Descartes und die menschliche Seele

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#231 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Di 11. Okt 2016, 15:09

Pluto hat geschrieben: Falsifizierbare Wahrnehmungs-Maßstäbe gibt es sehr wohl.
Ich meinte:
"Man sagt zu Recht, dass Erklärungen jenseits des Naturalistischen nicht falsifizierbar sind, und schließt daraus, dass es nichts Trans-Naturalistisches geben kann, WEIL man es nicht falsifizieren kann - also die übliche anthropozentrische Nummer.

Pluto hat geschrieben:Auch Theologen können irren.
Sie irren nicht, weil sie gar nicht in Bezug auf materialistische Vorstellungen von "Bewusstsein" reflektieren.

Pluto hat geschrieben:Tieren ein Bewusstsein vollständig abzusprechen, ist schlicht Unsinn.
Reine Definitions-Frage: Im materialistischen Sinne ist es tatsächlich Unsinn, theologisch macht es Sinn.

Wahrscheinlich stimmt beides:
Tiere haben aus materialistischer Sicht ein Bewusstsein und gleichzeitig aus geistiger Sicht KEIN Bewusstsein - weil der Begriff "Bewusstsein" vollkommen unterschiedlich definiert ist.

Auch das ist kein Problem - dann kennzeichnet man halt mit "materialistischem Gewusstsein"/"geistigen Bewusstsein" - damit jeder weiß, was gemeint ist.

Pluto
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#232 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Di 11. Okt 2016, 18:12

closs hat geschrieben:Man sagt zu Recht, dass Erklärungen jenseits des Naturalistischen nicht falsifizierbar sind, und schließt daraus, dass es nichts Trans-Naturalistisches geben kann, WEIL man es nicht falsifizieren kann - also die übliche anthropozentrische Nummer.
Daran ist erstens NICHTS athropozentrisches zu erkennen.
Zweitens, kann ich dir zu 100% versichern, gäbe es etwas zu untersuchen, die Wissenschaft wäre als Erste dabei.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Auch Theologen können irren.
Sie irren nicht, weil sie gar nicht in Bezug auf materialistische Vorstellungen von "Bewusstsein" reflektieren.
Natürlich können auch Theologen irren.
Wenn Theologen nicht fähig sind zu reflektieren, dann sind sie von Vornherein zum scheitern verurteilt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Tieren ein Bewusstsein vollständig abzusprechen, ist schlicht Unsinn.
Reine Definitions-Frage: Im materialistischen Sinne ist es tatsächlich Unsinn, theologisch macht es Sinn.
Du definierst den Begriff des Bewusstseins VIEL zu eng.
Du meinst, weil sie nicht genau so reflektieren wie Menschen, hätten Tiere kein Bewusstsein. Genau das ist der Unsinn!

closs hat geschrieben:Tiere haben aus materialistischer Sicht ein Bewusstsein und gleichzeitig aus geistiger Sicht KEIN Bewusstsein
Bevor du so etwas behauptest, solltest du erst mal "geistig" im Sinn des gesamten Menschen definieren.

closs hat geschrieben:weil der Begriff "Bewusstsein" vollkommen unterschiedlich definiert ist.
Dann wird es Zeit deine Definition zu ändern (siehe unten).

closs hat geschrieben:Auch das ist kein Problem - dann kennzeichnet man halt mit "materialistischem Gewusstsein"/"geistigen Bewusstsein" - damit jeder weiß, was gemeint ist.
Wenn du alles andere als göttliche Vorstellungen ignorierst, dann hast du recht.
Aber Bewusstsein und der menschliche Geist haben mit geistlichen Vorstellungen wie du sie verstehst, nur am Rande etwas zu tun. Der Sitz des Geistigen in deinem Sinn ist wahrscheinlich nur die Anregung, das Feuern von Neuronen einzigen Kerns im Schläfenlappen des Gehirns. Das Bewusstsein als Solches dient aber dem ganzen Körper als wichtige Entscheidungshilfe im Alltag (damit ist alles gemeint: von Arithmetik bis zum komplexen sozialen Umgang mit anderen Menschen und Tieren), und nicht primär um Gottesvorstellungen herauf zu beschwören.
Es wird also höchste Zeit, deine allzu enge Sicht von Bewusstsein zu erweitern.

