Alles Teufelszeug? IV

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sven23
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#641 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 8. Okt 2016, 06:56

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Tja, sag das mal den Milliarden, die es "geistig" nicht verstehen.
Wenn eine Epoche dementsprechend eingestielt ist, wird es einfach nicht verstanden. - Hat es "der Mann auf der Straße" vor 500 Jahren verstanden? Sicherlich theologisch genauso wenig - ABER: Damals hat man kein para-aufgeklärter Alternativen gehabt, die sich als Alternative aufgeschwungen haben. - Im Grunde wird heute etwas auf Halbzeug-Niveau verständnismäßig ersetzt, statt gar nicht zu ersetzen - mal ehrlich: Was ist besser?
Es bezieht sich doch nicht nur auf die heutige Zeit. Wer außer dem Christentum hat denn in den letzten 2000 Jahren einen dreifach gefalteten Gott erfunden?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Trinität ist eine nachträgliche Erfindung der Kirchenväter, um einen Weg zu finden, alle Legenden irgendwie unter einen Hut zu bekommen.
Kubitza steht für dieses Halbzeug. - Denn das von ihm unterstellte Motiv ist seine Erfindung - wirkt auf ihn wahrscheinlich "aufgeklärt".
Du tust gerade so, als habe es nicht innerhalb des Christentums einen erbitterten Streit um die Trinität gegeben. "Geistig" läßt sie sich genau so gut be- wie widerlegen, weil "Geistiges" immer für Willkür und Beliebigkeit steht.

closs hat geschrieben: Der tatsächliche Grund war, dass man theologische Ausdrucksformen finden wollte, die biblische Wahrheiten greifbar zusammenfassen - und das ist mit der Trinität auch aus meiner Sicht gut geglückt. - Selbstverständlich ist richtig, dass "Trinität" ein theologisch entwickelter Begriff ist und nirgends so in der Bibel steht - wie auch?

Die ethische Rückständigkeit vor allem des Alten Testaments und seines Gottes nehmen sie nicht
wahr, sondern reden im Sinne der Dogmatik von einem liebenden Gott. Dass Jesus in den Evangelien
als Rabbi, Prophet und Lehrer angesprochen wird, überlesen sie, denn für ihre Dogmatik ist er ja
bereits wahrer Gott und Teil einer Trinität, die erst Jahrhunderte später dogmatisiert wurde. Dass er
selbst und seine Anhänger noch Jahrzehnte der festen Überzeugung waren, das Reich Gottes stünde
unmittelbar bevor, wie er es „vorausgesagt“ hatte, ignorieren sie, denn der Gottmensch Jesus kann
sich ja nicht geirrt haben. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Ignoranz wird als Glaubensstärke
verkauft, kritisches Nachfragen als Anfechtung.

Kubitza, Der Dogmenwahn


closs hat geschrieben: Immer dasselbe: Das Wahre wird immer rechts und rechts eingekesselt von Unwahrheit.
Wobei erst mal festzulegen wäre, was das "Wahre" ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:So wie es die Forschung gezeigt hat, bestand der größte Paradigmenwechsel darin, dass Jesus die Gottesherrschaft im Gegensatz zum traditionellen Judentum schon als angebrochen ansah. Die endgültige Wende stand unmittelbar bevor. Seine Aufgabe sah er darin, die jüdischen Glaubensgenossen noch rechtzeitig zur Umkehr zu bewegen.
Das stimmt doch auch alles - aber es ist nicht in dem Sinne gemeint, dass ein himmlisches Reich "haptisch" ins Dasein einbricht - so zu denken, wäre alttestamentarisch.
Doch, genau das bedeutet es. Der Jude Jesus war noch "alttestamentarisch" sozialisiert oder besser gesagt, in der jüdischen Tradition engestielt, denn ein Alters Testament gab es damals noch nicht, auch kein Neues Testament.
Was die Schreiber gemacht haben, sind allesamt Rückprojektionen ihrer eigenen Theologie in die Zeit Jesus hinein. Der Wanderprediger eignete sich deshalb besonders gut dafür, weil er schon einige Jahrezehnet tot war und sich nicht mehr wehren konnte. Nur ein toter Jesus war für Paulus ein guter Jesus.

