Dogmen

Rund um Bibel und Glaube
Pluto
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#81 Re: Dogmen

Beitrag von Pluto » Mi 3. Aug 2016, 11:54

closs hat geschrieben:Würdest Du Dir zutrauen zu glauben, dass alles, was ist, prinzipiell intersubjektiv nachweisbar ist?
Ja, erfahrungsgemäß ist es so.
Es ist auf jeden Fall aus Sicht der Vernunft falsch, sich Dinge vorzustellen die prinzipiell nicht messbar sind.
Überhaupt... Was wäre so ein Ding?

closs hat geschrieben:wir sind ja da, um zu erkennen. Da wäre jeder Mensch "arbeitslos".
Nein. Wir sind da, weil das Leben (auch intelligentes Leben) von keinem Naturgesetz verboten ist.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Kannst du Beispiele nennen, wo dies der Fall ist?
Wo WAS der Fall ist? Dass ein Nicht-Messbares messbar ist?
E-ben... das ist dein Problem: Du kannst es nicht.
Es ist wie der Psychologe Daniel Kaheman sagt, ein Fall von WYSIATI (What you see is all there is).
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#82 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Mi 3. Aug 2016, 12:15

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wäre es dann nicht gerade jetzt Zeit dafür, die Dogmenkiste zu entrümpeln?
Und durch neue zu ersetzen? Dass "das, was der Fall ist", prinzipiell vom Menschen intersubjektiv nachweisbar sei, ist ein universales Dogma. - Theologische Dogmen gelten nur INNER-christlich. - Der materialistische Dogmen-Anspruch ist also viel umfassender.
Kann man ja auch gelten lassen, bis zum Beweis des Gegenteils.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Andererseits hat Ratzinger ja die Vorhölle als Irrtum eingestanden und sie abgeschafft.
Falsch. - Erstens ist der Limbus kein Dogma, zweitens hat Ratzinger ihn nicht als Irrtum abgeschafft, sondern aus dem Lehramtskanon genommen (als theologische These gibt es ihn noch).
Persönlich kann ich mit solchen Chiffren nichts anfangen, aber ich verstehe, dass es sich hier um Verständnis-Modelle handelt, die ihren Grund haben.
Der Limbus ist kein Dogma, aber ergibt sich unmittelbar aus ihnen.

"Der Limbus ist eine theologische Spekulation, die sich aus den Dogmen der Kirche zu Themen wie Sünde, Erbsünde, Erlösung und Taufe ergibt und „allgemeine katholische Lehre bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts“ war.

Man unterscheidet

1. den limbus patrum. Dies sei der Ort für die Seelen der verstorbenen Gerechten des Alten Bundes aus der Zeit vor der Geburt Jesu Christi, also z. B. der biblischen Propheten wie Mose und Abraham. Christus habe bei seinem Abstieg in die Unterwelt die Gerechten im limbus patrum daraus befreit, weshalb heute niemand mehr im limbus patrum sei.
2. den limbus puerorum (auch: limbus infantium). Dies sei der Ort für die Seelen der ungetauft verstorbenen Kinder, die nicht zum Vernunftgebrauch gelangten und sich damit auch keiner Sünde schuldig machten, also zum Zeitpunkt des Todes nur der Schuld der Erbsünde unterlagen. Dies aber nur in dem Fall, dass es für sie nicht noch einen eigenen Heilsweg gibt, den nur Gott allein kennt und der der Kirche nicht offenbart worden ist."

Quelle: Wikipedia

Was menschliche Gehirne sich so alles ausdenken. :roll:

"Benedikt XVI. soll die Abwendung von der Lehre des limbus puerorum bereits vor seiner Wahl zum Papst im Sinn gehabt haben. Die britische Tageszeitung Times zitiert seinen Bericht zur Lage des Glaubens von 1985 („Ratzinger-Report“): „Ich persönlich würde es aufgeben, da es immer nur eine Hypothese war.“
Quelle: Wikipedia

Dieser Hypothesenlogik folgend müßte Ratzinger gleich das komplette Glaubenskonstrukt aufgeben, das eine einzige Hypothese ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#83 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Mi 3. Aug 2016, 12:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es ist schwer, diese Prägung wieder aus den Köpfen der Kinder raus zu kriegen.
Sie soll ja drin bleiben - der Mensch braucht eine Grundlage, auf der er sich geistig entwickeln kann. .
Aber diese Grundlage muss man den Menschen erst eintrichtern, Stichwort: Sozialisation

"Noch heute indes kommt niemand mit einer Idee von "Gott" zur Welt, jedes Kind weiss nichts vom "lieben Himmelsvater", bis es Leute beschwätzen, die genausowenig davon wissen."
(Karlheinz Deschner)
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#84 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Mi 3. Aug 2016, 13:19

Pluto hat geschrieben:Ja, erfahrungsgemäß ist es so.
Logisch - im Sinne der naturwissenschaftlichen Empirie ist das so. Es kann gar nicht anders sein, weil die NAturwissenschaft genau für dieses Segment zuständig ist.