Nebenbei... Transzendente Erlebnisse können durch Magnetstimulation der Schläfenlappen ausgelöst werden.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#233 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Di 11. Okt 2016, 18:57

Pluto hat geschrieben:Daran ist erstens NICHTS athropozentrisches zu erkennen.
Doch - wenn man WELTANSCHAULICH postuliert, dass nur das Wirklichkeit sein kann, was wissenschaftlich falsifizierbar ist, ist das anthropozentrisch.

Pluto hat geschrieben:Zweitens, kann ich dir zu 100% versichern, gäbe es etwas zu untersuchen, die Wissenschaft wäre als Erste dabei.
Zustimmung - aber die (Natur-)Wissenschaft sagt als solche und zu Recht, dass sie Nicht-Faslifizierbares nicht untersuchen kann.

Pluto hat geschrieben:Natürlich können auch Theologen irren.
Natürlich - aber dieser Fall ist ganz anders gelagert. - Naturwissenschaftliche und theologische Fragen kommen sich nicht ins Gehege, wenn sich deren jeweilige Vertreter diszipliniert verhalten.

Pluto hat geschrieben:Du meinst, weil sie nicht genau so reflektieren wie Menschen, hätten Tiere kein Bewusstsein. Genau das ist der Unsinn!
Das Problem: Unter theologischen Gesichtspunkten ist "Bewusstsein" notwendig an transzendentem Interesse gebunden. - Anderes würden sie meinetwegen "Kognitions-Vermögen" oder sonst was nennen.

Pluto hat geschrieben:Bevor du so etwas behauptest, solltest du erst mal "geistig" im Sinn des gesamten Menschen definieren.
"Geistig" im theologischen Sinne ist, dass SChöpfung (also "Natur-Exemplare") ein transzendentes Bewusstsein für das haben, woher sie kommen und wohin sie gehen - christlich nennt man dies "Ebenbildlichkeit".

Das heisst NICHT, dass Atheisten kein Bewusstsein hätten, sondern lediglich, dass sie den Ursprung ihres Bewusstseins ignorieren. - Übrigens: Mit "geistig" ist KEINE intellektuelle Eigenschaft gemeint. - Eine analphabetische PErson im Regenwald kann geistiger sein als ein Theologe, der 100 Bücher geschrieben hat.

Pluto hat geschrieben:Dann wird es Zeit deine Definition zu ändern
Dann kann man aber mindestens 2000 Jahre Literatur nicht verstehen. - Man kann die heute vorherrschende Definition von "BEwusstsein" zur Kenntnis nehmen (dann hat halt auch irgendwann ein Computer ein Bewusstsein), aber man kann die traditionelle Bedeutung nicht vergessen, wenn man Literatur von der Ilias bis ins 20. Jh. lesen und verstehen will - gilt für die Musik genauso.

Pluto hat geschrieben:Aber Bewusstsein und der menschliche Geist haben mit geistlichen Vorstellungen wie du sie verstehst, nur am Rande etwas zu tun.
Das alte Lied: Ich spreche vom Ursprung, Du sprichst von der Umsetzung von Geist.

Pluto hat geschrieben:Nebenbei... Transzendente Erlebnisse können durch Magnetstimulation der Schläfenlappen ausgelöst werden.
Wenn eine dafür vorgesehene Hirnfunktion ohne wirklichen Anlass aktiviert wird, kann das gut sein. - Aber es sagt nichts über die (nicht-falsifizierbare!) Grundsatz-Antwort auf die Frage aus "Was ist Geist?".

