Descartes und die menschliche Seele

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#781 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Mi 2. Nov 2016, 21:25

Pluto hat geschrieben:Was gefällt dir nicht daran?
Dass es ontologisch klingt - also so, als sei Geist nichts anderes als ein Prozess des Gehirns. Aus meiner Sicht werden hier Wesensfragen mit Umsetzungsfragen verwechselt.

Pluto hat geschrieben:Da muss man sich fragen, warum Menschen mit schweren Depressionen Jahrhunderte lang ruhig gestellt wurden.
Weil es keine medizinischen Therapien gab. - Sogar Descartes hat doch (wenn auch im Detail falsch begründet) geglaubt, dass der Geist körperlich im Gehirn repräsentiert wird - von ihm hätte es keine Widerrede gegen heutige Therapieformen gegeben.

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Halman
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#782 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Halman » Mi 2. Nov 2016, 21:56

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wenn wir über "Sein und Wahrnehmung" und über "Geist" sprechen, so stellt sich die Frage, was wir eigentlich meinen, wenn wir "Geist" sagen. Bezogen auf den Menschen erscheint es mir logisch davon auszugehen, den menschlichen Geist nicht als eine "feinstoffliche" oder supernaturalistische "Substanz" aufzufassen, welche dem Menschen innewohnen würde, sondern als einen hochkomplexen Prozess, welcher vom Gehirn erzeugt wird.
Kann gut sein - Geist als inhärente Größe der Materie. - Aber auch da bleibt die Frage: Was ist Geist vom Wesen her?

Wie würdest Du in diesem Kontext den AT-Spruch bewerten: "Ich rufe Dich bei Deinem Namen" ---???---
Meiner Meinung nach ist Jesaja 43:1 in diesem Kontext deplaziert. Gott ruf sein Volk bei seinen Namen Israel völlig unabhängig davon, ob dem Menschen ein supernaturalistischer Geist innewohnt oder der menschliche Geist vom Gehirn erzeugt wird.

Was das angeht: Qui tacet, consentire videtur! Danke an alle! :)

Ich erinnere daran, dass das Wort Geist ein Polysem ist (darauf wies ich u.a. HIER hin).

Da es hier gem. dem Thread-Titel um Descartes und die menschliche Seele geht, ist es nur logisch zu folgern, dass es hier um den Geist des Menschen geht. Die anderen Bedeutungen des Polysems Geist, wie Gheis bzw. Ghost, sollten hier nicht diskutiert werden, weil dies nur semantische Verwirrung stiften würde.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

SilverBullet
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#783 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Mi 2. Nov 2016, 22:09

closs hat geschrieben:In der Wahrnehmung bin ich "Ich"
Nö, in der Wahrnehmung gibt es keine Existenzen, denn Wahrnehmung ist (abstrakt gesehen) die Wirkung, der Zusammenhang, die Reaktion.
Deshalb gilt die Frage: Wer könnte der Kandidat sein, der mit „Ich“ gemeint ist.

closs hat geschrieben:Ich nehme mich als "ich" wahr, egal was ich tue.
Nun, der „handelnde Ausgangspunkt“ ist vermutlich der aktive Körper – das passt.

Was du hier beschreibst, ist die Dominanz des aktiven Körpers in den Zusammenhängen.
Genau wie die Schräge bei den „schrägen Linien“ ein „Dominanzzusammenhang“ ist, so ist es die „subjektive Perspektive“ bei allen Zusammenhängen, die in einer fortgesetzten Reaktion verarbeitet werden.
Entstanden durch einen evolutionären Entwicklungsvorgang, bei dem sich die Gehirnreaktionen durch Korrektheitsmechanismen formten. Die Gehirnstruktur ist evolutionär nicht zufällig entstanden, sondern hat sich durch die Situation des aktiven Körpers (der sich auch entwickelt hat) nach und nach geformt.

Diese Erklärung hat eine viel höhere Qualität, als die Behauptung:
„ein unsichtbarer Denk-Kern wäre temporär an einen Körper gebunden und nach dem Zerfall der Hülle, frei wie ein Vögelchen“.
(wobei Vögelchen schon wieder ein Körperzusammenhang ist :-))

closs hat geschrieben:Nach Deiner Version wäre "Ich" eine Null, wenn es nicht tätig ist.
Nein, wenn das Gehirn die fortgesetzten Zusammenhänge nicht aufbaut, fehlt lediglich der „Ich“-Zusammenhang, aber der aktive Körper wird weiterhin vorhanden sein.
D.h. der Grund, einen „Ich“-Zusammenhang aufzubauen, liegt durch die Körperexistenz vor.

