Alles Teufelszeug? III

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#671 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Fr 22. Jul 2016, 00:20

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wie die historischen Forschungsergebnisse rezipiert werden, dürfte die Wissenschaftler wenig interessieren.
Das macht nichts, wiewohl die HKM schon daran interessiert sein sollte, wie ihre Vorarbeit eingesetzt wird.
Warum sollte sie an der Rezeption interessiert sein? Jeder Mensch, ob Laie oder Theologe, ob Christ oder Nichtgläubiger kann die hervorragenden Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese in sein Weltbild ganz oder teilweise oder gar nicht integrieren.

Das ist letztendlich eine Frage der intellektuellen Redlichkeit, des persönlichen Glaubens oder der (nicht eingestandenen) Selbsttäuschung.
Also: Jedem das Seine (für die Süddeutschen: suum cuique).

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ach so, In der historischen Jesusforschung soll man Jesus aus dem Spiel lassen. Sag das mal Theißen und Co, die kriegen einen Lachkrampf.
Man soll ihn dann aus dem Spiel lassen, wenn man sich nicht den Grundlagen seiner Interpretationen bewusst ist.
Es sind ja gerade Deine höchst laienhaften, aus der Luft gegriffenen haltlosen Unterstellungen, die die exegetische Theologenzunft - erführe sie davon - zu Lachkrämpfen oder einem Schmunzeln hinreißen würden. Du möchtest über etwas mitreden, wovon Du letztendlich keine Ahnung hast.

Das Studium theologischer Fachlektüre, das Dich in den Stand setzen könnte, WIRKLICH kompetent mitzureden, lehnst Du ab.

closs hat geschrieben: - Natürlich soll man ihn aus den Quellen heraus thematisieren, aber fair.
Der Begriff "fair" ist in der Wissenschaft ein UNWORT und deshalb hier deplaciert.

closs hat geschrieben:Fair wäre:
a) HKM: "Das wäre Jesus, wenn er nur Wanderprediger gewesen wäre".
b) kanonische Exegese: "Das wäre Jesus, wenn er Gottes Sohn/Gott gewesen wäre.

a) und b) liegen jeweilige Glaubensentscheide zugrunde: Bei a) methodisch, bei b) bewusst.
Der methodologische Naturalismus trifft keine Glaubensentscheide. Solcher esoterischer Kokolores ist ihm fremd. Wenn es konkrete Anhaltspunkte
für die Existenz Jahwes gäbe, würde dies sicherlich auch in der Wissenschaft angemessene Berücksichtigung finden. Da kannst Du sicher sein. Diese Anhaltspunkte gibt es aber nicht.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:es wäre das Ende der historisch-kritischen Jesusforschung.
Wenn man die Karten offenlegt, ist es weder in die eine oder die andere Richtung ein Rückschritt.
Hier ist nicht von RÜCKSCHRITT die Rede, sondern vom ENDE der kritischen, nicht dogmatisch gefesselten, wissenschaftlichen Bibelforschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ratzinger und Berger können nicht nachweisen, dass die Methode falsch oder "undiszipliniert" angewendet wird.
Moment: Die Methode selber kann nichts dafür. - Die Menschen ziehen undisziplinierte Schlüsse aus ihrer Methodik, weil sie sie überdehnen. Allerdings hat das System: Man will Weltanschauung als Wissenschaft verkaufen.
Die neutestamentlichen Wissenschaftler ziehen mitnichten "undiziplinierte Schlüsse aus ihrer Methodik". Sie ziehen überhaupt keine (zumindest keine "geistigen") Schlüsse, sondern präsentieren ruhig und sachlich ihre wissenschaftlichen Forschungsergebnisse. Deine Aufgeregtheit teilen sie nicht.
closs hat geschrieben:Das tut die RKK ebenfalls - aber sie gibt es zu. -

Du scheinst ein verklärtes, unrealistisches Bild von der "katholischen Kirche" zu haben.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#672 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Fr 22. Jul 2016, 01:34

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:zu a: die Forschung muss überhaupt nichts setzen
Du scheinst ehrlich nicht zu verstehen, dass die HKM im Fall Jesus methodisch präjudiziert. - Das ist wirklich tragisch, weil Dir dann überhaupt nicht die Tragweite der Problematik bewusst werden kann.

Da wird überhaupt nichts methodisch präjudiziert. Theologen verrichten lediglich professionell und unideologisch ihre Arbeit. Punkt!

