Roland hat geschrieben:Hi Halman!
Halman hat geschrieben: Das in der Einheitsbibel frei mit "gleich" übersetzte griechische Wort lautet μοÏφή (
morphÄ“) und die beste mir bekannte Übersetzung lautet
Gestalt. Strukturtreuer als die Einheitsübersetzung ist die deutsche
Interlinearübersetzung, in welcher steht:
6 der, in Gestalt Gottes seiend, nicht für einen Raub gehalten hat das Sein gleich Gott, 7sondern sich entäußert hat, Gestalt eines Knechts angenommen habend, in Gleichheit Menschen geworden! Und an äußeren Erscheinung erfunden wie ein Mensch,
Trotzdem übersetzt auch die Interlinearübersetzung: "Sein gleich Gott", ich hab's oben unterstrichen.
Und die
Schlachter-Übersetzung gibt in der Fußnote b an: "d.h. völlig gleich, »deckungsgleich« (gr. Isos)"
Diese "Deckungsgleichheit" bezieht sich doch laut dem Kontext auf die göttliche Gestalt, welche der Sohn als Logos besaß.
Schauen wir uns den paulinischen Text noch mal ganz genau an.
Zitat aus
Phil 2:6-11:
6 Er, der doch von
göttlichem Wesen war, hielt nicht wie an einer Beute daran fest,
Gott gleich zu sein,
7 sondern gab es preis und nahm auf sich das Dasein eines Sklaven, wurde den Menschen ähnlich, in seiner Erscheinung wie ein Mensch.
8 Er erniedrigte sich und wurde gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.
9 Deshalb
hat Gott ihn auch über alles
erhöht und ihm den Namen verliehen, der über allen Namen ist,
10 damit im Namen Jesu sich beuge jedes Knie, all derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,
11 und jede Zunge bekenne,
dass Jesus Christus der Herr ist,
zur Ehre Gottes, des Vaters.
Wird hier nicht deutlich zwischen dem
Sohn und GOTT unterschieden? Werden hier denn nicht die Ausdrücke VATER und GOTT analog für die selbe Entität verwendet?
Diese Verse sind meiner Meinung nach völlig im Einklang mit Pauli Worten an die Kolosser:
Zitat aus
Kol 1:15:
15 Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene vor aller Schöpfung.³
³
Andere Übersetzungsmöglichkeit: «..., der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.»
Jesus ist das Ebenbild Gottes. Das Ebenbild ist logischerweise nicht identisch mit dem, dessen Ebenbild er ist. Er ist der Erstgeborene, doch GOTT wurde nicht geboren.
Schauen wir und
Philipper 2, 6-7 noch mal in der Schlachter-Übersetzung an:
6 der, als er in der Gestalt Gottes war, es nicht wie einen Raub festhielt, Gott gleich² zu sein; 7 sondern er entäußerte sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen;
²ειναι ισα θεω (
einai isa theo)
Im griechischen Grundtext steht:
6 ος εν μοÏφη θεου υπαÏχων ουχ αÏπαγμον ηγησατο το ειναι ισα θεω
In seiner Präexistent war Jesus als Lógos (λόγος ) á¼Î½ μοÏφῇ θεοῦ (
en morphe Theou), d.h.
"in Gestalt Gottes" gen Gott. Jesus hielt nicht [selbstsüchtig] wie ein Dieb daran fest ειναι ισα θεω (
einai isa*
theo, wtl.
"sein gleich Gott") Gott gleich zu sein (vgl. bitte
Phil 2:6).
*
ισα (isa) von ἰσοσ (isos), d.h. gleich
Die
Basis-Bibel gibt den Vers folgendermaßen wieder:
6 Von göttlicher Gestalt war er.
Aber er hielt nicht daran fest,
Gott gleich zu sein –
so wie ein Dieb an seiner Beute.
Die
Menge-Bibel gibt ihn m. E. sinngemäß sehr gut wieder:
6 denn obgleich er Gottes Gestalt (= göttliche Wesensgestalt oder: Wesensart) besaß, sah er doch das Gleichsein mit Gott nicht als einen gewaltsam festzuhaltenden Raub (= unveräußerlichen, kostbaren Besitz) an;
Diesbezüglich verweise ich auch auf
Philipper 2, 11.