Pluto
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#234 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Di 11. Okt 2016, 19:56

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Daran ist erstens NICHTS athropozentrisches zu erkennen.
Doch - wenn man WELTANSCHAULICH postuliert, dass nur das Wirklichkeit sein kann, was wissenschaftlich falsifizierbar ist, ist das anthropozentrisch.
Das ist Wunschdenken!
In meinem Post war NICHTS weltanschauliches enthalten.

closs hat geschrieben:aber die (Natur-)Wissenschaft sagt als solche und zu Recht, dass sie Nicht-Faslifizierbares nicht untersuchen kann.
Ausgeschlossen! Wo sagt sie das?
Die Wissenschaft kann alles untersuch was auf der Welt existiert, nur kann sie nicht Wunschträume überprüfen.

closs hat geschrieben:Unter theologischen Gesichtspunkten ist "Bewusstsein" notwendig an transzendentem Interesse gebunden. - Anderes würden sie meinetwegen "Kognitions-Vermögen" oder sonst was nennen.Unter theologischen Gesichtspunkten ist "Bewusstsein" notwendig an transzendentem Interesse gebunden. - Anderes würden sie meinetwegen "Kognitions-Vermögen" oder sonst was nennen.
Warum?
Kognition (Erkenntnis) ist zwar wichtiger als Transzendezfähigkeit, aber auch sie ist nur ein Teilaspekt von Bewusstsein, bzw Geist.

closs hat geschrieben:"Geistig" im theologischen Sinne ist, dass SChöpfung (also "Natur-Exemplare") ein transzendentes Bewusstsein für das haben, woher sie kommen und wohin sie gehen - christlich nennt man dies "Ebenbildlichkeit".
Das Problem: Der theologische Sinn ist zu eng.
Transzendenz ist nur ein sehr kleiner Aspekt dessen was man unter Bewusstsein versteht.
Die Fragen woher wir kommen (aus dem afrikanischen Urwald) und wohin wir gehen (Staub zu Staub), sind geklärt.

closs hat geschrieben:Das heisst NICHT, dass Atheisten kein Bewusstsein hätten, sondern lediglich, dass sie den Ursprung ihres Bewusstseins ignorieren.
Könnte es nicht so sein, dass Gläubige die meisten Facetten des Bewusstseins ignorieren, weil sie viel zu sehr mit dem Teilaspekt den sie "das Geistliche" nennen, beschäftigt sind?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dann wird es Zeit deine Definition zu ändern
Dann kann man aber mindestens 2000 Jahre Literatur nicht verstehen.
Warum sollte man das nicht verstehen können? Man muss doch weder die Geschichte der Philosophie noch das Geistliche ausschließen. Man sollte diese Dinge aber auch nicht überbewerten. Das Bewusstsein ist sehr, sehr viel mehr als Kognition oder Transzendenz.

closs hat geschrieben:Man kann die heute vorherrschende Definition von "BEwusstsein" zur Kenntnis nehmen (dann hat halt auch irgendwann ein Computer ein Bewusstsein)
In der Tat. Es wird der Tag kommen, wo auch komplexe Computer so was wie Bewusstsein haben werden. Der Anfang ist schon mit Simulationen von Teilen des Gehirns gelungen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber Bewusstsein und der menschliche Geist haben mit geistlichen Vorstellungen wie du sie verstehst, nur am Rande etwas zu tun.
Das alte Lied: Ich spreche vom Ursprung, Du sprichst von der Umsetzung von Geist.
Der Ursprung liegt in Millionen Jahren der Evolution. Es ist nicht notwendig dazu einen imaginären Schöpfer zu bemühen.

closs hat geschrieben:Aber es sagt nichts über die (nicht-falsifizierbare!) Grundsatz-Antwort auf die Frage aus "Was ist Geist?".
Mir scheint du verwechselst Geist mit dem Geistlichen. Geist entsteht aus dem Bewusstsein und befasst sich mit die Erkennung der Umwelt und unseren Reaktionen darauf. Das was du Geistliches nennst, ist nur ein winziger Teilaspekt des Geistes.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#235 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Di 11. Okt 2016, 20:33

closs hat geschrieben:Damit drückst Du das Grundproblem der Spät-Aufklärung aus: Man meint, wenn man (zu Recht!!) keine falsifizierbaren Wahrnehmungs-Maßstäbe hat, gäbe es das nicht, wozu man keine falsifizierbaren Wahrnehmungs-Maßstäbe hat.
Worüber redest du da, „was“ soll es nicht geben können?
Vielleicht das, wovon du gar nicht sagen kannst, was es geben soll?

