Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
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sven23
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#271 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 18. Sep 2016, 07:28

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Meinetwegen können sich auch andere Disziplinen neben Historikern zu Wort melden. Nur müssen sie dann begründen können, dass Hitler kein Diktator war, wenn sie dieser Meinung sind. Ich vermute mal, dass dies keiner hinbekommt.
Es wird keine Psychologe zum Ergebnis kommen, dass Hitler historisch kein Diktator war - er wird untersuchen, ob er sich als solcher verstanden hat und ob er es von seinem Wesen war. - Das sind ganz andere Fragestellungen.
Die Frage war aber nur, ob er ein Diktator war. Ob er sich selbst als Biene Maja begriff oder als Heilsbringer für das deutsche Volk ist dabei irrelevant. Er war nun mal ein Diktator.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ein eingefleischter Nazi mag anderer Meinung sein, aber sachlich und wissenschaftlich begründen kann er es nicht.
Historisch richtig - aber Deine Argumentation zeigt mir, dass Du die eigentliche Fragestellung gar nicht begriffen hast.
Wie, ich soll meine eigene Fragestellung nicht verstanden haben? :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was du meinst, ist die Beurteilung eines Sachverhaltes. Am Sachverhalt selber ändert sich nichts.
Korrekt - und "Jesus hatte eine Naherwartung" ist eben eine Beurteilung und kein Sachverhalt.
Genau das eben nicht. Die Naherwartung ist der aus den Quellen ersichtliche Sachverhalt. Für die Beurteilung haben die Glaubensdogmatiker unterschiedliche Ausweich-Strategien entwickelt, die oft nur schwer mit intellektueller Redlichkeit zu vereinbaren sind.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nach deiner Definition würde jeder Fachbereich nur mit Beweisfehlern arbeiten.
Nein - weil Beweise gerade auf Zirkelreferenz angelegt sind. - Ohne Zirkelereferenz kein Beweis - oder anders:

In der Mathematik heisst es nicht umsonst "Voraussetzung - Behauptung - Beweis". - Das heisst: Ohne Voraus-Setzung bzw nur mit Bezug auf diese Setzung ist ein Beweis möglich. - Du reduzierst "Zirkelreferenz" auf handwerklich Fehler - ich argumentiere auf einer ganz anderen Ebene.
Ja, auf einer falschen. Das zeigt mir, dass du die Definition mal wieder nicht gelesen oder nicht verstanden hast.
Ein Zirkelschluss in einem mathematischen Beweis läge nur vor, wenn die Vorraussetzung schon das zu beweisende enthalten würde.
Hier noch mal die Definition:
"Ein Zirkelschluss, Zirkelbeweis, logischer Zirkel, Diallele oder auch Hysteron-Proteron (aus altgriechisch ὕστερον πρότερον [hýsteron próteron], wörtlich etwa „das Spätere [ist] das Frühere“),[1] ist ein Beweisfehler, bei dem die Voraussetzungen das zu Beweisende schon enthalten. Es wird also behauptet, eine Aussage durch Deduktion zu beweisen, indem die Aussage selbst als Voraussetzung verwendet wird. Er wird auch als Circulus vitiosus (aus lateinisch circulus vitiosus, wörtlich fehlerhafter Kreis)[2] oder Teufelskreis [3] bezeichnet und sollte zudem nicht mit dem Pleonasmus, einer Kombination gleichbedeutender Wörter, verwechselt werden."

Sooo schwer zu verstehen ist das doch nicht. Hier noch ein Beispeil für einen echten Zirkelschluss:

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.