Pluto hat geschrieben:Es ist auf jeden Fall aus Sicht der Vernunft falsch, sich Dinge vorzustellen die prinzipiell nicht messbar sind.
Vernunft ist nicht Sklave des Naturalismus.

Pluto hat geschrieben:E-ben... das ist dein Problem: Du kannst es nicht.
Das ist weder MEIN Problem noch überhaupt ein Problem. Wie sollte man etwas naturalistisch-empirisch nachweisen können, das gerade dadurch definiert ist, dass es nicht naturalistisch-empirisch sein KANN?

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Halman
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#85 Re: Dogmen

Beitrag von Halman » Mi 3. Aug 2016, 13:24

Pluto hat geschrieben:"Liberal" bedeutete noch vor 100 Jahren, Toleranz und Freiheit. Heute scheint das Wort eine negative Deutung zu besitzen. Die Liberalen regieren die Welt und "stehlen" von den Armen.
Ist das ein Wunder angesichts der neoliberalen Inhumanität, die sich ausbreitet?

Pluto hat geschrieben:Der Begriff "Dogma" hat sich hingegen kaum verändert. Er war schon immer der Inbegriff für eine "unumstößliche Wahrheit" und wurde auch so durch die Kirchen verstanden. Der Begriff ist aber in den letzten Jahren immer mehr zum Symbol für Sturheit und Unbeweglichkeit geworden (=> Betonköpfe).
Prof. Dr. Thomas Schwartz hatte dies Prof. Dr. Harald Lesch allerdings anders erklärt. Die Definition laut Bibelwissenschaft lautet:
Die Bezeichnung von Dogmen als Offenbarungen Gottes selbst ist heikel, weil es sich um von Menschen diskursiv erschlossene Sprachregelungen handelt. Am Beispiel des trinitarischen und des christologischen Dogmas lässt sich sagen, dass sie optimal bewährte Hypothesen sind: Angesichts einer überaus beeindruckenden Problemgeschichte sind treffendere und konsensorientiertere Formulierungen nicht zu erwarten, zugleich ist damit klar, dass Dogmen zum menschlichen Antwortverhalten auf die Offenbarung gehören. Wo sie zum rechten Dienst an Gott führen, erschließt sich ihre Wahrheit. Sie werden also von der wirksamen Gegenwart des Geistes Gottes in die Wahrheit geführt, die Gott selbst ist.
Was meinst Du dazu?

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Spins sind messbar.
Wie schön - was sagt das darüber aus, was alles der Fall ist? - Außerdem ging es hier um etwas ganz Anderes: Nämlich dass ein Nicht-Experte sich keine angemessene Meinung bilden kann.
Ich bin überzeugt, dass wir nicht alles von der Welt wissen können. Dann ist es wichtig die eigene Fantasie in Schach zu halten und nicht von den unendlichen Möglichkeiten des Seins zu reden, sondern mit klarem Kopf zu sagen: "Ich weiß es nicht."
Ich bin aber auch davon überzeugt, dass alles was in der Welt ist (wie Röntgenstrahlen oder dunkle Materie), prinzipiell durch die Wissenschaft erforschbar ist, WEIL es messbare Spuren hinterlässt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Oh doch.
Nein - es steht nicht in unserer Macht zu bestimmen, was der Fall ist und was nicht.
Doch. Alles was ist, ist auch prinzipiell messbar.
Ja, indirekt ist Dunkle Materie über die Gravitation messbar, aber sie ist so wechswelwirkungsarm, dass sie vollkommen transparent ist. Wenn Du magst, höre doch mal selbst an zwei Stellen im Vortrag von Prof. Christoph Wetterich rein:
- 5m:8s
- 22m:35s
Der größte Teil des Universums bleibt hinter dem kosmologischen Ereignishorzont verborgen. Eine weitere Beobachtungsgrenze stellt der Teilchenhorizont dar.
Also, dass ALLES, was IST, auch zwingend messbar ist, halte ich für eine recht optimistische Einschätzung. Bezogen auf das Universum als Ganzes stimmt es genaugenommen nicht. Und es könnte sein, dass es verborgene Extradimensionen gibt, die prinzipiell nicht messbar sind.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#86 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Mi 3. Aug 2016, 13:29

sven23 hat geschrieben:Kann man ja auch gelten lassen, bis zum Beweis des Gegenteils.
Immer wieder derselbe selbst-immunisierende Zirkelschluss:
"Wir definieren, dass alles, was ist, naturalistisch-empirisch nachweisbar sein muss. Solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, gilt dies" alias
"Erst wenn jemand nachweist, dass ein Nicht-Naturalistisch-Empirisch-Nachweisbares" naturalistisch-empirisch nachweisbar ist, nehmen wir Abstand von unserem Dogma" - so gesehen wirst Du nie von Deinem Dogma Abstand nehmen müssen. - "Kreise sind nur solange rund, bis nachgewiesen ist, dass auch Viereckt rund sind". :lol:

