Gott als Teil des Kosmos

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Andreas
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#71 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von Andreas » Di 21. Jun 2016, 12:16

Bastler hat geschrieben:Ein gutes Indiz für die Ernsthaftigkeit ist, wenn jemand all seine Gottesbildern durchgängig als Frage versteht - und nicht als fertiges und verpflichtendes Patentrezept.
Da ist was dran. Allerdings nimmt auch ein Ideologe seine Sache "ernst".
Da kommen Einstellung und Methodik ins Spiel: Wie man sich dem Fragen, dem Verstehen und einem Gespräch darüber nähert - und das ist wieder ein Thema der Hermeneutik.
Savonlinna hat geschrieben:Ich hinterfrage diese Systeme als Systeme.
Wie sagte Gadamer einst so schön?
Gadamer hat geschrieben:Mir fehlte an der Ideologiekritik die Ideologiekritik an der Ideologiekritik.
Abgewandelt könnte man vielleicht auch sagen: Mir fehlt an der Systemkritik die Systemkritik an der Systemkritik. ;)

Ich vermute stark: Der Mensch kann gar nicht anders.

closs
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#72 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von closs » Di 21. Jun 2016, 12:21

Savonlinna hat geschrieben:Hier ist also wieder Deine Behauptung, dass man "fundamental betrachtet" etwas müsse.
Nein - hier steht etwas ganz anderes: Nämlich dass man bestimmte Fragen stellen muss, WENN man fundamental betrachtet. - Fundamental betrachten MÜSSEN dagegen tut man nicht - wenn man es nicht tut, hat es sogar den Vorteil, dass man bestimmte Fragen NICHT stellen muss.

Savonlinna hat geschrieben:Andere Auffassungen von "fundamental" bezeichnest Du regelmäßig als "pastoral".
WENN man gewisse Fragen NICHT stellen will, ist aus meiner Sicht der Anspruch "fundamental" nicht erfüllt - das ist korrekt. - Es sei denn, man definiert "fundamental" so um, dass irgendwie alles fundamental ist - und dann sind wir wieder im Sprachchaos.

Savonlinna hat geschrieben:Ich kenne diese Umdeutungs-Techniken aus diktatorischen Staaten.
So scharf würde ich es nicht formulieren - aber Du drückst da exakt MEINEN Vorwurf aus: Die Umdeutung geistesgeschichtlich relativ stabiler semantischer Inhalte. - Und dann ist "Geist" plötzlich "Kognition", "Bewusstsein" plötzlich "Egozentrik" und "Gott" plötzlich "Projektion". - Ich habe es aufgegeben, weise aber trotzdem hin und wieder darauf hin.

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Savonlinna
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#73 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von Savonlinna » Di 21. Jun 2016, 12:33

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ich hinterfrage diese Systeme als Systeme.
Wie sagte Gadamer einst so schön?
Gadamer hat geschrieben:Mir fehlte an der Ideologiekritik die Ideologiekritik an der Ideologiekritik.
Abgewandelt könnte man vielleicht auch sagen: Mir fehlt an der Systemkritik die Systemkritik an der Systemkritik. ;)

Ich vermute stark: Der Mensch kann gar nicht anders.
Doch, er kann anders.
Man kann an der Kritik am Faschismus Kritik üben, ja.
Aber zu unterstellen, dass jede Kritik an einer Ideologie bereits wieder Ideologie ist, das ist nicht richtig.

Man kann auch nein zu jeglicher Systematisierung sagen, ohne selber ein System zu haben.
Aber wenn Ihr hier inzwischen alle der Meinung seid, dass man ohne System nicht leben kann, dann verabschiede ich mich hiermit aus diesem Forum.
Da kann ich nicht gegen an.

Ich werde Magdalena bitten, hier meinen Account zu löschen.

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Andreas
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#74 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von Andreas » Di 21. Jun 2016, 12:45

Savonlinna hat geschrieben:Aber wenn Ihr hier inzwischen alle der Meinung seid, dass man ohne System nicht leben kann,
Ich spreche nur für mich. Was, wenn das Leben ein System ist? Gibt es keine Sonnensysteme, keine Ökosysteme, keine Sprachsysteme? Was, wenn man diese Worte wegnimmt? Ändert das was an den Strukturen der Welt in die wir eingebunden sind?

closs
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#75 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von closs » Di 21. Jun 2016, 12:52

Savonlinna hat geschrieben:Aber wenn Ihr hier inzwischen alle der Meinung seid, dass man ohne System nicht leben kann, dann verabschiede ich mich hiermit aus diesem Forum.
Es geht nicht darum, ob man ohne Systeme leben kann, sondern ob man system-frei reflektieren kann. Auch Du reflektierst in einem System.