Und das ist nebenbei bemerkt die Basis der kanonischen Exegese. :shock:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Deklariertes Wissen muss noch lange kein echtes Wissen im Sinne der Definition sein.
So ist aber die wiki-Definition zu verstehen. - Oder vereinfacht: Wenn eine (nicht-falsifizierbare !) Voraus-Setzung falsch ist, handelt es sich trotzdem um echtes Wissen im Sinne der Definition.
Nein, so ist sie eben nicht definiert, weil du immer nur die Hälfte rauspickst. Deklariertes Wissen muss wahr, gerechtfertigt und durch einen größtmöglichen Grad an Gewissheit gekennzeichnet sein. Deklaration alleine reicht nicht. Mit anderen Worten: dieses deklarierte Wissen sollte konsensfähig sein. Da Wissen sich im Laufe der Zeit ändern oder erweitern kann, sind Irrtümer natürlich nicht ausgeschlossen, wie man historisch sehr leicht nachvollziehen kann.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du hast eh die Tendenz, alles in einem Einheitsbrei bis zur Unkenntlichkeit zu verrühren.
Was Du "Unkenntlichkeit" nennst, ist "Dingen-auf-den-Grund-Gehen".
Bringt man Wasser mit einr öligen Substanz zusammen, entsteht eine Emulsion. Den Grund sehen kann man dann vergessen. Man benötigt einen Zusatzstoff (ähnlich der HKM) um die Stoffe zu scheiden. Erst dann wird der Blick wieder klar. ;)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jesus hatte keine methodische Naherwartung, sondern eine echte.
Das wäre deklariertes Wissen im Sinne der wiki-Definition.
Und höchstwahrscheinlich ist sie sogar historisch korrekt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche anderen "Forschungszweige" sollen das sein". Nun komm mir nicht mit Kapazitäten wie Ratzinger
Doch - auch er.
Mit Sicherheit nicht. Entweder ist man Wissenschafter oder Glaubensdogmatiker. Beides zusammen geht nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, die eine aus wissenschftlicher Perspektive, die andere aus glaubensdogmatischer.
Nein - beide sind wissenschaftlich, weil sie beide auf ihren Voraus-Setzungen methodisch und intersubjektiv nachvollziehbar/systematisch argumentieren.
Die "Ergebnisse" der Glaubensdogmatiker sind nur dazu zu gebrauchen, ein Glaubenkonstrukt zirkelreferent zu bestätigen. In der historischen Jesusforschung sind sie aus nachvollziehbaren Gründen nicht zu gebrauchen. Das sagt ja schon alles.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was kann Jesus zugeschrieben werden, was sind Eigenkompositionen der Schreiber? Das sind nach wie vor die Hauptanliegen der Forschung.
Dafür wird die HKM auch in der Theologie gebraucht - auf Sachebene, aber nicht auf geistiger Beurteilungs-Ebene.
Dazu wird sie eben nicht gebraucht, denn die Erkenntnisse werden sogar bestritten. (siehe Ratzinger und Berger) Man braucht die Forschung als Feigenblatt, um den Anschein von Wissenschaftlichkeit zu wahren. Ärgerlich ist halt nur, dass dabei so viel Störfeuer für das Glaubenskonstrukt aus dem eigenen Haus kommt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Sie will ja auch gar nicht die Unterscheidung, weil sie dann zugeben müßte, dass auch nicht authentisches Material in den Evangelien steht und das gefährdet die Inspiration des Heiligen Geistes.
Nein - "Inspiration durch den HG" hat nichts mit "historisch-kritischer Authentizität" zu tun. - Entweder etwas ist HG-inspiriert oder nicht.
Dann wohl nicht. Wie sonst könnte sich Jesus in Glaubensfragen geirrt haben?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist ziemlich naiv anzunehmen, ein Schreiber könne nach 100 Jahren noch authentisches Material nachliefern.
Du sprichst von historisch-kritisch-authentisch, ich reden von geistig-authentisch.
Wenn schon die Historie gefälscht ist, dann können auch die geistigen Ergüsse ebenso Erfindungen sein.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Womit deine Behauptung, ein HKM-ler würd nichts von der Nächstenliebe verstehen, widerlegt ist.
Wenn eine solch unsinnige Behauptung die meinige wäre, wäre sie damit widerlegt. :) - Wie kommst Du auf einen solchen Stuss?
Weil ein gewisser closs das behauptet hat, denn dieser closs schrieb:
Das ist doch gerade das "nahe Gottesreich", dass der Mensch noch heute unmittelbar geistes-real bei Gott/Jesus ist (etwa "Liebe Deinen Nächsten") - aber das sind keine HKM-Fragen - davon versteht sie nichts - und das ist wahrlich kein Vorwurf.
Und wahrlich, es ist doch ein Vorwurf. ;)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Macht es denn Sinn, einen literarischen Mythos anzubeten?
Nein - das tut auch keiner. -.
Doch, wurde auch hier schon gesagt, dass ein literarischer Mythos ausreichen würde. Der Gipfel der Irrationalität war aber: ich glaube an Gott, egal ob es ihn gibt oder nicht. :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, Forschung und Lehre sollen frei sein. Die Abhängigkeit von den Kirchen gewährleistet dies nicht.
Das ist ein Oxymoron. -
Wieso das? Forschung kann jeder betreiben, der dazu qualifiziert ist. Vernebelnder Aberglaube ist dabei nur störend.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Begründe mal, warum es naheliegend (plausibel, evident) sein soll, dass es ein allmächtiges Gottwesen geben soll, der einen Sohn hat, welcher Mensch wird und sich aus heilsgeschichtlichen Gründen für die Sünden der Menschen blutig opfert.
Wurde hier auf dem Forum mehrfachst erfolglos getan - es gehören Grundlagen dazu, dies zu verstehen. - Es macht deshalb keinen Sinn, nochmals auszuholen.
Es ist, wie Bultmann richtig sagt, Ausdruck primitiver Mythologie. Ich füge hinzu: primitiver Opfermythologie, die noch ganz im Alten Testament verhaftet ist.
Lüdemann zeigt sich entsetzt, welch bizarres Gottesbild hier entworfen wird.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

2Lena
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#272 Re: Theodizee

Beitrag von 2Lena » So 18. Sep 2016, 09:57

Sven23 hat geschrieben:Es ist, wie Bultmann richtig sagt, Ausdruck primitiver Mythologie. Ich füge hinzu: primitiver Opfermythologie, die noch ganz im Alten Testament verhaftet ist.
Bultmanns (Rede)Talente sicherten ihm die Zuhörerschaft. Doch nicht alles was er schrieb ist richtig. Ich habe ein Buch "Urchristentum" im Bücherschrank, das ich bis heute nicht lesen konnte, weil mehr "rote Tücher" vorkommen als ich vertrage, und ich von einem Niesanfall zum nächsten komme, jedesmal wenn ich das Buch bloß in die Hand nehme. Das passiert nicht weil es so staubt, sondern weil eigentlich die Ansichten abgestaubt gehörten.

Ausgehend von der Schulausbildung: "Da war einmal ... und es gingen ein paar Hirten mit ihren Herden", kommt bei Bultmann - trotz Universität - oder gerade wegen ihr - nichts anderes heraus, als seine damalige "Istvorstellung": "Seht her, das sind die Fakten" - und dagegen hält er die unpassende Mythologie. Da sie nicht passte, schaffte er sie weg. Dass sie passen könnte, aber sein Standpunkt nicht passt - wurde bisher nicht überlegt, sondern man ging von einer gemeinsamen Übereinstimmung aus. Die allerdings ist in einer Schieflage.

Um nur mal das Buch "Urchristentum" zu Wort kommen zu lassen:
Erstens einmal spricht er von "Jahwe" (kann also den Namen nicht mal schreiben und lesen!)
und meint vielleicht gar, es besser zu wissen als Zeugen Jehooovas, die ihn auch nicht aussprechen können. Im Judentum formulierte man den Namen gar nicht. Das war verboten, schon um Verwechslungen vorzubeugen und auf fünf Arten etwas Falsches. Man weiß nun nicht mal was falsch ist und in welchem Fall.

Bultmann führt seine Leser auf "raffinierte Denkmuster". Die genießen es. Da er mehr Details kennt als sie, formt er ihnen ein bestimmtes Bild. Die glauben es. Es herrscht Übereinstimmung, weil er über gleiche "säkulare" Schulbildung bloß eine Krone aufsetzt.

