Alles Teufelszeug? II

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Halman
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#901 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Halman » Sa 2. Apr 2016, 21:59

Thaddäus hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die Aussage: "Jesus Christus ist leiblich von den Toten auferstanden" (weil Gott ihn hat von den Toten auferstehen lassen) ist NICHT plausibel, und vor allem will sie als Glaubensaussage auch gar nicht plausibel sein!
Warum nicht? - Natürlich will sie als Glaubensaussage plausibel im Sinne von heils-notwendig sein. - Kann etwas notwendig und gleichzeitig nicht plausibel sein?
Wenn Wunder plausible Erklärungen für Ereignisse der natürlichen Welt wären, wären es keine "Wunder" mehr. Sie verlören ihren Status des Besonderen, der gerade darin besteht, völlig unplausibel zu sein. Das Besondere des Glaubens an eine kontrafaktische leibliche Auferstehung Jesu besteht doch gerade darin, dass dieser Glaube völlig unplausibel ist, - weil er gegen alles verstößt, dass wir über das Sterben und Totsein von Menschen aus Erfahrung wissen.
Ja, genau so ist es.

Credo quia absurdum est.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

closs
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#902 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 2. Apr 2016, 21:59

sven23 hat geschrieben:In deiner Version wäre Philosophie eine höchst nutzlose Begleitmusik.
Wenn man Philosophie als Büttel des Materialismus versteht, ja.

sven23 hat geschrieben:Eine Fälschung ist eine Fälschung, ist eine Fälschung.
Wenn Du alles als "Fälschung" bezeichnest, was Veränderungen zu einem Bezugs-Text (welchen eigentlich?) aufweist, hast Du recht.

Aber in Bezug auf die Bibel gibt es auch noch die Frage, ob ein Schriftstück inhaltlich authentisch zu dem ist, was Jesus gemeint haben könnte. - Dann kann eine frühere Quelle "gefälschter" sein als eine spätere. - Man darf hier nicht zu starr denken - so einfach ist es nicht.

sven23 hat geschrieben:Es ändert aber nichts daran, dass damit eine bestimmte Täuschungsabsicht verbunden ist.
Es ist vollkommen offen, ob eine Täuschungs-Absicht vorliegt. - Es kann auch das Bestreben vorliegen, eine Täuschung in vorherigen Quellen zu revidieren.

Unter "Fälschung" würde ich deshalb nur das verstehen, was absichtlich einen anderen Sinn in einen Text installiert - normalerweise zum eigenen Nutzen. - Das gibt es in der Kirchengeschichte durchaus.

sven23 hat geschrieben:Das Gegenteil läßt sich eben nicht rekonstruieren.
Selbstverständlich - man muss nur die Stellen und Zusammenhänge betonen, die auf ein apokalyptisches Fern-Wiederkommen abzielen bzw. die Naherwartung auf die Kreuzigung resp. Verklärung beziehen - oder den Satz "Das Gottesreich ist nah" wörtlich verstehen - es ist in Deiner Nähe - schon heute.

sven23 hat geschrieben:Das gelang nicht mal Ratzinger, weshalb er ja um Vertrauensvorschuß und Glaubensentscheid bat.
Was ist denn DAS für ein Argument? - Glaubst Du Ratzi will einen Glaubens-Entscheid mangels Argumenten? Da würdest Du die systematische Theologie aber arg unterschätzen.

sven23 hat geschrieben:das ist weitgehend Konsens in der Forschung.
Wenn man "Forschung" auf das reduziert, was man selber als "Forschung" versteht, ist das gut möglich. - Und was soll das bringen?

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#903 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 2. Apr 2016, 22:15

SilverBullet hat geschrieben:Wenn es also letztlich in der Religion nur auf Aussagen ankommt, und eine gegenteilige Aussage vorliegt, dann liegt definitiv auch eine andere Möglichkeit vor.
Ja - natürlich. - Das hat Dialektik so an sich.