"Im Gegensatz zur Tradition sah Jesus aber bereits seine Gegenwart durch die in seiner Wirksamkeit hereinbrechende Gottesherrschaft geprägt (Lk 11,20; vgl. 10,18). Die entscheidende Heilswende vollzieht sich bereits. Die endgültige Vollendung der Königsherrschaft Gottes steht mit Gewissheit unmittelbar bevor (vgl. Mk 1,15f.; Mt 5,3f.par)."
Quelle: bibelwissenschaft
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sven23
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#642 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 8. Okt 2016, 07:08

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wir sind eben mit dem mythologisch-symbolischen Analphabeten konfrontiert
Das allein wäre nicht das Problem, wenn es nicht als "Fortschritt" verstanden werden würde. - Unsere Zeit verwechselt technisch-wissenschaftlichen mit philosophischen/theologischen Fortschritt.
Das wäre dann ein Problem, wenn sich Philosophie als Synonym für Aberglaube verstehen würde. Aber so ist es ja nicht. Sie hat sich weiter entwickelt und von der hegelschen Doktrin, eine Dienerin der Theologie zu sein, emanzipiert.
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#643 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 8. Okt 2016, 07:41

Halman hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Tja, sag das mal den Milliarden, die es "geistig" nicht verstehen.
Wenn eine Epoche dementsprechend eingestielt ist, wird es einfach nicht verstanden. - Hat es "der Mann auf der Straße" vor 500 Jahren verstanden? Sicherlich theologisch genauso wenig - ABER: Damals hat man kein para-aufgeklärter Alternativen gehabt, die sich als Alternative aufgeschwungen haben. - Im Grunde wird heute etwas auf Halbzeug-Niveau verständnismäßig ersetzt, statt gar nicht zu ersetzen - mal ehrlich: Was ist besser?
Wir sind eben mit dem mythologisch-symbolischen Analphabeten konfrontiert, welche ihren Defizit nicht eingestehen wollen (s. Logan5-Zitat im verlinkten Beitrag).

Werter Halmann, Logans Ausführungen kann man weitgehend zustimmen.

"Wer die Bibel ernsthaft für einen Tatsachenbericht im heutigen, geschichtlichen Sinn hält, hat sich vermutlich nie mit historisch-kritischer Exegese auseinander gesetzt."
Logan5

Das ist genau das, was die historisch-kritische Forschung sagt. Offiziell loben ja auch die Ratzingers und Bergers die historisch-kritische Exegese. Nur wenn es ins Detail der Forschungsergebnisse geht, wollen sie nichts mehr davon wissen. Ratzinger hält in Verbindung mit Jesus nichts von Chiffren, Mythologie und Symbolen. Er will alles als historisch Geschehenes verstanden wissen. Weshalb ihm ja auch manche Theologen vorwerfen, er wolle die historisch-kritische Methode durch die Hintertür abschaffen.

"Es gibt jedenfalls durchaus einen Weg, eine biblische Geschichte als theologische Wahrheit zu betrachten, ohne dass es notwendig wäre, sie auch zur historischen Wahrheit zu machen."
Logan5

Wobei man erst mal definieren müßte, was eine "theologische Wahrheit" ist.
Davon abgesehen wollen Kanoniker ebenfalls nicht davon wissen. Auch sie halten am personalen Gott fest, der in die Geschichte eingreift. Keinesfalls wollen sie vermeintlich historisches durch Mythologie ersetzen.

"Der Mythos des Exodus beispielsweise ist in historischer Hinsicht so, wie er in der Bibel geschrieben steht, relativ eindeutig nachweisbar nicht geschehen. Aber etwas anderes, was in diesen uralten Texten zusätzlich mitschwingt entspricht durchaus den Tatsachen, nämlich die Erfahrung von Unterdrückung und der kollektive Glaube daran, von einer höheren Macht gerettet worden zu sein."
Logan5

Auch das deckt sich mit den Forschungsergebnissen. Ein Exodus in dem beschriebenen Ausmass hat nie stattgefunden.
Auch hier handelt es sich im literarische Rückprojektionen, die erst Jahrhunderte später aufgeschrieben wurden. Ein Narrativ, das sich der spätere Staat selbst gegeben hat.

"Im Übrigen wird historisch-kritische Exegese von der Amtskirche sehr befürwortet, während der konservative, wortgläubige, fundamentalistische Ansatz in der Regel offiziell abgelehnt wird. Wenigstens war das noch zu Zeiten des vorherigen Papstes der Fall und mir ist nicht bekannt, dass sich unter Bendedikt XVI daran etwas geändert hätte - auch wenn ich es ihm zutrauen würde."
Logan5

Vordergründig ist das auch so. Doch es schlagen 2 Herzen in der Brust der Theologie. Einerseits die historisch-kritisch forschenden Theologen, andererseit die Glaubensdogmatiker.
Und ganz ehrlich. Wie will man z. b. den einbetonierten Dogmenapparat der RKK mit historisch-kritischer Forschung unter einen Hut bringen?