Von welchen Problemen spricht Du? Etwa von Deinen? 8-) Die neutestamentliche Forschung versucht, historische Geschehnisse so gut es geht zu rekonstruieren. Angebliche "himmlische Einflüsse" darf sie dabei selbstverständlich nicht in Betracht ziehen. Das ist nun mal so. Damit musst Du Dich abfinden. Etwas anderes zu erwarten, wäre naiv-kindlich.


Es gibt keine Probleme - außer Du schaffst sie Dir selbst.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das tut ja die kanonische Exegese und "beweist" damit das, wats sie vorher gesetzt hat.
Ja - die kanonische Exegese präjudiziert genauso. - Aber sie "beweist" nicht, dass Jesus "Gottes Sohn"/Gott ist, sondern belegt ihre Annahme, dass Jesus "Gottes Sohn/Gott ist.
Sie "belegt" ihre Annahme ja NICHT, weil sie es nämlich NICHT KANN. Sie unterstellt und sie glaubt lediglich. Das ist natürlich mehr als schwach. Glauben und unterstellen kann man bekanntlich alles - je nach Fantasie, der keine Grenzen gesetzt sind... :)

Immer wieder dasselbe fundamentlose Wortgeklingel. Ergo: Im Westen nichts Neues. :)

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#673 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Fr 22. Jul 2016, 04:05

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die Karawane zieht weiter.
Ist sie schon. - So wie Du klingst, gibt es zwei Karawanen.
Mag sein. Aber Deine Glaubens-Karawane verharrt im erstarrten Dogmatismus. Stillstand. Diese Karawane zieht gewiss nicht weiter.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#674 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Fr 22. Jul 2016, 06:34

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:zu a: die Forschung muss überhaupt nichts setzen
Du scheinst ehrlich nicht zu verstehen, dass die HKM im Fall Jesus methodisch präjudiziert. - Das ist wirklich tragisch, weil Dir dann überhaupt nicht die Tragweite der Problematik bewusst werden kann.
Nein, sie muss nichts setzen. Du könntest auch behaupten, die Forschung müsse setzen, dass Göttervater Zeus wirklich existiert, wenn sie die griechische Mythologie untersucht. Das ist natürlich Unsinn.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das tut ja die kanonische Exegese und "beweist" damit das, was sie vorher gesetzt hat.
Ja - die kanonische Exegese präjudiziert genauso. - Aber sie "beweist" nicht, dass Jesus "Gottes Sohn"/Gott ist, sondern belegt ihre Annahme, dass Jesus "Gottes Sohn/Gott ist.
Beweisen oder belegen ändern nun wirklich nichts an dieser zirkelreferenten Annahme. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ist es ein undisziplinierter Schluss, wenn man z. b. den herodischen Kindermord als unhistorisch entlarvt hat?
Nein, das nicht. - Wobei Deine Aussage trotzdem undiszipliniert ist - denn: Es müsste heißen "dass es nach heutigem Quellenstand den herodische Kindermord nicht gibt".
Meinetwegen, was aber im Grunde auf das Gleiche hinausläuft: es gab diesen Kindermord nicht. Und diese Rückprojektion ist ein Muster, das man immer wieder im NT, aber auch im AT, findet.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die kanonische Exegese dagegen geht von der Inspiriertheit und Irrtumslogiskeit der Schrift aus und hält demzufolge den herodischen Kindermord für historisch.
Wenn sie das tut, macht sie aus meiner Sicht etwas falsch (ich müsste es aber überprüfen, da üblicherweise die RKK falsch interpretiert wird - aber es kann trotzdem gut sein, was Du sagst). - Also: Wenn eine Überprüfung bestätigen würde, dass die RKK wirklich den herodischen Kindermord programmatisch (!!) für historisch hält, ist das für mich indiskutabel - sie sollte sich mit der Bibel-Substanz beschäftigen und dazu bei Bedarf die HKM miteinbeziehen.
Das ist ja nur ein kleiner Puzzlestein, der wie viele andere die weitgehende Nicht-Historizität der biblischen Berichte widerspiegelt. Es handelt sich oft um Rückprojektionen christlicher Schreiber, die ihre jeweiligen aktuellen Sichtweisen in die Zeit Jesu zurückprojizieren. So wird z. B. der Konflikt Judentum vs. Christentum, der sich aus der Missionierungsunwilligkeit der Juden speist, in die Zeit Jesu zurückprojiziert und zu einem übertriebenen Konflikt Judentum vs. Jesus stilisiert, der letzlich in dem angeblichen "Verrat" der Juden an Jesus gipfelt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Berger gibt also zu, dass die historisch-kritische Methode sowohl in der evangelischen wie auch in der katholischen Theolgie die Standardmethode der Bibelexegese ist.
Deskriptiv schon. - Aber das ist doch kein Quätssiegel - das sagt doch nichts inhaltlich aus.
Berger könnte sich ja mal selbstkritisch fragen, warum das so ist. "Ich bin hier der Exeget" ist auch kein Qualitätssiegel.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nun hat aber die Methode die "unangenehme" Nebenwirkung, ergebnisoffen zu sein
Genau das ist sie nicht - und genau das ist das Problem.
Selbstverständlich ist sie ergebnisoffen, sonst hätte sich die HKM nicht als Standardmethode etablieren können.
Nur wie gesagt, was anfangs gut gemeint war, verkehrte sich ins Gegenteil. Das Unangenehme für die Kirche ist, dass der Wolf im Schafspelz aus dem eigenen Haus kommt. Aber das ist der Preis dafür, wenn man als Theologie den Fuss in den Universitäten behalten will.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#675 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Fr 22. Jul 2016, 07:06