Es wird immer verschiedene Wahrnehmungs-Entwürfe zur selben Sache geben - was dann WIRKLICH "wahr" ist, erkennt der Mensch nur, wenn er erkennt, wie er erkannt ist (1.Korinther 13,12).

SilverBullet hat geschrieben:Das bedeutet, es existiert ein ganz anderer Religions-Entwurf auf dem „gleichen Sachverhalt“, was und wie auch immer der Sachverhalt genau war – wobei es wohl sogar viele Entwürfe gab.
Selbstverständlich. - Das ist überhaupt keine Überraschung.

SilverBullet hat geschrieben:Was bedeutet es, dass die Leute damals sozusagen komplett „durch den Wind waren“ und in alle Richtungen „Ideen“ entworfen haben?
Das ist schon wieder eine Wertung. - Andere würden sagen, dass sich Wahrnehmung auf unterschiedlicher hermeneutischer oder heilsgeschichtlicher (eigentlich ist es dasselbe) Ebene mit "etwas" auseinandersetzt - plattes Beispiel: "Gott ist ein alter Mann mit Bart" versus "Gott ist die Aufhebung der Dialektik". - Beide Sätze können auf ihrer Rezeptions-Ebene (oder soll ich Perzeptions-Ebene sagen, damit es nicht wieder Missverständnisse gibt) authentisch sein zum "etwas".

SilverBullet hat geschrieben:Die heutige „Eindeutigkeit“ der Bibelinhalte wurde, wenn ich es richtig verstehe, nicht dadurch hergestellt, dass man andere Meinungen beachtet hat, sondern genau das Gegenteil, also die Durchsetzung eines (konstruierten) Entwurfes erfolgte.
Moment - auch die heutige "Eindeutigkeit" (die es ja gar nicht gibt) ist keine Endstation - in 100 Jahren wird eine neue Epoche neue Wahrnehmungs-Formen mit sich bringen. - Wichtig ist nur, dass die Substanz nicht verloren geht.

Und beachtet wurden die anderen Meinungen auch - und fundamental-theologisch durchdekliniert (wenn wir jetzt mal die Kirche meinen) - und dann begründet verworfen (wobei ich nicht damit sage, dass jede Begründung eine berechtigte Begründung sein muss). - Aber dann kommt irgendwann auch die Frage: Wer außer der Kirche hat eine durchdachte Fundamental-Theologie, um überhaupt weitläufig begründen zu KÖNNEN?

SilverBullet hat geschrieben:Wie ich gelesen habe, gab es wohl bis zu dem ersten grossen Konzil (4.Jhd) einen Umgang mit den einzelnen Entwürfen auf Diskussionsbasis – danach auf Macht- und Verfolgungsbasis.
Gut möglich - je mehr eine Institution in weltlicher Macht eingebunden ist, desto mehr wird sie kontaminiert.

SilverBullet hat geschrieben:Ist es nicht höchste Zeit, die Gegenteilsmeinungen/-entwürfe zu beachten und das „Weltbild“ zu konfrontieren, in dem man es in Frage stellt und zwar so, dass „die Wände wackeln“?
Das wäre sogar wünschenswert. - Aber dann bitte mit fundamental-theologischer Kompetenz.

Mit "Meinung" allein ist es dann nicht getan. Dazu gehört auch schonungslose Selbst-Konfrontation in Bezug auf das eigene Fundament, aus der Gegenteilsmeinungen kommen. - Konkret: Wenn "Gegenteilsmeinungen" (direkt oder indirekt) materialistisch begründet sind, muss jedem (also auch den Gegenteilsmeinungs-Verfechtern) klar sein, dass man nicht in der selben Kategorie spricht. - Mir persönlich wäre es lieber, wenn man auf Augenhöhe anspruchsvolle Meinungs-Verschiedenheiten austauscht.

