Descartes und die menschliche Seele

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#1061 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Do 17. Nov 2016, 19:20

Pluto hat geschrieben:Sollte es nicht heißen, "Ich bin, als denke ich"?
Nicht, wenn man das "Ich" selber skeptizistisch untersucht. Denn er setzt ja auch das "Ich" nicht, sondern stellt fest, dass da etwas denkt, selbst wenn alles Denken Schrott wäre. - Diesem Denken ordnet er einen "Absender" zu, den er "Ich" nennt.

Pluto hat geschrieben:Allerdings lässt diese Argumentationskette nicht auf die Existenz einer res cogitans schließen.
Eignentlich schließt er das gar nicht, sondern sucht einen Namen für das setzungsfreie Denken - im Sinne von: "Egal, WAS es ist, es ist 'etwas' (Res), das denkt". - Es ist also eine Aussage, bevor die Frage kommt, ob das Denken mit Körperlichkeit verbunden ist oder nicht.

Oder anders formuliert:
In dem Moment, in dem man glaubt, dass die Res extensae "echt" sind, ist es nur ein kleiner Schritt, um zu sagen: "WENN es den Körper gibt, kann das Denken auch vom Körper ausgehen". - Insofern würde er die heute naturalistische Verständnisweise nachvollziehen können - aber es bleibt dabei: Es gibt diese "Res" auch, wenn man NICHT glauben würde, dass es die Res extensae gibt. - Es ist also eine gültige Aussage ZUVOR.

Pluto hat geschrieben:Es gibt keinen magischen Funken in uns.... nur ein Gehirn was durch elektrische Signale angeregt wird.
Das ist bei seiner ontologischen Fragestellung irreleant - mit anderen Worten: Er könnte Deine Aussage kommentieren mit "Du kannst recht haben, musst aber nicht".

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#1062 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Do 17. Nov 2016, 19:37

closs hat geschrieben:Eignentlich schließt er das gar nicht, sondern sucht einen Namen für das setzungsfreie Denken - im Sinne von: "Egal, WAS es ist, es ist 'etwas' (Res), das denkt". - Es ist also eine Aussage, bevor die Frage kommt, ob das Denken mit Körperlichkeit verbunden ist oder nicht.
Um denken zu können, braucht es eine Entität, und diese Entität ist der Körper.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es gibt keinen magischen Funken in uns.... nur ein Gehirn was durch elektrische Signale angeregt wird.
Das ist bei seiner ontologischen Fragestellung irrelevant - mit anderen Worten: Er könnte Deine Aussage kommentieren mit "Du kannst recht haben, musst aber nicht".
Stimmt.
Andererseits weist ALLES was man in den letzten Jahrzehnten an Forschungsergebnissen hat, darauf hin, dass alles Denken vom Gehirn ausgeht.
NICHTS weist in irgendeiner Weise auf die Existenz einer res extensa hin. Sie erklärt NICHTS . Die res extensa braucht es nicht, um den Ursprung von Geist, Bewusstsein und dem Selbst zu erklären.
Mi anderen Worten, die res extensa ist nichts weiter als eine bequeme Metapher. Sie leistet aber keinen Beitrag in der Erklärung des geistigen Prozesses.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1063 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Do 17. Nov 2016, 21:52

Pluto hat geschrieben:Um denken zu können, braucht es eine Entität, und diese Entität ist der Körper.
Kann sein - muss aber nicht sein. - Es kann der Geist selbst sein. - Es ist aus (bspw.) christlicher Sicht vollkommen selbstverständlich, dass der "HG" eine Entität ist.

Pluto hat geschrieben:Andererseits weist ALLES was man in den letzten Jahrzehnten an Forschungsergebnissen hat, darauf hin, dass alles Denken vom Gehirn ausgeht.
Das sagt aber nichts zu unserer Frage hier aus.

Das, was die Neurowissenschaft tut, ist das Belegen der körperlichen (alias neuronalen) Aktivitäten des Gehirns in Bezug auf Denken. - Das sagt nichts Kausales aus, sondern zeigt "nur" Korrelationen (Kausalitäten sind IMMER Interpretationen - Naturwissenschaft zeigt immer nur Korrelationen - Kausalität kann man nicht beobachten).

