Alles Teufelszeug? II

closs
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#1061 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Di 5. Apr 2016, 20:56

Thaddäus hat geschrieben:Benenne eine Kommunikationssituation, in der Plausibilität NICHT im Sinne von vernünftig nachvollziehbarer Begreifbarkeit und logischer Konsistenz eines Gedankengangs oder einer Aussage verwendet wird.
Das ist eben gar nicht die Frage. - Die Frage ist, wann Plausibilität im Sinne von vernünftig nachvollziehbarer Begreifbarkeit und logischer Konsistenz eines Gedankengangs oder einer Aussage verwendet wird UND dabei weltanschaungs-bedingt unterschiedliche, gar sich widersprechende Ergebnisse rauskommen. DARUM geht es doch. - Mit Deiner Definition von Plausibilität bin ich doch einverstanden.

Thaddäus hat geschrieben:Dein Gegenargument ist: "Das geht doch gar nicht". Das könnte lustig sein, wenn es nicht so traurig wäre.
Du kapierst es wirklich noch nicht - nochmal:
1) Deine Definition von Plausibilität ist unbestritten.
2) Mit dieser Definition sind zu EINER Frage bei unterschiedlichen Weltanschauungen unterschiedliche, gar sich widersprechende Ergebnisse, was plausibel ist, möglich.
3) Bsp: Leibliche Auferstehung.

Wo kann es hier noch Fragen geben?

closs
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#1062 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Di 5. Apr 2016, 21:04

SilverBullet hat geschrieben:Es kommt nicht zustande, sondern es ist - es ist nicht Folge einer Entwicklung, sondern Teil des Wesens.“
Ja.

SilverBullet hat geschrieben:„Teil des Wesens“ bedeutet, dass du dem „allwissenden Ding“ keine Entscheidungsfreiheit zubilligst: „es muss wollen“.
Nein.

SilverBullet hat geschrieben:Was sollen ich und/oder meine Frau damit zu tun haben?
Ich wollte Dir den Unterschied zwischen wissen und erleben erläutern vermitteln, weil Du den Eindruck erweckt hat, es sei dasselbe.

SilverBullet hat geschrieben:Es schliesst aber alles ein, was da war, da ist und da sein wird, also alles, was überhaupt gewusst werden kann (in allen Alternativen!).
Ja.

SilverBullet hat geschrieben:Ist es nicht so, dass ein „allwissendes Ding“ dich weder erschaffen noch mit dir etwas zu tun haben will, weil es dich schon immer „in und auswendig" kennt und zwar in einer unendlichen Folge von Variationen?
Nein. - Wenn es mich in seiner Allmacht nicht geschaffen hätte, gäbe es doch überhaupt keine Veranlassung, mich "in und auswendig" zu kennen.

SilverBullet hat geschrieben:Das Problem ist: jetzt weiss es noch mal etwas Neues, nämlich, dass es eine Wissensmenge, mit allem Wissen plus einem Wissen von einer Wissensmenge mit allem Wissen, weiss.
Das sind Kapriolen - verstehe "alles" einfach als alles, was ist. - Nicht-Sein ist kein Sein. - Ich denke nicht, dass es nach der Aufhebung der Dialektik Platz für solche Windungen gibt.

SilverBullet hat geschrieben: „Allwissenheit“ ist eine unendliche Rekursion, die nicht vorkommen kann.
Genauso wie Achilles keine Schildkröte überholen kann - das sind sophistische Selbsttäuschungen.

SilverBullet hat geschrieben:=> Deine Behauptung „Gott“ sei „allwissend“ ist damit widerlegt und somit vollständig sinnlos.
=> Mit der Widerlegung von „Allwissenheit“ ist auch „Allvernünftig“ und „Allmächtigkeit“ widerlegt.
Kannst du diesen Beweis widerlegen?
Ich will es gar nicht können, weil Du auf einer künstlichen Ebene agierst, die nichts mit Sein/Realität zu tun hat. - Solche menschengemachten Ebenen sind Staub.