Solltest du auf die Zeit vor oder nach der Körperexistenz abzielen, dann ist davon auszugehen, dass „dort“ keine Wahrnehmung, also kein Aufbau von Zusammenhängen stattfindet.

closs hat geschrieben:Also ist das "Ich" ein Produkt des Körpers
Das Wort „Produkt“ ist hier nicht angebracht.
„Ich“ ist ein korrekter Zusammenhang in Bezug auf den aktiven Körper.
Der Körper ist „das Objekt“ um das es geht.

closs hat geschrieben:Woher willst Du wissen, wo Zusammenhänge da sind und wo nicht?
Wenn mir keine Zusammenhänge vorgelegt werden und ich keine finden kann, dann liegen keine vor – soviel ist schon mal sicher.

closs hat geschrieben:In der geistigen Wahrnehmung schon
Das Problem ist, dass kein Zusammenhangspfad zu „geistig“ vorliegt – somit ist völlig schleierhaft über was du redest.
Ich kann dann nur Fragen stellen.

closs hat geschrieben:weil für Dich nur materielle Wahrnehmungen existieren
Das ist nicht korrekt, ich habe klar aufgezeigt, dass es nach dem Anzweifeln aller Existenzzusammenhänge, auf das Finden einer möglichst umfangreichen, stimmigen Zusammenhangsmenge ankommt, um von „Sicherheit“ sprechen zu können.
Es steht Jedem völlig frei, derartig stimmige Zusammenhangsmengen zu liefern – hierbei gibt es nur die Bedingung: es muss geliefert werden.
Sollte dein Ansatz bereits daran scheitern, dann hast du keinen Ansatz.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Nur aus dem Vorliegen von Zusammenhängen kann die Vermutung aufgestellt werden, welche Existenzen sicher sind.
Auch nur dann, wenn die Setzungen dazu geglaubt sind (siehe wieder Descartes). - Nach wie vor: Es gibt kein Argument, was aus Wahrnehmungssicht außer dem Ich setzungsfrei sichere Entität wäre.
Nochmal:
Sicherheit ergibt sich aus einer stimmigen Zusammenhangsmenge.
Eine umfangreich stimmige Zusammenhangsmenge bedeutet „hohe Stimmigkeit“.

Dass Descartes den „Ich“-Zusammenhang als einzelnen Zusammenhang einfach als sicher tituliert, sollte dich stutzig machen – auf diese Weise braucht man mit dem Zweifel gar nicht erst anfangen – dieses So-Tun-Als-Ob-Theater ist maximal für Menschen ein „Schenkelklopfer“, die schon zuvor derselben „religiösen Richtung“ wie Descartes folgten.

closs hat geschrieben:Über Eigenschaften geht es schon - probieren wir es mal mit: "Das, was transzendenzfähig zu dem ist, aus dem es ist".
Das ist eine sinnlose Aneinanderreihung von Fragezeichen.
Du behauptest hier letztlich nur, dass Zusammenhänge „erreicht“ werden können, aber sie liegen nicht vor.
Dies wird aus deinem Anschlusssatz deutlich:

Zitat-closs: „Dies setzt allerdings voraus, dass man nicht setzt, es gäbe nichts außerhalb des naturalistischen Raums.“

Nein, es setzt voraus, dass man auf das ureigene Wahrnehmungskonzept von Korrektheit verzichtet: Man soll auf Zusammenhänge verzichten

closs hat geschrieben:Natürlich braucht der Mensch das Gehirn, wenn er im materiellen Raum aktiv ist. Ohne es geht es nicht.
Fällt es dir auf, dass du den Körper akzeptieren musst.

Du musst somit meinen Ansatz erst einmal überwinden können.

