closs hat geschrieben:Rembremerding hat geschrieben:. Er ist es, der Eigenwillen, der sich dann vielleicht später eine Erkenntnis zusammenbastelt, die rechtfertigt.
Henne und Ei. - Ich meine nach wie vor, dass zu Eigenwillen eine Vorerkenntnis gehört. - Wie soll man etwas wollen, ohne zu erkennen, was man will?
Und ich meine, dass es nicht genügt sich in ein Auto zu setzen und die Erkenntnis zu haben, dass man damit fahren kann. Dazu muss eine Energie vorhanden sein, eine Kraft. Der Wille des Menschen lässt Erkenntnis wollen.
Mein Problem ist, - und das des Paulus, wenn er von der Gnosis schreibt - dass jemand, der die Erkenntnis für sein Tun und Reden verantwortlich macht, einerseits eine viel zu hohe Hürde ansetzt, andererseits seine Eigenverantwortung auslagert.
Es gibt Menschen, deren Erkenntnisfähigkeit ist aus körperlichen oder geistigen Gründen stark beeinträchtigt. Sind somit deren Taten und Worte null und nichtig? Hier scheint eine gewisse Arroganz auf, die den Menschen erst durch Leistung "vernutzt".
Es gibt Menschen, welche die Folgen ihrer Taten und Worte allein ihrer, vielleicht falschen, Erkenntnis zuordnen und sich damit ent-schuldigen. Damit machen sie sich frei von jeder Verantwortung. Materialisten sagen dann auch: "Es sind meine Gene", "Ich kann halt nicht anders", "Ich hatte eine schwere Kindheit". Wie schrecklich, wenn sich Menschen in die Versklavung ihrer Vergangenheit oder ihrer biologischen Vorgänge begeben. Das verhindert jeglichen Fortschritt hin zum guten.
Also: Dem Menschen wird zu einem gefügten Zeitpunkt ein Erkennen gegeben, das ihn eine Sendung ("WIlle") übernehmen lassen kann.
Das widerspricht der Liebe Gottes, die keine Marionetten will.
Gottes Gnadenstrom bricht nie ab, der Empfänger im Menschen, sein Gewissen und seine Vernunft, ist stets vorhanden. Der Schieberegler ist der Wille, ob der Mensch empfangen will. Abraham und besonders Jakob hatten Erkenntnis, hinter der sie später wieder zurückfielen. Erkenntis, ohne dass der Wille sie freigibt, ist nichtig. Mag also zuvor Erkenntnis da sein, so ist dies nicht Garantie für deren Umsetzung.
--- für mich heisst dies aber auch, dass die Apokalypse ein Wegdrängen JEGLICHER Lüge ist, also auch der Lüge falscher Erkenntnis.
Richtig - und mit ihr der ganze Mensch, der sich im Dasein mit ihr ernährte.
Aber "Gehorsam" sollte ebenfalls eine FREIE Handlung sein und keine soldatische - ich erkenne etwas, was mich frei-WILLIG gehorsam sein lässt.
Es geht hier nicht um den Gehorsam, wie wir ihn heute meinen. Es geht um das Hinhören auf Gott, auf Gottes Willen. Bin ich im Dasein ohne Liebe zu Gott im steten Weghören, außerhalb Gottes Willen, dann wird meine freie Handlung inmitten von Gottes Liebe freiwillig, eigenwillig, das hinausdrängen lassen sein. Denn eines solchen Menschen einzige Freiheit wird eine Freiheit von ... sein und nicht eine Freiheit für ...
Und jetzt zur Offenbarung: Darin glaube ich den phylogenetischen Prozess dieses Hinzwingens zur Freiheit zu erkennen,
Dann ist Gott nicht die Liebe.
Ein kleiner Exkurs und es hat etwas mit Offenbarung zu tun:
Du sprichst hier nämlich für Augustinus, ich für Thomas von Aquin.
Thomas postuliert, dass die Befolgung der Gesetze und Normen, die Gott in die menschliche Natur legte, nicht zwingend ist. Er verteidigt die Willensfreiheit des Menschen, mit der er sich frei für die moralischen Gesetze und Normen entscheiden kann. Damit steht er im Gegensatz zu Augustinus. Für Augustinus schwächte der Sündenfall den Menschen so sehr, dass eine Willensfreiheit nicht mehr besteht und er ohne Gottes Gnade nur böses tun kann. Für Thomas von Aquin jedoch gibt die Willensfreiheit dem Menschen Verantwortung. Denn ohne diese Verantwortung gäbe es keine Schuld und kein Verdienst. Dies würde die Moral und die Menschenwürde in Frage stellen.
Thomas hat dennoch eine große Erkenntnislehre erarbeitet und vielleicht findet ein besseres Verstehen statt, wenn wir die menschliche Vernunft hier einbringen. Sie ist nämlich der Empfänger von Gottes Ruf an jeden Menschen - in jedem Augenblick. Was dort ankommt, speist Gewissen, Verstand und lässt Erkenntnis wachsen. Der Treibstoff dazu ist der Wille.
Thomas lässt den Willen nur als Diener der Vernunft gelten, weil der sündige Mensch eben auch einen bösen Willen haben kann.
Später war Johannes Dun Scotus der erste, der dies umdrehte und damit widerspricht er den Scholastikern des Mittelalters und eben Thomas. Der Wille hat bei Johannes über der Vernunft zu stehen, ihr zu dienen, denn er kann frei aus dem Erkenntnismaterial der Vernunft auswählen. Dadurch entsteht der faustische Mensch der Neuzeit, der an die Herrschaft des Willens glaubt.
Vielleicht ist das die Sorge, die du und ich teilen: Wenn der Wille ungehindert den Menschen treibt, dann wird er Sklave seiner Begierden. Deshalb bleibt für mich die Vernunft über den Willen als Voraussetzung für Erkenntnis.