Wie hätte es wohl ausgesehen, wenn er die Überlieferungen von Noah an gekannt hätte? Die Lebensdaten und Erfahrungen von Melchizedek vielleicht, dem Abraham den Zehnten gab ... Dann wäre es ihm nicht mehr sonderbar vorgekommen, dass Abraham mit Gott redete, enormes Wissen hatte und es auch an seine Nachkommen weitergab. Nur dass Bultmann eben nicht "Abram" als Wissen verstand (sondern eine Religion reindichtete, bzw. so angelernt wurde) kam er zu diesen Schlüssen, die er nun mal nur eben aus seinem Standpunkt her kombinierte.

Ähnlich fomulierte er auch die Überlieferungen der Griechen. Bultmann kannte sie lediglich aus seiner humanistischen Ausbildung. Unbekannt war ihm die Völkerwanderungen, die ersten Siedlungsgebiete, das Volkswissen der Illyrer. Er ging nicht auf die Wanderbewegungen ein. Der Balkan und die damalige Sowjetunion war zu seiner Zeit offenbar eine Landkarte mit weißen Flecken, in der vor dem Kommunismus keinerlei Völker lebten und Geschichte spielten - bis heute.

Zwar hat er das im "Westen" .gelernte Wissen fachmännisch zusammengestellt und es sind auch in sich einige Dinge logisch und manche Überlieferung mag stimmen. Der Gesamtkomplex jedoch ergibt eine Wüste. Er liegt schon mal ganz falsch in seiner Annahme des Urchristentums, da er davon ausgeht: Da war ein Wanderprediger, der in ein paar Orten rumzog, gekreuzigt worden ist. Er geht nicht von dem Wissen aus, dass der Sohn Gottes Menschen aus aller Welt gesamtwissenschaftliche Lehren hielt und die Menschen überhaupt in allen Dingen lehrte. Zu seinen Zuhöreren gehörten mächtige Personen des Römerreichs. Es kamen Gelehrte aus aller Herren Länder. Auch Jesus selbst bereiste viele Länder und er erklärte allen den Grund seines Wirkens. Zwar kam Jesus zu den Juden. Wäre vom Judentum aus nicht solch massive Ablehnung von den Schriftgelehrten gekommen, die dem Volk nur leere Gesetze predigten, so hätte es seinen vollen Glanz den Völkern rundum gezeigt.

Sven23 hat geschrieben:Lüdemann zeigt sich entsetzt, welch bizarres Gottesbild hier entworfen wird.
Lüdemann hat das gleiche Grundproblem einer Schieflage und baut eigenmächtig hin und her.
Da er nicht versteht, weil aus der falschen Ecke, kommen viele falsche Bezüge mit recht viel Eigensinn.

closs
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#273 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 18. Sep 2016, 10:41

Münek hat geschrieben:Grundlagen (Setzungen) sollten plausibel, evident, einleuchtend, hinterfragbar sein.
Das ist nicht das Problem - das gilt sowohl für historisch-kritische wie auch für kanonische Setzungen (davon abgesehen, dass man "hinterfragbar" nicht mit "falsifizierbar" verwechseln darf).

Münek hat geschrieben:Unter der Voraussetzung, dass ein Elefant fliegen kann, kann ein Elefant fliegen.
Du verwechselst "if-Abfrage" mit "Tautologie".

Münek hat geschrieben:Die als authentisch angesehenen Aussprüche Jesu zur nahen Gottesherrschaft werden selbstverständlich von den Exegeten beurteilt.
Trotzdem sprechen sie methodisch autorisiert nur über Quellen.

sven23 hat geschrieben:Die Frage war aber nur, ob er ein Diktator war.
Nein - die Feststellung war, dass er historisch gesehen Diktator ist, andere wissenschaftliche Disziplinen aber zum Ergebnis kommen könnten, dass er es außer-historisch NICHT ist. - Mit anderen Worten: Wissenschaftliche Aussagen beziehen sich lediglich auf das Gebiet, das sie vertreten.

sven23 hat geschrieben:Wie, ich soll meine eigene Fragestellung nicht verstanden haben?
Das will ich gar nicht unterstellen - aber das findet man oft.

sven23 hat geschrieben:Genau das eben nicht.
Das ist genau das Problem - man unterscheidet nicht zwischen Beobachtung und Schlussfolgerung/Bewertung. Genau das würde ich aber von einem Wissenschaftler erwarten - weltanschauungs-unabhängig (das würde ICH unter "intellektueller Redlichkeit" verstehen).

"Sache" ist, dass Jesus so und so aus den Quellen beschrieben wird - Beurteilung ist, dass die Kanoniker dieselben Texte anders auslegen als die HKM-ler. - Beide mit perspektivisch nachvollziehbaren Gründen.

sven23 hat geschrieben:Das zeigt mir, dass du die Definition mal wieder nicht gelesen oder nicht verstanden hast.
Mir zeigt es, dass Du die Tragweite der Kette "System-Voraussetzungen - Behauptung - Beweis" nicht ermisst.

sven23 hat geschrieben: Hier noch ein Beispeil für einen echten Zirkelschluss: Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
Das ist keine Schlussfolgerung, sondern eigentlich ein Synonym. - Richtig wäre:

* Voraussetzung: "Alle SChrift ist von Gott eingegeben".
* Behauptung: "Jedes Wort ist wahr und nicht Irrtum".
* Beweis: Gibt es keinen, da Gott auch Irrtümer eingeben könnte, um den Menschen in seiner Unterscheidungsfähigkeit zu prüfen.

Dass es manchmal so platt dargestellt wird, wie Du es simulierst, ist leider zutreffend.

sven23 hat geschrieben:Nein, so ist sie eben nicht definiert
Doch - zur Erinnerung:
"Paradoxerweise können daher als Wissen deklarierte Sachverhalts­beschreibungen wahr oder falsch, vollständig oder unvollständig sein".

