Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#1221 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Sa 19. Nov 2016, 12:18

sven23 hat geschrieben:kann man u. a. daran erkennen, dass die Widersprüche, die es nun mal in den Texten gibt, nicht aufgelöst werden können.
Die Widersprüche sind TEIL des Verständnisses. - Es gibt bspw. im AT Widersprüche zwischen dem, was ein Akteur sagt und selber meint. - Man kann leicht nachweisen, dass ein Abraham, David, etc. etwas Wahres sagt, was er selber gar nicht begriffen hat.

Und dann gibt es auch Widersprüche in der Rezeption dessen, was Jesus meint: Der eine versteht es so, der andere so - und irgendwann später entwickelt sich derselbe Akteur und versteht es plötzlich anders. - Der Prozess selber ist Teil des hermeneutischen Verständnisses. - Es reicht nicht nachzuweisen, dass zwischen "hier" und "dort" ein Widerspruch ist, und damit etwas zu falsifizieren. - Da geht es erst los.

sven23 hat geschrieben:sie hat eine unwissenschaftliche Perspektive, weil der historische Jesus ein völlig anderer war, als der verkündete.
Das ist nicht nachweisbar. - Nachweisbar ist, dass Jesus in verschiedenen Rezeptions-Phasen unterschiedlich verstanden wurde.

sven23 hat geschrieben:Nur dass Ratzinger die Rezeption/Kontamination vergöttert, ohne sich für den historischen Jesus zu interessieren.
Das ist falsch. - Die Kanonik interpretiert die Rezeption als wahren Prozess der Entwicklung in Bezug auf das, was Jesus historisch war - das ist etwas ganz anderes.

sven23 hat geschrieben:Man darf getrost davon ausgehen - und die Forschung tut das
Die historisch-kritische Forschung (und die meinst Du wahrscheinlich) KANN gar nicht ermitteln, was Jesus geistig gemeint hat, weil ihr kritisch-rationales Verständnis von "Geist" dafür nicht geeignet ist.

sven23 hat geschrieben:Ich weiß ja auch, dass du dich, wie die Kirche auch, nur für den verkündeten Jesus interessierst
Der verkündete Jesus macht nur dann Sinn, wenn er vom Wesen her dem entspricht, was der historische Jesus war. Aber der historische Jesus ist halt nicht unbedingt der historisch-kritische Jesus.

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sven23
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#1222 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Sa 19. Nov 2016, 12:42

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:kann man u. a. daran erkennen, dass die Widersprüche, die es nun mal in den Texten gibt, nicht aufgelöst werden können.
Die Widersprüche sind TEIL des Verständnisses. - Es gibt bspw. im AT Widersprüche zwischen dem, was ein Akteur sagt und selber meint. - Man kann leicht nachweisen, dass ein Abraham, David, etc. etwas Wahres sagt, was er selber gar nicht begriffen hat.
Wie willst du das nachweisen? Abraham und David sind höchstwahrscheinlich unhistorische Figuren, also literarische Erfindungen, die Jahrhunderte später erdacht worden sind, um in Rückprojektionen das Narrativ der Staatsgründung aufzupeppen.