Aus meiner Sicht wäre wichtig zu erkennen und zu vergleichen, unter welchen Bedingungen welches System reflektiert - das kann man ganz wertfrei tun. - Natürlich muss man es nicht ständig tun.

Novas
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#76 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von Novas » Di 21. Jun 2016, 20:45

Andreas hat geschrieben:
Bastler hat geschrieben:Ein gutes Indiz für die Ernsthaftigkeit ist, wenn jemand all seine Gottesbildern durchgängig als Frage versteht - und nicht als fertiges und verpflichtendes Patentrezept.
Da ist was dran. Allerdings nimmt auch ein Ideologe seine Sache "ernst"

Etwas "ernst" nehmen ist eine gute Sache. Nur tödlich ernst sollte man nicht werden. Wenn etwas teuflisch ist, dann das. Stattdessen ist die Freude eine ernst zu nehmende Angelegenheit des Himmels, die gilt es zu bewahren. Dafür ein Beispiel: eine Freundin von mir erlebte in ihrer Kindheit, wie ihr Vater tot geprügelt wurden, weil Krieg in ihrer Heimat war. Sie saß neben dran in einem Bus und hat es gesehen.
Diese traumatische Erfahrung hat sie ihr ganzes Leben lang begleitet, aber sie ist trotzdem eine wunderschöne junge Frau geworden, die viel lacht, sie hat dem tödlichem Ernst keinen Glauben geschenkt. Stattdessen schrieb sie ein Buch über ihre Erfahrungen und hält Vorträge über Krieg, damit ein paar mehr begreifen, was das insbesondere für Kinder bedeutet.

Sie beantwortet den Tod mit der Liebe zum Leben, die Finsternis mit dem Licht. Obwohl ich hier schon öfter gesagt habe "Die ganze Welt ist ein Traum" meine ich damit nicht, dass alles gleichgültig ist, ganz und gar nicht. Ich nehme das Leben so ernst, wie es nötig ist, aber auch keinen Fußbreit ernster.

Gerade das ist es ja, das Leben, wenn es schön und glücklich ist ein Spiel! Natürlich kann man auch alles mögliche andere aus ihm machen, eine Pflicht oder einen Krieg oder ein Gefängnis, aber es wird dadurch nicht hübscher ~ Hermann Hesse, Die Morgenlandfahrt

Alles ist ein Traum. Nur die Liebe nicht. Die Liebe ist das Aufleuchten der Realität.
Zuletzt geändert von Novas am Di 21. Jun 2016, 21:02, insgesamt 1-mal geändert.

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Bastler
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#77 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von Bastler » Di 21. Jun 2016, 21:00

Andreas hat geschrieben:
Bastler hat geschrieben:Ein gutes Indiz für die Ernsthaftigkeit ist, wenn jemand all seine Gottesbildern durchgängig als Frage versteht - und nicht als fertiges und verpflichtendes Patentrezept.
Da ist was dran. Allerdings nimmt auch ein Ideologe seine Sache "ernst".
Ideologie ist in diesem Falle unwahrscheinlich. Ideologen verstehen normalerweise ihre Gottesbilder nicht als Frage. Ich würde sogar sagen: Wenn ein Ideologe die Fraglichkeit seines Gottesbildes erkennt, hört er auf, ein Ideologe zu sein.

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#78 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von Pluto » Mi 22. Jun 2016, 09:55

Andreas hat geschrieben:
Bastler hat geschrieben:Ein gutes Indiz für die Ernsthaftigkeit ist, wenn jemand all seine Gottesbildern durchgängig als Frage versteht - und nicht als fertiges und verpflichtendes Patentrezept.
Da ist was dran. Allerdings nimmt auch ein Ideologe seine Sache "ernst".
Es hapert meist daran, dass Gläubige allzu oft ihre Gottesbilder gerade NICHT in Frage stellen, sondern diese als einzige Wahrheit verbreiten. Dann wird aus einem anfänglich gutgemeinten Ansatz eine aggressionsgeladene fundametale Haltung.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#79 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von Andreas » Mi 22. Jun 2016, 13:29

