Descartes und Glaube

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sven23
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#191 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » Fr 29. Apr 2016, 12:44

Novalis hat geschrieben: Die Religionsfreiheit ist klassischer Teil der menschenrechtlichen Verbürgungen im Völkerrecht. Sie ist in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO festgehalten:
Das ist zum Glück der Status quo.

Novalis hat geschrieben: Zu den Ursachen für diese Angst zählten neben einem generellen Nichtverstehen der Haltungen gläubiger Menschen, die Sorge vor religiös motivierter Gewalt sowie vor einer möglichen Einschränkung individueller Freiheit, schilderte der an der Universität Leipzig lehrende Wissenschaftler im Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ (SN) am Dienstag.

Und diese Sorge ist in Syrien, dem Irak, Afghanistan, Pakistan, Saudiarabien und vielen anderen Ländern natürlich völlig aus der Luft gegriffen. :shock: :o :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Novas
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#192 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Novas » Fr 29. Apr 2016, 13:01

sven23 hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Die Religionsfreiheit ist klassischer Teil der menschenrechtlichen Verbürgungen im Völkerrecht. Sie ist in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO festgehalten:
Das ist zum Glück der Status quo.

Du kannst ihn verteidigen, in dem Du dich für die Religionsfreiheit einsetzt, anstatt Religion zu bekriegen. Die wird sich ohnehin nicht in Luft auflösen, denn sie gehört offenbar zum Mensch-Sein dazu.
Zuletzt geändert von Novas am Fr 29. Apr 2016, 13:06, insgesamt 1-mal geändert.

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sven23
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#193 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » Fr 29. Apr 2016, 13:06

Novalis hat geschrieben: Du kannst ihn verteidigen, in dem Du dich für die Religionsfreiheit einsetzt, anstatt Religion zu bekriegen. Die wird sich ohnehin nicht in Luft auflösen.
Tue ich doch, ich bin für Religionsfreiheit, so lange sie Privatsache ist. Ich bin aber auch für die Freiheit von der Religion. Auch das ist nicht selbstverständlich.
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closs
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#194 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Fr 29. Apr 2016, 13:15

Pluto hat geschrieben:Ich verstehe nicht wie du das aus meinen Worten schließen kannst?
Weil Du nach meinem Verständnis damit meinst, dass man nur jemanden "Täter" nennen dürfe, wenn er dafür juristisch belangt ist. - Habe ich das missinterpretiert?

Pluto hat geschrieben:Ich denke du legst bei diesen Vergehen zu viel Wert auf die christliche Sicht. Wieso sollte sie so wichtig sein?
Weil sie ontologisch universal ist. - Es geht dort nämlich darum, was passiert ist (das Phänomen und nicht die Wertung) und wie man darin verwickelt ist (auch als Phänomen und nicht wertend). Und dann erst wird die eigene Geisteshaltung dazu überprüft - natürlich nicht von einem weltlichen Gericht, sondern einer absoluten Instanz namens Gott, der man keine Tricks per Verteidiger vormachen kann.

Das ist natürlich in der weltlichen PRaxis nicht möglich - und weil man das weiss, räumt man den weltlichen Instanzen auch nur ordnungs-politische Funktionen zu und keine moralischen/ethischen/wahrhafttigen Funktionen.

Pluto hat geschrieben:Aber was soll daran spirituell-geistig sein?
Alles - weil "universal" nicht mit ordnungs-politischen Maßstäben geht.

closs
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#195 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Fr 29. Apr 2016, 13:19

sven23 hat geschrieben: wobei mir unklar ist, was Drowning sein soll.
Sorry - "waterboarding" sagt man. - Ich habe mich an "to drown sb." = "jmd. ersäufen" orientiert.

sven23 hat geschrieben: Ich sehe nur 3, die nicht justiziabel sind
Ich sehe 5 oder 6, die de facto nicht justiziabel sind. - Aber egal: Es ändert nichts daran, dass Justiz kein ERsatz für die eigentliche SChuldfrage sein kann.

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sven23
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#196 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » Fr 29. Apr 2016, 13:23

Novalis hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Die Religionsfreiheit ist klassischer Teil der menschenrechtlichen Verbürgungen im Völkerrecht. Sie ist in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO festgehalten:
Das ist zum Glück der Status quo.