Das Nicht-Liefern von Zusammenhängen und das Pochen auf Verzicht von Korrektheit, ist das Gegenteil von „Überwinden“.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Mit „treudoof“ ziele ich darauf ab, dass Descartes einen Zusammenhang „anzweifeln“ möchte und dann ganz „überrascht“ darauf deutet, dass dieser Zusammenhang ja eine Existenz „zum Inhalt“ hat und „deshalb“ die absolute Sicherheit liefert
In Bezug auf das "Ich" - aber sonst nichts. Und da hat er nach wie vor Recht - es gibt bisher kein schlagendes Argument dagegen.
Sorry, den plumpen Verstoss gegen die Spielregeln kannst du nicht wegdiskutieren. Das „Ich“ kann durchaus ein korrekter Zusammenhang sein. Aber nicht „aus sich selbst“ heraus, sondern indem es „für Etwas steht“ – also muss man „es“ suchen und man findet eine geschlossene Zusammenhangsmenge rund um den aktiven Körper – das passt.

Descartes hatte keine Vorstellung, wie man „Denken“ herstellt.
Er hatte keine Vorstellung, wie man „Zweifel“ herstellt.
Du hast meine Frage nicht beantwortet, wie man Zusammenhänge herstellt.
Wenn du (bzw. Descartes) das aber gar nicht kannst, wie willst du irgendeine Aussage über den „Ich“-Zusammenhang aufstellen können?

Deshalb ein paar einfache Fragen:
Aus was ist ein Zusammenhang?
Wer stellt den Zusammenhang der Schräge in den „schrägen Linien“ her?
Wer stellt den Zusammenhang her, dass du nicht durch einen Tisch gehen kannst?
Aus was ist „Zweifel“?
Aus was ist „Denken“?

closs
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#784 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Mi 2. Nov 2016, 23:18

Halman hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist Jesaja 43:1 in diesem Kontext deplaziert. Gott ruf sein Volk bei seinen Namen Israel völlig unabhängig davon, ob dem Menschen ein supernaturalistischer Geist innewohnt oder der menschliche Geist vom Gehirn erzeugt wird.
Meines Wissens ist das auch persönlich gemeint: "Ich rufe Dich, Halman, bei Deinem Namen" (siehe auch: "Buch des Lebens").

Der Hintergrund: Wie kann Gott einen Menschen bei seinem Namen rufen, wenn er sein Geist nichts als vom Gehirn erzeugter hochkomplexer Prozess wäre?

closs
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#785 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Mi 2. Nov 2016, 23:41

SilverBullet hat geschrieben:Nö, in der Wahrnehmung gibt es keine Existenzen
Ich sehe Dich, nehme war: "Das ist SilverBullet". - In der Wahrnehmung gibt es keine Existenzen?

SilverBullet hat geschrieben:Nun, der „handelnde Ausgangspunkt“ ist vermutlich der aktive Körper – das passt.
Natürlich ist es so - auch der Papst und der Mystiker Meister Eckart handeln von ihrem Körper aus. :) - - aber was sagt das aus über den Ursprung von Geist?

SilverBullet hat geschrieben:D.h. der Grund, einen „Ich“-Zusammenhang aufzubauen, liegt durch die Körperexistenz vor.
Auch richtig - aber was sagt das aus über den Ursprung von Geist?

SilverBullet hat geschrieben:Solltest du auf die Zeit vor oder nach der Körperexistenz abzielen, dann ist davon auszugehen, dass „dort“ keine Wahrnehmung, also kein Aufbau von Zusammenhängen stattfindet.
Wie kommst Du darauf? Vollkommen willkürliche Vermutung.

SilverBullet hat geschrieben:Der Körper ist „das Objekt“ um das es geht.
Wenn man Abläufe im materiellen Raum abbilden will - - aber was sagt das aus über den Ursprung von Geist?

SilverBullet hat geschrieben:Wenn mir keine Zusammenhänge vorgelegt werden und ich keine finden kann, dann liegen keine vor – soviel ist schon mal sicher.
Das ist wieder mal klassisch anthropozentrisch: "Was ich nicht weiss, gibt's nicht". - Mit anderen Worten: Deine Aussage ist nicht nur nicht sicher, sondern nicht einmal plausibel.

SilverBullet hat geschrieben:Das Problem ist, dass kein Zusammenhangspfad zu „geistig“ vorliegt
In Deinem System ist das so. - Wenn man alles materialistisch begründet, KANN es keinen Zusammenhangspfad geben.

SilverBullet hat geschrieben:Das ist nicht korrekt
De facto schon - denn Dein System funktioniert nur innerhalb eines materialistischen Kontextes.