SilverBullet hat geschrieben:Müsste man dieses „Weltbild“ nicht zurück auf den Stand vor dem 4.Jhd setzen und es sich dann langsam durch Überzeugung hocharbeiten (oder untergehen) lassen?
Kann man rekonstruieren - why not?

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#904 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 2. Apr 2016, 22:18

Savonlinna hat geschrieben:Heute, so sagt er, fragt man sich, ob der "Kanon" überhaupt auf die Bibel begrenzt werden könne: da er ein künstliches Produkt sei
So ist es. - Ein wahrhaft geistig orientierter Mensch lässt sich auch nicht von Fragen nach "Kanon - ja oder nein" einengen, sondern fragt nach dem spirituellen Inhalt eines Textes. - Allerdings bedarf es dazu spiritueller Kompetenz, welche nicht objektivierbar ist.

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#905 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Sa 2. Apr 2016, 22:22

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eine Fälschung ist eine Fälschung, ist eine Fälschung.
Wenn Du alles als "Fälschung" bezeichnest, was Veränderungen zu einem Bezugs-Text (welchen eigentlich?) aufweist, hast Du recht.

Aber in Bezug auf die Bibel gibt es auch noch die Frage, ob ein Schriftstück inhaltlich authentisch zu dem ist, was Jesus gemeint haben könnte. - Dann kann eine frühere Quelle "gefälschter" sein als eine spätere. - Man darf hier nicht zu starr denken - so einfach ist es nicht.
Bei 4600 Abschriften lassen sich Veränderungen/Fälschungen ganz gut rekonstruieren

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ändert aber nichts daran, dass damit eine bestimmte Täuschungsabsicht verbunden ist.
Es ist vollkommen offen, ob eine Täuschungs-Absicht vorliegt. - Es kann auch das Bestreben vorliegen, eine Täuschung in vorherigen Quellen zu revidieren.
Das kann man glauben, wenn man sich die Hose mit der Kneifzange zumacht, aber die Absichten sind immer recht eindeutig.

closs hat geschrieben: Unter "Fälschung" würde ich deshalb nur das verstehen, was absichtlich einen anderen Sinn in einen Text installiert - normalerweise zum eigenen Nutzen. - Das gibt es in der Kirchengeschichte durchaus.
Genau so.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das Gegenteil läßt sich eben nicht rekonstruieren.
Selbstverständlich - man muss nur die Stellen und Zusammenhänge betonen, die auf ein apokalyptisches Fern-Wiederkommen abzielen bzw. die Naherwartung auf die Kreuzigung resp. Verklärung beziehen - oder den Satz "Das Gottesreich ist nah" wörtlich verstehen - es ist in Deiner Nähe - schon heute..
So einfach ist es nun doch nicht, da muß man viel weiter aushohlen. Das Johannesevangelium gilt sowieso weit weniger historisch zuverlässig als die Synoptiker. Dazu empfehle ich Theißen/Merz.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das gelang nicht mal Ratzinger, weshalb er ja um Vertrauensvorschuß und Glaubensentscheid bat.
Was ist denn DAS für ein Argument? - Glaubst Du Ratzi will einen Glaubens-Entscheid mangels Argumenten? Da würdest Du die systematische Theologie aber arg unterschätzen.
An Argumenten habe ich nichts vernommen. Hat er Forschungsergebenisse bezüglich der Naherwartung oder des Johannesevangeliums auf fachlicher Ebene entkräften können? Natürlich nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:das ist weitgehend Konsens in der Forschung.
Wenn man "Forschung" auf das reduziert, was man selber als "Forschung" versteht, ist das gut möglich. - Und was soll das bringen?
Wer versteht denn was anderes unter Forschung? Wir reden hier von der Leben-Jesu-Forschung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#906 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Sa 2. Apr 2016, 22:23

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bei closs muss man vorsichtig sein, weil er oft Dinge behauptet, die er in den seltensten Fällen belegen kann.
Zumindest immer seltener, weil es auch nichts nutzt, wenn man es belegt.
Es gehört einfach zu einem guten Diskussionsstil, dass man Behauptungen auch belegen kann, besonders wenn man auch noch behauptet, dieser oder jener habe dieses oder jenes gesagt.

