Und wo sollte - oder muss - man es nicht vermeiden?closs hat geschrieben:
Du hast vollkommen recht - weshalb man in der Pastorale einen solchen Schwachsinn (wie die des Pfarrers - welche Konfession eigentlich (ist mir entgangen)?) vermeiden sollte.sven23 hat geschrieben:Jeder "normale" Mensch würde die Beförderung vom Leben zum Tod als Strafe empfinden.
Warum mussten alle in der Sintflut sterben?
- Savonlinna
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#421 Re: Warum mussten alle in der Sintflut sterben?
#422 Re: Warum mussten alle in der Sintflut sterben?
Da, wo man fundamental über die Grundlagen des Christentums bzw. des Menschseins nachdenkt. - Dazu gehört, dass man Begrifflichkeiten wie "Sünde", "Schuld", "Geist", "Bewusstsein", "Gericht", etc. grundlagen-konform definiert (= den jeweiligen Urgedanken herausarbeitet) und erst dann Sprüche von sich gibt. - Wobei es schwierig ist, mit solchen Sprüchen an die Öffentlichkeit zu gehen, weil diese VORHER den Begrifflichkeits-Weg mitgehen müsste - weil es sonst schlicht nicht verstehbar ist.Savonlinna hat geschrieben:Und wo sollte - oder muss - man es nicht vermeiden?
Deshalb: In "normalen" Gesprächen hat das nichts zu suchen - da muss man es pastoral transferieren im Sinne von: Welche Folgen ergeben sich aus den Grundlagen im Praktischen. - Diesbezüglich macht Franziskus echt was richtig.
- Savonlinna
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#423 Re: Warum mussten alle in der Sintflut sterben?
Worauf ich hinauswill, weißt Du vermutlich:closs hat geschrieben:Da, wo man fundamental über die Grundlagen des Christentums bzw. des Menschseins nachdenkt. - Dazu gehört, dass man Begrifflichkeiten wie "Sünde", "Schuld", "Geist", "Bewusstsein", "Gericht", etc. grundlagen-konform definiert (= den jeweiligen Urgedanken herausarbeitet) und erst dann Sprüche von sich gibt. - Wobei es schwierig ist, mit solchen Sprüchen an die Öffentlichkeit zu gehen, weil diese VORHER den Begrifflichkeits-Weg mitgehen müsste - weil es sonst schlicht nicht verstehbar ist.Savonlinna hat geschrieben:Und wo sollte - oder muss - man es nicht vermeiden?
Mit welcher Legitimation unterscheidest Du "pastoral" und "fundamental"?
Wo ist die Legitimation für "grundlagen-konform"?
Wo ist die Legitimation dafür, etwas als "Urgedanke" zu behaupten?
Wenn in "normalen Gesprächen" das Wort "Pastorale" eingeflochten wird - was ja außer Dir niemand tut -, dann tut er es mit dem Bewusstsein, dass es noch etwas anderes gebe.closs hat geschrieben:Deshalb: In "normalen" Gesprächen hat das nichts zu suchen - da muss man es pastoral transferieren im Sinne von: Welche Folgen ergeben sich aus den Grundlagen im Praktischen.
Und dieses "andere" darf nicht verschwiegen werden, sobald man von "Pastorale" spricht.
Denn es könnte ja nur ein behauptetes "Fundamentales" sein.
Du lässt meist durchblicken, dass "Strafe" fundamental seine Berechtigung habe.
Und da kann sich eben z.B. nur Deine persönliche Auffassung hinter verbergen, die Du mit dem Deckbegriff "fundamental" kaschieren wilst.
Und das sollte geklärt werden!
Wo also wäre die Legitimation für die Behauptung, es gäbe einen "Urgedanken" von "Strafe"?
Und welcher Urgedanke wäre das?
#424 Re: Warum mussten alle in der Sintflut sterben?
Den Urgedanken von Strafe kenne ich. Ich muss dazu gar nicht erst weit schweifen: Ich finde ihn in mir selbst vor.