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Kurt, gibt Dir doch nicht so viel Mühe - es ist doch Zwecklos.
Mein Glaube an die Aufklärung ist halt manchmal blind für Machbares - danke für Deinen Hinweis.
Dann könnt ihr vielleicht verstehen, was Münek und meine Wenigkeit hier durchmachen. :lol:

closs hat geschrieben: 1) Ist es verwunderlich, dass die Bibelwissenschaft in Theologie und Kirche mehr und mehr an Einfluss verliert?
Genau das beobachte ich auch.
Vor allem lebt die Kirche immer noch davon, dass die Ergbnisse der historischen Jesusforschung in ihr nicht publik sind. (Conzelmann läßt immer noch grüßen)

closs hat geschrieben: 4. Kein ernst zu nehmender Bibelwissenschaftler würde heute noch ein Leben Jesu schreiben wollen. Eine Biographie oder ein Psychogramm Jesu von Nazareth scheitert zunächst an der Spärlichkeit der Quellen. Als primäre Quellen hätten wir dafür die Evangelien und als sekundäre Quellen Hinweise bei Tacitus, Sueton und vielleicht bei Flavius Josephus. Das eigentliche Problem sind aber die Evangelien selbst, die keine historischen Berichte über die Vita Jesu sein wollen.[/b][/i]
Genau das sagt Theißen oder die Forschung generell. Die Evangelien waren zu Beginn als Glaubenspropagandaschriften konzipiert, sie waren- wie Kubitza formuliert- als religiöse Erbauungstexte angelegt, und keinesfalls als historische Tatsachenberichte gedacht. Die Konvertierung in Historizität ist ein späteres christliches und kirchliches Produkt.
Dazu gehört z. B. auch der in den Josephusbericht hineingefälschte Text, der wohl christliche Autoren hat.

closs hat geschrieben: 5. Er fragt nicht: Was können wir mit den Mitteln der historischen Forschung einigermaßen sicher über den historischen Jesus wissen, und wie kommen wir von diesem historischen Jesus zum Glauben an den Christus? Er fragt vielmehr: Worin konvergieren die vielfältigen Zeugnisse der Evangelien über Jesus, und ist dieses Glaubenszeugnis mit der geschichtlichen Gestalt Jesu historisch plausibel?
Hier widerspricht sich Zenger. Wenn man wissen will, ob die Evangelien zu dem historischen Jesus plausibel sind, muss man versuchen, sich diesem historischen Jesus auch historisch-kritisch zu nähern. Wie sonst will er das bewerkstelligen?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#676 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Fr 22. Jul 2016, 07:58

Münek hat geschrieben:Warum sollte sie an der Rezeption interessiert sein?
Weil in der wissenschaftlichen Weiterverarbeitung in anderen Disziplinen erst sachgerecht interpretiert wird. - Hier reine Sachanalyse - dort geistige Umsetzung. - Eine Automechaniker ist doch daran interessiert, wie das Auto auf der Strecke läuft, oder nicht?

Münek hat geschrieben:Du möchtest über etwas mitreden, wovon Du letztendlich keine Ahnung hast.
Solche Provokationen kannst Du Dir langsam sparen - versuche zu erkennen, dass die HKM in einem Gesamt-Kontext eingebaut ist, den es zu erkennen gilt. - Mir sind die Details innerhalb der HKM nicht (mehr) geläufig, aber deren Rahmenbedingungen. - Um diese geht es.

Münek hat geschrieben:Der methodologische Naturalismus trifft keine Glaubensentscheide.
Doch - und genau das scheinst Du nicht zu raffen. - Natürlich tut er dies im einzelnen Wissenschaftler oft nicht bewusst ("Ich glaube, dass ..."), aber er tut es methodologisch ("Solange nicht nachgewiesen ist, dass Jesus Gottes Sohn/Gott ist, ist er als einfacher Wanderprediger zu interpretierten").