Pluto hat geschrieben:NICHTS weist in irgendeiner Weise auf die Existenz einer res extensa hin.
Du hast Dich hier wahrscheinlich verschrieben: Das Gehirn IST eine Res extensa. - Auf Res cogitans bezogen macht Deine Aussage einen Sinn (im Sinne des Naturalismus).

Pluto hat geschrieben:Mi anderen Worten, die res extensa <res cogitans?> ist nichts weiter als eine bequeme Metapher. Sie leistet aber keinen Beitrag in der Erklärung des geistigen Prozesses.
Die Res cogitans ist ein Begriff, der das Denken an sich fasst, ohne über das WIE nachzudenken. Damit soll nicht das WIE eines geistigen Prozesses erklärt werden.

Das WIE eines geistigen Prozessen erklären kann nur die Naturwissenschaft, NACHDEM man einvernehmlich glaubt, dass die Rex extensae (also auch das Gehirn) "echt" sind. - Und nachdem wir das alle glauben, macht es tatsächlich einen Sinn. - Damit kann man aus Sicht der Res extensae den Prozess des Denkens beschreiben - ontologisch "WAS ist Denken?" sagt das letztlich nichts aus - das ist auch keine Frage der NAturwissenschaft.

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#1064 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Fr 18. Nov 2016, 12:08

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Um denken zu können, braucht es eine Entität, und diese Entität ist der Körper.
Kann sein - muss aber nicht sein. - Es kann der Geist selbst sein.
Was ist dieser Geist, und woher kommt er?
closs hat geschrieben:- Es ist aus (bspw.) christlicher Sicht vollkommen selbstverständlich, dass der "HG" eine Entität ist.
Das mag sein, aber wie Halman schon sagte, "Geist" ist ein Polysem.
Wieso hat der HG was mit menschlichem Geist zu tun?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Andererseits weist ALLES was man in den letzten Jahrzehnten an Forschungsergebnissen hat, darauf hin, dass alles Denken vom Gehirn ausgeht.
Das sagt aber nichts zu unserer Frage hier aus.
Du kannst ja Hinweise auf einen anderen Ursprung von Geist umschreiben.

closs hat geschrieben:Das, was die Neurowissenschaft tut, ist das Belegen der körperlichen (alias neuronalen) Aktivitäten des Gehirns in Bezug auf Denken.
Da ist man mittelerweile sehr viel weiter. Man erklärt wie das Gehirn den Geist erschafft.

closs hat geschrieben:- Das sagt nichts Kausales aus, sondern zeigt "nur" Korrelationen.
Im Fall des Entstehens von Geist, handelt es sich um eine kausale Korrelation.
- Hat ein Wurm einen Geist? - Nein.
- Hat ein Hund einen Geist? - Mit Sicherheit, Ja.

Warum sage ich das? Weil ein Hund Erinnerungen hat. Dazu ist aber Geist unverzichtbar.

closs hat geschrieben:Die Res cogitans ist ein Begriff, der das Denken an sich fasst, ohne über das WIE nachzudenken. Damit soll nicht das WIE eines geistigen Prozesses erklärt werden.
Das mag sein, aber das erklärt nicht ihren Ursprung.

closs hat geschrieben:Das WIE eines geistigen Prozessen erklären kann nur die Naturwissenschaft, NACHDEM man einvernehmlich glaubt, dass die Rex extensae (also auch das Gehirn) "echt" sind.
Nun... das Gehirn IST echt. Ob man den Prozess "res extensa" oder Geist nennt, ist nicht relevant.

closs hat geschrieben:Und nachdem wir das alle glauben, macht es tatsächlich einen Sinn. - Damit kann man aus Sicht der Res extensae den Prozess des Denkens beschreiben - ontologisch "WAS ist Denken?" sagt das letztlich nichts aus - das ist auch keine Frage der NAturwissenschaft.
Der Prozess des Denkens ist mit der Frage nach dem Geist eng verbunden.
Denken ist eine Fähigkeit des Gehirns. Was soll es denn sonst sein? Menschen die ohne Gehirn geboren werden, fehlt das Denken vollkommen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1065 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Fr 18. Nov 2016, 17:47

Pluto hat geschrieben:Was ist dieser Geist, und woher kommt er?
Diese Frage ist offen - (D)eine Antwort wäre, dass er vom Körper kommt. Andere würde eine Res-externae-unabhängige Antwort geben, die naturwissenschaftlich (logischerweise) nicht klärbar wäre.