Zur Zeit lese ich gerade "Das Mädchen, das den IS besiegte" von Farida Khalaf und Andrea Hoffmann. Die Horrorgeschichte eines jesidischen Mädchens, das als Sklavin in die Fänge des IS geriet. Manches in diesem Buch ist sicher typisiert und übersteigert und Farida wird zur Heldin hochgepuscht. Aber wenn ich das lese, dann weiß ich: Solche Zustände gibt es REAL. Da wird vielen, vielen Mädchen auf abscheuliche Weise Schaden und Grausamkeiten unbeschreiblichen Ausmaßes zugefügt. Da wird mit unerhörter Selbstverständlichkeit versklavt, vergewaltigt, geschändet, gefoltert und getötet.
Und dann kommen in mir diese Urgedanken von Strafe. Die Täter sollen nicht ungeschoren davon kommen. Ich steigere mich in Wut über diese Monster hinein und wünsche mir für sie mindestens dieselbe Qual, wie sie bei ihren Opfern anrichten. Aber ALLERMINDESTENS! Meine Wut kennt in diesen Momenten so wenig Grenzen, wie das Entsetzen.
Diese Urgedanken scheinen zumindest bei mir tief verwurzelt zu sein. Bei anderen bestialischen Verbrechen (z.B. Kindesmissbrauch) kommen sie auch hoch. Und diese Gedanken sind mächtig. Es gelingt ihnen zeitweise, mein Großhirn abzuschalten, so dass ich mich mit den Strafen nicht zufrieden gebe, wie sie vom deutschen Gesetz angewandt würden.
Glücklicherweise sind diese urtümlichen Gedanken nicht so stark, dass sie dauerhaft Wirkung hätten. Irgendwann schaltet sich mein Großhirn ein - und vorbei ist's mit dem rachsüchtigen Kopf-Kino. Dann denke ich wieder halbwegs nüchtern. Dann überlege ich mir, wie man denn real mit solchen Verbrechern umgehen sollte. Und dann komme ich zu ganz anderen (und viel menschenfreundlicheren und viel angemesseneren) Umgangsweisen.
Allerdings ist mein Großhirn stark durch unsere Kultur geprägt. Die Strafgedanken sind viel urtümlicher.
Ich denke, dass die Sintflutgeschichte und viele andere Geschichten unter dem Einfluss ähnlicher Strafgedanken geschrieben wurden. Und sie wurden zu einer Zeit geschrieben, als die Kultur und die rationale Einsicht und die Empathie mit "den anderen" noch nicht so weit fortgeschritten war. Diese alten Kulturen hatten eben noch nicht bei allen Menschen so viel Einfluss, um den ursprünglichen Strafgedanken etwas entgegensetzen zu können.
Der Tun-Ergehens-Zusammenhang wurde zur Entstehungszeit der Sintflutstory noch nicht wirksam in Frage gestellt. Das "Auge-um-Auge-Prinzip" war damals schon ein Fortschritt. Damit wurden überbordende Urgedanken von Strafe zumindest einmal auf eine "eins-zu-eins" Lösung beschränkt. Bis zu einem prinzipiellen Anzweifeln, wie z.B. im Buch Hiob, ist es noch ein weiter Weg. Und die Vergebungsbotschaft Jesu oder sein Gebot der Feindesliebe, oder seinem Umgang mit dem Schächer, der ihn um Hilfe bittet, sind es noch Meilen. Ich vermute: Botschaften wie die jesuanische gab es auch schon in der Zeit der Sintflutgeschichten. Aber sie verpufften. Sie hatten zu wenig Fundament. Die Menschheit war schlicht noch nicht reif dafür. Darum waren solche Vergebungs- und Hilfsgedanken für Straftäter nicht massenwirksam.
Und ich befürchte: Das Problem ist noch nicht ausgestanden. Die Menschheit kann jederzeit wieder ins Stadium solcher Urgedanken zurückfallen. Deshalb sind solche propagandistisch ausschlachtbaren Geschichten wie die Sintflutgeschichte latent gefährlich. "Reinigungsaktionen" in totalitären Staaten folgen demselben Urgedanken und können sich sowohl diese Denkweise zum Vorbild nehmen. Und sie können sich noch mit biblischer Autorität schmücken: "Schon bei der Sintflut wurde mit derselben Härte gegen die Bösen (das sind immer die anderen) vorgegangen. Wie in der Bibel, so auch bei uns!" Und noch mal ein Ausrufezeichen. Und noch eins.