Nochmal: Das ist Dogmatismus vom Feinsten und aufgrund seines universalen Anspruchs (Du setzt ihn ja im Gegensatz zur RKK nicht nur innerhalb Deiner Glaubensgemeinschaft, sondern universal) ein Riese gegenüber den RKK-Dogmen, die dagegen geradezu harmlos sind.

sven23 hat geschrieben:Dieser Hypothesenlogik folgend müßte Ratzinger gleich das komplette Glaubenskonstrukt aufgeben, das eine einzige Hypothese ist.
Hypothesen sind logische Aussagen aufgrund von Setzungen/Modellen - das ist normal. - Ratzinger meint, dass in diesem Fall die spezielle Setzung nicht ausreichend ist. - Das ist sowohl in Wissenschaft als auch in der Theologie normal.

sven23 hat geschrieben:Aber diese Grundlage muss man den Menschen erst eintrichtern, Stichwort: Sozialisation
Jede Kultur "trichtert" ein Umfeld ein. - Heute wird naturalistisch-materialistisch getrichtert. - Auch das ist normal.

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#87 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Mi 3. Aug 2016, 13:36

closs hat geschrieben: Nochmal: Das ist Dogmatismus vom Feinsten und aufgrund seines universalen Anspruchs (Du setzt ihn ja im Gegensatz zur RKK nicht nur innerhalb Deiner Glaubensgemeinschaft, sondern universal) ein Riese gegenüber den RKK-Dogmen, die dagegen geradezu harmlos sind.
Sagen wir mal so: man hatte ja jetzt ein paar tausend Jahre Zeit, mal irgendwas Klitzekleines vorzulegen, das die Theorie stützen könnte. Irgendwann muss es auch mal gut sein.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dieser Hypothesenlogik folgend müßte Ratzinger gleich das komplette Glaubenskonstrukt aufgeben, das eine einzige Hypothese ist.
Hypothesen sind logische Aussagen aufgrund von Setzungen/Modellen - das ist normal. - Ratzinger meint, dass in diesem Fall die spezielle Setzung nicht ausreichend ist. - Das ist sowohl in Wissenschaft als auch in der Theologie normal.
Na ja, wenn Ratzinger meint, dass ungetaufte Kinder ab jetzt direkt ins Paradies kommen, dann muss das wohl stimmen. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber diese Grundlage muss man den Menschen erst eintrichtern, Stichwort: Sozialisation
Jede Kultur "trichtert" ein Umfeld ein. - Heute wird naturalistisch-materialistisch getrichtert. - Auch das ist normal.
Wenn alles normal ist, warum regst du dich dann so auf. :roll:
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#88 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Mi 3. Aug 2016, 13:51

sven23 hat geschrieben:man hatte ja jetzt ein paar tausend Jahre Zeit, mal irgendwas Klitzekleines vorzulegen
Alles da.

sven23 hat geschrieben:Wenn alles normal ist, warum regst du dich dann so auf.
Ich rege mich dann auf, wenn etwas im Widerspruch mit sich selbst ist. - In diesem Sinne ist der naturalistische Materialismus eine Selbstlüge, wenn er seine eigene Dogmatik ignoriert.

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#89 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Mi 3. Aug 2016, 14:10

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:man hatte ja jetzt ein paar tausend Jahre Zeit, mal irgendwas Klitzekleines vorzulegen
Alles da.
Aber natürlich immer so, dass es keiner sieht und nachweisen kann. Eine recht bequeme "Beweisführung".

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn alles normal ist, warum regst du dich dann so auf.
Ich rege mich dann auf, wenn etwas im Widerspruch mit sich selbst ist. - In diesem Sinne ist der naturalistische Materialismus eine Selbstlüge, wenn er seine eigene Dogmatik ignoriert.
Oder er ist einfach das Naheliegendste, weil er sich auf das gründet, was beobachtbar, was "der Fall" ist. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#90 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Mi 3. Aug 2016, 14:13

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ist es dann sinnvoll zu sagen: du sollst dir kein Bildnis machen?
Damit ist eher gemeint: Du sollst kein Wahrnehmungs-Bild mit Gott verwechseln -

"Das Erste Gebot, man solle sich kein Bild von IHM machen, muss wohl vor allem als Berufsverbot für Theologen verstanden werden."
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