Descartes und Glaube

Pluto
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#141 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » Mi 27. Apr 2016, 09:03

Novalis hat geschrieben:Bewusstsein kann man nicht wie materielle Objekte messen, beobachten und wiegen, hört es deshalb auf zu existieren? Gewiss nicht!
Warum denn nicht?

Novalis hat geschrieben:Die Fähigkeit zum spirituellen bzw. inneren Erleben verdanken wir jedenfalls unsrem Bewusstsein und das ist eine unbezweifelbare Wirklichkeit.
Das stimmt nur teilweise. Im Tiefschlaf oder unter starker Narkose gibt es weder Zeit- noch Ich-Gefühl noch ein Bewusstsein.

Novalis hat geschrieben:Ob Jack diese nun als illusionär bezeichnet, spielt keine Rolle.
Das Bewusstsein IST eine Illusion die durch die Macht unseres Gehirns zustande kommt.

Novalis hat geschrieben:Man kann –die ganze Welt als illusionär, als einen Traum bezeichnen, so flüchtig wie ein Tanz, und

Novalis hat geschrieben:...was bleibt, wenn die Musik verklungen ist? ;)
Die Erinnerung an das Erlebnis der Musik und des Tanzes. Diese sind aber physischer Natur und werden in unserem Audio-Cortex dargestellt. Der Tanz ist nichts weiter als die Übertragung des Gehörten in Bewegung des Körpers. All diese Erlebnisse werden in unserem Gedächtnis gespeichert und können durch einen komplizierten Mechanismus im Gehirn wieder aktiviert werden, sodass wir mühelos die Musik vor unserem "geistigen Ohr" wieder aktivieren. Dasselbe gilt für Bewegungen des Tanzes.
Je intensiver das Erlebnis, umso besser/länger erinnern wir uns daran.

Novalis hat geschrieben:Alles ist Windhauch, sagt Kohelet. Nur die Liebe nicht.Put not your faith in illusions. They will fail you. Put all your faith in the Love of God within you; eternal, changeless and forever unfailing. A Course in Miracles
Schöne Worte aber wie Shakespeare in Macbeth sagt:
  • ...ein Märchen ists, erzählt
    Von einem Blödling, voller Klang und Wut,
    Das nichts bedeutet.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#142 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von sven23 » Mi 27. Apr 2016, 09:53

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was gibt es denn bei Verbrechen noch zu differenzieren?
Erstens muss man auch bei Verbrechen differenzieren - zweitens muss man vorher differenzieren, was Verbrechen ist und was nicht. - Noch weiter vorher muss man differenzieren, welches Gute welchem Bösen gegenübersteht. - Dazu muss man NOCH weiter vorher lernen, differenziert zu denken - und wenn man es kann, differenziert denken zu WOLLEN..
Also wenn man sich nicht darüber einig ist, dass das Töten, Foltern, Verbrennen etc. von Menschen ein Verbrechen ist, dann wird's schwierig. Dann braucht man auch keine 10 Gebote. Ob diese Verbrechen nun im Namen eines Gottes begangen werden oder nicht, ist irrelevant. Hier bedarf es keiner Differenzierung. Verbrechen bleibt Verbrechen. :thumbdown:
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#143 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Novas » Mi 27. Apr 2016, 11:16

Pluto hat geschrieben:Das Bewusstsein IST eine Illusion die durch die Macht unseres Gehirns zustande kommt

Ich hingegen denke, dass die ganze Welt aus Bewusstsein gemacht ist ;) im Grunde sprechen wir stets nur über die Welt unsrer Wahrnehmung, denn eine andere Welt kennen wir nicht. Biblisch gesprochen „das ist alles Windhauch (flüchtige Wahrnehmungsbilder, die kommen und gehen und vorüber wehen)“ oder mit Shakespeare „We are such stuff as dreams are made on; and our little life is rounded with a sleep“.

Pluto
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#144 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » Mi 27. Apr 2016, 11:19

Novalis hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das Bewusstsein IST eine Illusion die durch die Macht unseres Gehirns zustande kommt
Ich hingegen denke, dass die ganze Welt aus Bewusstsein gemacht ist ;)
Welche konkreten Hinweise kannst fu für diese Gedanken vorlegen?