Du stellst lediglich den Wunsch auf, dass dort irgendetwas sein soll - mehr nicht.
Soll man sagen “jawohl, wir haben keine Ahnung wovon wir überhaupt reden, aber wir haben bestimmt einen Volltreffer gelandet“?

closs hat geschrieben:Wie kannst Du aus obigem Weltanschauungs-System zu einer anderen SChlussfolgerung kommen?
Ich suche Korrektheit.

Bin ich laut „deinem System“ dafür verantwortlich, dass du für deine Wunschvorstellung keine Korrektheit liefern kannst?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Das Eichhörnchen kann es, das Auto nicht
Auch da würde man theologisch nicht von "Bewusstsein" sprechen.
Was sollen theologische Aussagen dabei für ein „Gewicht“ haben?

Worin soll die Korrektheit dieser Aussagen bestehen – dass sie deinem Wunsch entsprechen, wobei dein Wunsch genau entlang dieser Aussagen suggeriert wurde?

Das ist ein reines Nullsummenspiel.

closs hat geschrieben:Ist der Flug der Fledermaus aus Deiner Sicht dem "Bewusstsein" der Fledermaus zuzuordnen?
Das Gehirn steuert, indem es Zusammenhänge aufbaut.

„Bewussstein“ ist die Menge an Zusammenhängen, bei denen der Körper (als zentraler Ausgangspunkt für Aktivitäten) auf andere Zusammenhänge in der Verarbeitung dieser Zusammenhänge so reagiert, als wären sie „ein Ganzes“, also ein Überblicksverhalten. Diese Reaktion kann man als „Verstehen“ bezeichnen.

Das Gehirn berechnet also Zusammenhänge, bei denen „aus dem Blickwinkel des aktiven Körpers, ein Verstehen stattfindet“.

Weil das Gehirn diese Zusammenhänge aufbaut, fliegt die Fledermaus mit einer Kombination aus zielgerichteter Orientierung (Echolot), Bewegungsabstimmung und letztlich einem motorischen Gesamtverhalten, durch das sie überlebt und dabei grossartige Tricks auf Lager hat.

Man kann also nicht sagen, dass „das Bewusstsein“ etwas ist, das den Flug durchführt.
Das Gehirn steuert den Flug durch, aber um dies zu erreichen, wird „das Bewusstsein“ berechnet.

Das ist bei dir nicht anders.
Zieh mit einem Finger eine grosse Kreisbahn in den Raum. Es wird dir leicht fallen, obwohl die Koordination von Gelenken und Muskeln für diese inverse Kinematik eine Komplexität erreicht, die aktuell keine Animationssoftware befriedigend erreichen kann.
Du bekommst davon aber gar nichts mit.

Die Steuerung des Armes übernimmt das Gehirn, wobei „das Bewusstsein nur eine Überblicksreaktion darstellt“.
Damit das Gesamtkunststück aber überhaupt stattfinden kann, muss das Bewusstsein für diese Szene berechnet werden.

Ein Roboter könnte zwar eine Kreisbahn abfahren, aber er könnte dazu nicht den Körper eines Lebewesens verwenden.
Darüber hinaus: an die Selbstständigkeit eines Eichhörnchens wagt aktuell noch niemand zu denken, wenn er einen Roboter sieht.
Der Grund dafür ist, dass eine gigantische Menge an Zusammenhängen nicht vom Roboter aufgebaut wird, vor allem, weil er nicht den entsprechenden Köperstatus hat.
Die Steuerung des Roboters bewegt den Roboter im Sinne eines Werkzeugs, aber nicht im Sinne eines eigenständigen Lebewesens, das in einer Welt überleben muss – es fehlen Zusammenhänge.

JackSparrow
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#236 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von JackSparrow » Di 11. Okt 2016, 21:06

closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Wie würdest du Fantasie von geistiger Wahrnehmung unterscheiden?
Der Unterschied ist, dass Ersteres sich auf Er-Fundenes bezieht und zweiteres auf Ge-Fundenes. - Selber kann man nicht immer unterscheiden, was im Einzelfall was ist
Aber gelegentlich schon? Wie machst du das?