Münek hat geschrieben:Wenn es konkrete Anhaltspunkte für die Existenz Jahwes gäbe, würde dies sicherlich auch in der Wissenschaft angemessene Berücksichtigung finden. Da kannst Du sicher sein.
Es gibt konkrete Anhaltspunkte genug, welche aber methodologisch überhaupt keine Berücksichtigung finden KÖNNEN.

Münek hat geschrieben:Hier ist nicht von RÜCKSCHRITT die Rede, sondern vom ENDE der kritischen, nicht dogmatisch gefesselten, wissenschaftlichen Bibelforschung.
Insofern wäre Dein Dogma, dass Wissenschaft nur dann undogmatisch von Gott sprechen kann, wenn es ihn nicht gibt. - Immer wieder geil.

Münek hat geschrieben:Du scheinst ein verklärtes, unrealistisches Bild von der "katholischen Kirche" zu haben.
Dazu ist sie mir zu fern. - Aber ich muss ihr zubilligen, dass sie in die Tiefe hinein rationaler denkt als unsere oberflächliche neuzeitliche Aufklärung.

Münek hat geschrieben:Da wird überhaupt nichts methodisch präjudiziert.
Du erkennst das Problem nicht und kannst deshalb im Brustton der Überzeugung tönen.

Münek hat geschrieben:Sie "belegt" ihre Annahme ja NICHT
Natürlich tut sie das - allerdings unter anderen Voraussetzungen als die HKM.

Münek hat geschrieben:Stillstand. Diese Karawane zieht gewiss nicht weiter.
Hast Du nicht Halmans eingestellte Texte (hier von Zenger) gelesen? - Zur Erinnerung:
"Ist es verwunderlich, dass die Bibelwissenschaft in Theologie und Kirche mehr und mehr an Einfluss verliert?"
"Kein ernst zu nehmender Bibelwissenschaftler würde heute noch ein Leben Jesu schreiben wollen".
"Die kanonische Methode gründet im spezifischen Charakter der Bibel selbst und ist so alt wie die Bibel selbst. -Deren Vernunftgemäßheit ließe sich m.E. gut vom Wahrheitsbegriff der Hebräischen Bibel her entwickeln".

Die Musik spielt heute ganz wo anders. - Durch das eigene laute Tönen hört man sie nur nicht.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#677 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Fr 22. Jul 2016, 08:24

sven23 hat geschrieben:Dann könnt ihr vielleicht verstehen, was Münek und meine Wenigkeit hier durchmachen. :lol:
Hier leiden beide Seiten ;) - was bezeichnend ist. - Denn (siehe anderer Thread): "Was ist Aufklärung?"

sven23 hat geschrieben:Vor allem lebt die Kirche immer noch davon, dass die Ergbnisse der historischen Jesusforschung in ihr nicht publik sind.
Das ist eine Verkennung der Lage - eine eklatante Selbstüberschätzung der säkularen Bibelforschung.

sven23 hat geschrieben:keinesfalls als historische Tatsachenberichte gedacht
Es gibt damals keine Geschichtsschreibung in unserem Sinne - für damalige Zeiten handelt es sich um eine erstaunlich geschichtsnahe Werbeschrift. - Des weiteren verstehst Du (allerdings auch ein Teil innerhalb der Kirche) den Begriff "Historizität" falsch: Mit Historizität ist nicht historische Detail-Wahrheit gemeint, sondern dass die Jesusgeschichte an sich stattgefunden hat und "Gott in Jesus" nicht nur Chiffre, sondern Geschehenes ist. - Also nicht NUR Chiffre, sondern real geschehene Wirklichkeit.

sven23 hat geschrieben:Wenn man wissen will, ob die Evangelien zu dem historischen Jesus plausibel sind, muss man versuchen, sich diesem historischen Jesus auch historisch-kritisch zu nähern. Wie sonst will er das bewerkstelligen?
Ich habe versucht, dies mit dem Unterschied zwischen Maurer ("Da sind Steine - mal sehen, was man damit bauen kann") und Architekt ("Es gibt ein Gebäude im Kopf - mal sehen, wie die Steine dazu passen").

sven23 hat geschrieben:Nein, sie muss nichts setzen. Du könntest auch behaupten, die Forschung müsse setzen, dass Göttervater Zeus wirklich existiert
Ist die Setzung "Die Forschung muss setzen, dass man nur dann über Gott wissenschaftlich sprechen kann, wenn es ihn NICHT gibt" einen Deut besser? - Deshalb doch meine Forderung: Da das eine wie das andere eine Setzung ist, sollte man beides modellhaft durchspielen.