Völlige Zustimmung. Es gab etliche Behauptungen von Kurts Seite, bei denen ich spontan dachte: Das kann nicht sein.

Wenn ich in diesen Fällen Kurt bat, seine Behauptungen doch bitte zu belegen, war die
Reaktion entweder Schweigen im Walde oder es kam ausweichendes Herumgeschwurbe-
le. Die erbetenen Belege wurden indes nicht geliefert.

Insofern gebe ich Dir recht, dass Kurts Behauptungen mit Vorsicht zu genießen sind.

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#907 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 2. Apr 2016, 22:32

Münek hat geschrieben:Wenn ich in diesen Fällen Kurt bat, seine Behauptungen doch bitte zu belegen, war die Reaktion entweder Schweigen im Walde oder es kam ausweichendes Herumgeschwurbele.
Was ich gefunden habe, habe ich belegt - und das war einiges. - Manches kam aus dem Gedächtnis und war für mich unauffindbar.

Auch zu Dir:
Es ist eh eine unnötige Übung. - Denn wieso sollte eine Aussage von mir, bei der hintedran steht "Sagt auch der, der und die und der" inhaltlich gewinnen oder verlieren? - Wie wäre es, wenn wir uns mal mehr um Inhalte kümmern würden? - Und nochmals: Wenn ich zitiere, auch aus dem Gedächtnis, ist dies normalerweise nicht, um mich dahinter zu verstecken, sondern weil da was in meinem Sinne gesagt wird, was nicht von mir stammt. - Das ist der ganze Grund. - Ich kann auch zukünftig Gedächtnis-Zitate als MEINE Produkte ausgeben, wenn Euch das lieber ist.

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#908 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Sa 2. Apr 2016, 23:01

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass der Mensch nicht von einem omnipotenten Geistwesen aus einem Erdenkloß geformt wurde, sondern ein Produkt der Evolution ist.
Ein wundervolles Beispiel, weil Du damit geradezu genial deutlich machst, dass Du "Plausibilität" als Folge Deines weltanschaulichen Maßstabs verstehst. - Genau mein Punkt.

Tut mir leid. Den Schöpfungsmythen kann ich nichts abgewinnen. Die sind Schnee von gestern.

Deine persönlichen, im illusionären Wunschdenken entwickelten Maßstäbe sind irrelevant.
Was die evolutionäre Entwicklung des Menschen betrifft, glaube ich der Wissenschaft und
nicht den mythologischen Schilderungen des "Alten Testaments".

Es ist noch gar nicht sooo lange her, dass insbesondere die katholische Kirche
die biblischen Schöpfungsmythen für unantastbare göttliche Wahrheiten hielt.

Nur sehr langsam und zähneknirschend hat sie einsehen müssen, dass das
"Wort Gottes" eben nicht das inspirierte Wort eines Gottes, sondern reines
Menschenwerk ist.

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#909 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Sa 2. Apr 2016, 23:12

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn ich in diesen Fällen Kurt bat, seine Behauptungen doch bitte zu belegen, war die Reaktion entweder Schweigen im Walde oder es kam ausweichendes Herumgeschwurbele.
Was ich gefunden habe, habe ich belegt - und das war einiges. - Manches kam aus dem Gedächtnis und war für mich unauffindbar.