SilverBullet hat geschrieben:Dass Descartes den „Ich“-Zusammenhang als einzelnen Zusammenhang einfach als sicher tituliert, sollte dich stutzig machen
Was ist gegen den Satz einzuwenden: "Ich kann alles anzweifeln, sogar das Ich - aber wenn ich das Ich anzweifle, bleibt immer noch der Zweifelnde übrig - und das bin halt ICH - also gibt es (m)ich". ----???----

SilverBullet hat geschrieben: dieses So-Tun-Als-Ob-Theater ist maximal für Menschen ein „Schenkelklopfer“, die schon zuvor derselben „religiösen Richtung“ wie Descartes folgten.
Das ist kein Gegenargument. - Im übrigen: Obige descartsche Argumentation ist eine ontologische und keine spirituelle Argumentation.

SilverBullet hat geschrieben:Du behauptest hier letztlich nur, dass Zusammenhänge „erreicht“ werden können, aber sie liegen nicht vor.
Woher willst Du vermuten, dass sie nicht vorliegen?

SilverBullet hat geschrieben:Fällt es dir auf, dass du den Körper akzeptieren musst.
Nein - denn es ist Voraussetzung dafür, dass wir uns hier über die Rolle von Körper und Geist unterhalten können. - Da ich glaube, dass unsere Wahrnehmung nicht als Täuschung angelegt ist, steht der Körper als Existenz nicht in Frage - diesbezüglich wirst Du auch kaum einen finden, der anders denkt.

SilverBullet hat geschrieben:Du musst somit meinen Ansatz erst einmal überwinden können.
Ontologische Fragen löst man nicht über gegenseitigen Methodik-Abgleich, sondern nur über die Res cogitans.

SilverBullet hat geschrieben:Sorry, den plumpen Verstoss gegen die Spielregeln kannst du nicht wegdiskutieren.
DEINE Spielregeln sind nicht DIE Spielregeln - das ist Hybris.

SilverBullet hat geschrieben: Aber nicht „aus sich selbst“ heraus, sondern indem es „für Etwas steht“
Das gilt übrigens nicht nur fürs Ich, sondern auch für Materie!!! - Wofür steht der Körper, der - nach Deinen Worten - nicht „aus sich selbst heraus, sondern für Etwas steht“. - Wofür?

SilverBullet hat geschrieben:Descartes hatte keine Vorstellung, wie man „Denken“ herstellt. Er hatte keine Vorstellung, wie man „Zweifel“ herstellt.
Das sind klassische WIE-Fragen - und somit wissenschaftlich. - Descartes geht es aber um WAS-Fragen. - Er fragt nicht wissenschaftlich, sondern ontologisch.

SilverBullet hat geschrieben:Deshalb ein paar einfache Fragen:
Deine Fragen sind ausschließlich auf WIE-Antworten getrimmt - als wäre menschliches Verstehen ("ich weiss, wie es funktioniert") eine Antwort auf "Was das ist". - Dein System ist rein materialistisch und wie-orientiert. - Nicht zielführend.

Natürlich ist es hoch-interessant, wenn ein geistiger Mensch belehrt wird, WIE die Zusammenhänge des Geistes mit dem Körper sind - echt spannend. - Aber ein geistiger Mensch würde dadurch nie eine Antwort bekommen auf die Frage "WAS ist Geist?". Diese Antworten gehen nur geistig.

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Halman
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#786 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Halman » Mi 2. Nov 2016, 23:55

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist Jesaja 43:1 in diesem Kontext deplaziert. Gott ruf sein Volk bei seinen Namen Israel völlig unabhängig davon, ob dem Menschen ein supernaturalistischer Geist innewohnt oder der menschliche Geist vom Gehirn erzeugt wird.
Meines Wissens ist das auch persönlich gemeint: "Ich rufe Dich, Halman, bei Deinem Namen" (siehe auch: "Buch des Lebens").