Du kannst ihn verteidigen, in dem Du dich für die Religionsfreiheit einsetzt, anstatt Religion zu bekriegen. Die wird sich ohnehin nicht in Luft auflösen, denn sie gehört offenbar zum Mensch-Sein dazu.

Das könnte man meinen, erklärt sich aber auch durch die lange Tradition. (Es muss richtig sein, weil es immer schon so war)


"Der Glaube an übernatürliche Existenzen stellt eine durch soziokulturelle Einflüsse und die individuelle Biographie geprägte
Interpretation von Erlebnissen, Emotionen und Gedanken dar.
So bezeichnet Pascal Boyer, Professor für Anthropologie und Psychologie und Autor des Buchs „Und Mensch schuf Gott“, die Religion als „mögliches, aber keinesfalls unumgängliches Nebenprodukt normaler menschlicher Denkprozesse.“"

Quelle: Maja Strasser, Fachärztin für Neurologie
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sven23
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#197 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » Fr 29. Apr 2016, 13:29

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: wobei mir unklar ist, was Drowning sein soll.
Sorry - "waterboarding" sagt man. - Ich habe mich an "to drown sb." = "jmd. ersäufen" orientiert.
Waterboarding ist Folter und deshalb völkerrechtswidrig. Die USA haben deshalb auch immer rechtsfreie Räume aufgesucht, um ihre Schandtaten zu begehen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ich sehe nur 3, die nicht justiziabel sind
Ich sehe 5 oder 6, die de facto nicht justiziabel sind. - Aber egal: Es ändert nichts daran, dass Justiz kein ERsatz für die eigentliche SChuldfrage sein kann.
Die Justiz ist die einzige Instanz, die die Schuldfrage im juristischen Sinne klären kann. Moralische oder ethische Verstöße wird es in der Wirtschaft immer geben, so lange man damit Geld verdienen kann und das Riskio begrenzt ist. Da helfen keine Apelle, sondern nur klare gesetzliche Regeln, ....und Kontrolle dieser Regeln. Auch da liegt manches im Argen. Siehe Bankenaufsicht.
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#198 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Fr 29. Apr 2016, 13:33

sven23 hat geschrieben:Die Justiz ist die einzige Instanz, die die Schuldfrage im juristischen Sinne klären kann.
Im ordnungs-politischen Sinne: JA. - Natürlich hast Du recht.

Aber die Ausgangsfrage war, was ein Verbrechen ist und was ein Verbrecher ist. - Meine überspitzt formulierte These dazu: Es kann große Verbrechen geben, ohne dass es dazu einen Verbrecher gibt.

Juristisch wäre dieser Satz nicht haltbar, weil die Justiz sagt: "Moment - wir definieren doch Verbrechen nach dem Verbrecher". - Über die Sichtweise der Justiz hinaus funktioniert das aber nicht.

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#199 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Novas » Fr 29. Apr 2016, 13:37

sven23 hat geschrieben:Tue ich doch, ich bin für Religionsfreiheit, so lange sie Privatsache ist

Auf "CHRIST DER GEGENWART" kann man folgende Worte lesen:

Jesu Ruf zur Nachfolge zielt auf den einzelnen Menschen und ist von unerhörter Radikalität. Das ist kein Modell für den gesellschaftlichen Mainstream. Das eignet sich nicht als Parteiprogramm für eine Volkspartei. Und das lässt sich auch nicht in staatliche Gesetze gießen, die für alle gelten sollen. Sich auf Jesu Botschaft einzulassen, ist eine sehr persönliche Entscheidung und erfordert einen hohen persönlichen Einsatz.

Privatheit des Glaubens

In allen Religionen geht es um persönliche Entscheidungen, die grundsätzliche Ausrichtung, um die letzten Dinge. Hier darf mir niemand reinreden. Da hat der Staat auch nichts verloren. Es ist ganz allein meine Sache, ob und was ich glaube und was ich daraus mache. Und deshalb ist Religion Privatsache

[...]