Theologen doch auch. - Beide tun insofern dasselbe, dass sie bewusst sagen: "Ich will professionell aus einer gewissen Perspektive, die Glaubens- oder Methodik-Setzungen macht, die Welt verstehen".
Über die Welt lernt man im Theologiestudium nicht das Geringste. Höchstens in welchen Sprachen man früher Bücher schrieb.

Und dann legen beide wissenschaftlich los
Wissenschaft ist, wenn man Forschung betreibt. Theologen können keine Forschung betreiben. Die Grundsätze der Religion sind unveränderlich.

Wenn eine dafür vorgesehene Hirnfunktion ohne wirklichen Anlass aktiviert wird, kann das gut sein. - Aber es sagt nichts über die (nicht-falsifizierbare!) Grundsatz-Antwort auf die Frage aus "Was ist Geist?".
Wenn 1000 Personen an die gleiche Sache denken und dabei bei mehr als 550 Personen die gleiche Hirnregion aktiv ist, dann sagt das aus, dass der Gedanke mit der Hirnregion korreliert.

Wenn man nun die betreffende Hirnregion künstlich stimuliert und die Versuchspersonen dadurch wieder den den gleichen Gedanken denken, dann ist signifikant nachgewiesen (belegt), dass die Hirnaktivität die Ursache und nicht etwa eine Folge des Gedankens darstellt und dass somit nicht der Geist das Gehirn, sondern das Gehirn den Geist erzeugt.

closs
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#237 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Di 11. Okt 2016, 23:13

Pluto hat geschrieben:In meinem Post war NICHTS weltanschauliches enthalten.
Es ist latent enthalten - oder gehst Du NICHT davon aus, dass nur das "wirklich" ist, was falsifizierbar ist?

Pluto hat geschrieben:Die Wissenschaft kann alles untersuch was auf der Welt existiert
Aber nicht Nicht-Falsifizierbares, was der Grund dafür sein kann, warum etwas auf der Welt existiert.

Pluto hat geschrieben:Kognition (Erkenntnis) ist zwar wichtiger als Transzendezfähigkeit, aber auch sie ist nur ein Teilaspekt von Bewusstsein, bzw Geist.
Die Frage ist, wie man vom Ursprung her "Bewusstsein" (und "Geist") definiert. - Und diese Frage ist naturalistisch dahin gehend entschieden, dass man "Bewusstsein" und "Geist" als ausschließlich naturalistisch bedingte Größe versteht.

Pluto hat geschrieben:Die Fragen woher wir kommen (aus dem afrikanischen Urwald) und wohin wir gehen (Staub zu Staub), sind geklärt.
Das sind Deine naturalistisch-innerweltlichen Antworten, die in diesem Maßstab korrekt sind - aber Theologie/Geistes-Wissenschaft/Philosophie geht hier weiter.

Pluto hat geschrieben:Könnte es nicht so sein, dass Gläubige die meisten Facetten des Bewusstseins ignorieren
Gläubige Neurowissenschaftler werden innerhalb (!) ihrer Disziplin genauso arbeiten wie Agnostiker - die Frage geht (s.o.) um die Frage nach dem "Woher kommt Geist/BEwusstsein?". - Und da wird ein transzendent orientierter Wissenschaftler unterscheiden zwischen dem (wissenschaftlich nicht behandelbaren) Urgrund des Geistes/Bewusstseins und dem neurowissenschaftlichen Funktionieren von "BEwusstsein"/"Geist". - Das sind zwei vollkommen verschiedene Ebenen.

Pluto hat geschrieben:Das Bewusstsein ist sehr, sehr viel mehr als Kognition oder Transzendenz.
Es wird aber heute als viel weniger dargestellt, da ohne Transzendenz.

Pluto hat geschrieben:In der Tat. Es wird der Tag kommen, wo auch komplexe Computer so was wie Bewusstsein haben werden.
Was wiederum ausschließlich der dementsprechenden Definition von "BEwusstsein" geschuldet ist - transzendent/theologisch/traditionell-geistes-wissenschaftlich wird es NICHT so sein.