closs hat geschrieben: Und dann gibt es auch Widersprüche in der Rezeption dessen, was Jesus meint: Der eine versteht es so, der andere so - und irgendwann später entwickelt sich derselbe Akteur und versteht es plötzlich anders. - Der Prozess selber ist Teil des hermeneutischen Verständnisses. - Es reicht nicht nachzuweisen, dass zwischen "hier" und "dort" ein Widerspruch ist, und damit etwas zu falsifizieren. - Da geht es erst los.
Wissenschaft muss sich im Gegensatz zur Glaubensdogmatik erst mal dafür interessieren, warum es diese Widersprüche gibt. Wer das nicht macht, läuft sowieso zwangsläufig in die Irre.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:sie hat eine unwissenschaftliche Perspektive, weil der historische Jesus ein völlig anderer war, als der verkündete.
Das ist nicht nachweisbar. - Nachweisbar ist, dass Jesus in verschiedenen Rezeptions-Phasen unterschiedlich verstanden wurde.
Das ist doch gerade das Kernthema der historischen Jesusforschung. Unterschied zwischen, dem, was der Fall war, und der Rezeption.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nur dass Ratzinger die Rezeption/Kontamination vergöttert, ohne sich für den historischen Jesus zu interessieren.
Das ist falsch. - Die Kanonik interpretiert die Rezeption als wahren Prozess der Entwicklung in Bezug auf das, was Jesus historisch war - das ist etwas ganz anderes.
Ja eben, es ist was völlig unwissenschaftliches, weil hier die Glaubensdogmatik im Vordergrund steht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man darf getrost davon ausgehen - und die Forschung tut das
Die historisch-kritische Forschung (und die meinst Du wahrscheinlich) KANN gar nicht ermitteln, was Jesus geistig gemeint hat, weil ihr kritisch-rationales Verständnis von "Geist" dafür nicht geeignet ist.
Sie kann zumindest ermitteln, dass er an die nahe Gottesherrschaft glaubte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich weiß ja auch, dass du dich, wie die Kirche auch, nur für den verkündeten Jesus interessierst
Der verkündete Jesus macht nur dann Sinn, wenn er vom Wesen her dem entspricht, was der historische Jesus war..
Gut erkannt, und diese Diskrepanz hat die Forschung sauber herausgearbeitet.

closs hat geschrieben: Aber der historische Jesus ist halt nicht unbedingt der historisch-kritische Jesus.
Eigentlich schon, denn Theißen nennt sein Buch: Der historische Jesus..... Um den geht es nun mal in der historischen Jesusforschung, nicht um den kontaminierten Rezeptionsjesus, der posthum legendenhaft mythologisiert und verklärt wurde.
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#1223 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Sa 19. Nov 2016, 13:35

sven23 hat geschrieben:Wie willst du das nachweisen?
Indem man kontextual guckt, wie sich ein Handlungs-Strang entwickelt. - Mit "nachweisen" war nicht "naturwissenschaftlich nachweisen" gemeint. - Falls es ein Stolperstein ist: Man kann es belegen.

sven23 hat geschrieben:Wissenschaft muss sich im Gegensatz zur Glaubensdogmatik erst mal dafür interessieren, warum es diese Widersprüche gibt.
Das tut dann die HKM auf anderer Ebene als etwa die Kanonik. -Interessant ist es auf beiden Ebenen.

sven23 hat geschrieben:Das ist doch gerade das Kernthema der historischen Jesusforschung. Unterschied zwischen, dem, was der Fall war, und der Rezeption.
Dazu müsste die HKM wissen, WAS der Fall ist.

sven23 hat geschrieben:Ja eben, es ist was völlig unwissenschaftliches
Wie man halt "Wissenschaft" definiert. - Mir ging es darum, dass dabei immer das, was WIRKLICH war, im Vordergrund steht. - Oder wenn Du so willst: "Heilsgeschichte" (also rezeptionelle Veränderung durch die Zeiten) ist der Versuch, unaufhörlich dem gerecht zu werden, was Jesus zu seinen Erdenzeiten WIRKLICH war. - Und "wirklich" ist halt irgendwie dann auch zwangsläufig "historisch".

sven23 hat geschrieben:Sie kann zumindest ermitteln, dass er an die nahe Gottesherrschaft glaubte.
Sie kann es methodisch meinen - mehr nicht.

sven23 hat geschrieben:diese Diskrepanz hat die Forschung sauber herausgearbeitet.
Kann ich nicht erkennen - eben weil es keinen methodisch sicheren Kalibirierungspunkt gibt, anhand dessen man diese Differenz herausarbeiten könnte.

sven23 hat geschrieben:Eigentlich schon, denn Theißen nennt sein Buch: Der historische Jesus.....
Ja - das hat sich so eingebürgert, dass man "historisch" sagt, wenn man "historisch-kritisch" meint. - Wenn man damit jedoch "historisch" mit "wirklich" gleichsetzt, wird's kriminell.

