Alles Teufelszeug? V

closs
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#231 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 26. Dez 2016, 15:57

sven23 hat geschrieben:Da kann man in die Falle tappen, dass die vermeintliche Geisteshaltung ja zum großen Teil bereits den Erfindungen der Schreiber geschuldet ist.
Das Wort "Erfindung" ist nach wie vor falsch - es müssen Sender und Empfänger auf derselben Wellenlänge sein, damit Verständnis hergestellt werden kann. - Dieses führt zu Gestaltungen, die natürlich kreativ sind (alles, was der Mensch macht, ist kreativ).

Erst jetzt kommt Dein Punkt: Ja, man kann in die Falle tappen, wenn die Wellenlänge nicht identisch ist bzw. wenn man eigene Interessen hat, das Gesendete nach eigenem Gusto auszulegen. Das tust Du übrigens bei der HKM auch - Du legst sie DIR aus.

sven23 hat geschrieben:Der Verzicht auf die Beschneidung war ausschließlich der geplanten Heidenmissionierung geschuldet.
Woher willst Du das wissen? Eine komplett willkürliche Behauptung.

sven23 hat geschrieben:Origenes kannte die Paulusschriften und war der gleichen Meinung.
Meinst Du ernsthaft, dass Kubitzka Origines angemessen auslegt? - Davon abgesehen: Wir sprachen von Paulus - und da liegt die Bibelstelle vor, die für eine solche Behauptung einfach nicht geeignet ist. - Dort geht es um das Verhältnis von göttlicher Gerechtigkeit und menschlichem Unvermögen.

sven23 hat geschrieben:Das haben wir doch heute schon. Deshalb ist Aufklärung ja so wichtig.
Schön wäre allerdings, wenn spirituelle und atheistische Aufklärung zum selben Ergebnis führen würden. - Weil dem nicht so ist, lernen wir daraus, dass "Aufklärung" eine weltanschauungsabhängige Größe ist - der eine sieht es kritisch-rational/anthropozentrisch, der andere ontologisch/theozentrisch. - Und beide nennen es "Aufklärung". :)

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sven23
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#232 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mo 26. Dez 2016, 16:41

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da kann man in die Falle tappen, dass die vermeintliche Geisteshaltung ja zum großen Teil bereits den Erfindungen der Schreiber geschuldet ist.
Das Wort "Erfindung" ist nach wie vor falsch - es müssen Sender und Empfänger auf derselben Wellenlänge sein, damit Verständnis hergestellt werden kann. - Dieses führt zu Gestaltungen, die natürlich kreativ sind (alles, was der Mensch macht, ist kreativ).
Sicher waren die Schreiber "kreativ" im Umgang mit der Wahrheit, keine Frage. Das macht die Untersuchung ja so schwierig. Trotzdem gelten z.B. die Bergpredigt und das komplette Johannesevangelium als Erfindungen ihrer jeweiligen Schreiber.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Verzicht auf die Beschneidung war ausschließlich der geplanten Heidenmissionierung geschuldet.
Woher willst Du das wissen? Eine komplett willkürliche Behauptung.
Überleg doch mal. Wer läßt denn seine Kinder oder sich selbst freiwillig im Genitalbereich verstümmeln, wenn dies nicht in der eigenen Tradition verankert ist? Dazu bräuchte es sehr viel religiösen Enthusiasmus. Paulus hat dies erkannt. Die Beschneidung stünde einem Expansionskurs im Wege, zumindest am Anfang. Und wie gesagt: ich kenne keine Aussage Jesu, die sich gegen die Beschneidung richten würde.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Origenes kannte die Paulusschriften und war der gleichen Meinung.
Meinst Du ernsthaft, dass Kubitzka Origines angemessen auslegt? - Davon abgesehen: Wir sprachen von Paulus - und da liegt die Bibelstelle vor, die für eine solche Behauptung einfach nicht geeignet ist. - Dort geht es um das Verhältnis von göttlicher Gerechtigkeit und menschlichem Unvermögen.
Ich würde eher sagen: der Zweck heiligt die Mittel. Wenn die Lüge der Verherrlichung Gottes dient, ist sie erlaubt. Origenes und Chrysostomos schlagen in dieselbe Kerbe, ja gehen noch darüber hinaus.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das haben wir doch heute schon. Deshalb ist Aufklärung ja so wichtig.
Schön wäre allerdings, wenn spirituelle und atheistische Aufklärung zum selben Ergebnis führen würden. - Weil dem nicht so ist, lernen wir daraus, dass "Aufklärung" eine weltanschauungsabhängige Größe ist - der eine sieht es kritisch-rational/anthropozentrisch, der andere ontologisch/theozentrisch. - Und beide nennen es "Aufklärung". :)
Welche anspruchsvolle Philosophie geht denn heute noch von einem theozentrischen Weltbild aus?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#233 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 26. Dez 2016, 17:30