Was ist denn "HKM-Wissen" in Gestalt von "Jesus hatte eine Naherwartung" anderes als deklariertes Wissen? - Wobei "deklariert" ja nicht unbedingt "falsch" heisst - es wird IMMER vom Menschen deklariert und ist dann (ontologisch) richtig oder falsch.

sven23 hat geschrieben:Mit anderen Worten: dieses deklarierte Wissen sollte konsensfähig sein.
Nein - das steht nirgends und ist auch nicht so gemeint. - Du entschärfst die eigentliche Aussage, die im Grunde lautet:
"Auch falsche Voraus-Setzungen können wissenschaftlich behandelt werden, und das Ergebnis daraus kann "Wissen" genannt" werden.

sven23 hat geschrieben: Deklariertes Wissen muss wahr, gerechtfertigt und durch einen größtmöglichen Grad an Gewissheit gekennzeichnet sein.
Wer entscheidet, was "wahr", "gerechtfertigt" und "gewiss" ist? Das geht doch immer nur per Voraus-Setzung, also Koordinaten-System, in dem der ganze Vorgang gesetzt wird. - DAS ist ein gutes Beispiel für Zirkel-Referenz!!

sven23 hat geschrieben:Bringt man Wasser mit einr öligen Substanz zusammen, entsteht eine Emulsion. Den Grund sehen kann man dann vergessen. Man benötigt einen Zusatzstoff (ähnlich der HKM) um die Stoffe zu scheiden. Erst dann wird der Blick wieder klar.
Ersetze "HKM" durch "HG", und wir sind uns einig. - In anderen Worten: Man muss sich einig sein, was "ölige Substanz" und was "Zusatzstoff" ist - hier scheint es unterschiedliche Auffassungen zu geben.

sven23 hat geschrieben:Und höchstwahrscheinlich ist sie sogar historisch korrekt.
Falls Jesus icht "Gottes Sohn"/Gott war, ist sie höchstwahrscheinlich historisch korrekt.

sven23 hat geschrieben:Mit Sicherheit nicht. Entweder ist man Wissenschafter oder Glaubensdogmatiker. Beides zusammen geht nicht.
Falsch. - Auch der Kritische Rationalismus ist eine "Glaubensdogmatik" - nur dass man das Wort in diesem Kontext nicht verwendet. - Wobei hinzuzufügen ist, dass "Dogmatik"/Voraus-Setzungen unvermeidbar sind, wenn man forscht - insofern kein Vorwurf an die HKM. - Nur: Man sollte es halt aus Gründen der intellektuellen Redlichkeit/Belastbarkeit verstehen.

sven23 hat geschrieben:Die "Ergebnisse" der Glaubensdogmatiker sind nur dazu zu gebrauchen, ein Glaubenkonstrukt zirkelreferent zu bestätigen.
Die Hürde ist hier, dass Du partout nicht einsehen kannst, dass es de facto bie der HKM genauso ist. - Logisch - eine ganze Konstruktion würde zusammenbrechen.

sven23 hat geschrieben:Dazu wird sie eben nicht gebraucht, denn die Erkenntnisse werden sogar bestritten.
Bei Sachergebnissen ist mir ein solcher Fall nicht bekannt - bei den Beurteilungen hast Du recht. Aber dafür wird die HKM von der Theologie ja auch nicht gebraucht.

sven23 hat geschrieben:Wenn schon die Historie gefälscht ist, dann können auch die geistigen Ergüsse ebenso Erfindungen sein.
O ja - das gibt es auch.

sven23 hat geschrieben:Und wahrlich, es ist doch ein Vorwurf.
Nein - denn es ist hier die Rede von der "HKM" (als methodische, wissenschaftliche Größe) und nicht von den Menschen, die HKM betreiben. - Im Grunde unterstellst Du, ich hätte gesagt: "Metzger wissen nicht, wie Trauben schmecken, weil sie im Beruf Metzger sind". - Genau das sage ich NICHT.

Meine Aussage ist: "Das Fleischereigewerbe versteht nichts von Weinherstellung". - Meine Aussage ist NICHT: "Metzger verstehen (als Privat-Personen) nichts von Wein".

sven23 hat geschrieben:Doch, wurde auch hier schon gesagt, dass ein literarischer Mythos ausreichen würde.
Moment - meinerseits würde ich nicht weitergehen als: "Es ist (meistens) egal, ob eine Chiffre/Offenbarung metaphorischer oder historischer Natur ist". - Aber das ist ein ziemlich umfassendes Thema.

sven23 hat geschrieben: Forschung kann jeder betreiben, der dazu qualifiziert ist.
Natürlich - insofern hat keiner etwas dagegen, wenn jemand unter volkskundlichen/religions-wissenschaftlichen/soziologischen Voraus-Setzungen die Bibel auf kritisch-rationaler Basis untersucht. - Aber wir sind hier in der Theologie, die anders setzt - und genauso nicht-falsifizierbar setzt (sonst hieße es nicht "Setzung").

sven23 hat geschrieben:Lüdemann zeigt sich entsetzt, welch bizarres Gottesbild hier entworfen wird.
Nach seinen weltanschaulichen Voraus-Setzungen ist dies folgerichtig.