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#1224 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Sa 19. Nov 2016, 15:08

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie willst du das nachweisen?
Indem man kontextual guckt, wie sich ein Handlungs-Strang entwickelt. - Mit "nachweisen" war nicht "naturwissenschaftlich nachweisen" gemeint. - Falls es ein Stolperstein ist: Man kann es belegen.
Wie die Forschung zeigt, sind es allenfalls literarische Handlungsstränge, was die Verbindung NT und AT betrifft.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wissenschaft muss sich im Gegensatz zur Glaubensdogmatik erst mal dafür interessieren, warum es diese Widersprüche gibt.
Das tut dann die HKM auf anderer Ebene als etwa die Kanonik. -Interessant ist es auf beiden Ebenen.
Nein, das tut die Kanonik überhaupt nicht, denn sie interessiert sich gar nicht für die ursprüngliche Bedeutung eines Textes.

"Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus."
Schart, Aaron
Einführung in die historisch-kritische Methode der Textinterpretation

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist doch gerade das Kernthema der historischen Jesusforschung. Unterschied zwischen, dem, was der Fall war, und der Rezeption.
Dazu müsste die HKM wissen, WAS der Fall ist.
Das versucht die Forschung herauszuarbeiten, denn das Kernthema in der historischen Jesusforschung ist nun mal der historische Jesus. Was sonst?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ja eben, es ist was völlig unwissenschaftliches
Wie man halt "Wissenschaft" definiert. - Mir ging es darum, dass dabei immer das, was WIRKLICH war, im Vordergrund steht. - Oder wenn Du so willst: "Heilsgeschichte" (also rezeptionelle Veränderung durch die Zeiten) ist der Versuch, unaufhörlich dem gerecht zu werden, was Jesus zu seinen Erdenzeiten WIRKLICH war. - Und "wirklich" ist halt irgendwie dann auch zwangsläufig "historisch"..
Und die Textquellen legen nahe, dass er wirklich anders war, d.h., dass uns die Schreiber einen überwiegend unhistorischen Jesus präsentieren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie kann zumindest ermitteln, dass er an die nahe Gottesherrschaft glaubte.
Sie kann es methodisch meinen - mehr nicht.
Das reicht allemal um Theißen sagen zu lassen:

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“

oder einen Bultmann:

„Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“

oder einen Rahner:

"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:diese Diskrepanz hat die Forschung sauber herausgearbeitet.
Kann ich nicht erkennen - eben weil es keinen methodisch sicheren Kalibirierungspunkt gibt, anhand dessen man diese Differenz herausarbeiten könnte.
Du kannst es gar nicht erkennen, weil du die Forschungsergebnisse nicht kennst. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eigentlich schon, denn Theißen nennt sein Buch: Der historische Jesus.....
Ja - das hat sich so eingebürgert, dass man "historisch" sagt, wenn man "historisch-kritisch" meint. - Wenn man damit jedoch "historisch" mit "wirklich" gleichsetzt, wird's kriminell.
Das ist doch längst gegessen. Niemand kann mal so eben von der "Wirklichkeit" erzählen. Es geht um Wahrscheinlichkeiten, die sich aus den Texten ergeben. Stillschweigend wird dabei vorrausgesetzt, dass Jesus keine rein literarische Fiktion ist. 100%ig ausschließen kann das aber niemand.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1225 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Sa 19. Nov 2016, 16:22

sven23 hat geschrieben:Wie die Forschung zeigt, sind es allenfalls literarische Handlungsstränge, was die Verbindung NT und AT betrifft.
Irrweg, da irrelevant. - Es geht darum, dass es in dieser Literatur eine Entwicklung gibt, die schlüssig ins "NT" führt.