"Es ist ein seltsam Ding mit bibelgläubigen Christen. Einerseits loben sie die sog. Heilige Schrift in
den höchsten Tönen, geben vor, ihr Leben nach ihr auszurichten, und greifen andere Christen an, die
sich zu solch vollmundigen Erklärungen nicht bereitfinden können. Andererseits sind sie aber gar
nicht daran interessiert, die Bibel wirklich verstehen zu wollen. Sie sind gar nicht an einem tiefen und
umfassenden Verständnis interessiert, sondern geben sich damit zufrieden, sie als Projektionsfläche
einer vorher übernommenen Dogmatik vom „Wort Gottes“ benutzen zu können. Es interessiert sie
eigentlich gar nicht, wie Teile von ihr entstanden sind, wie hier durchaus unterschiedliche
theologische Meinungen sich widerspiegeln und vielleicht auch widersprechen, wie Zeitumstände
sichtbar werden, und wo sich die biblischen Texte vielleicht selbst relativieren. Sie haben sich zum
Tanz umdas Goldene Kalb entschlossen und lassen sich auch von den biblischen Texten selbst ihre
vorgefasste Dogmatik nicht kaputt machen. Was an der Bibel kantig ist, wird rundgeglaubt."
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Münek
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#644 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Sa 8. Okt 2016, 08:40

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Das heißt, wenn Du die Vernunft ausschaltest und Dich nur Deinen Glaubensvorstellungen hingibst?
Die Gegenüberstellung von Glaube und Vernunft ist falsch - im Gegenteil: Es ist Zeichen von Vernunft, wenn man die Grenzen des Falsifizierbaren erkennt - so weit war übrigens auch Kant (und er war sicherlich nicht der Einzige).
Da werden Dir jetzt aber zig Millionen Spiritisten, Horoskopgläubige, Esoteriker, Geistheiler, Hellseher, Engelverehrer, Anthroposophen und Homöopathen mächtig Beifall zollen.

:clap: :clap: :clap:

Übrigens lehnte Kant die Existenz eines persönlichen Gottes ausdrücklich ab.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Glaube mir - den Inhalt der christlichen Botschaft versteht wirklich jeder.
Das kannst Du nur sehr oberflächlich meinen - insofern ja: Die äußere Story ist leicht nacherzählbar.
Warum einfach, wenns auch kompliziert geht? Folgt man dem Johannes-Evangelium, bringt Jesus seine angebliche "christliche" Botschaft mit dieser simplen, gewiss nicht oberflächlichen, für jedermann verständlichen Aussage auf den Punkt (Joh. 3:16):

"So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat."

Damit ist alles gesagt.

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#645 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von 2Lena » Sa 8. Okt 2016, 08:57

Münek hat geschrieben:Übrigens lehnte Kant die Existenz eines persönlichen Gottes ausdrücklich ab.
Nenn mal lieber die Stelle an der er das tat, statt mit Bausch und Bogen hier sein Streiten für die "Vernunft" in eine Leugnung der Weltanschauung umzuwandeln. Angesichts der Bewegungen seiner Zeit hätte er dies gar nicht gekonnt, ohne aus der Riga der angesehenen Wissenschaftler entfernt zu werden. Die glaub ich untersuchten und fragten sich nur ...

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#646 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 8. Okt 2016, 10:20

Münek hat geschrieben: Ein himmlisches, jenseitiges Gottesreich war den Juden fremd
Wobei wir wieder bei "Paradigmen-Wechsel" wären.

sven23 hat geschrieben: Wer außer dem Christentum hat denn in den letzten 2000 Jahren einen dreifach gefalteten Gott erfunden?
Jedenfalls keine "Halbzeugler" - das waren Theologen, die NT-Zusammenhänge dogmatisch zusammengefasst haben. - Natürlich muss man daran nicht glauben, aber gut begründet ist die Sache.

sven23 hat geschrieben:Du tust gerade so, als habe es nicht innerhalb des Christentums einen erbitterten Streit um die Trinität gegeben.
Dafür gibt es zwei Gründe:
1) Es gibt auch "Halbzeugler" im Christentum.
2) Das anspuchsvollere Argument: Es gibt Gruppierungen, die Jesus de facto alttestamentarisch auslegen.