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#274 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 18. Sep 2016, 11:28

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Frage war aber nur, ob er ein Diktator war.
Nein - die Feststellung war, dass er historisch gesehen Diktator ist, andere wissenschaftliche Disziplinen aber zum Ergebnis kommen könnten, dass er es außer-historisch NICHT ist. - Mit anderen Worten: Wissenschaftliche Aussagen beziehen sich lediglich auf das Gebiet, das sie vertreten.
Mit anderen Worten: historisch war Hitler ein Diktator, und auf mehr zielte meine Frage gar nicht ab.


closs hat geschrieben: "Sache" ist, dass Jesus so und so aus den Quellen beschrieben wird - Beurteilung ist, dass die Kanoniker dieselben Texte anders auslegen als die HKM-ler. - Beide mit perspektivisch nachvollziehbaren Gründen.
Jaaa, aber auf welcher Grundlage tun sie dies? Was nicht sein darf, kann auch nicht sein ist keine Grundlage, sondern pures Wunschdenken aus ideologischen Gründen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das zeigt mir, dass du die Definition mal wieder nicht gelesen oder nicht verstanden hast.
Mir zeigt es, dass Du die Tragweite der Kette "System-Voraussetzungen - Behauptung - Beweis" nicht ermisst.
Du darfst ruhig näher darauf eingehen und deine falschen Behauptungen weiter ausbreiten. Sie sind definitiv falsch. Lies noch mal die Wiki-Definition genau und ganz laaaaangsam durch. Aber bitte erst lesen, dann nachdenken und dann schreiben. Bitte in der Reihenfolge. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Hier noch ein Beispeil für einen echten Zirkelschluss: Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
Das ist keine Schlussfolgerung, sondern eigentlich ein Synonym. - Richtig wäre:

* Voraussetzung: "Alle SChrift ist von Gott eingegeben".
* Behauptung: "Jedes Wort ist wahr und nicht Irrtum".
* Beweis: Gibt es keinen, da Gott auch Irrtümer eingeben könnte, um den Menschen in seiner Unterscheidungsfähigkeit zu prüfen.

Dass es manchmal so platt dargestellt wird, wie Du es simulierst, ist leider zutreffend.
Das ist ein Beispiel aus Wikipedia für einen klassischen Zirkelschluss. Deine Ausführungen zeigen jetzt definitiv, dass du es nicht verstanden hast. Das kann doch nicht so schwer sein. :shock:



sven23 hat geschrieben:Nein, so ist sie eben nicht definiert
Doch - zur Erinnerung:
"Paradoxerweise können daher als Wissen deklarierte Sachverhalts­beschreibungen wahr oder falsch, vollständig oder unvollständig sein".

Was ist denn "HKM-Wissen" in Gestalt von "Jesus hatte eine Naherwartung" anderes als deklariertes Wissen? - Wobei "deklariert" ja nicht unbedingt "falsch" heisst - es wird IMMER vom Menschen deklariert und ist dann (ontologisch) richtig oder falsch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit anderen Worten: dieses deklarierte Wissen sollte konsensfähig sein.
Nein - das steht nirgends und ist auch nicht so gemeint. - Du entschärfst die eigentliche Aussage, die im Grunde lautet:
"Auch falsche Voraus-Setzungen können wissenschaftlich behandelt werden, und das Ergebnis daraus kann "Wissen" genannt" werden.
Vor 100 Jahre war der Wissensstand ein anderer, der sich im nachhinein sogar als falsch erwiesen hat. Trotdem war er zu der Zeit konsensfähig. Deshalb muss Konsensfähigkeit für eine Gruppe immer gegeben sein, wie auch die wiki Definition sagt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Deklariertes Wissen muss wahr, gerechtfertigt und durch einen größtmöglichen Grad an Gewissheit gekennzeichnet sein.
Wer entscheidet, was "wahr", "gerechtfertigt" und "gewiss" ist? Das geht doch immer nur per Voraus-Setzung, also Koordinaten-System, in dem der ganze Vorgang gesetzt wird. - DAS ist ein gutes Beispiel für Zirkel-Referenz!!.
Das sagt die von dir eingestellte Wiki-Definition. Das mit deinem Kurzzeitgedächtnis wird immer schlimmer und macht Diskussionen sehr mühsam. Hat dir das noch keiner gesagt? Würde mich sehr wundern.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bringt man Wasser mit einr öligen Substanz zusammen, entsteht eine Emulsion. Den Grund sehen kann man dann vergessen. Man benötigt einen Zusatzstoff (ähnlich der HKM) um die Stoffe zu scheiden. Erst dann wird der Blick wieder klar.
Ersetze "HKM" durch "HG", und wir sind uns einig. - In anderen Worten: Man muss sich einig sein, was "ölige Substanz" und was "Zusatzstoff" ist - hier scheint es unterschiedliche Auffassungen zu geben.
Logisch, denn nur die Forschung hat den Ehrgeiz, authentische von nicht authentischem zu unterscheiden. Kanoniker wollen das gar nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit Sicherheit nicht. Entweder ist man Wissenschafter oder Glaubensdogmatiker. Beides zusammen geht nicht.
Falsch. - Auch der Kritische Rationalismus ist eine "Glaubensdogmatik" - nur dass man das Wort in diesem Kontext nicht verwendet. - Wobei hinzuzufügen ist, dass "Dogmatik"/Voraus-Setzungen unvermeidbar sind, wenn man forscht - insofern kein Vorwurf an die HKM. - Nur: Man sollte es halt aus Gründen der intellektuellen Redlichkeit/Belastbarkeit verstehen.
Ach woher? Nicht an das Spaghettimonster zu glauben ist keine Glaubensogmatik, sondern der reinen Vernunft geschuldet.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die "Ergebnisse" der Glaubensdogmatiker sind nur dazu zu gebrauchen, ein Glaubenkonstrukt zirkelreferent zu bestätigen.
Die Hürde ist hier, dass Du partout nicht einsehen kannst, dass es de facto bie der HKM genauso ist. - Logisch - eine ganze Konstruktion würde zusammenbrechen.
Bitte noch mal deine "Wissen" über Zirkelbeweise auffrischen. Da bestehen noch gravierende Lücken. siehe weiter oben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dazu wird sie eben nicht gebraucht, denn die Erkenntnisse werden sogar bestritten.
Bei Sachergebnissen ist mir ein solcher Fall nicht bekannt - bei den Beurteilungen hast Du recht. Aber dafür wird die HKM von der Theologie ja auch nicht gebraucht.
Dass die Geschichten um die Geburt Jesus weitgehend Legenden und Erfindungen der Schreiber sind, ist Konsens in der Forschung. Selbst das streitet Ratzinger ab. Aber was will man von einem Mann erwarten, der sich längst für wissenschafliches Arbeiten disqualifiziert hat. Ich erinnere nur an "heilig, heilig, heilig". :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn schon die Historie gefälscht ist, dann können auch die geistigen Ergüsse ebenso Erfindungen sein.
O ja - das gibt es auch.
Ich denke mal, die Bibel ist eine wahre Fundgrube dafür.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und wahrlich, es ist doch ein Vorwurf.
Nein - denn es ist hier die Rede von der "HKM" (als methodische, wissenschaftliche Größe) und nicht von den Menschen, die HKM betreiben. - Im Grunde unterstellst Du, ich hätte gesagt: "Metzger wissen nicht, wie Trauben schmecken, weil sie im Beruf Metzger sind". - Genau das sage ich NICHT.