Pluto hat geschrieben:Der Ursprung liegt in Millionen Jahren der Evolution.
Auch das ist wieder eine "innerbetriebliche" Antwort, die die Kurve kriegt, bevor echte geistige Fragen erst losgehen.

SilverBullet hat geschrieben:Weil das Gehirn diese Zusammenhänge aufbaut, fliegt die Fledermaus mit einer Kombination aus zielgerichteter Orientierung (Echolot), Bewegungsabstimmung und letztlich einem motorischen Gesamtverhalten, durch das sie überlebt und dabei grossartige Tricks auf Lager hat.
So ist es - und das kann man naturwissenschaftlich wunderbar erforschen - und spannend ist es auch. - Nur: Woher die Natur das kann, ist nicht beantwortet (und übrigens auch keine Frage an die Naturwissenschaft).

JackSparrow hat geschrieben:Aber gelegentlich schon? Wie machst du das?
"It works". Geist erkennt sich gegenseitig.

Besonders aufgefallen ist mir das mit meinem früheren Umgang mit Pianisten: Die haben sofort gemerkt, ob eine neue Aufnahme oder ein gegenseitiges Vorspielen geistig voll getroffen war oder nicht (wobei man dasselbe Stück auf unterschiedliche Weise voll treffen kann). - Geistige Menschen merken das.

JackSparrow hat geschrieben:Über die Welt lernt man im Theologiestudium nicht das Geringste.
HÄ?

JackSparrow hat geschrieben:Wissenschaft ist, wenn man Forschung betreibt. Theologen können keine Forschung betreiben.
Der verzweifelte Versuch, Wissenschaft physikalistisch zu verstehen.

JackSparrow hat geschrieben:Wenn 1000 Personen an die gleiche Sache denken und dabei bei mehr als 550 Personen die gleiche Hirnregion aktiv ist, dann sagt das aus, dass der Gedanke mit der Hirnregion korreliert.
Logisch - so ist das eingerichtet.

JackSparrow hat geschrieben:Wenn man nun die betreffende Hirnregion künstlich stimuliert und die Versuchspersonen dadurch wieder den den gleichen Gedanken denken, dann ist signifikant nachgewiesen (belegt), dass die Hirnaktivität die Ursache und nicht etwa eine Folge des Gedankens darstellt und dass somit nicht der Geist das Gehirn, sondern das Gehirn den Geist erzeugt.
Das ist zu billig. - Natürlich lassen sich Gedanken durch Manipulationen zur Entfaltung bringen - aber der Gedanke selbst ist kein genuines Produkt der Materie.

Bewiesen wäre es, wenn der menschliche Körper tot ist, aber dessen vorheriger Besitzer/Besetzer fröhlich weiterdenken würde - allein: Das kann man leider nicht nachweisen, solange man noch lebt.

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#238 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Mi 12. Okt 2016, 08:56

closs hat geschrieben:So ist es - und das kann man naturwissenschaftlich wunderbar erforschen - und spannend ist es auch. - Nur: Woher die Natur das kann, ist nicht beantwortet (und übrigens auch keine Frage an die Naturwissenschaft).
Was meinst du mit „woher“?

„Das Bewusstsein“ ist eine Aktivität des Körpers, bei der es um den Körper geht (also "für den Körper").

Wo soll da eine Konstellation sein, die naturwissenschaftlich nicht analysierbar sein könnte?

Wieso sollte irgendjemand anderes, ohne Aufstellen von Korrektheit, hier mehr Kompetenz zeigen können?

closs hat geschrieben:…aber der Gedanke selbst ist kein genuines Produkt der Materie.
Naja, Philosophen sind immer sehr schnell dabei, wenn es darum geht, „was es nicht sein soll“, aber sie versagen regelrecht, wenn es darum geht, „was es ist“.