Pluto hat geschrieben:Wieso hat der HG was mit menschlichem Geist zu tun?
Weil "menschlicher Geist" in der alten Bedeutung des Polysems ein Ebenbild des HG ist.

Pluto hat geschrieben:Du kannst ja Hinweise auf einen anderen Ursprung von Geist umschreiben.
Es gibt keine Hinweise im naturalistischen Sinn, weil der HG keine naturalistische Größe ist - "Geist" wäre in diesem Fall das im Gehirn abgebildete Abbild dessen, von dem der naturalistische Raum kommt. - Das, was über der Zeit und über dem Naturalistischen ist.

Pluto hat geschrieben:Da ist man mittelerweile sehr viel weiter. Man erklärt wie das Gehirn den Geist erschafft.
Das betrifft die ANDERE Bedeutung des Polysems "Geist".

Pluto hat geschrieben:Hat ein Hund einen Geist? - Mit Sicherheit, Ja.
Im traditionellen Sinne des Polysems "Geist" NEIN. - Im neuen Sinne des Polysems "Geist" JA.

Pluto hat geschrieben:Das mag sein, aber das erklärt nicht ihren Ursprung.
Richtig - es geht hier Descartes um die sichere Existenz dieses Phänomens - selbst bei radikalem Skeptizismus.

Pluto hat geschrieben:Nun... das Gehirn IST echt.
Glaube ich auch - aber es ist kein sicheres Wissen, wenn man einen radikalen Skeptizismus zugrundelegt. - Kritisch rational hast Du recht, weil nach Popper der Kritische Rationalismus die Welt so nimmt, wie sie uns erscheint - also NICHT radikal skeptizistisch vorgeht.

Pluto hat geschrieben:Denken ist eine Fähigkeit des Gehirns. Was soll es denn sonst sein?
Gar nicht anders. - Ich glaube genauso wie Du, dass Geist (in beiden Sinnen des Polysems "Geist"), durch das Gehirn in die naturalistische Welt gebracht wird. Damit ist aber nicht ausgesagt, ob das Gehirn den Geist primär schafft oder einen vorher bestehenden Geist realisiert.

Pluto hat geschrieben:Menschen die ohne Gehirn geboren werden, fehlt das Denken vollkommen.
Sehr wohl - das muss aber nicht heißen, dass dann die geistige Entität fehlt, zu dessen Äußerung das Gehirn fehlt. - Mit anderen Worten: Ein "hirnloser" Mensch kann vollständige geistige Person sein.

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#1066 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Fr 18. Nov 2016, 19:45

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was ist dieser Geist, und woher kommt er?
Diese Frage ist offen - (D)eine Antwort wäre, dass er vom Körper kommt. Andere würde eine Res-externae-unabhängige Antwort geben, die naturwissenschaftlich (logischerweise) nicht klärbar wäre.
Diese Ansicht ist außer mit persönlichen Vermutungen nicht klärbar. Was machen wir also damit?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wieso hat der HG was mit menschlichem Geist zu tun?
Weil "menschlicher Geist" in der alten Bedeutung des Polysems ein Ebenbild des HG ist.
Aha?!
Was spricht denn dafür und was spricht dagegen?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du kannst ja Hinweise auf einen anderen Ursprung von Geist umschreiben.
Es gibt keine Hinweise im naturalistischen Sinn, weil der HG keine naturalistische Größe ist
Eben. Der HG bleibt ein imaginäres Postulat. Bleibt leider auf der Strecke.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Da ist man mittlerweile sehr viel weiter. Man erklärt wie das Gehirn den Geist erschafft.
Das betrifft die ANDERE Bedeutung des Polysems "Geist".
Das entspricht natürlich der christlichen Ideologie.
Warum ist das ideologisch? — Weil Geist weder Ding noch Entität ist, sondern ein Prozess der sehr früh in der Evolution entstand, nachdem sich die ersten Gehirne in den Tieren bildeten. Geist entstand als Hilfsprozess im frühen Gehirn und diente zum Lebenserhalt (Homöostase) des Individuums. Lebewesen mit Geist hatten einen enormen Fortpflanzungsvorteil gegenüber geistlose Wesen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Hat ein Hund einen Geist? - Mit Sicherheit, Ja.
Im traditionellen Sinne des Polysems "Geist" NEIN. - Im neuen Sinne des Polysems "Geist" JA.
Das ist nicht nur traditionell, das ist eine veraltete Sicht.
Wie unterscheidest du zwischen alter und neuer Sicht? Was genau hat sich an der Vorstellung von Geist verändert, außer dass wir ihn heute erklären und damit entmystifizieren können?