„Viele aufrichtige Demokraten hegen den Wunsch, dass ihr Land auf irgend­einem Wege - meistens durch die Schule - eine entsprechende Lehre verbreite. Die einen möchten das Regime in einem christlichen Credo verwurzelt sehen; andere in einer rationalen Weltordnung, die etwa der Aufklärung entnommen sein könnte und die sie für wissenschaftlich begründet halten; wieder andere in den ethischen Regeln eines staatlich anerkannten Moralismus“, hat die Schweizer Philosophin und Pädagogin Jeanne Hersch (1910-2000) einmal kritisiert. Demgegenüber sieht sie jedoch die „echteste Rechtfertigung der Demokratie“ darin, dass sie ihren Bürgerinnen und Bürgern keine Ideologie und keine Weltanschauung und keinen Moralismus aufdrängt: Die Demokratie „bemüht sich vielmehr, für jedes menschliche Wesen einen Leerraum zu wahren, der es ihm erlaubt, zu denken, zu glauben, zu hoffen und zu handeln, wie es ihm sein inneres Gewissen eingibt. Es ist dann jedes Bürgers Pflicht, in seiner Zeit, in seiner Welt, in seiner konkreten geschichtlichen Situation als verantwortliches, wirksames ‚Ich‘ gegenwärtig zu sein. Keine Lehre, keine Regeln können diesen ‚acte de présence‘, dieses ‚Hier-bin-ich‘, ersetzen, das allein fähig ist, die durch die Demokratie geschützte Leere mit menschlicher Sub­stanz zu füllen. Erst durch ihre Berufung zu diesem verantwortlichen ‚acte de présence‘, der schließlich in jedem Bürger seine tätige Freiheit ist, haben die Menschen Rechte.“

Die politische Freiheit ist in diesem Sinne eine „leere“ Freiheit, die von den Menschen gefüllt werden muss oder wie es die jüdische Philosophin Jeanne Hersch formuliert hat: „Was die Bürger von der demokratischen Ordnung zu erwarten haben, ist nicht das Geschenk der eigenen Freiheit - das kann kein politisches Regime, diese Aufgabe müssen sie selber anpacken -, sondern nur eine Einrichtung des gemeinsamen Lebens, die für jeden Einzelnen die möglichst günstigsten Bedingungen für seine Suche nach Freiheit schafft.“


[...]
http://www.christ-in-der-gegenwart.de/a ... ag=3745410

Religion ist eine Privatsache, das bedeutet aber nicht, dass sie ins Private verbannt werden muss, wie das manche gerne hätten ;) Christen kennen außerdem diese Worte bei Matthaeus 28:19 ff.: Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! - das wird man kaum raus streichen können, weil es der heutige Zeitgeist wünscht.

Pluto
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#200 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » Fr 29. Apr 2016, 13:54

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich verstehe nicht wie du das aus meinen Worten schließen kannst?
Weil Du nach meinem Verständnis damit meinst, dass man nur jemanden "Täter" nennen dürfe, wenn er dafür juristisch belangt ist. - Habe ich das missinterpretiert?
Aber nein! So war es keineswegs gemeint.

Es gibt aus meiner (geistigen) Sicht einen Unterschied zwischen Schuld und Verantwortung. Schuld kann man vergeben (z.B. Jesus am Kreuz). Verantwortung ist da anders und deshalb besser weil universeller.
Niemand kann einem die Verantwortung für seine Taten nehmen: Man trägt ein Leben lang die Verantwortung für das was man tut.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich denke du legst bei diesen Vergehen zu viel Wert auf die christliche Sicht. Wieso sollte sie so wichtig sein?
Weil sie ontologisch universal ist.
Das ist genau der Punkt.
Wer sagt denn, dass NUR die christliche Sicht universal ist?

closs hat geschrieben:Das ist natürlich in der weltlichen PRaxis nicht möglich - und weil man das weiss, räumt man den weltlichen Instanzen auch nur ordnungs-politische Funktionen zu und keine moralischen/ethischen/wahrhafttigen Funktionen.
Siehst du... Genau darum bin ich für die Abschaffung von Schuld und die Einführung von Verantwortung. Letztere kann man weder löschen noch vergeben oder büßen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber was soll daran spirituell-geistig sein?
Alles - weil "universal" nicht mit ordnungs-politischen Maßstäben geht.
Hat mE nichts mit juristischem Recht zu tun.
Verantwortung ist universeller als Schuld, weil sie gesamthaft ist und auf eine spezielle Sicht (z.B. die christliche) verzichtet.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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