sven23 hat geschrieben:Welche anspruchsvolle Philosophie geht denn heute noch von einem theozentrischen Weltbild aus?
Welche anspruchsvolle Philosophie kann von einem anthropozentrischen Weltbild ausgehen?

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Münek
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#234 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mo 26. Dez 2016, 17:55

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - lediglich DEINE Auffassung und DEIN Wissen über den Aufgabenumfang der historisch-kritische Exegese ist laienhaft und bruchstückhaft.
Diese Schiene zieht nicht. - Was nützt es, wenn man sich schlau macht, was die säkulare HKM MEINT?
Dann könntest Du endlich kompetent mitreden, wenn Du meinst, Dich über die historisch-kritische Exegese auslassen zu müssen. Ansonsten gilt: Worüber man mangels Kenntnissen nichts Substanzielles sagen kann, darüber sollte man im eigenen Interesse besser schweigen..

closs hat geschrieben:Hier geht es darum, was sie aufgrund ihrer EIGENEN Voraussetzungen kann und was nicht.
Dass sie als wissenschaftliche Diziplin die Existenz Gottes nicht in ihre historische Forschungstätigkeit mit einbeziehen kann und einbezieht, dürfte bekannt sein. Zu angeblichen supranaturalen göttlichen Eingriffen und Wundern äußert sie sich nicht. Transzendente Spekulationen überlässt sie bereitwillig den kirchlich gebundenen Glaubensdogmatikern.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dass hier nichts Unvereinbares vorliegt, zeigt der Theologe Conzelmann selbst
Das ist zirkelreferent. - Glaubst Du ernsthaft, dass er der Richtige ist, seine eigene Postitionierung zu überprüfen?
Würde Conzelmann noch leben, welchen Grund sollte er haben, seine Positionierung zu überprüfen? Es scheint mir für die Qualität seines Buches "Grundriss der Theologie des Neuen Testaments", welches er für Studenten, Pfarrer, Religionslehrer und interessierte Laien geschrieben hat, zu sprechen, dass es 1997 unter Weiterführung des renommierten Theologieprofessors und Exegeten Andreas Lindemann immerhin in der 6. Auflage erschienen ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du scheinst bisher überhaupt nicht verstanden zu haben, dass primäres Ziel der Exegese neutestamentlicher Texte das Verstehen und Deutlichmachen ihrer THEOLOGISCHEN INHALTE ist.
Dieser Satz stimmt aber nur dann, wenn man "Theologie" als Disziplin versteht, die außenstehend zur geistigen Substanz der Bibel ist.
Deine laienhafte Auffassung ist falsch und irrelevant. Die theologisch-geistlichen Ansätze und Ansprüche der Verfasser der neutestamentlichen Schriften sind den historisch-kritischen arbeitenden Exegeten allerbestens bekannt. Deshalb können sich diese Experten neben dem Historischen kompetent zu den einzelnen Theologien des NT äußern - und tun dies selbstverständlich auch. Das scheint Dir bisher überhaupt nicht bekannt gewesen zu sein.

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#235 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 26. Dez 2016, 22:00

Münek hat geschrieben:Dann könntest Du endlich kompetent mitreden, wenn Du meinst, Dich über die historisch-kritische Exegese auslassen zu müssen.
Hör mal: Ich bin hier ziemlich der Einzige, der in der Uni historisch-kritisch gearbeitet hat. DESHALB lasse ich mich aus.