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Savonlinna
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#1063 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Di 5. Apr 2016, 21:15

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Plausibilität ist nicht von weltanschaulichen Maßstäben abhängig, sondern sie IST selbst der Maßstab.
Das geht doch gar nicht. - Deine Begründung, dass "plausibel" stehe für "vernünftig nachvollziehbar", etc. setzt doch voraus, dass "etwas" begründet "vernünftig nachvollziehbar", etc. ist. - Und diese Begründung ist doch gerade eben weltanschaulich bedingt.
Ihr habt beide sowohl Recht als auch Unrecht, aber in verschiedener Hinsicht.

Der Begriff "plausibel" hat sich eingebürgert auf der Basis der Vernunft, nicht auf der Basis einer Weltanschauung.
Soweit hat Thaddäus Recht.
Aber diese Einbürgerung beruht auf Übereinkunft der Bürger: es wurde festgelegt - durch den Gebrauch -, was als plausibel zu gelten hat, was nicht.
Es wurde sprachlich geregelt. Insofern hat closs Recht. Plausibilität gibt es nicht ohne Bezugspunkt.

Aber diese "Übereinkunft der Bürger" muss nachgewiesen werden. Es kann nicht jemand kommen und sagen: 'ich verstehe unter "plausibel" aber, dass Gott eine Frau ist', - nur weil es ihm selber plausibel erscheint.

Wenn jemand sich auf Logik bezieht, dann muss er diese Regeln anwenden. Er kann sie nicht nach Belieben brechen und dafür eine Mehrheit in Anspruch nehmen, die er nur behauptet, sich möglicherweise nur wünscht, aber nicht belegt.

Aber selbst die Regel "auf der Basis der Vernunft" muss erst geregelt haben, was "Vernunft" ist. Und diese Regelung geschieht in jahrhundertelangen Prozessen. Sie ist den meisten in Fleisch und Blut übergegangen, daher empfindet er sie möglicherweise als selbsterklärend.
Selbsterklärend ist der Begriff aber nicht. Er ist nur eben von den Bürgern - durch den Gebrauch - geklärt worden.

Hinzu kommt, dass ein introvertierter Mensch - und noch mehr ein zum Autismus neigender Mensch - ganz andere Plausibilitäten erkennt als einer, der sich leicht an die stillschweigenden Übereinkünfte der Bürger anpasst.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:...
Nehmen wir unser Beispiel:
Aus naturwissenschaftlicher/säkularer/materialistischer/etc. Sicht (suche Dir das Dir als am besten geeignet erscheindende Wort aus) ist es unplausibel, dass Jesus leiblich auferstanden ist - dies trifft auf meine uneingeschränkte Zustimmung. - Aus spiritueller/christlicher/gesamt-kanonischer/systematischer/etc. Sicht ist es dagegen plausibel.
Hier müsste man sorgfältig argumentieren.

Zum einen: Es gibt keine "christliche Sicht". Soviel Denkgenauigkeit muss sein. Es gibt nur viele unterschiedliche Sichtweisen der Christen.
Wem und wie vielen es "plausibel" erscheint, dass Jesus leiblich auferstanden sei, müsste erst überprüft werden, bevor man in unsauberer Argumentation und ohne Untersuchung irgendetwas behauptet.
Ich halte es für ausgeschlossen, dass es der Mehrheit der Christen "plausibel" erscheint, denn auch Christen leben in einer Gesellschaft, wo es Übereinkünfte gibt.

Ich halte es allerdings für nicht ausgeschlossen, dass oben erwähnte sehr stark introvertierte oder zum Autistischen neigende Menschen
- zum einen ganz andere Dinge für plausibel halten als Normalverbraucher, die von ihrer Natur her gesellschaftliche Konventionen leichter und genereller zum eigenen Maßstab nehmen
- zum zweiten ihr ganz eigenes Verständnis von Plausibilität anderen automatisch unterstellen.

Wenn man weiterhin berücksichtigt, dass es ganze Kulturen gibt, die mehr introvertiert ausgerichtet sind, andere - wie die unsere - extrem extravertiert ausgerichtet sind, dann kommen verschiedene generalisierte Auffassungen von "Plausibilität" entsprechend in verschiedenen Kulturen vor.