sven23 hat geschrieben:"Die ethische Rückständigkeit vor allem des Alten Testaments und seines Gottes nehmen sie nicht wahr, sondern reden im Sinne der Dogmatik von einem liebenden Gott".
Allein dieser Satz von Kubitza ist eine Katastrophe (für einen Theologen): Er definiert überhaupt nicht, was "Liebe" fundamental eigentlich bedeutet - und der moderne Begriff der Ethik hat hier auch nichts zu suchen.

sven23 hat geschrieben:"Dass er selbst und seine Anhänger noch Jahrzehnte der festen Überzeugung waren, das Reich Gottes stünde unmittelbar bevor, wie er es „vorausgesagt“ hatte, ignorieren sie"
Auch hier wird so getan, als sei die Naherwartung Jesu Faktum, statt einmal theologisch nachzudenken.

Im Grunde darf ja jeder von außen das Christentum kritisieren, egal wie scharf. Aber man sollte immer wieder hinzufügen, dass man es aus einer dementsprechenden weltanschaulichen Warte tut. - Hier wird aber regelmäßig der Eindruck erweckt, die Kritiker verträten "Fakten" contra irrationalem Glauben der Kritisierten. - Und dann sind wir wieder bis zum Hals im Dogmatismus des MAterialismus (alias neuzeitliches Pendant der mittelalterlichen Kirche).

sven23 hat geschrieben:Wobei erst mal festzulegen wäre, was das "Wahre" ist.
Bingo - wenn man diese Kalibirierung nicht definiert, ist eh alles Getorkele.

sven23 hat geschrieben:Der Jude Jesus war noch "alttestamentarisch" sozialisiert oder besser gesagt, in der jüdischen Tradition engestielt, denn ein Alters Testament gab es damals noch nicht, auch kein Neues Testament.
Korrekt - und jetzt kommt wieder das Wort "Paradigmenwechsel".

sven23 hat geschrieben:"Im Gegensatz zur Tradition sah Jesus aber bereits seine Gegenwart durch die in seiner Wirksamkeit hereinbrechende Gottesherrschaft geprägt (Lk 11,20; vgl. 10,18). Die entscheidende Heilswende vollzieht sich bereits. Die endgültige Vollendung der Königsherrschaft Gottes steht mit Gewissheit unmittelbar bevor."
Quelle: bibelwissenschaft
DAS wiederum ist richtig - aber das hat nichts mit "haptischem" Einbruch der Gottesherrschaft zu tun.

sven23 hat geschrieben:Sie hat sich weiter entwickelt und von der hegelschen Doktrin, eine Dienerin der Theologie zu sein, emanzipiert.
Die Philosophie ist in den letzten Generationen zu eine Magd des Materialismus geworden. Warum gibt es sie eigentlich noch? Warum legt man Wert auf die Aufrechterhaltung dieses Begriffs?

Münek hat geschrieben:Da werden Dir jetzt aber zig Millionen Spiritisten, Horoskopgläubige, Esoteriker, Geistheiler, Hellseher, Engelverehrer, Anthroposophen und Homöopathen mächtig Beifall zollen.
Das ist der Preis - falsche Klaquere gibt es immer. - Aber das darf doch kein Grund sein, bei einem dogmatisch-naiven Vernunft-Begriff stehen zu bleiben.

Münek hat geschrieben:Übrigens lehnte Kant die Existenz eines persönlichen Gottes ausdrücklich ab.
Das darf er - viel wichtiger ist, dass er es selbst (wie mehrfach zitiert) als höchste Form der Vernunft bezeichnet hat, dass man vernünftig erkennt, dass jenseits von ihr etwas "der Fall ist", was vernünftig (= mit menschlicher Methodik) nicht erreichbar ist - da sollten sich die heutigen Materialisten mal was abschneiden, statt ihn ständig als Testimonial zu zitieren.

Münek hat geschrieben:"So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat." Damit ist alles gesagt.
Aber WARUM hat Gott das gemacht? - Was sind die tiefen Gründe dahinter?