Münek hat geschrieben: Es scheint mir für die Qualität seines Buches "Grundriss der Theologie des Neuen Testaments", welches er für Studenten, Pfarrer, Religionslehrer und interessierte Laien geschrieben hat, zu sprechen, dass es 1997 unter Weiterführung des renommierten Theologieprofessors und Exegeten Andreas Lindemann immerhin in der 6. Auflage erschienen ist.
ERstens ist das auch schon wieder 20 Jahre her - zweitens ist Lindemann genau ein Verfechter dieser Art der Exegese.

Ich behaupte doch nicht, dass Conzelmann handwerkliche Fehler gemacht hat. Das Problem liegt in der weltanschaulichen Ausweitung des wissenschaftlichen Mandats der HKM, indem in ihrem Namen geistige Fragestellungen der Bibel diskutiert werden, die nach EIGENEN Regeln gar nicht das Thema sein dürften.

Münek hat geschrieben:Deshalb können sich diese Experten neben dem Historischen kompetent zu den einzelnen Theologien des NT äußern - und tun dies selbstverständlich auch. Das scheint Dir bisher überhaupt nicht bekannt gewesen zu sein.
Das ist doch gerade meine KRITIK. - Über etwas strukturell reden, geht natürlich. Aber man kann sich nicht INHALTLICH einmischen.

Konkret: Es geht nicht, dass säkulare HKM-Vertreter die Auferstehung für nicht wahrscheinlich halten, weil sie nach HKM-Kriterien "Mythos" sein muss, also nicht historisch sein kann. - Die säkulare HKM müsste nur bei ihren Leisten bleiben und alles wäre gut.

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#236 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 00:59

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dann könntest Du endlich kompetent mitreden, wenn Du meinst, Dich über die historisch-kritische Exegese auslassen zu müssen.
Hör mal: Ich bin hier ziemlich der Einzige, der in der Uni historisch-kritisch gearbeitet hat. DESHALB lasse ich mich aus.
Dann scheinst Du den entscheidenden Vorlesungen wohl ferngeblieben zu sein. Dass Du an der Uni "historisch-kritisch" gearbeitet hast, davon bemerkt man bei Dir leider so gut wie nichts.

Möglicherweise hast Du Dich an Shakespeare mit gewissem Erfolg historisch-kritisch abgearbeitet. Aber von der historisch-kritischen Exegese biblischer Texte hast Du wirklich KEINE AHNUNG. Du steckts glaubensmäßigt so voller Vorurteile. Deine Weigerung, Dich mal
richtig kundig zu machen, spricht Bände und besagt eigentlich alles über Deine geistige Einstellung.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Es scheint mir für die Qualität seines Buches "Grundriss der Theologie des Neuen Testaments", welches er für Studenten, Pfarrer, Religionslehrer und interessierte Laien geschrieben hat, zu sprechen, dass es 1997 unter Weiterführung des renommierten Theologieprofessors und Exegeten Andreas Lindemann immerhin in der 6. Auflage erschienen ist.
ERstens ist das auch schon wieder 20 Jahre her.
Ooooch. So schnell ändert sich in der theologischen EXEGESE nichts.

closs hat geschrieben:zweitens ist Lindemann genau ein Verfechter dieser Art der Exegese.
Der Exeget Lindemann ist ein tiefgläubiger Exeget. (Das SPIEGEL-Interview mit ihm habe ich hier in einem Thread auszugsweise wiedergegeben. Lies es einfach nach und korrigiere Deine falsche Ansicht.) ;)

closs hat geschrieben:Ich behaupte doch nicht, dass Conzelmann handwerkliche Fehler gemacht hat.
Wie solltest Du als theologischer Laie dies auch tun können? Dir fehlt doch jegliche Kompetenz und Kenntnis.