Zieht man weiter in Betracht, dass introvertierte Kulturen selbstredend auch extravertierte Menschen in ihrer kulturellen Gemeinschaft haben, so wie umgekehrt eine extravertierte Kultur selbstredend auch introvertierte Menschen in ihrer kulturellen Gemeinschaft hat:
dann ist klar, dass nur die sich in iherer Kultur - und in ihrem Zeitalter - heimisch fühlen, wo die beiden Veranlagungen jeweils deckungsgleich sind.
Ansonsten sind sie in ihrer eigenen Heimat Fremdlinge. Und werden oft auch als solche angesehen.

Insofern kann ich mir zumindest vorstellen und vor Augen führen, dass ein zum Autismus neigender Mensch es als völlig plausibel ansieht, dass Jesus leiblich auferstanden ist. Die Innenwelt ist ihm deutlicher und plastischer als die Außenwelt.

In einer extravertierten Kultur muss er lernen, dass "draußen" andere Plausibilitätsvorstellungen herrschen, er muss das lernen wie Vokabeln.
Seine "Vernunft" ist eine andere. Er findet die Auferstehung mögicherweise so normal wie andere einen Sonnenaufgang.

Sehr deutlich möchte ich sagen, dass ich Autismus oder auch Vorstufen dazu in keinster Weise als "psychische Störung" ansehe - so wenig wie das Frausein eine Störung ist oder die Homosexualität.

closs
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#1064 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Di 5. Apr 2016, 21:48

Im großen und ganzen finde ich Deine Analyse gut. :) - Auf dieser Basis einige Anmerkungen:

Savonlinna hat geschrieben:Sehr deutlich möchte ich sagen, dass ich Autismus oder auch Vorstufen dazu in keinster Weise als "psychische Störung" ansehe - so wenig wie das Frausein eine Störung ist oder die Homosexualität.
Ein wichtiger Schlusssatz!!

Savonlinna hat geschrieben:Zum einen: Es gibt keine "christliche Sicht".
Schon richtig - es war hier als Gegenstück ohne weitere Differenzierung zu agnostischen Sicht gemeint, die in sich natürlich auch verzweigt ist.

Savonlinna hat geschrieben:Wenn man weiterhin berücksichtigt, dass es ganze Kulturen gibt, die mehr introvertiert ausgerichtet sind, andere - wie die unsere - extrem extravertiert ausgerichtet sind, dann kommen verschiedene generalisierte Auffassungen von "Plausibilität" entsprechend in verschiedenen Kulturen vor.
Das denke ich auch. - Wenn man nun einen weiteren Schritt ginge und unsere westliche extrovertierte Sichtweise nicht wertend als "Fortschritt" deutete, sondern wertfrei als ein Phänomen, dann wäre dies schon fast ein Durchbruch.

Savonlinna hat geschrieben:Zieht man weiter in Betracht, dass introvertierte Kulturen selbstredend auch extravertierte Menschen in ihrer kulturellen Gemeinschaft haben, so wie umgekehrt eine extravertierte Kultur selbstredend auch introvertierte Menschen in ihrer kulturellen Gemeinschaft hat:
dann ist klar, dass nur die sich in iherer Kultur - und in ihrem Zeitalter - heimisch fühlen, wo die beiden Veranlagungen jeweils deckungsgleich sind.
Ansonsten sind sie in ihrer eigenen Heimat Fremdlinge. Und werden oft auch als solche angesehen.
So ist es - wobei dies wechseln kann. - Denn während vor Jahrhunderten ein Agnostiker ein Außenseiter war, ist heute ein spirituell Ausgerichteter ein Außenseiter - wobei auch hier wieder genau zu untersuchen wäre, was eigentlich "spirituell" ist. - Denn es ist anzunehmen, dass man im allgemeinen keinen qualitativen Unterschied zwischen einem christlichen Mystiker und einem Kartenleger zu machen in der Lage ist.