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sven23
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#647 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 8. Okt 2016, 10:49

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Wer außer dem Christentum hat denn in den letzten 2000 Jahren einen dreifach gefalteten Gott erfunden?
Jedenfalls keine "Halbzeugler" - das waren Theologen, die NT-Zusammenhänge dogmatisch zusammengefasst haben. - Natürlich muss man daran nicht glauben, aber gut begründet ist die Sache.
So wie man alles "Geistige" gut begründen oder widerlegen kann.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du tust gerade so, als habe es nicht innerhalb des Christentums einen erbitterten Streit um die Trinität gegeben.
Dafür gibt es zwei Gründe:
1) Es gibt auch "Halbzeugler" im Christentum.
2) Das anspuchsvollere Argument: Es gibt Gruppierungen, die Jesus de facto alttestamentarisch auslegen.
Juden und Moslems werden sich bedanken, wenn man sie als "Halbzeugler" bezeichnet, Hemul und Co übrigens auch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Die ethische Rückständigkeit vor allem des Alten Testaments und seines Gottes nehmen sie nicht wahr, sondern reden im Sinne der Dogmatik von einem liebenden Gott".
Allein dieser Satz von Kubitza ist eine Katastrophe (für einen Theologen): Er definiert überhaupt nicht, was "Liebe" fundamental eigentlich bedeutet - und der moderne Begriff der Ethik hat hier auch nichts zu suchen.
Natürlich hat er hier was zu suchen, wenn man behauptet, der Bibelgott stehe für "ewige" Wahrheit und Werte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Dass er selbst und seine Anhänger noch Jahrzehnte der festen Überzeugung waren, das Reich Gottes stünde unmittelbar bevor, wie er es „vorausgesagt“ hatte, ignorieren sie"
Auch hier wird so getan, als sei die Naherwartung Jesu Faktum, statt einmal theologisch nachzudenken.
Nach dem Motto: was nicht sein darf, kann auch nicht sein. Das dürfen Glaubensogmatiker tun, die immer wieder zirkelreferente Bestätigung für ihr Glaubenskonstrukt suchen. In der historischen Jesusforschung hat das nichts zu suchen, denn man will ja wissen, was der Fall war.

closs hat geschrieben: Hier wird aber regelmäßig der Eindruck erweckt, die Kritiker verträten "Fakten" contra irrationalem Glauben der Kritisierten. -
Ganz falsch ist das ja nicht.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Jude Jesus war noch "alttestamentarisch" sozialisiert oder besser gesagt, in der jüdischen Tradition engestielt, denn ein Alters Testament gab es damals noch nicht, auch kein Neues Testament.
Korrekt - und jetzt kommt wieder das Wort "Paradigmenwechsel".
Der aber anders gemeint war, als man ihn nachträglich stilisierte und mißbrauchte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Im Gegensatz zur Tradition sah Jesus aber bereits seine Gegenwart durch die in seiner Wirksamkeit hereinbrechende Gottesherrschaft geprägt (Lk 11,20; vgl. 10,18). Die entscheidende Heilswende vollzieht sich bereits. Die endgültige Vollendung der Königsherrschaft Gottes steht mit Gewissheit unmittelbar bevor."
Quelle: bibelwissenschaft
DAS wiederum ist richtig - aber das hat nichts mit "haptischem" Einbruch der Gottesherrschaft zu tun.
Doch, der war sogar sehr haptisch gemeint. Versuche doch nicht andauernd, schlauer als die Forschung zu sein. Das geht regelmäßig in die Hose.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie hat sich weiter entwickelt und von der hegelschen Doktrin, eine Dienerin der Theologie zu sein, emanzipiert.
Die Philosophie ist in den letzten Generationen zu eine Magd des Materialismus geworden. Warum gibt es sie eigentlich noch? Warum legt man Wert auf die Aufrechterhaltung dieses Begriffs?
Weil sie sich weiter entwickelt hat und sich nicht auf die Magd der Religion einengen lassen will. Es wäre traurig, wenn sich "Liebe zur Weisheit" nicht auch außerhalb der Metaphysik finden würde.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#648 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 8. Okt 2016, 13:30

sven23 hat geschrieben:So wie man alles "Geistige" gut begründen oder widerlegen kann.
Je nach Pespektive - wie halt überall.

sven23 hat geschrieben:Juden und Moslems werden sich bedanken, wenn man sie als "Halbzeugler" bezeichnet
Zu Recht - ich sprach von Gruppierungen innerhalb des Christentums. - Was etwa die ZJ angeht: Ja, unter neutestamentarischen Gesichtspunkten wird hier nicht zu Ende gedacht.