closs hat geschrieben: Das Problem liegt in der weltanschaulichen Ausweitung des wissenschaftlichen Mandats der HKM, indem in ihrem Namen geistige Fragestellungen der Bibel diskutiert werden, die nach EIGENEN Regeln gar nicht das Thema sein dürften.
Lies Deinen Satz nochmal - und erkenne Deine gehaltlose Schwurbelei. Die Rezipienten der HKM-Ergebnisse solltest Du besser in Ruhe lassen. Jedermann darf die Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung interpretieren, wie er es will.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Deshalb können sich diese Experten neben dem Historischen kompetent zu den einzelnen Theologien des NT äußern - und tun dies selbstverständlich auch. Das scheint Dir bisher überhaupt nicht bekannt gewesen zu sein.
Das ist doch gerade meine KRITIK. - Über etwas strukturell reden, geht natürlich. Aber man kann sich nicht INHALTLICH einmischen.
Was Du mit "INHALT" meinst, ist doch lediglich Dein ganz persönlicher Götter- und Geisterglaube. Mehr nicht. Spirituelle Erkenntnisse glauben auch Esoteriker zu besitzen. Das ist ein Kessel. Man macht sich glaubensmäßig was vor.

Finde Dich damit ab, dass Exegeten kompetent über die Theologien der neutestamentlichen Autoren reflektieren. Sie tun es halt - und jetzt kannst Du in Deiner gläubig-empörenden Naivität laut schreien: "Ihr könnt und ihr dürft das nicht, ihr pöhsen geistlosen Theologen."
:)

closs hat geschrieben:Konkret: Es geht nicht, dass säkulare HKM-Vertreter die Auferstehung für nicht wahrscheinlich halten, weil sie nach HKM-Kriterien "Mythos" sein muss, also nicht historisch sein kann. - Die säkulare HKM müsste nur bei ihren Leisten bleiben und alles wäre gut.
Blödsinn. Die "säkulare HKM" äußert sich zur Realität der Auferstehung Jesu überhaupt nicht. Ergo: Mal wieder einer Deiner blödsinnigen falschen Behauptungen. Aber das kennen wir ja mittlerweile von Dir...

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#237 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 02:46

´Einen guten Rutsch, ihr Lieben! :smiley15: : Herz pink: : Herz pink:

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#238 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 04:12

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Verzicht auf die Beschneidung war ausschließlich der geplanten Heidenmissionierung geschuldet.
Woher willst Du das wissen? Eine komplett willkürliche Behauptung.
Du und Deine Bibelkenntnisse...Schauderhaft.

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#239 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 27. Dez 2016, 09:53

Münek hat geschrieben:So schnell ändert sich in der theologischen EXEGESE nichts.
Eben - genau das macht den radikal-säkularen Ansatz mit der Zeit zum Außenseiter.

Münek hat geschrieben:Der Exeget Lindemann ist ein tiefgläubiger Exeget. (Das SPIEGEL-Interview mit ihm habe ich hier in einem Thread auszugsweise wiedergegeben. Lies es einfach nach und korrigiere Deine falsche Ansicht.)
Da hast Du tatsächlich recht - ich habe ihn mit Lüdemann verwechselt.

Nur ist Dir dann bekannt, dass es Lindemann war, der ausdrücklich auf die Differenz zwischen wissenschaftlicher Disziplin und eigenem Glauben hingewiesen hat. - Mit anderen Worten: Er arbeitet als Wissenschaftler unter der Maxime "Was kann unter einem säkularen HKM-Ansatz rauskommen?" und stellt dem das gegenüber, was er selber geistig-spirituell glaubt - und zieht letzteres als Realitäts-Grundlage vor.

Wie kann das sein? Es kann deshalb sein, weil Lindemann seine Wissenschaft als "Was-wäre,-wenn-die-HKM-Maßstab-wäre" versteht, diesen Maßstab aber nicht anerkennt, wenn es ums Eingemachte geht. - Lies mal das Interview und beachte die Passage, in der er über den Gegensatz zwischen System-Wissen und Glauben spricht.

Münek hat geschrieben:Wie solltest Du als theologischer Laie dies auch tun können?
Genau deshalb tue ich es ja nicht. - Außerdem muss Du uns nicht ständig runtermachen als "Laien". - Nur ganz wenige Menschen sind NICHT Laien eines Fachs bzw. einer Spezialfrage eines Faches.