closs hat geschrieben:es geht hier Descartes um die sichere Existenz dieses Phänomens - selbst bei radikalem Skeptizismus.
Diese Ansicht muss falsch sein, denn auch Descartes konnte zu jenem Zeitpunkt nicht zwischen Körper und Geist unterscheiden. Erst Jahrzehnte später postulierte er die res cogitans.extensa, als Versuch Geist es zu erklären. Seine Sicht war gut, denn sie hielt sich 300 Jahre lang. Wie sich herausstellte, war sein Postulat falsch, was den Pradigmenwechsel in unserer Betrachtung brachte. Der Beweis: der naturwissenschaftliche Anstatz zeigt erste großartige Erfolge in der Behandlung von geistesgestörten Patienten.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nun... das Gehirn IST echt.
Glaube ich auch - aber es ist kein sicheres Wissen, wenn man einen radikalen Skeptizismus zugrundelegt. - Kritisch rational hast Du recht
Eben! :D
closs hat geschrieben:weil nach Popper der Kritische Rationalismus die Welt so nimmt, wie sie uns erscheint - also NICHT radikal skeptizistisch vorgeht.
Was du da sagts, glaubst du doch selbst nicht!
Es gibt keine bessere weil kritischere Vorgehensweise als der kritische Rationalismus um die Welt mit Skepsis zu untersuchen.

closs hat geschrieben:Ich glaube genauso wie Du, dass Geist (in beiden Sinnen des Polysems "Geist"), durch das Gehirn in die naturalistische Welt gebracht wird. Damit ist aber nicht ausgesagt, ob das Gehirn den Geist primär schafft oder einen vorher bestehenden Geist realisiert.
Dann bist du der Meinung, Geist sei etwas Unergründliches? Ist es vielleicht etwas Magisches?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Menschen die ohne Gehirn geboren werden, fehlt das Denken vollkommen.
Sehr wohl - das muss aber nicht heißen, dass dann die geistige Entität fehlt, zu dessen Äußerung das Gehirn fehlt. - Mit anderen Worten: Ein "hirnloser" Mensch kann vollständige geistige Person sein.
Person ja... aber geistig...? Das wär unplausibel und da habe ich meine Zweifel. Da müsstest du genauer erklären wie du das meinst.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1067 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Fr 18. Nov 2016, 20:49

Pluto hat geschrieben:Diese Ansicht ist außer mit persönlichen Vermutungen nicht klärbar. Was machen wir also damit?
Gar nichts. - Es ist eine Zugabe, die WAS-Fragen nicht brauchen. - Die Antwort auf Wahrnehmungs-WIE-Fragen entscheiden nicht über WAS-Fragen.

Pluto hat geschrieben:Was spricht denn dafür und was spricht dagegen?
Je nach Weltbild spricht viel dafür oder viel dagegen. - Das führt nicht weiter.

Pluto hat geschrieben:Eben. Der HG bleibt ein imaginäres Postulat. Bleibt leider auf der Strecke.
Das ist genau der übrliche Denkfehler: Man meint, man könne WAS-Fragen mit kritisch-rationalen Methodik-Regeln kippen - vergiss es.

Pluto hat geschrieben:Warum ist das ideologisch? — Weil Geist weder Ding noch Entität ist
Du begründest die Ideologie des anderen mit Deiner Ideologie - nicht zielführend.

