Ich bin immer heilfroh, wenn ich Übereinstimmungen entdecke. Dann kann ich auch die Unstimmigkeiten besser einordnen - sie bekommen dann einen Kontext für mich.SilverBullet hat geschrieben:Machen wir uns nichts vor, das wird auch demnächst wieder so sein.Savonlinna hat geschrieben:Ich habe schon manchmal scharf gegen Dich geschossen
(Betrachten wir dies also nur als kleines Intermezzo)
Die der Frauen und insgesamt Andersdenkender.SilverBullet hat geschrieben:Ja, verbale Gewalt, also „Gewalt durch Verteilung von Wertigkeit“, mit der die Stellung der Frau hinuntergedrückt wird.Savonlinna hat geschrieben:Die Kanonbildung war - und ist - verbale Gewalt!
Gewalt gegen Frauen - die man ausgeschlossen hat aus der Meinungsbildung
Da ich mich gerade mit der Sicht der heutigen katholischen Theologie bezüglich wissenschaftlicher Forschung auseinandersetze, ist es für mich von Bedeutsamkeit, dass gerade von katholischen Professoren - und Professorinnen! - diese Gewalttätigkeit des Kanons in den Fokus geraten ist und Neuansätze formuliert werden.
Ich bin kein Mensch, der ewig in den Wunden pult, sondern nach vorne schaut: Wo sehe ich Ansätze, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, sondern eine neue Basis zu etablieren.
Ich gebe Dir auf jeden Fall darin Recht - falls Du es so gemeint hast -, dass jeglicher verbale Anspruch auf Absolutheit unweigerlich Gewalt praktiziert.SilverBullet hat geschrieben:Wenn wir wollen, können wir es also „live“ nachempfinden, wie „schön“ es ist, von einem „Meinungs-Weltbild“ (mit Absolutheitsanspruch) beherrscht zu werden – wahrlich, wahrlich, eine feine Sache…
Auch die Sehnsucht nach Absolutheit ist eine Sehnsucht nach Gewalt.
Hier sehe ich es - insgesamt und unabhängig von Deinen Beispielen - pragmatischer. Als Sprachwissenschaftler sehe ich "Gott" nur als Begriff, niemals als Entität.SilverBullet hat geschrieben:Man muss bedenken, dass keiner dieser Religionssportler jemals wusste, was „Gott“ sein soll.
Keiner konnte/kann „an Gott“ glauben – sie waren/sind nur der Meinung, dass sie es können und dass ihre „Ideen“ („Unterscheidung der Geister“) und Handlungen absolut richtig sind.
Was de facto - jenseits aller Lippenbekenntnisse und Auftrumpfereien - konkret als "Gott" wahrgenommen wird, kann friedfertig und kann konkret sein.
Ich kann keinem Menschen verbieten, eine Schicht des Menschseins und deren Möglichkeiten mit "Gott" zu bezeichnen, welchselbige Schicht in jedem einzelnen Menschen angelegt ist und dort unterschiedlich benannt wird.
Genau das! Es geht nicht nur um religiöse Meinungs-Weltbilder.SilverBullet hat geschrieben:„Meinungs-Weltbilder“ haben aus meiner Sicht mehrere Folgen:
(hier geht es nicht nur um religiöse „Meinungs-Weltbilder“)
Oder der ursprüngliche Meinungsstifter wird zu einem solchen überhaupt erst gemacht.SilverBullet hat geschrieben:1.
Es bilden sich „elitäre Meinungsgeber“ und Machtstrukturen, also klar abgegrenzte „Wichtigkeitshierarchien“. Oft dauert es nicht lange und der ursprüngliche „Meinungsstifter“ wird zumindest als „Übermensch“ verehrt.
Das Bedürfnis, eine Elite zu sein, scheint mir da an ziemlich exponierter Stelle zu stehen ->
Das Elitäre - "Geistige verstehen sich untereinander wortlos" - ist bereits Gewalt. In dem Fall verbaler Machtanspruch ohne Legitimation, also psychische Gewalt.
Den Anspruch, auserwählt zu sein, fand man und findet man möglicherweise noch immer auch in politischen oder kulturellen Gruppierungen.SilverBullet hat geschrieben:2.
Es bildet sich ein Absolutheitsanspruch
(in Verbindung mit Gottes-Religionen bildet sich zusätzlich ein Auserwählt-Sein-Anspruch)
Dieser Anspruch resultiert aus einer bestimmten menschlichen Schwäche, die genauer zu bestimmen äußerst wichtig ist.
In kulturellen Gruppierungen ist das elitäre Denken allerdings in der Regel nicht gefährlich, in politischen und weltanschaulichen Gruppierungen hingegen ja.
Die Ich-Schwäche wird ausgeglichen durch das Sich-Stark-Fühlen in einer übergeordneten Weltanschauung.SilverBullet hat geschrieben:3.
Die „Anhänger“ können nach Belieben die „Meinung“ vorspielen und damit die Mächtigen unterstützen, auch wenn die Motivation dazu gar nicht in der eigentlichen „Meinung“ begründet ist. => unsinnige Verstärkung der Ausbreitung durch reines „Mitläufertum“ bzw. Unterdrückung und Abschreckung.
Da wird sogar die Ich-Schwäche oft nicht nur geheiligt, sondern auch hergestellt: das Individuum sei unwichtig, es müsse dem Übergeordneten notfalls geopfert werden.
Ja. Sie werden nicht als Teile eines gemeinsamen Ringens erkannt, auch nicht in der Zwiespältigkeit ihres eigenen Ringens erkannt, sondern en bloque mit Eigenschaften versehen, auf die sie reduziert werden.SilverBullet hat geschrieben:4.
„Meinungsgegner“ bzw. „abgespaltene Meinungsvarianten“ werden früher oder später massiv bekämpft.
Ich will darauf jetzt nicht konkreter eingehen; aber zumindest dies habe ich für mich selber erkannt:SilverBullet hat geschrieben:Der Gegensatz zum „Meinungs-Weltbild“ liegt im naturwissenschaftlichen Ansatz: hier muss eine eindeutige Interaktion mit einer Wahrnehmungsunabhängigkeit, also „Wirklichkeit“ vorliegen => es muss wahrnehmungsunabhängig funktionieren.
Meinungen kommen zwar auch hier vor, sind aber lediglich ein Hilfsmittel und werden als Schwachstellen betrachtet, die es zu bearbeiten gilt.
das wissenschaftliche Vorgehen insgesamt - das das Normative per se ausschließt - ist ein Weg, sämtliche Absolutheitsansprüche in sich selber als psychische Deformierung zu erkennen.
Die Geisteswissenschaften sind nicht "wahrnehmungsunabhängig". Sie fordern aber - als Wissenschaften -, die eigenen Wahrnehmungen detailliert zu erkennen und notfalls unschädlich zu machen.
Letzteres gelingt, es gelingt wirklich.
Die eigene Wahrnehmung aber wird - falls sie detailliert erkannt und beschrieben ist - zum Movens neuer Erkenntnisse.
Das ist anders als in den Naturwissenschaften, aber eine Weltsicht ist Gegenstand der Geisteswissenschaften.
Der persönliche Blick soll auch im wissenschaftlichen Akt Ausgangspunkt sein, aber er muss sich als im Konzert aller persönlichen Blicke verstehen lernen.