Savonlinna hat geschrieben:Insofern kann ich mir zumindest vorstellen und vor Augen führen, dass ein zum Autismus neigender Mensch es als völlig plausibel ansieht, dass Jesus leiblich auferstanden ist. Die Innenwelt ist ihm deutlicher und plastischer als die Außenwelt.
Das ist das Eine - das andere ist: Natürlich versteht man dann "leiblich" schon äußerlich als historisch geschehen.

Savonlinna hat geschrieben:In einer extravertierten Kultur muss er lernen, dass "draußen" andere Plausibilitätsvorstellungen herrschen, er muss das lernen wie Vokabeln.
Das ist ok und wird wahrscheinlich in der Regel sogar beherzigt - die wirklich spirituellen Menschen, die ich kenne, sind von der Außenwelt als solche nicht erkennbar, weil sie sich vollkommen "normal" verhalten.

Aber umgekehrt heisst es ebenfalls:
Wenn ein Buch (hier: Bibel) introvertierten Charakters ist, kann man nicht eine extrovertierte Interpretation desselben als "plausibel" im Sinne von "alternativlos" festklopfen. - Genau das ist mein Anliegen, wenn ich fordere, dass die HKM ihre Beobachtungen
* entweder gar nicht über eine rein sachliche Ebene hinaus interpretiert
* oder sowohl "extrovertiert" als auch "introvertiert" (ich übernehme hier Deine Begriffe) interpretiert.

Denn dann ist es sehr wahrscheinlich, dass man zu Themen wie "Jesu Naherwartung" und "leibliche Auferstehung" auch unter historischen Gesichtspunkten (= Projektion, was damals WIRKLICH geschah) zu unterschiedlichen Einschätzungen kommt.

Genau dies wird bisher von der heute dominanten Exegese-Version vermieden - und langsam kommt Gegenwind. - Man könnte es einfacher machen, wenn man es in EINER Disziplin vereinen würde, die groß genug wäre, beides zu fassen - ich meine, dass dies das Anliegen Ratzinger ist.

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#1065 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von SilverBullet » Di 5. Apr 2016, 22:09

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ist es nicht so, dass ein „allwissendes Ding“ dich weder erschaffen noch mit dir etwas zu tun haben will, weil es dich schon immer „in und auswendig" kennt und zwar in einer unendlichen Folge von Variationen?
Nein. - Wenn es mich in seiner Allmacht nicht geschaffen hätte, gäbe es doch überhaupt keine Veranlassung, mich "in und auswendig" zu kennen.
Falsch.

„Allwissenheit“ schliesst sämtliche Alternativen mit ein.
Das bedeutet, dass ein „allwissendes Ding“ weiss, dass es eine Welt planen wird, und es weiss, exakt, wie sich diese Welt in allen Alternativen entwickeln wird.
Man muss zu diesem Wissen sogar alle möglichen und unmöglichen Welten hinzunehmen.

Dieser Wissenszustand wird sich nicht verändern.
„Allwissenheit“ besagt, dass alles Wissen zur Verfügung steht.
Das würde bedeuten, dass „du“ darin enthalten bist, sobald die "Allwissenheit" vorliegt.

Eine Schöpfung, also eine tatsächliche Realisierung eines dieser Wissensalternativen ist vollständig unnötig.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Das Problem ist: jetzt weiss es noch mal etwas Neues, nämlich, dass es eine Wissensmenge, mit allem Wissen plus einem Wissen von einer Wissensmenge mit allem Wissen, weiss.
Das sind Kapriolen - verstehe "alles" einfach als alles, was ist. - Nicht-Sein ist kein Sein. - Ich denke nicht, dass es nach der Aufhebung der Dialektik Platz für solche Windungen gibt.
Nein, ein Beweis ist keine „Kapriole“, sondern das Aussagekräftigste, was wir zur Verfügung haben.

Der Beweis sagt aus, dass es kein „allwissendes Ding“ gibt und nicht geben kann.