Der Hintergrund: Wie kann Gott einen Menschen bei seinem Namen rufen, wenn er sein Geist nichts als vom Gehirn erzeugter hochkomplexer Prozess wäre?
Mir ist durchaus bewusst, dass die Erkenntnis, dass der Geist ein vom Gehirn erzeugtes Phänomen ist, als Kränkung empfunden wird. Meiner Meinung nach zu unrecht, denn warum sollte es seine Kränkung sein, wenn wir konstatieren, dass wir materielle Wesen sind? Entscheidend ist die Komplexität, also die Information und die dynamischen Prozesse. Das, was den Menschen ausmacht, ist nicht das Stoffliche, sondern die menschliche Struktur die biologischen Prozesse, durch die wir leben.
Warum sollte Gott nicht einen Menschen, der aus Staub gemacht ist, bei seinen Namen rufen können? Da sehe ich wirklich kein Problem.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#787 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Do 3. Nov 2016, 00:58

Halman hat geschrieben:Warum sollte Gott nicht einen Menschen, der aus Staub gemacht ist, bei seinen Namen rufen können? Da sehe ich wirklich kein Problem.
Das hieße in der Konsequenz, dass der Mensch nach seinem (Daseins-) Tod wieder einen biologischen Körper hat - einverstanden?

Halman hat geschrieben:Mir ist durchaus bewusst, dass die Erkenntnis, dass der Geist ein vom Gehirn erzeugtes Phänomen ist, als Kränkung empfunden wird.
Kränkung nicht - dieser Ansatz führt nur zu einem Rattenschwanz an Fragen. - Meine letztliche Frage wäre, wie ein "Alles in Einem" in einem dialektischen Raum sein kann (= Folge von materieller Leiblichkeit).

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fin
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#788 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von fin » Do 3. Nov 2016, 01:00

Hallo Halman,

Halman hat geschrieben:Und, hast Du inzwischen meinen konkreten Vorschlag gelesen?
Gelesen und eine Antwort hinterlassen.

Halman hat geschrieben:Wenn also "das Wesen des Menschen von der physischen Gestalt abhängt", in diesem Fall von der physischen Gestalt des Gehirns, dann weist das auf einen Zusammenhang zwischen Hirnfunktion und dem Wesen des Menschen hin.

Was der Mensch ist, das scheint mir die zentrale Frage zu sein?!

Die Gestalt des Menschen eint 3 Bereiche - in der Regel als Körper, Seele und Geist bezeichnet - die auf differente Weise miteinander verknüpft zu sein scheinen und in Beziehung zueinander stehen. Ich würde weniger von Abhängikeiten sprechen, vielmehr von Verbindungen, die sich gegenseitig bedingen.

Ohne Hände könnte der Mensch nichts greifen, ohne Beine keinen Schritt nach vorne wagen und ohne Mund nicht sprechen -
die Sinne dienen der Wahrnehmung, das Denken ermöglicht Erkenntnisse und die Herzenskräfte umsorgen die Seele.

Halman hat geschrieben:Wenn Beeinträchtigungen des Hirns zum Gedächnisverlust und sogar zur Wesensveränderung führen können, so weisen Hirnläsionen auf eine kausale Beziehung zwischen dem Organ Gehirn und dem menschlichen Geist hin.
Man spricht hier in der Regel von Korrelationen.

Halman hat geschrieben: Wenn wir über "Sein und Wahrnehmung" und über "Geist" sprechen, so stellt sich die Frage, was wir eigentlich meinen, wenn wir "Geist" sagen.
Richtig.

Halman hat geschrieben: Bezogen auf den Menschen erscheint es mir logisch davon auszugehen, den menschlichen Geist nicht als eine "feinstoffliche" oder supernaturalistische "Substanz" aufzufassen, welche dem Menschen innewohnen würde, sondern als einen hochkomplexen Prozess, welcher vom Gehirn erzeugt wird.
Jeder darf seine eigenen Schlüsse ziehen, das ist legitim, auch wenn ich deine Ansicht nicht teile, abgesehen davon, daß sie mir auch nicht logisch erscheinen.

Halman hat geschrieben: Dafür spricht die enorme Komplexität des Gehirns ...
Komplexität mag komplex sein, impliziert aber keinen logischen Grund.