Zur Zeit lese ich gerade "Das Mädchen, das den IS besiegte" von Farida Khalaf und Andrea Hoffmann. Die Horrorgeschichte eines jesidischen Mädchens, das als Sklavin in die Fänge des IS geriet. Manches in diesem Buch ist sicher typisiert und übersteigert und Farida wird zur Heldin hochgepuscht. Aber wenn ich das lese, dann weiß ich: Solche Zustände gibt es REAL. Da wird vielen, vielen Mädchen auf abscheuliche Weise Schaden und Grausamkeiten unbeschreiblichen Ausmaßes zugefügt. Da wird mit unerhörter Selbstverständlichkeit versklavt, vergewaltigt, geschändet, gefoltert und getötet.
Und dann kommen in mir diese Urgedanken von Strafe. Die Täter sollen nicht ungeschoren davon kommen. Ich steigere mich in Wut über diese Monster hinein und wünsche mir für sie mindestens dieselbe Qual, wie sie bei ihren Opfern anrichten. Aber ALLERMINDESTENS! Meine Wut kennt in diesen Momenten so wenig Grenzen, wie das Entsetzen.
Diese Urgedanken scheinen zumindest bei mir tief verwurzelt zu sein. Bei anderen bestialischen Verbrechen (z.B. Kindesmissbrauch) kommen sie auch hoch. Und diese Gedanken sind mächtig. Es gelingt ihnen zeitweise, mein Großhirn abzuschalten, so dass ich mich mit den Strafen nicht zufrieden gebe, wie sie vom deutschen Gesetz angewandt würden.
Glücklicherweise sind diese urtümlichen Gedanken nicht so stark, dass sie dauerhaft Wirkung hätten. Irgendwann schaltet sich mein Großhirn ein - und vorbei ist's mit dem rachsüchtigen Kopf-Kino. Dann denke ich wieder halbwegs nüchtern. Dann überlege ich mir, wie man denn real mit solchen Verbrechern umgehen sollte. Und dann komme ich zu ganz anderen (und viel menschenfreundlicheren und viel angemesseneren) Umgangsweisen.
Allerdings ist mein Großhirn stark durch unsere Kultur geprägt. Die Strafgedanken sind viel urtümlicher.
Ich denke, dass die Sintflutgeschichte und viele andere Geschichten unter dem Einfluss ähnlicher Strafgedanken geschrieben wurden. Und sie wurden zu einer Zeit geschrieben, als die Kultur und die rationale Einsicht und die Empathie mit "den anderen" noch nicht so weit fortgeschritten war. Diese alten Kulturen hatten eben noch nicht bei allen Menschen so viel Einfluss, um den ursprünglichen Strafgedanken etwas entgegensetzen zu können.
Der Tun-Ergehens-Zusammenhang wurde zur Entstehungszeit der Sintflutstory noch nicht wirksam in Frage gestellt. Das "Auge-um-Auge-Prinzip" war damals schon ein Fortschritt. Damit wurden überbordende Urgedanken von Strafe zumindest einmal auf eine "eins-zu-eins" Lösung beschränkt. Bis zu einem prinzipiellen Anzweifeln, wie z.B. im Buch Hiob, ist es noch ein weiter Weg. Und die Vergebungsbotschaft Jesu oder sein Gebot der Feindesliebe, oder seinem Umgang mit dem Schächer, der ihn um Hilfe bittet, sind es noch Meilen. Ich vermute: Botschaften wie die jesuanische gab es auch schon in der Zeit der Sintflutgeschichten. Aber sie verpufften. Sie hatten zu wenig Fundament. Die Menschheit war schlicht noch nicht reif dafür. Darum waren solche Vergebungs- und Hilfsgedanken für Straftäter nicht massenwirksam.