Novalis hat geschrieben:im Grunde sprechen wir stets nur über die Welt unsrer Wahrnehmung, denn eine andere Welt kennen wir nicht.
Das ist wahr! :)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
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#145 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von JackSparrow » Mi 27. Apr 2016, 11:40

closs hat geschrieben:denkst wahrscheinlich gar nicht daran, dass gerade diese Deine Setzung ideologisch ist.
Ja, aufgrund meiner satanischen Ideologie gelangte ich zu der Erleuchtung, dass man Dinge, welche sich beobachten oder messen lassen, nicht in einen Topf werfen sollte mit Dingen, welche nie jemand auch nur ansatzweise beobachten oder messen konnte. Zur besseren Unterscheidung beschloss ich daher, erstere Sorte von Dingen als "echt" und zweitere Sorte von Dingen als "ausgedacht" zu bezeichnen.



Thaddäus hat geschrieben:Genau so, wie ein Schachcomputer kein Schach spielt, sondern seine Algorithmen Schachspielen nur simulieren.
Menschliche Schachspieler tun auch so, als würden sie Schach spielen, während sie in Wirklichkeit doch nur die Algorithmen ablaufen lassen, die man ihnen irgendwann beibrachte.

Würde man einem Schachspieler vorübergehend das Großhirn herausschrauben und er würde trotzdem weiterhin Schach spielen, müsste die Algorithmen-Hypothese selbstverständlich abgelehnt werden.

hinter der Vorstellung und Idee, man könne "alles" beobachten oder messen,
Ich schrieb nicht, man könne alles beobachten oder messen. Ich schrieb es sei nicht pragmatisch, Dinge als existent vorauszusetzen, die sich nicht beobachten oder messen lassen.

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#146 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Thaddäus » Mi 27. Apr 2016, 12:48

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Ob Jack diese nun als illusionär bezeichnet, spielt keine Rolle.
Das Bewusstsein IST eine Illusion die durch die Macht unseres Gehirns zustande kommt.
Und hier muss ich wiederum Novalis recht geben.
Zu den Merkwürdigkeiten des Bewusstseins gehört, dass es offenbar keinen Unterschied macht, ob es eine Illusion ist oder keine. Ist es eine Illusion, erfüllt es genau so seinen Zweck, wie wenn es keine ist. Für seine Erklärung könnte die "Illusionstheorie" eine Rolle spielen, das Phänomen "Bewussstein" bleibt aber exakt dasselbe, - ob Illusion oder nicht.
Es irritiert mich, dass hier immer nur die Radikalmeinungen vertreten werden: entweder das Bewusstein sei eine Art Gespenst, das entweder irgendwie im Körper/Gehirn mit drin steckt oder unsichtbar freischwebend über den Köpfen herumspukt; oder es sei überhaupt gar nichts "Reales". Dazwischen gibt es aber noch eine ganze Menge anderer Möglichkeiten.

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#147 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Thaddäus » Mi 27. Apr 2016, 13:04

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Genau so, wie ein Schachcomputer kein Schach spielt, sondern seine Algorithmen Schachspielen nur simulieren.
Menschliche Schachspieler tun auch so, als würden sie Schach spielen, während sie in Wirklichkeit doch nur die Algorithmen ablaufen lassen, die man ihnen irgendwann beibrachte.
Nein, menschliche Spieler spielen tatsächlich Schach, gleichgültig was dabei genau in ihrem Hirn (und im sonstigen Körper) abläuft. Sie spielen original Schach. Nur um eine Simulation handelt es sich bei Schachprogrammen deshalb, weil die Züge hier mit Sicherheit anders generiert werden, als es das Gehirn bzw. der menschliche Spieler tut. Die Arbeitsweisen sind gänzlich unterschiedlich. Die Schach-Simulation ist in diesem Falle sogar besser als das menschliche Original, denn dummerweise gewinnen die besten Schachprogramme gegen die meisten Großmeister. Trotzdem ist es nur eine Simulation menschlichen Schachspielens, - eine ausgezeichnete Simulation, wenn man nur vom Erfolg ausgeht. Eine miserable, wenn man auch den Spaß am Spiel mit in Betracht zieht, denn ich fürchte, ein Schachprogramm hat keinen Spaß am Schachspielen. ;)

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#148 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Mi 27. Apr 2016, 13:11

sven23 hat geschrieben:Also wenn man sich nicht darüber einig ist, dass das Töten, Foltern, Verbrennen etc. von Menschen ein Verbrechen ist, dann wird's schwierig.
Diese SChwierigkeit ergibt sich nicht, wenn man erst gar nicht auf diese absurde Aussage kommt.

sven23 hat geschrieben: Hier bedarf es keiner Differenzierung.
Es bedarf in Bezug auf das Gesamtbild kirchlichen Handelns differenzierten Denkens - so war es geschrieben.

