Relativismuspoker

Philosophisches zum Nachdenken
2Lena
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#71 Re: Relativismuspoker

Beitrag von 2Lena » So 1. Mai 2016, 17:52

closs hat geschrieben: Der Jude Jesus fand in SEINEM Volk keine bleibenden Anhänger - tragisch.
Moment mal ...
Wer waren die Apostel, die Brüder, seine Freunde und Tausende, die er mit Wohltaten durch seine Wunder überzeugte. Wer einmal Christ geworden war, nannte sich nicht mehr "Jude". Dieser Kult war geprägt durch Opferungen von Tieren, allerlei seltsamen Vorschriften, rein äußerlicher Verehrung diverser Titelträger, die in jener Zeit ihr Volk mit absurden Ansichten und Forderungen aussaugten. Über die Vorkommnisse berichten ausführlich die Geschichtsbücher. Der Tempel konnte nach der Zerstörung nie mehr erbaut werden. Das Judentum blieb in der Bedeutungslosigkeit. Die meisten Juden seien in die Nachbarstaaten geflüchtet, zahllose Bürger wurden als Sklaven verkauft, beschreibt Graetz in "Geschichte der Juden". In Medina (bewohnt durch sehr viele geflüchtete Juden) entstand um 600 n.Chr. der Koran.

Sven23 hat geschrieben:Geprägt wurden die Kirchenväter aber durch das biblische Vorbild des Paulus, den sie aber in puncto sexueller Verklemmtheit und Verirrung noch weit übertrafen.
Du vergisst, dass die Kirchenväter sehr viel mehr Überlieferungen hatten und zudem in mystischer Sichtweise über echte Sünden informiert worden waren.

Hat wirklich "Paulus" diese frauenverächtlichen Zeilen aus dem NT als Vorbild - oder nimmt er sich nur Sitten her, um mit deren Hilfe - gute Sitten, Verrücktheiten (drastisch übertrieben) und auch verschiedenste Folgen im Guten und im Schlechten zu zeigen. Du solltest mittlerweile an die Mehrdimensionalität denken. Jeder von uns kennt die Abhängigkeiten von Mode, das Getue mit sinnlosen Forderungen. Trotzdem schaffen es die Meisten - den Kern - zu finden, einen guten Mittelweg zu sehen, der Übertreibungen abschneidet ohne gleich in Langeweile und Spießerei zu landen.

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sven23
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#72 Re: Relativismuspoker

Beitrag von sven23 » So 1. Mai 2016, 18:03

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:es war die Retourkutsche des frühen Christentums
Wieso "retour" - worauf hat man denn reagiert?
Natürlich auf die Missionierungsresistenz des Judentums. Sie besaßen doch tatsächlich die Unverschämtheit und hielten an ihrer traditionellen Religion fest und wollten dem neuen Sektenführer nicht folgen. Unglaublich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Übrigens: frag dich doch mal selber, wie du dich verhalten würdest, wenn eine neue Sekte an dich herantreten würde, die vorgibt, das wahre Christentum mit dem wahren ultimativen Heilsversprechen zu sein.
Käme drauf an, was sie sagt. Wenn ich es nicht verstehen würde, würde ich es ablehnen.
Eben, so fühlten wohl auch die Juden. Warum sollten sie unter den vielen Sektenführern ausgerechnet diesem folgen, nur weil Paulus das für opportun hielt?

closs hat geschrieben: Und deshalb kann es kein Vorwurf sein, wenn die Juden es abgelehnt haben - aber es hat halt zur Spaltung geführt. - Und dann wurden die Christen stärker und plötzlich wurde man vom Jäger zum Gejagten - was im übrigen NICHT hätte passieren dürfen, weil es das NT eigentlich verbietet.
Moment, du meinst wohl umgekehrt: die Christen wurden von Verfolgten zu Verfolgern.
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#73 Re: Relativismuspoker

Beitrag von closs » So 1. Mai 2016, 20:56

sven23 hat geschrieben: Sie besaßen doch tatsächlich die Unverschämtheit und hielten an ihrer traditionellen Religion fest und wollten dem neuen Sektenführer nicht folgen.
Da ist eh ein Denkfehler dabei: Da Erlösung nur mit dem Tod möglich war, MUSSTE Jesus ja verraten werden. - Aber so weit wollte man nicht denken.

Im übrigen sehe ich nach wie vor das eigentliche Problem in der Zerstreutheit der Juden in aller Welt, die sie überall zu Minderheiten gemacht hat - bis 1948. - In anderen Worten: WÄren die Juden ein Volk irgendwo in Palästina gewesen und NICHT zerstreut gewesen, hätten sie in Europa gar nicht wahrgenommen werden können - aber es war ja ihr Fluch, überall zu sein.

sven23 hat geschrieben:Warum sollten sie unter den vielen Sektenführern ausgerechnet diesem folgen, nur weil Paulus das für opportun hielt?
Wieso Paulus? - Vor Pilatus war die entscheidende Szene.

sven23 hat geschrieben: die Christen wurden von Verfolgten zu Verfolgern.
Nein - die Jesus-Jäger (Pilatus) wurden zu Gejagten. Das andere stimmt auch: Die Rom-Gejagten wurden zu Jägern. - Es hat sich alles auf den Kopf gestellt. - Paradigmenwechsel im Kleinen.