Pluto hat geschrieben:Wie unterscheidest du zwischen alter und neuer Sicht?
Theozentrisch - anthropozentrisch. - Seins-orientiert - wahrnehmungs-orientiert.

Pluto hat geschrieben:Diese Ansicht muss falsch sein, denn auch Descartes konnte zu jenem Zeitpunkt nicht zwischen Körper und Geist unterscheiden.
NAtürlich nicht - das ist doch gerade Teil seines radikalen Skeptizismus. - Er sagt lediglich, dass das, was sich als "Ich" erkennt (wie auch immer dies geschieht), eine sichere und die einzig sichere Erkenntnis nicht. - Mehr sagt er nicht.

Pluto hat geschrieben: Erst Jahrzehnte später postulierte er die res cogitans.extensa
Das ist dann die Fortsetzung ohne jeglichen Widerspruch. - Er sagt im Grunde, dass das, was das Ich als einzig Sicheres erkennt, selbst etwas sein muss, was radikalem Skeptizismus widersteht. - Also auch hier keinerlei Aussage, wie dieses aufgebaut ist - dieser Frage widmet er sich mit seinen naturwissenschaftlichen Arbeiten, die kein Triumph werden.

Pluto hat geschrieben:Der Beweis: der naturwissenschaftliche Anstatz zeigt erste großartige Erfolge in der Behandlung von geistesgestörten Patienten.
Das ist kein Beweis gegen Descartes. - Es zeigt lediglich, dass (nachdem man radikal-skeptizistische Positionen abgehakt hat) eine Korrelation zwischen Geist und Körper stattfindet, was dazu führt, dass die Beeinflussung des Einen zu Wirkungen beim Anderen führen kann.

Aber das war auch schon im Mittelalter bekannt. - Auch damals haben die Leute gewusst, dass Wein gut für den Geist und Geistiges gut für den Körper ist. - Deshalb verstehe ich nicht Deine oft vorgetragene These, dass da etwas gestockt habe.

Was tatsächlich passiert ist: Man hat durch die Naturwissenschaft-Explosion plötzlich mehrere Möglichkeiten gefunden die Wirkungen des Körpers auf den Geist zu multiplizieren.

Pluto hat geschrieben:Was du da sagts, glaubst du doch selbst nicht!
Doch, doch.

Pluto hat geschrieben:Es gibt keine bessere weil kritischere Vorgehensweise als der kritische Rationalismus um die Welt mit Skepsis zu untersuchen.
INNERHALB des Feldes, auf das der Kritische Rationalismus anwendbar ist, stimmt das. - Aber doch nicht bei der Kritik an diesem Feld selbst.

Pluto hat geschrieben:Dann bist du der Meinung, Geist sei etwas Unergründliches?
Insofern ja, dass der Ursprung des Geistes jenseits unserer Wahrnehmungs-Möglichkeiten liegt.

Pluto hat geschrieben:Person ja... aber geistig...? Das wär unplausibel und da habe ich meine Zweifel. Da müsstest du genauer erklären wie du das meinst.
Im alten Sinne des Polysems "Geist" beschreibt dieser (in Bezug auf den Menschen) die Fähigkeit, transzendent zu fühlen und/oder zu denken. - Vor dem Hintergrund, dass im alten Sinne des Polysems "Geist" selbiger seinen Ursprung nicht im Körper hat, sondern ihm gegeben ist, ist leicht denkbar, dass dieser Geist bei manchen Menschen (etwa "hirnlosen" Menschen) erst gar nicht Besitz vom Körper nimmt, aber trotzdem in der dazugehörigen Person "da" ist.

Das ist doch der Grund, warum die Kirchen gegen Abtreibung sind: Weil sie mit der Zeugung die ganze Person geschaffen sehen, die nach und nach in den Körper hineinwächst und mit der Entwicklung des Gehirns immer mehr nach außen kommunikationsfähig wird. - Dies heisst dann: Jede Abtreibung nimmt einer Person ihren zugewiesenen Körper und somit den Zugang zu unserer Welt weg.