Meine Aussage ist: "Das Fleischereigewerbe versteht nichts von Weinherstellung". - Meine Aussage ist NICHT: "Metzger verstehen (als Privat-Personen) nichts von Wein".
Blubber, blubber. Deine Aussage war, HKM-ler verstünden nichts von geistigen Themen wie Nächstenliebe. Theißen und andere widerlegen dich da ganz eindeutig. Du bist halt gefangen in deiner Welt aus Vorurteilen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Forschung kann jeder betreiben, der dazu qualifiziert ist.
Natürlich - insofern hat keiner etwas dagegen, wenn jemand unter volkskundlichen/religions-wissenschaftlichen/soziologischen Voraus-Setzungen die Bibel auf kritisch-rationaler Basis untersucht. - Aber wir sind hier in der Theologie, die anders setzt - und genauso nicht-falsifizierbar setzt (sonst hieße es nicht "Setzung").
Ja,ja, die nicht-Falsizfizierbarkeit ist clossens größtes Steckenpferd und letzter Rettungsanker. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Lüdemann zeigt sich entsetzt, welch bizarres Gottesbild hier entworfen wird.
Nach seinen weltanschaulichen Voraus-Setzungen ist dies folgerichtig.
Wie soll ein vernunftbegabter, humanistisch geprägter Mensch zu Beginn des 21. Jahrhunderts an solch primitiver Mythologie Gefallen finden? Nur aus Tradition, weil es 2000 Jahre gebetetsmühlenartig vorgesagt wurde?

Bultmann bringt es auf den Punkt:

„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“
– Rudolf Bultmann: Neues Testament und Mythologie. 1941
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#275 Re: Theodizee

Beitrag von NIS » So 18. Sep 2016, 11:37

Der Ursprung der Schöpfung
Der Baum hat viele Wurzeln und ich lebe im Wald eines Baumes.
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#276 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » So 18. Sep 2016, 11:56

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Grundlagen (Setzungen) sollten plausibel, evident, einleuchtend, hinterfragbar sein.
Das ist nicht das Problem .
Doch - das ist das Problem; denn behaupten, setzen, glauben kann man schließlich den allergrößten Blödsinn.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Unter der Voraussetzung, dass ein Elefant fliegen kann, kann ein Elefant fliegen.
Du verwechselst "if-Abfrage" mit "Tautologie".
Du bedienst Dich nicht selten der Tautologie: Wenn Gott existiert, dann existiert er. (Wenn nicht, dann nicht.) Hatten wir schon x-mal. Kannst Du knicken - hat keinen Erkenntniswert.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die als authentisch angesehenen Aussprüche Jesu zur nahen Gottesherrschaft werden selbstverständlich von den Exegeten beurteilt.
Trotzdem sprechen sie methodisch autorisiert nur über Quellen.
Was heißt nur? Die wissenschaftliche Textauslegung ist doch ihre Aufgabe. Dabei versuchen sie, sich - so weit es die Quellen zulassen - der historischen Wirklichkeit zu nähern. Kein Theologe würde der Feststellung widersprechen, dass im Zentrum der Botschaft Jesu mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit der nahe Anbruch der Herrschaft Gottes auf Erden stand.

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#277 Re: Theodizee

Beitrag von NIS » So 18. Sep 2016, 12:25

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#278 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 18. Sep 2016, 12:25

sven23 hat geschrieben:Mit anderen Worten: historisch war Hitler ein Diktator
Erstens, JA. - Wissenschafts-theoretisch genau formuliert würde es heißen: "Nach den Vorgaben der historischen Wissenschaft ist Hitler als Diktator wissbar". - Ob dieses methodische Wissen mit der Wirklichkeit übereinstimmt, ist damit NICHT gesagt. - Hinzufügen würde man dann: "Da Hitler fast noch eine Person der Zeitgeschichte ist (es gibt noch eine Erlebens-Generation) und die Quellen dazu überwältigend ist, darf man davon ausgehen, dass wissenschaftliches Wissen und (ontologische) Wirklichkeit in diesem Fall übereinstimmen".

So geschraubt redet natürlich im Alltag keiner - aber ein Wissenschaftler muss wissen, dass es diese zwei Kategorien gibt. - Weniger klar wäre es bei dem Satz "Putin ist ein Diktator", da hier westliche und östliches Verständnis von "Diktatur" sehr unterschiedlich sind.

sven23 hat geschrieben:Jaaa, aber auf welcher Grundlage tun sie dies? Was nicht sein darf, kann auch nicht sein ist keine Grundlage
Prinzipiell ichtig - aber das ist doch schon wieder eine weltanschauliche Unterstellung Deinerseits.

sven23 hat geschrieben:Lies noch mal die Wiki-Definition genau und ganz laaaaangsam durch.
Das ist auch meine Empfehlung an Dich - mein Eindruck ist, dass Du die eigentliche Aussage entschärfst, um nicht von Deinem Klepper absteigen zu müssen. :lol:

sven23 hat geschrieben:Das ist ein Beispiel aus Wikipedia für einen klassischen Zirkelschluss.
Moment: Mein Schluss war:
Closs hat geschrieben:Gibt es keinen, da Gott auch Irrtümer eingeben könnte, um den Menschen in seiner Unterscheidungsfähigkeit zu prüfen.