Halman hat geschrieben: ... die Erkenntnis, dass Neuronen und Gliazellen auf Basis biochemischer und biophysikalischer Gesetzmäßigkeiten funktionieren. Bildgebene Verfahren (PET und fMRT) machen aktive Hirnreginen sichtbar, nicht nur, wenn es um die Steuerung von Bewegungsabläufen geht, sondernd auch bei moral-ethischen Entscheidungen, die mit Hirnaktivitäten im Schläfenlappen und Stirnhirn korrelieren (meiner Meinung nach liegt Kausalität vor) und sogar beim religiösen Erlebnissen, in dem viele Hirnregionen beteiligt sind (darunter die Sehrinde, der Nucleus caudatus, sowie Teile des Scheitellappen u. des Stammhirns). Für die Kausalität der Korrelation zwischen Hirnaktivität und Geist (Bewusstsein, Wille usw.) spricht der Einfluss von Drogen, Reizungen und Läsionen von Gehirnbereichen.
Auch dies sind Bestätigungen für Korrelationen.

Halman hat geschrieben: Auch die Wirkung von Fluoxetin (Prozac), welches die Wideraufname von Serotonin hemmt und so dessen Wirksamkeit verstärkt, belegt, dass es keinen menschlichen Geist hinter dem Gehirn gibt:
Was heißt hier Beleg und wieso sollte sich Geist "hinter" einem Gehirn verbergen?

Halman hat geschrieben: Das Gehirn erzeugt den Geist und damit das Bewusstsein und Unterbewusstsein, sowie Willensentscheidungen über hochkomplexe neurologische Erregungsmuster.
Das ist eine lose Behauptung. Tatsächlich gibt es keinen einzigen Nachweis, der belegen würde, daß das Gehirn Geist erzeugen würde.

Halman hat geschrieben: Meine Meinung nach erscheint es kohärent davon auszugehen, dass der menschliche Geist, und somit auch unser Denken und Fühlen, durch biochemische - und bioelektrische Prozesse erzeugt wird.
Belegen lassen sich bislang nur korrelierende Effekte.

Halman hat geschrieben:Wenn jemand nach meiner Erklärung immer noch den kausalen Zusammenhang zwischen Gehirn und Geist negiert wird, also noch immer verneint, dass der Geist vom Gehirn über neurologische Erregungsmuster erzeugt wird, so erwarte ich dafür eine Begründung.
Dein Beitrag weist die These (Das Gehirn sei der Erzeuger von Seele und Geist) weder nach, noch erklärt er sie plausibel.

Zur Erinnerung:

fin hat geschrieben: Hirnläsionen sind KEINE Hinweise in Bezug auf die These, daß Gehirn sei genuiner Erzeuger von Geist und Seele.

Eine Hirnläsion weist weder auf eine zeugende Potenz (Zeugungskraft) des Gehirns hin - noch auf einen zeugenden Akt oder eine Geburt, die Geist und Seele hervorbrächte.

Ganz im Gegenteil weist eine Hirnläsion auf einen Gehirnschaden hin, der sich in Arealen des Hirns verorten und beobachten läßt und zugleich auch Auswirkungen auf das menschliche Befinden/Verhalten (Geistesfelder) und dessen Psyche zeigt. Beeinträchtigungen des Hirns (zb. durch Unfälle oder Manipulationen) zeigen, daß das Wesen des Menschen von der physischen Gestalt abhängt und durch diese bedingt wird.

Grüße
fin
Zuletzt geändert von fin am Do 3. Nov 2016, 01:09, insgesamt 2-mal geändert.

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#789 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von fin » Do 3. Nov 2016, 01:03

Hallo Closs,

ich warte noch auf eine Antwort, was du mit: "'Geist/Ich' ist ein 'Kontext'" aussagen möchtest,
zumal ich den Satz für eine leere Phrase halte. Siehe zb. diesen letzten Beitrag von mir.

Grüße
fin

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#790 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Halman » Do 3. Nov 2016, 02:20

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Warum sollte Gott nicht einen Menschen, der aus Staub gemacht ist, bei seinen Namen rufen können? Da sehe ich wirklich kein Problem.
Das hieße in der Konsequenz, dass der Mensch nach seinem (Daseins-) Tod wieder einen biologischen Körper hat - einverstanden?

Halman hat geschrieben:Mir ist durchaus bewusst, dass die Erkenntnis, dass der Geist ein vom Gehirn erzeugtes Phänomen ist, als Kränkung empfunden wird.
Kränkung nicht - dieser Ansatz führt nur zu einem Rattenschwanz an Fragen. - Meine letztliche Frage wäre, wie ein "Alles in Einem" in einem dialektischen Raum sein kann (= Folge von materieller Leiblichkeit).
Leider verstehe ich Deine Frage nicht.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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