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#1068 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Sa 19. Nov 2016, 09:54

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Diese Ansicht ist außer mit persönlichen Vermutungen nicht klärbar. Was machen wir also damit?
Gar nichts.
Unerklärbare Vermutungen gehören in dem Mülleimer.
closs hat geschrieben:Es ist eine Zugabe, die WAS-Fragen nicht brauchen.
Woher willst du das wissen, wenn es sich um bloße Vermutung handelt?

closs hat geschrieben:Die Antwort auf Wahrnehmungs-WIE-Fragen entscheiden nicht über WAS-Fragen.
Antworten auf "Wie" Fragen weisen den Weg zur Wahrheit.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was spricht denn dafür und was spricht dagegen?
Je nach Weltbild spricht viel dafür oder viel dagegen.
Du willst immer das Weltbild mit reinziehen. Aber Schlussfogerungen können mit dem Weltbild nichts zu tun haben. Sie richtig oder falsch.
Janina hat geschrieben:Wenn Christen und Atheisten nicht zum selben Naturverständnis gelangen, kann dieses nicht richtig sein.
Also nochmal, Was spricht aus deiner christlichen Sicht dafür und was dagegen?

closs hat geschrieben:Man meint, man könne WAS-Fragen mit kritisch-rationalen Methodik-Regeln kippen
Ist schon oft gelungen.
Z.B. Woher stammt der Mensch?
Antwort: Aus Jahrmillionen der Evolution aus einem gemeinsamen Vorfahren.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Warum ist das ideologisch? — Weil Geist weder Ding noch Entität ist
Du begründest die Ideologie des anderen mit Deiner Ideologie
Was ist Geist? Was ist Bewusstsein? Was ist das ICH?
Drei Fragen auf die christliche Ideologie keine klaren Antworten formulieren kann. Also versuche ich es auf eine andere Art.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wie unterscheidest du zwischen alter und neuer Sicht?
Theozentrisch - anthropozentrisch. - Seins-orientiert - wahrnehmungs-orientiert.
Bevor man etwas als theozentrisch bezeichnen kann, sollte man vielleicht erklären was das Zentrum genau sein soll. Kannst du das?

closs hat geschrieben:Er sagt lediglich, dass das, was sich als "Ich" erkennt (wie auch immer dies geschieht), eine sichere und die einzig sichere Erkenntnis nicht. - Mehr sagt er nicht.
Das Problem: Er kann zu jenem Zeitpunkt nicht zwischen Körper und Geist unterscheiden. Das gelang ihm erst Jahrzehnte später mit seinem Postulat der Körper/Geist Dualität (res extensa/cogitans), die sich aber be genauerem Hinschauen eine Seifenblase war.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Beweis: der naturwissenschaftliche Anstatz zeigt erste großartige Erfolge in der Behandlung von geistesgestörten Patienten.
Das ist kein Beweis gegen Descartes.
Der formale "Beweis" wurde durch die Widerlegung Mitte des 20. Jahrhunderts erbracht.

closs hat geschrieben:Aber das war auch schon im Mittelalter bekannt.
- Auch damals haben die Leute gewusst, dass Wein gut für den Geist und Geistiges gut für den Körper ist. - Deshalb verstehe ich nicht Deine oft vorgetragene These, dass da etwas gestockt habe.
non sequitur
Der Einfluss von Wein ist biochemisch. Wieso sollte er deiner Meinung nach den Geist beeinflussen, wenn Geist kein körperlicher Prozess ist?

closs hat geschrieben:Was tatsächlich passiert ist: Man hat durch die Naturwissenschaft-Explosion plötzlich mehrere Möglichkeiten gefunden die Wirkungen des Körpers auf den Geist zu multiplizieren.
Der Körper erzeugt den Geist und du redest von Multiplizieren?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es gibt keine bessere weil kritischere Vorgehensweise als der kritische Rationalismus um die Welt mit Skepsis zu untersuchen.
INNERHALB des Feldes, auf das der Kritische Rationalismus anwendbar ist, stimmt das.
Enttäuschend, dass du immer wieder Systembezogenheit ins Spiel bringst, wo die Welt doch das einzige System ist, was es gibt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dann bist du der Meinung, Geist sei etwas Unergründliches?
Insofern ja, dass der Ursprung des Geistes jenseits unserer Wahrnehmungs-Möglichkeiten liegt.
Darin zeigt sich deine Resignation. Wir sollen nicht fragen dürfen, nicht forschen dürfen?

