Und diese Fachleute publizieren bisweilen, man müßte es halt nur mal lesen. Es war in der Antike durchaus üblich, unter einem bekannten Namen zu schreiben, wenn man von seinem Ruf profitieren wollte.closs hat geschrieben:Das kann ganz anders begründet sein - da müsste man Leute wie Tiedje (?) fragen. - Plagiate waren nicht zu allen Zeiten ein no-go - es kann auch als Verneigung vor einem großen Vorbild verstanden werden (siehe heute: China). Aber wie gesagt: Dazu gibt es Fachleute.sven23 hat geschrieben:. Die Verfassernamen der Evangelien sind zumindest arglistige Täuschung.
Die Schreiber der Evangelien haben aber anonym geschrieben. Die Namenszuordung war eine Idee der späteren Kirche, um den Eindruck zu erwecken, es handele sich um Apostel, also Augen- und Ohrenzeugen. Das waren sie aber definitiv nicht, weshalb man hier schon von einer Täuschungsabsicht sprechen muss. Und die Täuschung hält bis heute an, wenn man dies nicht offen kommuniziert. (Conzelmann läßt wieder mal grüßen)
Genau das sind sie ja in vielen Punkten nicht. Was meinst du, warum das Nietzsche so auf die Palme bringt?closs hat geschrieben:Kann ich nicht mitreden. - Viel wichtiger: Es ist irrelevant. Denn die eigentliche Frage ist, ob die Texte, die da mit Paulus oder Cunnilingus oder Anonymus geschrieben sind, geistig mit Jesus kohärent sind.sven23 hat geschrieben:Selbst Paulus als historische Person ist umstritten.
Die Forschung hat nun mal große Differenzen zwischen Jesu Lehre und der des Paulus ausgemacht.
Mag sein, dass es schon bei Jesus eine gewisse Diesseitsverachtung gab, aber Paulus hat sie mit seiner Kreuzestheologie auf die Spitze getrieben.closs hat geschrieben:"Verschieben" unterstellt, dass dies eine Änderung gegenüber Jesu Auffassung sei - wie will man das per HKM ermitteln?sven23 hat geschrieben:Nietzsche kritisierte, dass Paulus den Scherpunkt seiner Theologie ins Jenseits verschob.
"Es gab eine Vielzahl von Meinungen und Philosophien, wie es auch eine bunte Vielfalt an religiösen
Kulten gab, die sich in der Regel gegenseitig akzeptierten und tolerierten.
Der Siegeszug des Christentums hat dem allen ein Ende gesetzt. Viele Kirchenväter verachteten die
antike, heidnische Bildung und beschworen den Glauben statt der Vernunft. Sie sorgten dafür, dass
die alten Kulte verboten, ihre Kultstätten geschleift, die Priesterschaften vertrieben und Götterstatuen
geköpft wurden. Unersetzliche Werke heidnischer Schriftsteller wurden alleine schon dadurch
vernichtet, dass sie nicht mehr kopiert wurden. Das Christentum mit seiner Diesseitsverachtung und
religiösen Rechthaberei hat der antiken Kultur, die eine überaus reiche und vielseitige Kultur war,
vielleicht mehr den Todesstoß versetzt als die üblicherweise hierfür verantwortlich gemachten
Germanenhorden oder die vielbeschworene spätrömische Dekadenz. Rolf Bergmeier jedenfalls
erkennt im Christentum den Hauptgrund für den Untergang der antiken Bildung und Kultur.
Nur in einer solcherart geistig entvölkerten Kultur, einem Tal der geistesgeschichtlichen
Entwicklung des Abendlands, konnte die Theologie die Königin der Wissenschaften werden.
Ausgelacht hätte man im ersten Jahrhundert noch jeden, der diesen Anspruch ernsthaft im Namen
dieses Ablegers des Judentums erhoben hätte, so wie man Paulus (wenn die Geschichte historisch ist;
vermutlich nicht) in Athen ausgelacht hat, als er sein Evangelium vom unbekannten Gott unter die
Leute bringen wollte. „Den Griechen eine Torheit“ (1. Kor 1,23), so beschreibt Paulus selbst treffend
die Resonanz, die eine Lehre auf die gebildeten Schichten haben musste, die einer der vielen
umlaufenden Mysterienreligionen viel zu ähnlich sah, als dass man sie ernst nehmen konnte. Gebildete
rümpften die Nase über die religiöse Niveaulosigkeit, die von Christen hier angepriesen wurde; man
war Besseres gewohnt. Doch nach den langen Jahrhunderten geistiger Trockenheit, die auf die
Spätantike folgten, und wo selbst findige Historiker Mühe haben, Vertreter von Geistigkeit und
höherer Bildung namhaft zu machen, war der Erwartungshorizont so herabgesetzt, dass die Theologie
auch als Aschenputtel den Schönheitspreis gewann. Wenn die Sonne tief steht, werfen auch Zwerge
lange Schatten."
Kubitza, Der Dogmenwahn
Und schon hat Kubitza wieder Recht:closs hat geschrieben:Andersrum: Der geistig folgerichtige Jesus (so viele Möglichkeiten gibt es da nicht) muss auch der reale, also historische gewesen sein. -sven23 hat geschrieben:Weil du den Fehler der meisten Gläubigen machst und den biblischen, verkündeten Jesus mit dem historischen gleichsetzt.
"Erneut begegnet uns der Zirkelschluss, die beliebteste logische Operation in der Theologie."
Ich weiß, alle, die die alten Texte nicht mit verklärten Augen lesen, sind säkular verdorben.closs hat geschrieben:Dieses Medium erweckt nicht den Eindruck, fundamental-theologisch firm zu sein. - Ich tippe auf einen verweltlichten Theologie-Strang, dem es entspringt.sven23 hat geschrieben:Quelle: Glauben&Wissen

Zum Glück geht die Forschung da neutraler ran.
Also erstens kann eine Methode nichts verkünden, höchstens die Theologen, die diese Methode anweden, und zweitens kann man den Terminus "Kerygma" auch mal googeln, um dann festzustellen, dass er überhaupt nichts mit der historisch-kritischen Methode zu tun hat.closs hat geschrieben:Weil es ein säkular-methodisches Evangelium verkündet.sven23 hat geschrieben:Und was hat die historisch-kritische Methode mit dem Kerygma zu tun?
Wo vertritt Kubitza die Flucht ins Kerygma? Er kritisiert sie doch.closs hat geschrieben:Da trifft er einen empfindlichen Punkt, der ihn aber selbst mit am meisten trifft.sven23 hat geschrieben:Übrigens spricht Kubitza von "Flucht ins Kerygma".

So wie hier "geistig" immer dargestellt wird, kann man sogar zustimmen. Geistig ist hier das Gegenteil von intellektueller Vernunft und Klarheit.closs hat geschrieben:Ich gebe Dir insofern recht, dass man "intellektuell" und "geistig" klar unterscheiden sollte. - Es wäre unredlich, beides zu vermischen.Münek hat geschrieben: Nur eine solche Vorgehensweise entspricht dem Gebot der "intellektuellen Redlichkeit".