Wenn Gläubige mit dem Wort „Gott“ auf „etwas Allwissendes“ abzielen, dann muss man sie darüber aufklären, dass dieses so genannte „allwissende Ding“ noch nicht einmal wissen kann, was es alles weiss. Es kann also noch nicht einmal das „nahe liegendste Wissen“ in Vollkommenheit erreichen.

Dadurch wird die Sinnlosigkeit des Attributes „allwissend“ offen gelegt.
Des Weiteren werden Religionsaussagen der Absurdität überführt.

Wenn du das nicht möchtest, dann musst du den Beweis widerlegen.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:„Allwissenheit“ ist eine unendliche Rekursion, die nicht vorkommen kann.
Genauso wie Achilles keine Schildkröte überholen kann - das sind sophistische Selbsttäuschungen.
Nein, natürlich nicht, denn der Trugschluss bei „Achilles und der Schildkröte“ ist, dass man übersehen hat, dass es sich um eine endliche Strecke und einen endlichen Vorsprung handelt, so dass der Überholvorgang exakt berechnet werden kann.

Diese „Abbruchbedingung“ gibt es in dem Beweis, den ich angegeben habe, nicht. (Dein Ablenkungsmanöver ist also nichts wert)

=> das „allwissende Ding“ wird nie ermitteln können, was es weiss und ist damit nicht allwissend.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:=> Deine Behauptung „Gott“ sei „allwissend“ ist damit widerlegt und somit vollständig sinnlos.
=> Mit der Widerlegung von „Allwissenheit“ ist auch „Allvernünftig“ und „Allmächtigkeit“ widerlegt.
Kannst du diesen Beweis widerlegen?
Ich will es gar nicht können, weil Du auf einer künstlichen Ebene agierst, die nichts mit Sein/Realität zu tun hat.
Nein, dieser Beweis gilt auch in deinem Weltbild.

Er gilt in jedem Weltbild, das mit Menschen zu tun hat.

Zitat-closs: „Solche menschengemachten Ebenen sind Staub

Ist das „Glaubenssprache“ für „ich weiss nicht mehr weiter“?

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Münek
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#1066 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Di 5. Apr 2016, 22:52

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Über welche Eigenschaften müsste nach eurer Meinung ein Gröpzil verfügen?"
Man müsste definieren, was man unter Gröpzil versteht - also anders rum. - Wenn man Gröpzil verstehen würde als das, was allwissend, allmächtig und über der Zeit ist, wäre es ein Synonym für Gott, Jahwe, etc.
Du beliebst zu scherzen. Den Kindern sollten keine Eigenschaften wie Allmacht, Allwissenheit, Überzeitlichkeit vorgegeben werden, sondern sie sollten diese Attribute von sich aus benennen. Da sie sich unter Gröpzil aber nichts vorstellen können, ist die Bastelstunde zu Ende, bevor sie begonnen hat.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich sprach von "göttlichem Wissen". Seit wann verfügen Kirchenvertreter über "göttliches Wissen"?
"Wissen" im absoluten Sinne kann eh keiner etwas - weder ein Naturwissenschaftler noch ein Papst.
Eben - nichts anderes wollte ich zur Kenntnis bringen. Die Amtsträger verfügen über kein "göttliches Wissen" und sind damit dem einfachen Gläubigen in nichts voraus.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich erkenne keinen Unterschied zwischen der menschlichen Erfindung göttlich notwendiger Eigenschaften und Deinen analytischen Erkenntnissen zur Definition.
Vielleicht anders rum: Die Definition richtet sich danach, was man aus spirituellen/ontologischen/dialektischen/philosophisophischen Gründen zu definieren für notwendig hält - dazu gehört eine Menge Analyse und spirituelles Gespür.
Sagen wir es doch einfacher: Der Wunsch ist der Vater des Gedankens. Hierzu gesellt sich ein gerütteltes Maß an Fantasie, welche dem Menschen in seiner Vorstellungs- und Traumwelt überreichlich zur Verfügung steht. Und die Plausibilität wird solange in eine dunkle Kammer gesperrt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese Fachkenntnis kann ich mir nicht erträumen. Völlig ausgeschlossen.
Das ist falsch - nochmal: Ich gehe aus geistigen Gründen genauso wie Du davon aus, dass die "Res extensa" "echt" sind. - Aber ich weiss es nicht, weil ich es nicht wissen KANN - und Du auch nicht.
Ich schließe die Möglichkeit absolut aus, dass die von uns als real erlebte Welt, ein Produkt MEINES Traumes sein kann. Völlig ausgeschlossen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich stimme Thaddäus Auffassung vollumfänglich zu.
Weil Du derselben Vereinbarung folgst - ontologisch zählen aber menschliche Vereinbarungen nichts.
Was Du in diesem Zusammenhang mit "ontologisch" meinst, erschließt sich mir nicht. Was hat Ontologie mit mangelnder Plausibilität zu tun? Wir reden doch hier über Dein Glaubenskonstrukt, dessen Plausibilität plausibel zu machen Du Dich offenkundig außerstande siehst.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Allein schon die Idee, der allmächtige Gott habe Bedürfnisse, die zu nachzuvollziehen glaubst, finde ich putzig.
Wie gesagt: Auch die Version, dass "die Welt" aus einem Quantenschaum entsteht, müsste hinterfragt werden nach ihrem Warum. - Auch da kann es "putzige" Antworten geben. - Entscheidend ist, was wirklich ist, egal ob wir putzige Erklärungen dafür finden oder nicht.
Lenke nicht ab. Wir reden hier nicht über Quantenschaum, sondern über Deine Behauptung, dass ein allmächtiges Wesen menschliche Bedürfnisse habe.