sven23 hat geschrieben:"Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus." Schart, Aaron
Und was heisst das? - Dass die HKM eine reine Rezeptions-Disziplin ist, der der Ursinn des Originals unwichtig ist - genau der Vorwurf, den Du ständig umgekehrt machst.

sven23 hat geschrieben:Das versucht die Forschung herauszuarbeiten, denn das Kernthema in der historischen Jesusforschung ist nun mal der historische Jesus.
Schon - aber eben nur innerhalb historisch-kritischer Möglichkeiten.

sven23 hat geschrieben:Und die Textquellen legen nahe, dass er wirklich anders war
Das ist eben die Frage, die unterschiedlich beantwortet wird.

sven23 hat geschrieben:Das reicht allemal um Theißen sagen zu lassen:
Historisch-kritisch ist dies sicherlich vertretbar.

sven23 hat geschrieben: Es geht um Wahrscheinlichkeiten, die sich aus den Texten ergeben.
Die Wahrscheinlichkeiten sind ganz unterschiedlich bewertet, wenn man unterschiedlich mit den Texten umgeht. - "Wahrscheinlich" ist immer nur etwas in Bezug auf die Methodik.

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#1226 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Sa 19. Nov 2016, 18:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie die Forschung zeigt, sind es allenfalls literarische Handlungsstränge, was die Verbindung NT und AT betrifft.
Irrweg, da irrelevant. - Es geht darum, dass es in dieser Literatur eine Entwicklung gibt, die schlüssig ins "NT" führt.
Es ist und bleibt literarische Fiktion. Auch das AT besteht nicht aus zeitgenössischen Texten, sondern sind Rückprojektionen, die bis zu 800 Jahre zurückreichen. Und das ist nicht irrelevant. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus." Schart, Aaron
Und was heisst das? - Dass die HKM eine reine Rezeptions-Disziplin ist, der der Ursinn des Originals unwichtig ist - genau der Vorwurf, den Du ständig umgekehrt machst.
Häh, hast du Probeme, Texte zu verstehen? Es ist das genaue Gegenteil der kanonischen Exegese, die sich nicht für den urprünglichen Sinn eines Textes interessiert. :shock:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das versucht die Forschung herauszuarbeiten, denn das Kernthema in der historischen Jesusforschung ist nun mal der historische Jesus.
Schon - aber eben nur innerhalb historisch-kritischer Möglichkeiten.
Das genügt, um dem historischen Jesus auf die Spur zu kommen. Der verkündete Jesus ist eine ganz andere Geschichte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und die Textquellen legen nahe, dass er wirklich anders war
Das ist eben die Frage, die unterschiedlich beantwortet wird.
Genau, aus wissenschaftlicher Sicht anders als aus glaubensdogmatischer.

sven23 hat geschrieben:Das reicht allemal um Theißen sagen zu lassen:
Historisch-kritisch ist dies sicherlich vertretbar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es geht um Wahrscheinlichkeiten, die sich aus den Texten ergeben.
Die Wahrscheinlichkeiten sind ganz unterschiedlich bewertet, wenn man unterschiedlich mit den Texten umgeht. - "Wahrscheinlich" ist immer nur etwas in Bezug auf die Methodik.
Wenn die Methodik wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, sind die Chancen recht gut. Weitaus besser, als bei glaubensdogmatischer Herangehensweise.
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#1227 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Sa 19. Nov 2016, 20:11

sven23 hat geschrieben:Auch das AT besteht nicht aus zeitgenössischen Texten, sondern sind Rückprojektionen, die bis zu 800 Jahre zurückreichen.
Ja und?