Unsere Aufgabe ist es, intellektuell aufgeklärt den Überblick zu haben, statt Wissenschaftlern in den Arsch zu kriechen. - Von Wissenschaftlern darf man erwarten, dass sie INNERHALB ihres Systems methodisch genau arbeiten - mehr nicht. - Man darf NICHT von ihnen erwarten, dass sie über Maßstäblichkeit oder Nicht-Maßstäblichkeit ihres Systems Verbindliches sagen können - dazu ist die Philosophie oder die Theologie zuständig.

Münek hat geschrieben:Jedermann darf die Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung interpretieren, wie er es will.
Natürlich darf man das - aber man verlässt den Bereich wissenschaftlicher Disziplin, wenn man es nicht genau so darstellt. - Das gilt bei Journalisten übrigens genauso: Sie müssen für den Leser ersichtlich (!!) darstellen, was Bericht und was Meinung ist.

Münek hat geschrieben:Finde Dich damit ab, dass Exegeten kompetent über die Theologien der neutestamentlichen Autoren reflektieren.
DAS wiederum können sie. - Sie lesen etwas, ordnen es in ihr System ein, kommentieren es. - Aber sie können per Wissenschaft nicht entscheiden, was davon geistig-spirituell wahr ist oder nicht.

Man kann die Berichte über Naherwartung Jesu und Auferstehung Jesu im Sinne des eigenen methodischen Systems einordnen und kommentieren - aber man kann nicht beurteilen, ob Jesus eine Naherwartung hatte und auferstanden ist. Das tut die Theologie aufgrund IHRES Systems, das auf der nicht falsifizierbaren Annahme ("Glaubensentscheid") beruht, dass es Gott gibt - und dann können ganz andere Ergebnisse rauskommen. - Ober schlägt Unter.

Münek hat geschrieben:Die "säkulare HKM" äußert sich zur Realität der Auferstehung Jesu überhaupt nicht.
Doch - sie wird ständig so dargestellt, als sei sie "ein Mythos", also unhistorisch. - Hat sie aber stattgefunden, ist sie historisch - und genau das glaubt und begründet die Theologie.

Münek hat geschrieben:Du und Deine Bibelkenntnisse...Schauderhaft.
Auch wieder so ein naßforsches Halbzeug. - Heidenmission und Beschneidung stehen durchaus in einem historisch-kritischen Kontext - insofern hast Du recht. --- Die gesamtkanonische und spirituelle Bedeutung von Beschneidung/NIcht-Beschneidung lässt sich nicht auf eine solche Episode beschränken.

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#240 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Di 27. Dez 2016, 13:13

closs hat geschrieben: Nur ist Dir dann bekannt, dass es Lindemann war, der ausdrücklich auf die Differenz zwischen wissenschaftlicher Disziplin und eigenem Glauben hingewiesen hat. - Mit anderen Worten: Er arbeitet als Wissenschaftler unter der Maxime "Was kann unter einem säkularen HKM-Ansatz rauskommen?" und stellt dem das gegenüber, was er selber geistig-spirituell glaubt - und zieht letzteres als Realitäts-Grundlage vor.
Wie kann das sein? Es kann deshalb sein, weil Lindemann seine Wissenschaft als "Was-wäre,-wenn-die-HKM-Maßstab-wäre" versteht, diesen Maßstab aber nicht anerkennt, wenn es ums Eingemachte geht. - Lies mal das Interview und beachte die Passage, in der er über den Gegensatz zwischen System-Wissen und Glauben spricht.
Zunächst muss man mal vorwegschicken, dass evangelische Theologie der historisch-kritischen Methode von Anfang an weitaus aufgeschlossener gegenüberstand als die katholische. Dafür hat sie schon mal Pluspunkte verdient. :thumbup:
Allerdings zeigt sich auch an dem Beispiel Lindemanns, wie schwer sich Theologen damit tun, ihre Glaubenskonstrukte zu rechtfertigen, angesichts der Ergebnisse der Forschung. Auch Lindemann macht in dem Interview Aussagen, die schwer nachzuvollziehen sind.
Beispiel:

SPIEGEL: Wenn sich nahezu alles, was über Jesus in der Bibel steht, als unhistorisch erwiese, könnte es Ihren Glauben erschüttern?