Bastler hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:
Bastler hat geschrieben:Ein gutes Indiz für die Ernsthaftigkeit ist, wenn jemand all seine Gottesbildern durchgängig als Frage versteht - und nicht als fertiges und verpflichtendes Patentrezept.
Da ist was dran. Allerdings nimmt auch ein Ideologe seine Sache "ernst".
Ideologie ist in diesem Falle unwahrscheinlich. Ideologen verstehen normalerweise ihre Gottesbilder nicht als Frage. Ich würde sogar sagen: Wenn ein Ideologe die Fraglichkeit seines Gottesbildes erkennt, hört er auf, ein Ideologe zu sein.
In deiner Kernaussage stimme ich mit dir voll und ganz überein. Das Einzige was mich davon abhält sie in Stein zu meißeln, ist diese Doppeldeutigkeit im Wort "Ernsthaftigkeit". Vielleicht auch, weil darin eine Wertung mitschwingt und dadurch die Wahrheit des Phänomens an sich "verwässert" wird.
Deswegen suche ich nach einer unverfänglicheren Formulierung. Wie wär's damit?
Ein gutes Indiz für geistige Freiheit ist, wenn jemand sein Gottesbild oder seine Weltanschauung durchgängig als Frage versteht - und nicht als fertiges und verpflichtendes Patentrezept.
oder allgemeiner:
Ein gutes Indiz für geistige Freiheit ist, wenn jemand seine Weltanschauung durchgängig als Frage versteht - und nicht als fertiges und verpflichtendes Patentrezept.
Vielleicht fällt dir noch was treffenderes ein.

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Bastler
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#80 Re: Gott als Teil des Kosmos

Beitrag von Bastler » Mi 22. Jun 2016, 14:17

Pluto hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:
Bastler hat geschrieben:Ein gutes Indiz für die Ernsthaftigkeit ist, wenn jemand all seine Gottesbildern durchgängig als Frage versteht - und nicht als fertiges und verpflichtendes Patentrezept.
Da ist was dran. Allerdings nimmt auch ein Ideologe seine Sache "ernst".
Es hapert meist daran, dass Gläubige allzu oft ihre Gottesbilder gerade NICHT in Frage stellen, sondern diese als einzige Wahrheit verbreiten. Dann wird aus einem anfänglich gutgemeinten Ansatz eine aggressionsgeladene fundametale Haltung.
Das kann ich aus meiner Erfahrung heraus nur bestätigen. Auf diese Weise geben dann "Gläubige" den Glauben aus der Hand und werden stattdessen zu Ideologen und Fundamentalisten.
"Ungläubige" sind in deren Sichtweise eine Mischung aus verbohrten Uneinsichtigen und böswilligen "Leugnern", die es eigentlich besser WISSEN, aber wegen irgendwelcher übler Absichten alles abstreiten. Zweifel wird dann zur willentlich gesteuerten Sünde - eine der schrecklichsten Sünden.

Aus diesem Grund ist für mich der Umgang mit Zweifelnden und Fragenden und Andersdenkenden ein entscheidendes Maß dafür, was ich von Personen, Gruppen (Sekten) und Institutionen halte. Wer Zweifelnden ihren Zweifel vorwirft, hat sich in meinen Augen disqualifiziert.

Und da inzwischen viele Menschen ähnlich empfinden, wie ich, haben die Kirchen tiefgehende Vertrauensprobleme mit ihren Gläubigen. Und sie haben Ideologieprobleme, weil auch hochrangige Kirchenvertreter die Ideologie dem Glauben vorziehen. Aber da beißt die Maus keinen Faden ab: Nur eine kleine Minderheit der heutigen Menschen lässt sich noch in plumper Weise eine Ideologie aufdrücken. Viele Menschen empfinden mit den gedemütigten Zweifelnden mit, weil sie solche Zweifel kennen. Vorrangig lassen sich ideologisierbare (und leider auch radikalisierbare) Menschen auf die Botschaft der Kirchen ein, was zu einer weiteren Ideologisierung der Kirchen führt: Der Anteil der Ideologie-Propheten ist prozentual wieder am Steigen.

Hintergrund dieser üblen Entwicklung ist allerdings noch ein anderes Phänomen. Die Welt ist nicht in Ideologen und Gläubige aufgeteilt. Ein Nicht-Ideologe ist noch lange kein Gläubiger. Besonders nach dem 2. Vatikanum gab es in der katholischen Kirche viele (auch Hierarchen), die weder eine Ideologie verkündeten, noch den Glauben. Sie schlossen sich irgendwelchen anderen Strömungen an (Moralströmungen, politische Strömungen, die Psychowelle, heute: die Strukturverwaltungswelle) und hatten bei alledem über den Glauben nicht viel zu sagen.

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