Zeig mal was du kannst:

Aus was ist ein Gedanke?
Wie und von wem wird ein „Gedanke“ hergestellt?
Wie kommt es zu Folgegedanken?
Wie hängt diese Herstellung mit dem Gehirn zusammen?
Wie kann „der Gedanke“ nach der Herstellung wieder auf das Gehirn einwirken?
Wo sind Gedanken nachdem sie nicht mehr gebraucht werden?

Solltest du die Fragen nicht beantworten können, wieso kannst du dann „mit Gedanken umgehen“ – wer oder was bringt dann die eigentliche Leistung?

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#239 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Mi 12. Okt 2016, 09:33

SilverBullet hat geschrieben:„Das Bewusstsein“ ist eine Aktivität des Körpers, bei der es um den Körper geht (also "für den Körper").
Das ist Deine Definition. - Aus anderer Sicht ist "Bewusstsein" eine Größe, bei der es um die Identität geht (also "für die Person").

SilverBullet hat geschrieben:Wo soll da eine Konstellation sein, die naturwissenschaftlich nicht analysierbar sein könnte?
Übliches Spiel: Man setze anfangs eine materialistische, also weltanschauliche Aussage als wahr („Das Bewusstsein“ ist eine Aktivität des Körpers, bei der es um den Körper geht (also "für den Körper").) - Danach baut man seine SChlussfolgerungen auf, die man wissenschaftlich begründet. - WENN Deine Setzung wahr ist/wäre, hast/hättest Du recht. - Aber es geht doch eigentlich um dieses "WENN" und nicht um Wissenschaft - oder?

SilverBullet hat geschrieben:Zeig mal was du kannst:
Ich kann Dir sagen, dass Du hier wieder auf Deinem eigenen Ölfilm ausrutscht - denn:

Du erwartest physiologische Antworten, die ich überhaupt nicht in Zweifel setze, die aber nicht die Lösung sind - Du eierst auf Deiner Setzung rum.

SilverBullet hat geschrieben:Solltest du die Fragen nicht beantworten können, wieso kannst du dann „mit Gedanken umgehen“ – wer oder was bringt dann die eigentliche Leistung?
"Gedanken" sind die Leistung einer Person, die mit ihrem physiologischen Apparat dazu in der Lage ist, sie zu realisieren. - Dies sagt jedoch nichts darüber aus, dass der Mensch lediglich ein materialistischer Apparat ist - es kann genauso sein, dass hinter diesen Gedanken eine Person steht (ich meine hier die eigene Person), die auch dann existent ist, wenn sie nicht mehr ihren physiologischen Apparat zur Verfügung hat.

WIE genau Person und Physiologie/Materie "in der Welt" verbunden sind, wird man irgendwann rauskriegen oder nicht - aber halte es einfach mal für möglich, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung nicht "un-aufgeklärt" :devil: ist, wenn sie auch heute noch aufgrund ihrer inneren Empfindung davon ausgeht, dass sie geistige Wesen unabhängig von ihrer physiologischen Disposition sind.

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#240 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Mi 12. Okt 2016, 10:37

closs hat geschrieben:...oder gehst Du NICHT davon aus, dass nur das "wirklich" ist, was falsifizierbar ist?
Nein. Ich gehe davon aus, dass das was wirklich ist, auch untersuchbar ist.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Wissenschaft kann alles untersuch was auf der Welt existiert
Aber nicht Nicht-Falsifizierbares, was der Grund dafür sein kann, warum etwas auf der Welt existiert.
Man muss hier zwischen Wunsch und Wirklichkeit unterscheiden.
Die Wissenschaft kann alles was real ist, untersuchen; aber Wunsch-Vorstellungen natürlich nicht, da sie mit der Realität nichts zu tun haben.

