Münek hat geschrieben:Ich als Atheist empöre mich nicht darüber, dass Gläubige ihren Glauben reflektieren. Im Gegenteil. Das ist ihr gutes Recht. Ich stelle nur ihren aus kirchlichen Dogmen abgeleiteten Wahrheitsanspruch und ihr Gespür für "intellektuelle Redlichkeit" in Frage. Mehr nicht!Novalis hat geschrieben:Genau das ist es ja, worüber sich unsre Atheisten so gerne empören: dass sich Christen das (gottgegebene) Recht heraus nehmen ihren Glauben zu reflektieren, zu formulieren und zu leben. Dazu gehören selbstverständlich auch „Dogmen“, also Glaubenssätze,
Mit Kirche ist nun mal die spirituelle Gemeinschaft aller Christen gemeint. Es ist ihre Aufgabe und Verantwortung das Christentum weiter zu geben und dazu gehören auch bestimmte Glaubenssätze. Unredlich wäre es, wenn sie ihre eigene jahrtausende alte Tradition mit Füßen treten würden, in dem sie alles auf den Zeitgeist zurecht stutzen. Die Menschen haben auch ein Recht darauf unzeitgemäß zu leben und sich der ideologischen Gleichschaltung im Sinne des heute vorherrschenden Materialismus zu verweigern

Die Dogmatik ist nicht das Fundament des Glaubens.
Sie gibt dem Glauben aber,
je nach Zeit,
das passende Kleid.
(Roland Breitenbach: Das Evangelium zu Fuß, Wege zu einer Spiritualität der Einfachheit)
Eine „Dogmatik“ - also ein bestimmtes Kleid, in welches der Glaube gekleidet wird - gibt es in jeder Religion. Sobald Christen ihren Glauben formulieren, kommen sie zu bestimmten Glaubenssätzen, wie das apostolische Glaubensbekenntnis. Doch selbstverständlich gibt es auch die Verantwortung das Evangelium immer wieder neu zu formulieren und mit ihm „auf dem Weg“ zu bleiben. Denn nicht die Kanzel oder der Lehrstuhl ist der Ort des Evangeliums, sondern der Weg. Ich zitiere noch mal aus dem Buch von Breitenbach:
Die Kirche – als die Gemeinschaft der Jesus-Gläubigen – lebt in einer Welt, die mit der Welt der meisten Menschen immer weniger zu tun hat. Die Kirche nennt das Glaubenskrise. Die Menschen in der Welt, die sich allein gelassen fühlen, nennen das Kirchenkrise. Beide Seiten finden so Schuldige. Für die Kirche ist es „die moderne Welt“. Für die Weltmenschen das sture Festhalten der Kirche an überholten Sätzen. Dazu kommt als weiteres Problem, dass bis in unsere Zeit hinein die Kirche an einer Sprache festhält, die kaum noch jemand versteht.
An diesem Problem können wir nicht vorbei reden, aber das bedeutet auch nicht, dass die gesamte spirituelle Tradition falsch ist. Thomas Morus sagte das schon sehr gut: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“. Das Festhalten an der Asche - sei es aus Gründen der Angst oder der Bequemlichkeit - ist das, was ich kritisieren würde. Die Bibel beschreibt nicht grundlos den Heiligen Geist mit den Bildern von Feuer, Wind oder des belebenden, erfrischenden und frei fließenden und lebenbringenden Wassers.