closs hat geschrieben:Das ist doch der Grund, warum die Kirchen gegen Abtreibung sind: Weil sie mit der Zeugung die ganze Person geschaffen sehen, die nach und nach in den Körper hineinwächst und mit der Entwicklung des Gehirns immer mehr nach außen kommunikationsfähig wird. - Dies heisst dann: Jede Abtreibung nimmt einer Person ihren zugewiesenen Körper und somit den Zugang zu unserer Welt weg.
Nicht DIE Kirchen, sondern nur die römisch katholischen Fraktionen sind gegen Abtreibung. Die evangelische Kirche denkt schon lange anders darüber.
Es geht mir nicht darum hieraus eine Abtreibungsdebatte zu machen.

Frage: Wie unterschiedest du zwischen Geist und Bewusstsein?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1069 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Sa 19. Nov 2016, 11:40

Pluto hat geschrieben:Unerklärbare Vermutungen gehören in dem Mülleimer.
Im Sinne des Kritische Rationalismus, also einer Methotik zur Objektivierung von Wahrnehmung, ist das so und sollte auch so bleiben.

Pluto hat geschrieben:Woher willst du das wissen, wenn es sich um bloße Vermutung handelt?
Moment - das "Cogito, ergo sum" ist ein logisches Wissen. - Die einzige Voraussetzung dazu wäre, dass Logik keine Täuschung ist. - Soweit geht nicht einmal Descartes - das kann man ihm als NICHT radikal skeptizistisch vorwerfen.

Pluto hat geschrieben:Sie weisen dennoch auf Antworten hin.
Diese Antworten gibt es ja auch. - Die Frage ist, auf WELCHER EBENE diese Antworten greifen.

Pluto hat geschrieben:Ist schon oft gelungen.
Man sieht an Deinem Beispiel, dass es eben NICHT gelungen ist, den kategorialen Unterschied zwischen WAS und WIE zu verstehen. - Das, was Du als WAS bezeichnest, ist die Folge eines WIE. Du zäumst also so auf, als sei "das, was ist" abhängig von Wahrnehmung (bottom-up).

Unter theologischen Gesichtspunkten geht man top-down vor: "WAS gibt es/ist möglich, wenn man grundlegend nachdenkt?". - Das Wissenschaftliche daran ist dann, dass man dies widerspruchsfrei erläutert. - Ein ganz anderer Weg (induktiv/deduktiv).

Pluto hat geschrieben:Drei Fragen auf die christliche Ideologie keine klaren Antworten formulieren kann. Also versuche ich es auf eine andere Art.
Das wiederum passt: Ein ANDERER Weg. - Man kann sich einer Fragestellung induktiv und deduktiv annähern. - Genau darum geht es.

Pluto hat geschrieben:Bevor man etwas als theozentrisch bezeichnen kann, sollte man vielleicht erklären was das Zentrum genau sein soll.
Die einen tun es durch ihr Empfinden ("geistiger Instinkt") - das ist schwer analytisch umsetzbar. - Die anderen tun es philosophisch und kommen bspw. zum SChluss, dass das zu Ende Denken zu einer Aufhebung der Dialektik führt, dies aber nie im Dasein stattfinden kann. - Dieses "Ende" wäre das "Theozentrum".

Pluto hat geschrieben:Er kann zu jenem Zeitpunkt nicht zwischen Körper und Geist unterscheiden.
Indirekt kann er es dadurch, dass er nachweist, dass Geist ohne Körper geht, aber nicht umgekehrt.

Pluto hat geschrieben:Das gelang ihm erst Jahrzehnte später mit seinem Postulat der Körper/Geist Dualität (res extensa/cogitans), die sich aber be genauerem Hinschauen eine Seifenblase war.
Das einzige Postulat, das ich hierin erkennen kann, ist, dass man beides trennen muss, weil beide unterschiedlicher Kategorie sind - sonst könnte das eine nicht ohne das andere sein.