Wie wäre es damit:
a) "Die HKM berücksichtigt nur Aussagen, die falsifizierbar sind".
b) "Jesus = Gott = nicht falsifizierbar.
c) "Also ist die Bibel so zu interpretieren, als sei Jesus nur Mensch".

sven23 hat geschrieben:Deshalb muss Konsensfähigkeit für eine Gruppe immer gegeben sein, wie auch die wiki Definition sagt.
Richtig - für diese Gruppe. Und daraus rekrutiert sich dann die Berechtigung von "Wissen" zu sprechen, selbst wenn dieses auf falschen Voraus-Setzungen beruht und auf die Wirklichkeit bezogen falsch ist.

sven23 hat geschrieben:Das sagt die von dir eingestellte Wiki-Definition.
Stimmt - aber meine Anschlussfrage ist:
Closs hat geschrieben:Wer entscheidet, was "wahr", "gerechtfertigt" und "gewiss" ist? Das geht doch immer nur per Voraus-Setzung, also Koordinaten-System, in dem der ganze Vorgang gesetzt wird.

sven23 hat geschrieben:Das mit deinem Kurzzeitgedächtnis wird immer schlimmer und macht Diskussionen sehr mühsam.
Das hat nichts mit "Kurzzeitgedächtnis" zu tun, sondern mit "Hinterfragen". - Die Tatsache, dass Du etwas (mit Verlaub: manchmal materialistisch-kurzsichtig) "so" verstehst, hat doch nichts mit meinem Kurzzeitgedächtnis zu tun, wenn ich es "so" nicht akzeptiere. - Also:

Closs hat geschrieben:Wer entscheidet, was "wahr", "gerechtfertigt" und "gewiss" ist? Das geht doch immer nur per Voraus-Setzung, also Koordinaten-System, in dem der ganze Vorgang gesetzt wird.

sven23 hat geschrieben: nur die Forschung hat den Ehrgeiz, authentische von nicht authentischem zu unterscheiden. Kanoniker wollen das gar nicht.
Doch - kanonische Forschung will wissen, was geistig authentisch ist - HKM will wissen, was quellen-technisch authentisch ist. - Beides sind ehrenhafte Versuche.

sven23 hat geschrieben: sondern der reinen Vernunft geschuldet.
Was ist "Vernunft"? Eine rein anthropozentrische Größe?

sven23 hat geschrieben:Dass die Geschichten um die Geburt Jesus weitgehend Legenden und Erfindungen der Schreiber sind, ist Konsens in der Forschung.
Diesen Konsens kann es in der historisch-kritischen Forschung geben - die kanonische Forschung ist interessiert, ob etwas geistig-real ist oder eine Erfindung des Menschem. - Davon abgesehen: Die Kanoniker machen bestimmt auch ihre Fehler.

sven23 hat geschrieben:Deine Aussage war, HKM-ler verstünden nichts von geistigen Themen wie Nächstenliebe.
Nein - das war NICHT meine Aussage. - Meine Aussage ist, dass die HKM als Disziplin nichts mit solchen Fragen zu tun hat und dementsprechend nichts davon versteht. - Das heißt doch nicht, dass ein HKM-ler, wenn er seinen Dienst-Kittel ausgezogen hat, im Privaten sehr wohl etwas davon davon versteht. - "Geist" ist doch keine wissenschaftliche Disziplin, sondern eine (unterschiedlich aktivierte) menschliche Eigenschaft.

sven23 hat geschrieben:die nicht-Falsizfizierbarkeit ist clossens größtes Steckenpferd
Diesen Begriff in aller Konsequenz zu begreifen, ist Voraussetzung von Wissenschaft (sollte man meinen). - Aber das macht man oft nicht so gerne, weil damit den materialistischen Ideologen in die Suppe gespuckt wird.

sven23 hat geschrieben:Wie soll ein vernunftbegabter, humanistisch geprägter Mensch zu Beginn des 21. Jahrhunderts an solch primitiver Mythologie Gefallen finden?
Sie sind dann primitiv, wenn man selber so primitiv ist, sie nicht zu verstehen - es ist das Echo dessen, was man in den Wald hineinruft. - Das 21. Jh. ist in seinen öffentlich hörbaren Vertretern merhheitlich geistiges Prekariat.

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#279 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 18. Sep 2016, 12:31

Münek hat geschrieben:denn behaupten, setzen, glauben kann man schließlich den allergrößten Blödsinn.
Stimmt - und wer entscheidet, was Blödsinn ist?

Münek hat geschrieben:Du bedienst Dich nicht selten der Tautologie: Wenn Gott existiert, dann existiert er. (
Ja - solche Sätze sind manchmal nötig, wenn der Mensch Wirklichkeit durch Wahrnehmung basteln will (Pippi Langstrumpf).

Trotzdem könntest Du mal auf den entscheidenden Punkt eingehen:
Closs hat geschrieben: Du verwechselst "if-Abfrage" mit "Tautologie".

Münek hat geschrieben:Was heißt nur? Die wissenschaftliche Textauslegung ist doch ihre Aufgabe.
Ja - Quellenauslegung. - Alles darüber hinaus ist Interpretation - die man ja loswerden darf - aber eben mit entsprechender Kennzeichnung.

Münek hat geschrieben:Kein Theologe würde der Feststellung widersprechen, dass im Zentrum der Botschaft Jesu mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit der nahe Anbruch der Herrschaft Gottes auf Erden stand.
Korrekt - aber die kirchliche Theologie versteht etwas ganz anderes darunter als Du. - Mit anderen Worten: Es gibt überhaupt kein Einvernehmen in der Interpretation.

Richtig für Ratzinger bis Kubitza ist die Sach-Aussage: "Das Reich Gottes ist nah". - Aber dann hört's auch schon auf.