Offenkundig ist hier von
Gott und von Jesus die Rede (nicht vom
Vater und von Jesus, dies ist hier wichtig). Sicher wollte Paulus hier nicht dem Propheten Jeremia wiedersprechen, den er natürlich gut kannte. Es geht hier nicht, wie bei Jeremia, um Gottes einzigartige Machtstellung und Weisheit, sondern um die göttliche Gestalt, in welcher der Logos existierte. Dieser hielt nicht wie ein Räuber an einen kostbaren Raub daran fest, sondern war bereit Menschengestalt anzuehmen und sie so unter den Engeln zu erniedrigen.
Gott kann nicht mit Gott gleichsein, ebesowenig wie der Sohn dem Sohn gleich. Eine Aussage, die besagt, dass jemand sich selbst gleich macht keinen Sinn. Und Paulus stellt nicht die trinitarischen Personen "Vater" und "Sohn" gegenüber, sondern verwendet die Ausdrucke θεου und θεω (grammatische Varianten von θεός, transl.
theos, d.h. Gott). Dies wäre trinitarisch ja falsch.
Der einziggezeugte Sohn Gottes ähnelt Gott mehr als irgendein Geschöpf, ja - er ist das genaue Abbild seines
Vaters. Darum ist es auch angemessen, Jesus zu huldigen. Dies ist nicht identisch mit Anbetung. Hierbei sollte man den kulturellen Hintergrund nicht außer Acht lassen. Wenn also der Aussätzige (
Matthäus 8, 2), der Synagogenvorsteher (
Matthäus 9, 18-19), die Jünger (
Matthäus 14, 32-33), die Mutter von Jakobus und Johannes (
Matthäus 20, 20-21) und der blinde Mann (
Johannes 9, 35-38) vor Jesus niederfallen, so sollte man bedenken, dass hier von
Juden die Rede ist, die sich selbstverständlich an den Dekalog hielten und nie auf die Idee gekommen wären, denn Messias anzubeten. Die alten Juden waren zumindest Henotheisten.
Bezüglich der Weisen (
Matthäus 2, 10-12) und der kananäischen Frau (
Matthäus 15, 25-26) mag der jüdische Hintergrund nicht mehr anwendbar sein, aber ich vermag dem Grundtext hier auch nicht zwingend den Gedanken der Anbetung zu entnehmen.
Natürlich lässt er sich dahingehend deuten, fraglich ist doch aber, welche Rezeption mit dem biblischen Gesamtkontext vereinbar ist.
An die Urchristen in Korinth schrieb Paulus:
Zitat aus
1. Korinther 8, 4-6 (Elberfelder):
was nun das Essen der Götzenopfer betrifft, so wissen wir, daß ein Götzenbild nichts ist in der Welt, und
daß kein anderer Gott ist, als nur einer. Denn wenn es anders solche gibt, die Götter genannt werden, sei es im Himmel oder auf Erden (wie es ja viele Götter und viele Herren gibt), so ist doch für uns
ein Gott, der Vater, von welchem alle Dinge sind, und wir für ihn,
und ein Herr, Jesus Christus, durch welchen alle Dinge sind, und wir durch ihn.
Differenziert hier Paulus nicht zwischen
"durch" und
"von". Müssen dann nicht auch
"an/zu" und
"durch" verschieden verstanden werden?
Da mag die Frage aufkommen, wie es denn zu verstehen ist, dass Gott
durch Jesus wirkt. Vielleicht hilft hier eine Parallele aus dem Buch Exodus weiter. Gott sprach
durch einen Engel im Dornbusch zu Moses. Dies machte den Engel aber nicht zu Gott selbst.
Jesus ist gem.
Hebräer 3, 1 der "Apostel" und "Hohepriester" des Höchsten. Ist er damit etwa nicht der Gesandte seines Vaters und der einzige Mittler zu Gott? Soll ich dies denn etwa nicht glauben dürfen, wenn dies die Bibel so verkündet?