Und ich befürchte: Das Problem ist noch nicht ausgestanden. Die Menschheit kann jederzeit wieder ins Stadium solcher Urgedanken zurückfallen. Deshalb sind solche propagandistisch ausschlachtbaren Geschichten wie die Sintflutgeschichte latent gefährlich. "Reinigungsaktionen" in totalitären Staaten folgen demselben Urgedanken und können sich sowohl diese Denkweise zum Vorbild nehmen. Und sie können sich noch mit biblischer Autorität schmücken: "Schon bei der Sintflut wurde mit derselben Härte gegen die Bösen (das sind immer die anderen) vorgegangen. Wie in der Bibel, so auch bei uns!" Und noch mal ein Ausrufezeichen. Und noch eins.
#427 Re: Warum mussten alle in der Sintflut sterben?
Das muss man einvernehmlich ermitteln oder verschiedene Begriffs-Modelle erstellen - im Sinne von: Welches Modell führt wohin, wenn man Fragen daran misst?Savonlinna hat geschrieben:Mit welcher Legitimation unterscheidest Du "pastoral" und "fundamental"?
Wo ist die Legitimation für "grundlagen-konform"?
Wo ist die Legitimation dafür, etwas als "Urgedanke" zu behaupten?
Was wäre dieses "andere", wenn nicht fundamental?Savonlinna hat geschrieben:Wenn in "normalen Gesprächen" das Wort "Pastorale" eingeflochten wird - was ja außer Dir niemand tut -, dann tut er es mit dem Bewusstsein, dass es noch etwas anderes gebe.
Genau das scheint nicht zu funktionieren - es führt dazu, dass man sich nicht einig wird und gar nicht zu "normalen" Gesprächen kommt.Savonlinna hat geschrieben:Und dieses "andere" darf nicht verschwiegen werden, sobald man von "Pastorale" spricht.
Im Alltag (= Vermittlung des Christentums etwa durch Geistliche) hat sich nach meiner Beobachtung deshalb etwas durchgesetzt wie: "Liebe Menschen, Jesus hat uns durchs Kreuz erlöst - das bedeutet für Euch ....". - Also KEINE fundamentalen Thematisierungen, sondern unreflektiert Glaubens-Aussagen ("Jesus hat ...").
Papst Franziskus scheint es in Nachfolge des Kirchenlehrers Ratzinger ähnlich zu machen. - Franziskus ist sicherlich ein guter Funamental-Theologe: Aber er spricht nicht darüber - er geht voll ins Pastorale.
Irrelevant. - Wichtig wäre, wie man "Strafe" fundamental begründen kann.Savonlinna hat geschrieben:Und da kann sich eben z.B. nur Deine persönliche Auffassung hinter verbergen, die Du mit dem Deckbegriff "fundamental" kaschieren wilst. Und das sollte geklärt werden!
"Vergeltung" im wörtlichen Sinn: Ausgleich.Savonlinna hat geschrieben:Wo also wäre die Legitimation für die Behauptung, es gäbe einen "Urgedanken" von "Strafe"?
#428 Re: Warum mussten alle in der Sintflut sterben?
Ja, ich meinte dich.Bastler hat geschrieben:Falls du mich meinst:
Was glaubst du auch nicht? Dass wir gar nicht so weit auseinanderliegen oder das, was dort geschrieben wurde?Bastler hat geschrieben:Nein, das glaube ich auch nicht.
#429 Re: Warum mussten alle in der Sintflut sterben?
Ich sei, gewährt mir die Bitte, in Eurem Bunde der Dritte.Bastler hat geschrieben:Hi Sven!
Nicht nur deine Gedanken und Ergebnisse, sondern auch deine Denkweise sind den meinen so verblüffend ähnlich, dass ich gerade ein wenig grinsen muss.
#430 Re: Warum mussten alle in der Sintflut sterben?
Einen zahnlosen Gott den hättet ihr drei Musketiere-wohl gerne-gelle?Münek hat geschrieben:Ich sei, gewährt mir die Bitte, in Eurem Bunde der Dritte.Bastler hat geschrieben:Hi Sven!
Nicht nur deine Gedanken und Ergebnisse, sondern auch deine Denkweise sind den meinen so verblüffend ähnlich, dass ich gerade ein wenig grinsen muss.

denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)