closs hat geschrieben:Die Frage ist, wie man vom Ursprung her "Bewusstsein" (und "Geist") definiert. - Und diese Frage ist naturalistisch dahin gehend entschieden, dass man "Bewusstsein" und "Geist" als ausschließlich naturalistisch bedingte Größe versteht.
Deine Definition ist zu eng, weil du das Geistliche in den Vordergrund rückst.
Es gibt dutzende, wenn nicht hunderte von Hinweisen, die Bewusstsein als Produkt des Gehirns darstellen. Welche konkreten Hinweise gibt es, bei denen Materie eine Folge von Geist ist?
Z.B. wäre die Existenz von reinem Geist ein Hinweis, der sich untersuchen ließe.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Fragen woher wir kommen (aus dem afrikanischen Urwald) und wohin wir gehen (Staub zu Staub), sind geklärt.
Das sind Deine naturalistisch-innerweltlichen Antworten, die in diesem Maßstab korrekt sind - aber Theologie/Geistes-Wissenschaft/Philosophie geht hier weiter.
Wohin geht die Theologie? Sie postuliert vage Formulierungen einer Existenz nach dem Tod, ohne aber irgendwelche überprüfbare Vorhersagen darüber zu machen.

closs hat geschrieben:Gläubige Neurowissenschaftler werden innerhalb (!) ihrer Disziplin genauso arbeiten wie Agnostiker - die Frage geht (s.o.) um die Frage nach dem "Woher kommt Geist/BEwusstsein?".
Die Antwort wird immer deutlicher: das Gehirn ist der Ursprung des Bewusstseins. Dieser Umstand wird durch die Untersuchung von Hirnleiden, insbesondere bei Koma-Patienten belegt. Man unterscheidet heute ein Vielfalt von Komz-Zuständen: von der rein vegetativen (bewusstlosen) Existenz bis hin zum locked-in Syndrom, wo der Mensch (das ICH) bei vollem Bewusstsein in einem ansonst vollkommen bewegungslosen Körper "eingesperrt" ist — wenn er Glück hat, kann er die Augen und Augenlider bewegen. (Einem dieser locked-in Patienten ist es sogar gelungen ein ganzes Buch zu veröffentlichen, bevor er an den Folgen einer Lungenentzündung starb.)

closs hat geschrieben:Und da wird ein transzendent orientierter Wissenschaftler unterscheiden zwischen dem (wissenschaftlich nicht behandelbaren) Urgrund des Geistes/Bewusstseins und dem neurowissenschaftlichen Funktionieren von "BEwusstsein"/"Geist". - Das sind zwei vollkommen verschiedene Ebenen.
Ein Wissenschaftler kann das gar nicht unterscheiden, denn die von dir postulierten Ebenen bleiben so lange reine Phantasieprodukte bis man zeigen kann, dass es mehrere solche Ebenen gibt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das Bewusstsein ist sehr, sehr viel mehr als Kognition oder Transzendenz.
Es wird aber heute als viel weniger dargestellt, da ohne Transzendenz.
Nein. Die Hirnforschung geht heute davon aus, dass Transzendenz-Fähigkeit, eine Unterfunktion des Bewusstseins ist (befindet sich in einem oder mehreren "Kernen" der Schläfenlappen).
Die Hauptfunktion des Bewusstseins ist es, die sensorischen Eindrücke der Umwelt mit Erinnerungen und Ideen zu einem plausiblen Bild zu vereinen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:In der Tat. Es wird der Tag kommen, wo auch komplexe Computer so was wie Bewusstsein haben werden.
Was wiederum ausschließlich der dementsprechenden Definition von "BEwusstsein" geschuldet ist - transzendent/theologisch/traditionell-geistes-wissenschaftlich wird es NICHT so sein.
"Traditionell" ist eine Bremse. Transzendenz ist eine Nebenerscheinung des Bewusstseins... bleibt also das Theologische.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Ursprung liegt in Millionen Jahren der Evolution.
Auch das ist wieder eine "innerbetriebliche" Antwort, die die Kurve kriegt, bevor echte geistige Fragen erst losgehen.
Du verwechselst hier wieder Geist mit Geistlich.
Dass es überhaupt geistliche Fragen gibt, ist bestenfalls eine Wunschvorstellung.

closs hat geschrieben:Bewiesen wäre es, wenn der menschliche Körper tot ist, aber dessen vorheriger Besitzer/Besetzer fröhlich weiterdenken würde - allein: Das kann man leider nicht nachweisen, solange man noch lebt.
Das ist deswegen nicht nachweisbar, weil es eine Wunsch-Vorstellung ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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