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#1067 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Di 5. Apr 2016, 23:09

SilverBullet hat geschrieben:Das bedeutet, dass ein „allwissendes Ding“ weiss, dass es eine Welt planen wird, und es weiss, exakt, wie sich diese Welt in allen Alternativen entwickeln wird.
Oder wie es sich entwickeln könnte, weshalb er fügend eingreift, damit sie sich "richtig" entwickelt.

SilverBullet hat geschrieben:Das würde bedeuten, dass „du“ darin enthalten bist, sobald die "Allwissenheit" vorliegt.
Ja - natürlich.

SilverBullet hat geschrieben:Eine Schöpfung, also eine tatsächliche Realisierung eines dieser Wissensalternativen ist vollständig unnötig.
Nein - weil nur so "ich" zu einer Entität werde. - Gott will doch nicht nur in seinen Wissensmöglichkeiten erkannte werden, sondern durch tatsächliche Entitäten.

SilverBullet hat geschrieben:Der Beweis sagt aus, dass es kein „allwissendes Ding“ gibt und nicht geben kann.
Sorry - das ist wirklich Unsinn. - Möglicherweise kann man das in einem schräg entwickelten System beweisen - aber das ist wirklich virtuelles Menschenwerk.

SilverBullet hat geschrieben:das „allwissende Ding“ wird nie ermitteln können, was es weiss und ist damit nicht allwissend.
:?:

SilverBullet hat geschrieben:Ist das „Glaubenssprache“ für „ich weiss nicht mehr weiter“?
Es Ausdruck davon, dass Du Dich hier in sophistische Denkmuster verrennst, die weder der menschlichen noch der göttlichen Realität entsprechen.

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#1068 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Di 5. Apr 2016, 23:21

Münek hat geschrieben:Da sie sich unter Gröpzil aber nichts vorstellen können, ist die Bastelstunde zu Ende, bevor sie begonnen hat.
Sie können sich auch nichts unter "Gott" oder "Stuhl" vorstellen, bevor sie wissen, dass mit dem Wort "Stuhl" das gemeint ist, worauf man am Tisch sitzt. - Man muss Worte definieren, damit sie eine Bedeutung haben können - es geht nicht anders.

"Gott/Göpzil hat die Welt erschaffen, liebe Kinder" - jetzt malt ("bastelt") das mal hin". - Die Aufforderung "Malt mal Göpzil hin, geht ohne Erläuterung nicht - das gilt auch für 'Stuhl'" - Die Kinder müssen erst mal wissen, was ein Stuhl ist.

