Pluto hat geschrieben:Andreas hat geschrieben:Bastler hat geschrieben:Ein gutes Indiz für die Ernsthaftigkeit ist, wenn jemand all seine Gottesbildern durchgängig als Frage versteht - und nicht als fertiges und verpflichtendes Patentrezept.
Da ist was dran. Allerdings nimmt auch ein Ideologe seine Sache "ernst".
Es hapert meist daran, dass Gläubige allzu oft ihre Gottesbilder gerade NICHT in Frage stellen, sondern diese als einzige Wahrheit verbreiten. Dann wird aus einem anfänglich gutgemeinten Ansatz eine aggressionsgeladene fundametale Haltung.
Das kann ich aus meiner Erfahrung heraus nur bestätigen. Auf diese Weise geben dann "Gläubige" den Glauben aus der Hand und werden stattdessen zu Ideologen und Fundamentalisten.
"Ungläubige" sind in deren Sichtweise eine Mischung aus verbohrten Uneinsichtigen und böswilligen "Leugnern", die es eigentlich besser WISSEN, aber wegen irgendwelcher übler Absichten alles abstreiten. Zweifel wird dann zur willentlich gesteuerten Sünde - eine der schrecklichsten Sünden.
Aus diesem Grund ist für mich der Umgang mit Zweifelnden und Fragenden und Andersdenkenden ein entscheidendes Maß dafür, was ich von Personen, Gruppen (Sekten) und Institutionen halte. Wer Zweifelnden ihren Zweifel vorwirft, hat sich in meinen Augen disqualifiziert.
Und da inzwischen viele Menschen ähnlich empfinden, wie ich, haben die Kirchen tiefgehende Vertrauensprobleme mit ihren Gläubigen. Und sie haben Ideologieprobleme, weil auch hochrangige Kirchenvertreter die Ideologie dem Glauben vorziehen. Aber da beißt die Maus keinen Faden ab: Nur eine kleine Minderheit der heutigen Menschen lässt sich noch in plumper Weise eine Ideologie aufdrücken. Viele Menschen empfinden mit den gedemütigten Zweifelnden mit, weil sie solche Zweifel kennen. Vorrangig lassen sich ideologisierbare (und leider auch radikalisierbare) Menschen auf die Botschaft der Kirchen ein, was zu einer weiteren Ideologisierung der Kirchen führt: Der Anteil der Ideologie-Propheten ist prozentual wieder am Steigen.
Hintergrund dieser üblen Entwicklung ist allerdings noch ein anderes Phänomen. Die Welt ist nicht in Ideologen und Gläubige aufgeteilt. Ein Nicht-Ideologe ist noch lange kein Gläubiger. Besonders nach dem 2. Vatikanum gab es in der katholischen Kirche viele (auch Hierarchen), die weder eine Ideologie verkündeten, noch den Glauben. Sie schlossen sich irgendwelchen anderen Strömungen an (Moralströmungen, politische Strömungen, die Psychowelle, heute: die Strukturverwaltungswelle) und hatten bei alledem über den Glauben nicht viel zu sagen.