Lindemann: Nicht im geringsten. Zugespitzt formuliert ist es sogar umgekehrt, wie gemeinhin angenommen wird. In der historischen Erforschung des Neuen Testaments kann es immer nur Wahrscheinlichkeiten, nichts völlig Sicheres geben, und man muss immer mit neuen Erkenntnissen rechnen, die ein Umdenken erfordern. Für den Glauben gilt dies nicht. Und vor allem kann ich ihn nicht davon abhängig machen, was wir historisch forschenden Theologen jeweils feststellen.


Mit anderen Worten: es ist völlig egal, was die Forschung herausfindet, den Glauben darf das nicht berühren. So wird Forschung zu einer nutzlosen Beschäftigungstherapie und Alibiveranstaltung degradiert. Und die Ausgangsfrage war: Wenn sich nahezu alles, was über Jesus in der Bibel steht, als unhistorisch erwiese...
Historizität spielt also für ihn keine Rolle. Das steht in krassem Gegensatz zu Ratzinger, der alles auf Historität baut, die sich aber auf Grund der Forschungergebnisse nicht aufrecht erhalten läßt.

Und weiter:

SPIEGEL: Papst Johannes Paul II. und seine Hoftheologen ignorieren fast immer, was die Jesus-Forschung in den 250 Jahren seit der Aufklärung erbracht hat. In einer "Handreichung" des Vatikans zum so genannten Heiligen Jahr 2000 wird behauptet, "dass es sich bei den Evangelien um Lebensbeschreibungen Jesu handelt".

Lindemann: Das wird seit Jahrzehnten von keinem ernst zu nehmenden Exegeten mehr behauptet.

...

SPIEGEL: Der Papst hält an den beiden Aposteln als Autoren fest, und er verkündet, die Evangelien seien zwar Glaubensschriften, aber "als historische Zeugnisse nicht weniger zuverlässig".

Lindemann: Ich kenne jedenfalls im deutschsprachigen Raum keinen Exegeten, auch keinen katholischen, der sich so äußert.


Man sieht also, auch die liberaleren Theologen kommen um einen Eiertanz nicht herum und Ratzinger scheint ein exegetischer Exot zu sein.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die "säkulare HKM" äußert sich zur Realität der Auferstehung Jesu überhaupt nicht.
Doch - sie wird ständig so dargestellt, als sei sie "ein Mythos", also unhistorisch.
So haben sich einige Kirchenväter geäußert, aber die haben ja auch nicht historisch-kritisch gearbeitet. :lol:

closs hat geschrieben: - Hat sie aber stattgefunden, ist sie historisch - und genau das glaubt und begründet die Theologie.
Natürlich, wenn Raumschiff Enterprise auf dem Mars gelandet ist, dann ist das historisch. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber gleich null.
Lindemann äußert sich übrigens im Interview auch zur Auferstehung:

SPIEGEL: Was von all dem, was in den Evangelien über die Auferstehung steht, ist Legende?

Lindemann: Die Überlieferung vom leeren Grab und seinem Auffinden durch Frauen und Jünger, die unterschiedlichen Schilderungen der Begegnungen mit dem Auferstandenen und natürlich auch die Himmelfahrt.

SPIEGEL: War das Grab denn leer?

Lindemann: Das weiß ich nicht. Aber selbst wenn das Grab und Reste des Leichnams Jesu gefunden würden, würde dies meinen Glauben an die Auferweckung Jesu durch Gott nicht berühren.


So kann man sich natürlich gegenüber allen Eventualitäten immunisieren. Egal, was die Forschung findet, der Glaube darf nicht berührt werden.
Ich denke, solche Aussagen hatte Metzinger im Sinn, als er von intellektueller Redlichkeit sprach.


closs hat geschrieben: NIcht-Beschneidung lässt sich nicht auf eine solche Episode beschränken.
Die nicht-Beschneidung war in erster Linie eine glaubenspolitische Entscheidung, um die Heidenmission vorantreiben zu können. Und Juden und Moslems können dir "geistig" begründen, warum die Beschneidung unbedingt notwendig ist. Alles willkürliche, menschliche Festlegungen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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