Pluto hat geschrieben:Der formale "Beweis" wurde durch die Widerlegung Mitte des 20. Jahrhunderts erbracht.
Aber nicht gegen die Aussage, dass Geist ohne Körper sein kann, und umgekehrt nicht. - Ich habe mir den Beweis man angeguckt und habe verstanden, dass er nur deshalb funktioniert, weil er vom Körperlichen AUSGEHT. - Er beweist oder widerlegt also etwas, worum es bei Descartes gar nicht geht.

Pluto hat geschrieben:Wieso sollte er deiner Meinung nach den Geist beeinflussen, wenn Geist kein körperlicher Prozess ist?
Selbstverständlich kann man den Geist, wenn er (wie es im Dasein der Fall ist) untrennbar verbunden ist mit Körper, über den Körper beeinflussen. - Deshalb habe ich nie verstanden, warum der kategoriale Unterschied zwischen Geist und Körper dazu führen sollte, dass psychiatrische Behandlung nicht wirksam sei.

Natürlich ist wirksam - solange Geist und Körper untrennbar verbunden sind, ist sie wirksam, weil einfach die Wechselwirkung zwischen beiden da ist.

Pluto hat geschrieben:Enttäuschend, dass du immer wieder Systembezogenheit ins Spiel bringst, wo die Welt doch das einzige System ist, was es gibt.
Genau das IST doch eine systembezogene Aussage.

Pluto hat geschrieben:Darin zeigt sich deine Resignation. Wir sollen nicht fragen dürfen, nicht forschen dürfen?
Doch - naturwissenschaftlich wird es noch viel zu tun geben, wenn man herausfinden will, wie Geistiges neurowissenschaftlich abbildbar ist.

Pluto hat geschrieben:Es geht mir nicht darum hieraus eine Abtreibungsdebatte zu machen.
Mir auch nicht - aber es ist unmittelbare Folge dessen, was wir hier besprechen.

Pluto hat geschrieben: Wie unterschiedest du zwischen Geist und Bewusstsein?
Kann ich nur über den Daumen tun:

Bewusstsein ist die aktivierte Eigen-Erkenntnis der transzentellen Welt (egal ob emotional oder intellektuell). Achtung: Das gilt auch für Materialisten, da sie mit der Weigerung der Anerkenntnis der transzentellen Welt in der Lage sind, diese zu thematisieren.

Geist wäre das, woraus alles ist - auch das Bewusstsein. - Wenn Du so fragst: Es kann durchaus sein, dass man bei näherem Nachdenken zum Ergebnis kommt, dass "menschlicher Geist" und "menschliches Bewusstsein" (natürlich nur, wie eben definiert) synonym sind.

SilverBullet
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#1070 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Sa 19. Nov 2016, 12:42

closs hat geschrieben:Die Antwort auf Wahrnehmungs-WIE-Fragen entscheiden nicht über WAS-Fragen.
Seit wann können Antworten auf die einen Fragen nicht andere Fragen als sinnlos entlarven?

Unter Forschern ist das Thema des „Scheinproblems“ sehr gut bekannt.
Man versucht krampfhaft ein Problem/Fragestellung zu lösen und schafft es nicht – aber sobald sich im Umfeld neue Antworten ergeben, stellt man fest, dass man von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen ist, so dass es in der bisherigen Richtung gar keine Antwort geben kann.

=> man entsorgt die sinnlosen Fragen und entwickelt nachvollziehbare Erkenntnisse in einer anderen Richtung.
=> Plötzlich erkennt man eine strukturierte Möglichkeit.
=> besser geht es nicht

Dass Philosophie/Religion von vornherein die Nichterreichbarkeit, Nichthinterfragbarkeit und vollständige Sicherheit ihrer Aussagen proklamieren, sollte jeden Beobachter stutzig machen.

closs hat geschrieben:Achtung: Das gilt auch für Materialisten, da sie mit der Weigerung der Anerkenntnis der transzentellen Welt in der Lage sind, diese zu thematisieren.
Siehst du, ich bin keiner dieser Materialisten, denn ich weigere mich nicht, sondern ich habe keine Ahnung, worum es bei „transzentellen Welt“ gehen soll.

(Interessant ist ja, dass du es auch nicht weisst)

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