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#74 Re: Relativismuspoker

Beitrag von sven23 » Mo 2. Mai 2016, 08:37

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Sie besaßen doch tatsächlich die Unverschämtheit und hielten an ihrer traditionellen Religion fest und wollten dem neuen Sektenführer nicht folgen.
Da ist eh ein Denkfehler dabei: Da Erlösung nur mit dem Tod möglich war, MUSSTE Jesus ja verraten werden. - Aber so weit wollte man nicht denken..
Das ist eine nachträgliche Interpretation: aus der Not wurde eine Tugend gemacht.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum sollten sie unter den vielen Sektenführern ausgerechnet diesem folgen, nur weil Paulus das für opportun hielt?
Wieso Paulus? - Vor Pilatus war die entscheidende Szene..
Nee, Paulus war der Hauptinitiator des Jesus-Kultes. Die Pilatus-Szene gilt in der Forschung als Inszenierung der Schreiber, auch um die Römer etwas zu entlasten und die Juden zu belasten.
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#75 Re: Relativismuspoker

Beitrag von closs » Mo 2. Mai 2016, 10:55

sven23 hat geschrieben:Das ist eine nachträgliche Interpretation
Das ist eine logisch zeitlose Interpretation - die damals oft aus Machtgründen nicht zur Rate gezogen wurde.

sven23 hat geschrieben: Paulus war der Hauptinitiator des Jesus-Kultes.
Aber ohne den Nukleus Jesus wäre dies nicht möglich gewesen. - Dass Paulus die jesuanische Lehre interpretiert und multipliziert hat, bestreitet doch keiner - das war doch sein Job.

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#76 Re: Relativismuspoker

Beitrag von sven23 » Mo 2. Mai 2016, 12:07

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist eine nachträgliche Interpretation
Das ist eine logisch zeitlose Interpretation - die damals oft aus Machtgründen nicht zur Rate gezogen wurde..
Hä, die Niederlage wurde in einen Sieg umgemünzt. Was soll daran zeitlos sein? Es ist eine willkürliche Verdrehung der Tatsachen.

closs hat geschrieben:[
sven23 hat geschrieben: Paulus war der Hauptinitiator des Jesus-Kultes.
Aber ohne den Nukleus Jesus wäre dies nicht möglich gewesen. - Dass Paulus die jesuanische Lehre interpretiert und multipliziert hat, bestreitet doch keiner - das war doch sein Job.
Wer hat ihm diesen Job gegeben? Er sich doch wohl selbst. Vielleicht sogar getrieben von einem körperlichen/psychischen Leiden?
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#77 Re: Relativismuspoker

Beitrag von closs » Mo 2. Mai 2016, 13:47

sven23 hat geschrieben:Es ist eine willkürliche Verdrehung der Tatsachen.
Moment: Dass der Verrat notwendig war, war meines Wissens NICHT Teil der paulinischen Theologie - ich kenne das erst aus dem 20. Jh. (vielleicht habe ich etwas übersehen).

sven23 hat geschrieben: Vielleicht sogar getrieben von einem körperlichen/psychischen Leiden?
Ja - und Einstein wurde nur Physiker, weil er mit 12 beim Onanieren von der Mutter erwischt wurde. - Meinst Du es so? :angel:

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#78 Re: Relativismuspoker

Beitrag von Pluto » Mo 2. Mai 2016, 15:21

closs hat geschrieben:Da ist eh ein Denkfehler dabei: Da Erlösung nur mit dem Tod möglich war, MUSSTE Jesus ja verraten werden. - Aber so weit wollte man nicht denken.
Dasist doch viel zu anthropozentrisch gedacht.
Wenn Gott allmächtig ist, hätte er sich sicherlich was anderes einfallen lassen können, als seinen Sohn den Opfertod sterben zu lassen.
Falls es so was wie Erbsünde gibt, dann hätte ER den Menschen auch so erlösen können.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#79 Re: Relativismuspoker

Beitrag von closs » Mo 2. Mai 2016, 15:25

Pluto hat geschrieben:Wenn Gott allmächtig ist, hätte er sich sicherlich was anderes einfallen lassen können, als seinen Sohn den Opfertod sterben zu lassen.
Es muss es aber anpassen an den historischen Verständnis-Horizont seines menschlichen Publikums. - Darüber hinaus ist doch "Tod" hier nur zu verstehen als "Ich mache Euch vor, dass der Tod nur einen Wechsel vom Daseins-Leben in ein anderes Leben ist". - Insofern ist es sicherlich kein willkürliches Motiv.

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sven23
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#80 Re: Relativismuspoker

Beitrag von sven23 » Mo 2. Mai 2016, 15:42

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Vielleicht sogar getrieben von einem körperlichen/psychischen Leiden?
Ja - und Einstein wurde nur Physiker, weil er mit 12 beim Onanieren von der Mutter erwischt wurde. - Meinst Du es so? :angel:
Nein, es gibt Spekulationen, dass Paulus evtl. Epileptiker war und sein Damaskuserlebnis nichts anderes als ein epileptischer Anfall mit halluzinogenen Visionen war. Es ist aber Spekulation, die auf seiner eigenen Aussage beruht, die auf ein Gebrechen/Schwäche seinerseits hindeutet.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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