliebt. Glaubensdogmatischen Phantasien sind keine Grenzen gesetzt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#457 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 17. Jan 2017, 10:10

sven23 hat geschrieben:In der historischen Jesusforschung ist der entscheidende Punkt: welche Methode genügt wissenschaftlichen Ansprüchen?
Und da bleibt eben nur die historisch-kritische Methode übrig.
Zirkelreferent, was Du da sagst. - Denn Du definierst "Wissenschaft" so, dass nur noch die HKM übrig bleibt.

Davon abgesehen ist Dein Anliegen natürlich legitim: "Uns ist das Wichtigste, dass unsere Methodik kritisch-rationalen Anforderungen (= "alles, was nicht falsifizierbar ist, ist irrelevant") genügt". - Dann aber darf man nicht beanspruchen, geistes-wissenschaftlich vorne mitzuspielen. - Also was nun?

Die wissenschafts-theoretischen Grundlagen überdenken (= "die HKM zum GEistigen hin öffnen") und somit geistes-wissenschaftlich vorne mitspielen? - Oder auf kritisch-rationalen Grundlagen bestehen und sich mit der Rolle von Sachinformationen begnügen? - Beides ist wirklich voll in ORdnung.

NICHT in ORdnung, unredlich und ideologisch ist, wenn man sich selber zur eierlegenden Wollmilchsau macht und per Cherry-Picking BEIDE Positionen gleichzeitig belegen will: "Wir wollen zwar nicht die Voraussetzungen erfüllen, vorne mitzuspielen, bestehen aber gleichzeitig darauf, eben dieses zu tun". - Um, wenn der Hafer sticht, nocht hizuzufügen: "Und wir sind die Einzigen".

Die von Dir vertretene HKM setzt sich dem dringenden Verdacht aus, genau diesen unredlichen Spagat machen zu wollen.

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#458 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Pluto » Di 17. Jan 2017, 10:30

closs hat geschrieben:Zirkelreferent, was Du da sagst. - Denn Du definierst "Wissenschaft" so, dass nur noch die HKM übrig bleibt.
Nein. Hinterfragen der eigenen Erkenntnisse ist das Ziel der Wissenschaft.
Die wissenschaftliche Methode wurde nicht für die HKM entwickelt. Die HKM nutzt die Methode nur um die Bibel zu untersuchen.
Da ksnn die kanonische Exegese noch sehr viel dazu lernen.

closs hat geschrieben:Dann aber darf man nicht beanspruchen, geistes-wissenschaftlich vorne mitzuspielen. - Also was nun?
Wenn das so ist, dann dar sich die kanonische Exegese nicht als wissenschaftlich bezeichnen.
Ergo ist "geistes-wissenschaftlich" ein Oxymoron.

closs hat geschrieben:NICHT in ORdnung, unredlich und ideologisch ist, wenn man sich selber zur eierlegenden Wollmilchsau macht und per Cherry-Picking BEIDE Positionen gleichzeitig belegen will
Warum tut das die kanonische Exegese dann andauernd?

closs hat geschrieben:Die von Dir vertretene HKM setzt sich dem dringenden Verdacht aus, genau diesen unredlichen Spagat machen zu wollen.
Falsch!

Die HKM geht streng nach der wissenschaftlichen Methode vor. Die kanonische Exegese sollte ihr das nachmachen, und ihre eigenen Thesen hinterfragen. Stattdessen produziert sie dogmatische Aussagen die scheinbar ausgesuchten Teilen (Cherry-Picking) der Bibel folgen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#459 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 17. Jan 2017, 11:32

Pluto hat geschrieben:Die wissenschaftliche Methode wurde nicht für die HKM entwickelt. Die HKM nutzt die Methode nur um die Bibel zu untersuchen.
Da ksnn die kanonische Exegese noch sehr viel dazu lernen.
Missverständnis. - Natürlich wurde die kritisch-rationale Methodik nicht für die HKM entwickelt - natürlich wendet sie diese nur an.

Aber "dazulernen" muss hier nicht die Kanonik, sondern die HKM. Denn es muss gelernt werden, dass man die Bibel nur dann mehr als oberflächlich auslegen kann, wenn man über historisch-kritisches Lesen hinausgeht. - Historisch-kritisches Untersuchen ist methodisch unanfechtbar, aber gleichzeitig taub und blind. - Man kann Fakten verstehen, aber keine geistig-inhaltlichen Zusammenhänge - wir sehen es doch immer wieder an den Zitaten Kubitzas.

Pluto hat geschrieben:Ergo ist "geistes-wissenschaftlich" ein Oxymoron.
Nach DEINER naturwissenschaftlich geprägten Wissenschafts-Vorstellung ist das absolut korrekt.

Pluto hat geschrieben:Warum tut das die kanonische Exegese dann andauernd?
Nein - die HKM tut es dauernd.

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#460 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Di 17. Jan 2017, 12:09

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der historischen Jesusforschung ist der entscheidende Punkt: welche Methode genügt wissenschaftlichen Ansprüchen?
Und da bleibt eben nur die historisch-kritische Methode übrig.
Zirkelreferent, was Du da sagst. - Denn Du definierst "Wissenschaft" so, dass nur noch die HKM übrig bleibt..
Das hat nichts mit Zirkelreferenz zu tun. Wissenschaft muss sich immer über ihre Methoden Rechenschaft ablegen. Wer da durchs Rost fällt, hat eben Pech gehabt.

closs hat geschrieben: Davon abgesehen ist Dein Anliegen natürlich legitim: "Uns ist das Wichtigste, dass unsere Methodik kritisch-rationalen Anforderungen (= "alles, was nicht falsifizierbar ist, ist irrelevant") genügt". - Dann aber darf man nicht beanspruchen, geistes-wissenschaftlich vorne mitzuspielen. - Also was nun?..
Wer den Heiligen Geist und Glaubensentscheide für seine Argumentation benötigt, hat sich automatisch aus der Wissenschaft rausgekickt. So einfach ist das.


closs hat geschrieben: NICHT in ORdnung, unredlich und ideologisch ist, wenn man sich selber zur eierlegenden Wollmilchsau macht und per Cherry-Picking BEIDE Positionen gleichzeitig belegen will: "Wir wollen zwar nicht die Voraussetzungen erfüllen, vorne mitzuspielen, bestehen aber gleichzeitig darauf, eben dieses zu tun". - Um, wenn der Hafer sticht, nocht hizuzufügen: "Und wir sind die Einzigen".

Die von Dir vertretene HKM setzt sich dem dringenden Verdacht aus, genau diesen unredlichen Spagat machen zu wollen.
Unredlich ist es in der Tat, Cherry-Picking zu betreiben und dafür noch den wissenschaftlichen TÜV-Stempel zu beanspruchen. Glaubensdogmen sind nun mal so ziemlich das Gegenteil von Wissenschaft.
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