sven23 hat geschrieben:Beweisen oder belegen ändern nun wirklich nichts an dieser zirkelreferenten Annahme.
Aber das gilt doch für die HKM genauso (zumindestens für DEN Teil der HKM, der über die reine Sacherläutertung hinaus interpretiert).

sven23 hat geschrieben:So wird z. B. der Konflikt Judentum vs. Christentum, der sich aus der Missionierungsunwilligkeit der Juden speist, in die Zeit Jesu zurückprojiziert und zu einem übertriebenen Konflikt Judentum vs. Jesus stilisiert, der letzlich in dem angeblichen "Verrat" der Juden an Jesus gipfelt.
Rein historisch ist das natürlich Quatsch, weil Jesus selber Jude war. - Aber darum geht es in der seriösen Theologie nicht.

Dort geht es darum, dass das "auserwählte Volk" seine Auserwähltheit von sich weist und dadurch "vom Jäger zum Gejagten" wird. Das ist übrigens NICHT meine persönliche Sprache, aber ich verstehe sie. - Nach MEINEM Duktus müsste es heißen: Der Weg zum Erkennen führt über das Stirb und Werde - aber das wäre jetzt eine dialektische Diskussion, die hier nichts zu suchen hat.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#678 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Fr 22. Jul 2016, 10:50

closs hat geschrieben:Ist die Setzung "Die Forschung muss setzen, dass man nur dann über Gott wissenschaftlich sprechen kann, wenn es ihn NICHT gibt" einen Deut besser? - Deshalb doch meine Forderung: Da das eine wie das andere eine Setzung ist, sollte man beides modellhaft durchspielen.
Man kann göttliche Einflussnahme untersuchen, aber diese mus zunächst einmal da sein.
Die Wissenschaft forscht ergebnisoffen. Sollte sich jemals eine göttliches Wirken als notwendig erweisen, wird die Wissenschaft dies ggf. berücksichtigen. Bisher war dies aber nicht notwendig. Es ging immer ohne die Annahme einer göttlichen Intervention.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Beweisen oder belegen ändern nun wirklich nichts an dieser zirkelreferenten Annahme.
Aber das gilt doch für die HKM genauso (zumindestens für DEN Teil der HKM, der über die reine Sacherläutertung hinaus interpretiert).
Zum Beispiel?
Wo und wann geht die HKM über die reine Sachinterpretation hinaus?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#679 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Fr 22. Jul 2016, 10:54

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der methodologische Naturalismus trifft keine Glaubensentscheide.
Doch - und genau das scheinst Du nicht zu raffen. - Natürlich tut er dies im einzelnen Wissenschaftler oft nicht bewusst ("Ich glaube, dass ..."), aber er tut es methodologisch
NEIN. Ganz gewiss NICHT.

Zur Erinnerung:
  • Der methodologische Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt existiert und was nicht. - [Robert Pennock - 1999]

closs hat geschrieben:Die Musik spielt heute ganz wo anders. - Durch das eigene laute Tönen hört man sie nur nicht.
Verstehe ich nicht. Magst du das erläutern?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#680 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Fr 22. Jul 2016, 11:43

Pluto hat geschrieben: Sollte sich jemals eine göttliches Wirken als notwendig erweisen, wird die Wissenschaft dies ggf. berücksichtigen. Bisher war dies aber nicht notwendig.
Es wäre methodisch gar nicht möglich.

Pluto hat geschrieben:Wo und wann geht die HKM über die reine Sachinterpretation hinaus?
Der Anschein eines Faktums mit dem Satz "Jesus hatte eine Naherwartung" ist einer dieser Fälle. - Die Wissenschaft kann nur sagen: "Bei Maßstäblichkeit "dieser" QUELLE und vor allem bei Maßstäblichkeit "unseres" Verständnisses hatte Jesus eine Naherwartung", also: WENN beides authentisch wäre zu dem, was Jesus meint, wäre diese Aussage richtig. - So aber wird ein Fakten-Anschein erweckt.

Pluto hat geschrieben:Der methodologische Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt existiert und was nicht. - [Robert Pennock - 1999]
Gemessen an dem, was dann gelegentlich als Faktum verkauft wird, ist dies eine Schutzbehauptung.

Pluto hat geschrieben:Verstehe ich nicht. Magst du das erläutern?
Gewisse Teile der HKM-ler haben sich in ihrem eigenen Getöse vollkommen isoliert vom eigentlichen theologischen Betrieb. Berger hat es (in der Halman-Einstellung) auf den Punkt gebracht: Anthropologisierung.

Gesperrt