Auch zu Dir:
Es ist eh eine unnötige Übung. - Denn wieso sollte eine Aussage von mir, bei der hintedran steht "Sagt auch der, der und die und der" inhaltlich gewinnen oder verlieren? - Wie wäre es, wenn wir uns mal mehr um Inhalte kümmern würden? - Und nochmals: Wenn ich zitiere, auch aus dem Gedächtnis, ist dies normalerweise nicht, um mich dahinter zu verstecken, sondern weil da was in meinem Sinne gesagt wird, was nicht von mir stammt. - Das ist der ganze Grund. - Ich kann auch zukünftig Gedächtnis-Zitate als MEINE Produkte ausgeben, wenn Euch das lieber ist.

Ruhig Blut. Ich bin nur dann "zurückgezuckt", wenn mir eine Deiner Behauptungen auf Anhieb als falsch auffiel.

Nur dann habe ich nachgefragt und um Belege gebeten. Und diesbezüglich
bin ich von Dir eigentlich immer enttäuscht worden.

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#910 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 2. Apr 2016, 23:21

sven23 hat geschrieben:Bei 4600 Abschriften lassen sich Veränderungen/Fälschungen ganz gut rekonstruieren
Natürlich geht das. - Ich halte es nur mit der Wissenschaft und stelle Beobachtung über Bewertung - das heisst konkret: Ob es nun eine Veränderung (zu einer älteren Quelle) ist in Bezug auf eine Evangelium oder auf ein "Vater unser" (sehr häufiger und sprachwissenschaftlich eminentes Beispiel): Man muss im Einzelfall prüfen, WARUM es diese Veränderung gibt.
* Hatte der Schreiber eine Vor-vor-vor-Quelle zur Hand, die wir heute nicht mehr kennen?
* Hat er absichtlich gefälscht, weil er (kirchen-) politische Gründe hatte?
* Ist eine Veränderung rein sprach-wissenschaftlicher Natur? - Auch das gibt es.
* Ist eine Veränderung gar eine Verbesserung, weil man inzwischen hebräische Quellen gefunden hat, denen nach die älteren Quellen missverständlich oder gar falsch übersetzen?

Da gibt es unheimlich viele Möglichkeiten. - Von "Fälschungen" zu sprechen, nur weil was anders ist als vorher, ist zu wenig.

sven23 hat geschrieben:Das kann man glauben, wenn man sich die Hose mit der Kneifzange zumacht, aber die Absichten sind immer recht eindeutig.
Wie gesagt: Bei seriöser Wissenschaft wird man differenziert untersuchen - übrigens auch aus Sicht unterschiedlicher Weltanschauungen untersuchen. - Denn ein Wissenschaftler, der meint, es sei unwissenschaftlich, eine leibliche Auferstehung Jesu für möglich zu halten, wird andere Wertungen in solchen Fragen haben als ein spirituell orientierter Mensch.

Immer wieder dasselbe: Man muss scharf zwischen wissenschaftlicher Beobachtung und deren weltanschaulicher Interpretation unterscheiden.

sven23 hat geschrieben:Das Johannesevangelium gilt sowieso weit weniger historisch zuverlässig als die Synoptiker.
Glaube ich gerne. - Aber nicht eine historische Konstellation ist entscheidend, sondern das, was in einem Text steht: Ist es spirituell tragbar oder nicht? (Das gilt natürlich dann, wenn man nicht nur Stoffsammlung macht, sondern auch interpretieren will).

sven23 hat geschrieben: Hat er Forschungsergebenisse bezüglich der Naherwartung oder des Johannesevangeliums auf fachlicher Ebene entkräften können? Natürlich nicht.
Inhatlich schon - nur hat interpretiert er dabei halt auf anderen weltanschaulichen Grundlagen als ein Wissenschaftler, der meint, es sei unwissenschaftlich, eine leibliche Auferstehung Jesu für möglich zu halten.

Wir sprechen hier nicht von unterschiedlicher wissenschaftlicher Sorfalt, sondern von unterschiedlichen Weltanschauungen bei der Interpretation.

sven23 hat geschrieben:Wer versteht denn was anderes unter Forschung?
Handwerklich reden wir vom selben - die Interpretations-Basis kann unterschiedlich sein.

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