JackSparrow hat geschrieben: aufgrund meiner satanischen Ideologie gelangte ich zu der Erleuchtung, dass man Dinge, welche sich beobachten oder messen lassen, nicht in einen Topf werfen sollte mit Dingen, welche nie jemand auch nur ansatzweise beobachten oder messen konnte
Das ist sehr klug, weil Dinge, die man naturalistisch beobachten oder messen kann, sich dadurch von Dingen unterscheiden, die naturalistisch NICHT beobachtet oder gemessen werden können - insofern sind das in der Tat zwei Töpfe. - Aber das ist nicht gerade neu.

Pluto hat geschrieben:Welche konkreten Hinweise kannst fu für diese Gedanken vorlegen?
Genauso wenig wie Du für Deine Version: Aus einer Korrelation kann man Kausalität unterschiedlich sehen.

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#149 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von closs » Mi 27. Apr 2016, 13:23

Thaddäus hat geschrieben:Zu den Merkwürdigkeiten des Bewusstseins gehört, dass es offenbar keinen Unterschied macht, ob es eine Illusion ist oder keine.
Eben. :thumbup:

Thaddäus hat geschrieben:Es irritiert mich, dass hier immer nur die Radikalmeinungen vertreten werden: entweder das Bewusstein sei eine Art Gespenst, das entweder irgendwie im Körper/Gehirn mit drin steckt oder unsichtbar freischwebend über den Köpfen herumspukt; oder es sei überhaupt gar nichts "Reales".
Nee - man muss nicht radikal denken. - Es reicht, wenn man "Bewusstsein" als unabhängige Größe versteht, die entweder mit dem Körper verbunden ist oder nicht. - Im Hier besteht kein Zweifel, dass es untrennbar mit dem Körper verbunden ist.

"Unabhängig" heisst ja nicht, dass da ein Körper biologisch lebt UND dann noch ein Körper mit einzieht, sondern dass der Körper nur deshalb lebt, WEIL das Bewusstsein in ihm ist. - Ist der Körper aus biologischen Gründen nicht mehr lebensfähig, bleibt der Geist übrig, aber nicht mehr im Hier, weil unser Hier ja ein biologisches Hier ist. - Meinst Du, Descartes hat das anders gemeint? - Da er Christ war, denke ich eigentlich, dass er es so gemeint hat.

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#150 Re: Descartes und Glaube

Beitrag von Pluto » Mi 27. Apr 2016, 13:51

closs hat geschrieben:Es reicht, wenn man "Bewusstsein" als unabhängige Größe versteht, die entweder mit dem Körper verbunden ist oder nicht.
Meinst du?
Das Bewusstsein ist bei gesunden Menschen immer vorhanden, außer im Tiefschlaf oder unter Vollnarkose.
Hervorgebracht wird er durch zwei "Inputs":
(a) Durch körperliche Signale (Fünf Sinne und innere "Messungen")
(b) Durch Gehirn eigene Impulse oder Erinnerungen

closs hat geschrieben:Im Hier besteht kein Zweifel, dass es untrennbar mit dem Körper verbunden ist.
Ja. Bewusstsein ist ein untrennbarer Teil von uns.

closs hat geschrieben:"Unabhängig" heisst ja nicht, dass da ein Körper biologisch lebt UND dann noch ein Körper mit einzieht, sondern dass der Körper nur deshalb lebt, WEIL das Bewusstsein in ihm ist. - Ist der Körper aus biologischen Gründen nicht mehr lebensfähig, bleibt der Geist übrig, aber nicht mehr im Hier, weil unser Hier ja ein biologisches Hier ist. - Meinst Du, Descartes hat das anders gemeint? - Da er Christ war, denke ich eigentlich, dass er es so gemeint hat.
Descartes hat es eindeutig anders gemeint als du es beschreibst. Nach Descartes steuert der unabhängige Geist den Körper über die Zirbeldrüse. Hier eine von Descartes eigenen Zeichnungen:
Bild
Quelle: Dualismus (Ontologie)]
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