Münek hat geschrieben: Die Amtsträger verfügen über kein "göttliches Wissen" und sind damit dem einfachen Gläubigen in nichts voraus.
So einfach geht's auch wieder nicht: Der Papst hat sicherlich mehr Wissen über Gott als ein einfacher Gläubiger. - Ein Verhaltens-Froscher hat auch kein "Entenwissen", aber mehr Wissen über Enten als andere.

Münek hat geschrieben:Sagen wir es doch einfacher: Der Wunsch ist der Vater des Gedankens.
Das wäre eine grob-platte Umschreibung dessen, was man "Setzung" nennt. - Nur ist das nicht entscheidend: Die Frage ist nicht, ob man sich Darstellungen denkenderweise sucht, sondern ob diese Darstellungen authentisch mit dem sind, was sie bezeichnen sollen.

Münek hat geschrieben:Ich schließe die Möglichkeit absolut aus
DU tust es - ich tue es auch. - Aber das ist eine Vereinbarung - wir können es nicht beweisen.

Münek hat geschrieben:Was Du in diesem Zusammenhang mit "ontologisch" meinst
Das, was jenseits von Vereinbarungen zutreffend ist.

Münek hat geschrieben:Wir reden hier nicht über Quantenschaum, sondern über Deine Behauptung, dass ein allmächtiges Wesen menschliche Bedürfnisse habe.
Aha - er muss also aufs Klo - oder wie? - Nein - Gott hat einen Willen.

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Savonlinna
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#1069 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Di 5. Apr 2016, 23:44

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Da sie sich unter Gröpzil aber nichts vorstellen können, ist die Bastelstunde zu Ende, bevor sie begonnen hat.
Sie können sich auch nichts unter "Gott" oder "Stuhl" vorstellen, bevor sie wissen, dass mit dem Wort "Stuhl" das gemeint ist, worauf man am Tisch sitzt. - Man muss Worte definieren, damit sie eine Bedeutung haben können - es geht nicht anders.
Meine Theaterarbeit ist ein Gegenbeweis.

Ich kann Kindern sehr wohl lediglich das Wort "Gröpzil" anbieten und sagen: 'Spiel jetzt mal den Gröpzil.'
Und dann spielt jemand den Gröpzil. Stellt sich auf die Bühne und lässt sich von seinen Impulsen leiten. Wörter haben ja immerhin auch einen Klang.

Gröpzil bekommt auf diese Weise mit der Zeit einen Charakter; und wenn es gut geht, einen sehr tiefen Charakter, in dem sich das ausdrückt, was das Kind gar nicht wusste, dass es das in sich hat.
Und es kann am Ende auch etwas Gottähnliches sein, denn auch davon weiß man, ohne zu wissen, dass man es weiß.
Mittels solcher Projektionen auf noch unbekannte Figuren kann man das Tiefste aus sich herausholen, auch sein innerstes Gottverstehen.

Beim Schreiben kann es ganz ähnlich sein.
Es fällt einem plötzlich irgend ein Phantasiewort ein, und man "phantasiert" über dieses Wort, bis man selber fasziniert ist und - sage ich in religiöser Begrifflichkeit - auf der Spur Gottes ist.

Per Definition erfährt man nie, was Gott ist. Da ist, wie Münek sagt, der Wunsch der Vater des Gedankens, und man bastelt sich ein Phantom zusammen.
Aber gibt man sich frei, folgt seinen Impulsen, kann Gott plötzlich auf der Plattform sein.

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#1070 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Mi 6. Apr 2016, 00:47

Savonlinna hat geschrieben:Meine Theaterarbeit ist ein Gegenbeweis.
Das würde ich aber in einem ganz anderen Feld einordnen. - Denn mit "Gröpzil" wird ganz Unterschiedliches assoziiiert werden - der eine assoziiert mit einem Berg in den Anden, weil er da schon immer mal hinwollte - der andere denkt an seinen älteren Bruder, der öfter mal grob zu ihm ist - usw. - Das würde ich eher in die Abteilung "Kreativitäts-Bildung", oä einordnen.

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