Ich habe die ersten 15 Bücher des AT ziemlich intensiv gelesen - und diese 15 Bücher sind zeitlich NICHT in der kanonischen Reihenfolge entstanden. - Trotzdem gibt es ein klares Bild darüber, wie ein jeweiliges Buch geistig drauf ist. - So erscheint bspw. das Buch "Hiob" erkenntnismäßig weiter als etwa das Buch "Josua", obwohl "Hiob" wohl wesentlich älter ist. - Es spielt keine Rolle.

sven23 hat geschrieben:Es ist das genaue Gegenteil der kanonischen Exegese, die sich nicht für den urprünglichen Sinn eines Textes interessiert.
Des Rezeptions-Textes!!!! Ich spreche vom "Original Jesus". - Die kanonische Exegese interessiert sich mehr für den Original-Jesus in den Rezeptionen als für die Rezeptionen selbst - so macht Dein Satz Sinn.

sven23 hat geschrieben:Das genügt, um dem historischen Jesus auf die Spur zu kommen.
Das genügt, um dem historischen Jesus in Bereichen auf die Spur zu kommen, die historisch-kritisch greifbar sind. - Nicht greifbar sind der HKM bspw. Fragestellungen zur Interpretation des Satzes "Das Reich Gottes ist nah", weil sie vom Umfeld her interpretiert und nicht aus einem geistigen Kontext.

sven23 hat geschrieben:Wenn die Methodik wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, sind die Chancen recht gut. Weitaus besser, als bei glaubensdogmatischer Herangehensweise.
Auch die Systematische Theologie wird wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht, ist aber nicht kritisch-rational bottom-up gestrickt, sondern hermeneutisch top-down. - Wenn Du letzteres als Wissenschaft nicht anerkennst, dann hat Wissenschaft in der Theologie außer in peripheren Fragen nichts zu suchen.

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#1228 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » So 20. Nov 2016, 01:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist das genaue Gegenteil der kanonischen Exegese, die sich nicht für den urprünglichen Sinn eines Textes interessiert.
Des Rezeptions-Textes!!!! Ich spreche vom "Original Jesus".
Wow - der "Original-Jesus" hat sich kanonischen Exegeten persönlich als Interviewpartner zur Verfügung gestellt? Wann und wo war das? War das Fernsehen, war Bibel-TV dabei? :shock:

:lol: :lol: :lol:

closs hat geschrieben:Die kanonische Exegese interessiert sich mehr für den Original-Jesus in den Rezeptionen als für die Rezeptionen selbst - so macht Dein Satz Sinn.
Nö - der "Original-Jesus" war der historische Jesus von Nazareth. Nur um diesen bemüht sich die historisch-kritische Exegese. Seine Botschaft und Predigt an das Volk wird nicht als Rezeption, sondern als authentisch angesehen. Die "kanonische Exegese" interessiert
sich dagegen NICHT für den historischen Jesus, sondern für die Kunstfigur des nachösterlichen geglaubten, vergotteten, erhöhten Christus.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das genügt, um dem historischen Jesus auf die Spur zu kommen.
Das genügt, um dem historischen Jesus in Bereichen auf die Spur zu kommen, die historisch-kritisch greifbar sind.
Klar - und dazu gehört eben die als authentisch angesehene Botschaft Jesu vom nahe herbei gekommenden Gottesreich und seiner mehrfachen Zusicherung an seine Jünger, dass einige von ihnen den Eintritt dieser Gottesherrschaft noch selbst erleben werden. :thumbup:

closs hat geschrieben:Nicht greifbar sind der HKM bspw. Fragestellungen zur Interpretation des Satzes "Das Reich Gottes ist nah", weil sie vom Umfeld her interpretiert und nicht aus einem geistigen Kontext.
Tja - da liegst Du schief. Dein "höchstpersönlicher geistiger Kontext" hat nichts mit der nicht misszuverstehenden Botschaft des historischen Jesus an seine Zeitgenossen in Galiläa und Judäa zu tun. Der redete Tacheles und wurde verstanden.