sven23 hat geschrieben:Nach dem Motto: was nicht sein darf, kann auch nicht sein.
Das gilt doch für die HKM genauso. Stell Dir mal vor, Jesus würde sich am Ende wirklich als göttlich herausstellen - die HKM würde mit manchen ihrer fakten-gleich dargestellten Aussagen vor SCham im Boden versinken.

sven23 hat geschrieben:Doch, der war sogar sehr haptisch gemeint. Versuche doch nicht andauernd, schlauer als die Forschung zu sein.
Innerbetrieblich ist die HKM unübertroffen schlau - da braucht sie keine Konkurrenz zu fürchten. - Aber theologisch-wissenschaftlich ist diese Schlauheit halt daneben - wie immer: Je nach Setzung - sei sie offen formuliert oder methodisch versteckt.

sven23 hat geschrieben:Weil sie sich weiter entwickelt hat und sich nicht auf die Magd der Religion einengen lassen will.
Aber den Teufel mit den Beelzebub eintauschen, ist ja auch nicht gerade die Lösung. - Die Emanzipation der Philosophie gibt es seit Jahrhunderten - bis sie sie in der Zeit des Materialismus wieder eingebüßt hat.

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#649 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Sa 8. Okt 2016, 15:31

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Ein himmlisches, jenseitiges Gottesreich war den Juden fremd
Wobei wir wieder bei "Paradigmen-Wechsel" wären.
Ganz gewiss verkündigte Jesus nicht das jenseitige Himmelreich. Dringender Rat: Lies mal die Evangelientexte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Dass er selbst und seine Anhänger noch Jahrzehnte der festen Überzeugung waren, das Reich Gottes stünde unmittelbar bevor, wie er es „vorausgesagt“ hatte, ignorieren sie"
Auch hier wird so getan, als sei die Naherwartung Jesu Faktum, statt einmal theologisch nachzudenken.
Man kann durch theologisches Nachdenken historische Ereignisse nicht aus der Welt schaffen. Das ist ein frommer, aber unsinniger Gedanke.

closs hat geschrieben:Im Grunde darf ja jeder von außen das Christentum kritisieren, egal wie scharf. Aber man sollte immer wieder hinzufügen, dass man es aus einer dementsprechenden weltanschaulichen Warte tut. - Hier wird aber regelmäßig der Eindruck erweckt, die Kritiker verträten "Fakten" contra irrationalem Glauben der Kritisierten.
Nichts könnte falscher sein als Deine Annahme, die wissenschaftlich forschenden Theologen kritisierten das Christentum. Völlig daneben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Da werden Dir jetzt aber zig Millionen Spiritisten, Horoskopgläubige, Esoteriker, Geistheiler, Hellseher, Engelverehrer, Anthroposophen und Homöopathen mächtig Beifall zollen.
Das ist der Preis - falsche Klaquere gibt es immer. - Aber das darf doch kein Grund sein, bei einem dogmatisch-naiven Vernunft-Begriff stehen zu bleiben.
Was hat der Glaube an die Existenz himmlischer Wesen mit Vernunft zu tun?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Übrigens lehnte Kant die Existenz eines persönlichen Gottes ausdrücklich ab.
Das darf er - viel wichtiger ist, dass er es selbst (wie mehrfach zitiert) als höchste Form der Vernunft bezeichnet hat, dass man vernünftig erkennt, dass jenseits von ihr etwas "der Fall ist", was vernünftig (= mit menschlicher Methodik) nicht erreichbar ist.
Wir reden hier vom biblischen Gott namens JAHWE. Mit dem hatte Kant nichts am Hut. Dass es Dinge geben könnte, die wir nicht kennen, vielleicht auch nie kennen werden, ist eine andere Schiene.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat." Damit ist alles gesagt.
Aber WARUM hat Gott das gemacht? - Was sind die tiefen Gründe dahinter?
Das steht doch da: Weil er die Welt geliebt hat. Warum Gott die Welt liebt, verrät er uns nicht. :)

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#650 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von NIS » Sa 8. Okt 2016, 15:37

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat." Damit ist alles gesagt.
Aber WARUM hat Gott das gemacht? - Was sind die tiefen Gründe dahinter?
Das steht doch da: Weil er die Welt geliebt hat. Warum Gott die Welt liebt, verrät er uns nicht. :)
Diese Welt ist Gottes Eigentum und er liebt sein Eigentum!

Zumindest glaube ich das... :roll:
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