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#280 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 18. Sep 2016, 13:45

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit anderen Worten: historisch war Hitler ein Diktator
Erstens, JA. - Wissenschafts-theoretisch genau formuliert würde es heißen: "Nach den Vorgaben der historischen Wissenschaft ist Hitler als Diktator wissbar". - Ob dieses methodische Wissen mit der Wirklichkeit übereinstimmt, ist damit NICHT gesagt.
Nein, natürlich war Hitler in Wahrheit ein Judenfreund, denn ein Mensch, der seinen Schäferhund liebt, läßt doch keine Juden umbringen. :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jaaa, aber auf welcher Grundlage tun sie dies? Was nicht sein darf, kann auch nicht sein ist keine Grundlage
Prinzipiell ichtig - aber das ist doch schon wieder eine weltanschauliche Unterstellung Deinerseits..
Nein, eine Beobachtung der Kanoniker, die exakt ins Schwarze trifft.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Lies noch mal die Wiki-Definition genau und ganz laaaaangsam durch.
Das ist auch meine Empfehlung an Dich - mein Eindruck ist, dass Du die eigentliche Aussage entschärfst, um nicht von Deinem Klepper absteigen zu müssen. :lol:
Ich muss gar nicht absteigen, nur kommst du mit deinem Pony nicht hinterher. Du hast wirklich nicht verstanden, was ein Zirkelschluss ist. Deine Ausführungen lassen keinen anderen Schluss zu. Sorry.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist ein Beispiel aus Wikipedia für einen klassischen Zirkelschluss.
Moment: Mein Schluss war:
Closs hat geschrieben:Gibt es keinen, da Gott auch Irrtümer eingeben könnte, um den Menschen in seiner Unterscheidungsfähigkeit zu prüfen.

Wie wäre es damit:
a) "Die HKM berücksichtigt nur Aussagen, die falsifizierbar sind".
b) "Jesus = Gott = nicht falsifizierbar.
c) "Also ist die Bibel so zu interpretieren, als sei Jesus nur Mensch".
Du verkomplizierst das ganze mal wieder auf die closs-übliche Weise.

Wiki nannte ein simples Beispiel für einen Zirkelschluss, und der ging so:

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“

Ist das intellektuell zu anspruchsvoll oder was vestehst du daran nicht? :roll:



closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das sagt die von dir eingestellte Wiki-Definition.
Stimmt - aber meine Anschlussfrage ist: Wer entscheidet, was "wahr", "gerechtfertigt" und "gewiss" ist? Das geht doch immer nur per Voraus-Setzung, also Koordinaten-System, in dem der ganze Vorgang gesetzt wird.
Wer soll das schon anders entscheiden, als die Gruppe, die dieses Wissen deklariert.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das mit deinem Kurzzeitgedächtnis wird immer schlimmer und macht Diskussionen sehr mühsam.
Das hat nichts mit "Kurzzeitgedächtnis" zu tun, sondern mit "Hinterfragen". - Die Tatsache, dass Du etwas (mit Verlaub: manchmal materialistisch-kurzsichtig) "so" verstehst, hat doch nichts mit meinem Kurzzeitgedächtnis zu tun, wenn ich es "so" nicht akzeptiere. - Also:

Wer entscheidet, was "wahr", "gerechtfertigt" und "gewiss" ist? Das geht doch immer nur per Voraus-Setzung, also Koordinaten-System, in dem der ganze Vorgang gesetzt wird.
siehe oben

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: nur die Forschung hat den Ehrgeiz, authentische von nicht authentischem zu unterscheiden. Kanoniker wollen das gar nicht.
Doch - kanonische Forschung will wissen, was geistig authentisch ist - HKM will wissen, was quellen-technisch authentisch ist. - Beides sind ehrenhafte Versuche.
Das muss sie gar nicht untersuchen, sondern das wird doch bereits vorrausgesetzt. (Zirkelschluss).

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: sondern der reinen Vernunft geschuldet.
Was ist "Vernunft"? Eine rein anthropozentrische Größe?
Jedes ethische System wird von Menschen gemacht, auch die, die man mit göttlichem Label versieht. Das vergessen viele.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dass die Geschichten um die Geburt Jesus weitgehend Legenden und Erfindungen der Schreiber sind, ist Konsens in der Forschung.
Diesen Konsens kann es in der historisch-kritischen Forschung geben - die kanonische Forschung ist interessiert, ob etwas geistig-real ist oder eine Erfindung des Menschem. - Davon abgesehen: Die Kanoniker machen bestimmt auch ihre Fehler.
Mit welche Methode will sie das denn machen?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deine Aussage war, HKM-ler verstünden nichts von geistigen Themen wie Nächstenliebe.
Nein - das war NICHT meine Aussage.
Doch, genau so war es, hier nachlesbar:

Das ist doch gerade das "nahe Gottesreich", dass der Mensch noch heute unmittelbar geistes-real bei Gott/Jesus ist (etwa "Liebe Deinen Nächsten") - aber das sind keine HKM-Fragen - davon versteht sie nichts - und das ist wahrlich kein Vorwurf.

Also Leugnen zwecklos.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:die nicht-Falsizfizierbarkeit ist clossens größtes Steckenpferd
Diesen Begriff in aller Konsequenz zu begreifen, ist Voraussetzung von Wissenschaft (sollte man meinen). - Aber das macht man oft nicht so gerne, weil damit den materialistischen Ideologen in die Suppe gespuckt wird.
Das Spaghettimonster ist auch nicht falsifizierbar. Willst du deshalb dran glauben? :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie soll ein vernunftbegabter, humanistisch geprägter Mensch zu Beginn des 21. Jahrhunderts an solch primitiver Mythologie Gefallen finden?
Sie sind dann primitiv, wenn man selber so primitiv ist, sie nicht zu verstehen - es ist das Echo dessen, was man in den Wald hineinruft. - Das 21. Jh. ist in seinen öffentlich hörbaren Vertretern merhheitlich geistiges Prekariat.
Du verwechselst verstehen mit gutieren. So schwer zu verstehen ist christliche Myhtologie ja nun auch nicht. Das heißt aber nicht, dass man deshalb in Verklärung und Verzückung geraten muss. Im Gegenteil gibt es sehr viel Kritikpunkte und Ungereimtheiten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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