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#1229 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » So 20. Nov 2016, 01:22

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn die Methodik wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, sind die Chancen recht gut. Weitaus besser, als bei glaubensdogmatischer Herangehensweise.
Auch die Systematische Theologie wird wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht, ist aber nicht kritisch-rational bottom-up gestrickt, sondern hermeneutisch top-down. - Wenn Du letzteres als Wissenschaft nicht anerkennst, dann hat Wissenschaft in der Theologie außer in peripheren Fragen nichts zu suchen.
Wenn Ratzinger das hören würde, würde er Dir wegen Deines Unverstandes die Ohren lang ziehen - bis an die Hüften. :lol:

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#1230 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 20. Nov 2016, 07:00

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch das AT besteht nicht aus zeitgenössischen Texten, sondern sind Rückprojektionen, die bis zu 800 Jahre zurückreichen.
Ja und?

Ich habe die ersten 15 Bücher des AT ziemlich intensiv gelesen - und diese 15 Bücher sind zeitlich NICHT in der kanonischen Reihenfolge entstanden. - Trotzdem gibt es ein klares Bild darüber, wie ein jeweiliges Buch geistig drauf ist. - So erscheint bspw. das Buch "Hiob" erkenntnismäßig weiter als etwa das Buch "Josua", obwohl "Hiob" wohl wesentlich älter ist. - Es spielt keine Rolle.

Es spielt vor allem eine Rolle, in welcher Tradition die Texte enstanden sind, und die sind höchst unterschiedlich
Die Protagonisten des AT sind wahrscheinlich alles literarische Figuren, allenfalls war "König" David ein unbedeutender Stammesführer.
Es war natürlich ein leichtes für die Schreiber, Prophezeiungen hinein zu schreiben, die sie selbst in "Erfüllung" gehen ließen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist das genaue Gegenteil der kanonischen Exegese, die sich nicht für den urprünglichen Sinn eines Textes interessiert.
Des Rezeptions-Textes!!!! Ich spreche vom "Original Jesus". - Die kanonische Exegese interessiert sich mehr für den Original-Jesus in den Rezeptionen als für die Rezeptionen selbst - so macht Dein Satz Sinn.
Wie will sie das bewerkstelligen, wenn sie sich nicht mal für die Intention des Schreibers interessiert? Sie kann sich nur mit der Rezeption begnügen, was ihr natürlich entgegen kommt, denn diese Rezeption spiegelt ja gerade den legendenhaften, mythologisierten und unhistorischen Jesus wider.
Mit dem historischen Jesus hält sie es wie Paulus: "Der irdische Jesus geht uns nichts an....".
Nachtigall, ick hör dir trapsen. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das genügt, um dem historischen Jesus auf die Spur zu kommen.
Das genügt, um dem historischen Jesus in Bereichen auf die Spur zu kommen, die historisch-kritisch greifbar sind. - Nicht greifbar sind der HKM bspw. Fragestellungen zur Interpretation des Satzes "Das Reich Gottes ist nah", weil sie vom Umfeld her interpretiert und nicht aus einem geistigen Kontext.
Der "geistige Kontext" war das Judentum, in der es eine Vorstellung einer endzeitlichen "Königsherrschaft" gab. Jesus sah im Gegensatz zum traditionellen Judentum die Zeit als unmittelbar bevorstehend an. Das war sein Paradigmenwechsel.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn die Methodik wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, sind die Chancen recht gut. Weitaus besser, als bei glaubensdogmatischer Herangehensweise.
Auch die Systematische Theologie wird wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht, ist aber nicht kritisch-rational bottom-up gestrickt, sondern hermeneutisch top-down. - Wenn Du letzteres als Wissenschaft nicht anerkennst, dann hat Wissenschaft in der Theologie außer in peripheren Fragen nichts zu suchen.
Die historische Jesusforschung ist keine periphere Frage. Selbstverständlich kommen hier wissenschaftliche Methoden zur Anwenung.
Im übrigen endet bei Theißen jedes Kapitel mit einer hermeneutischen Reflexion.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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