Alles Teufelszeug? II

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Savonlinna
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#381 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Di 22. Mär 2016, 12:55

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:An solchen Sätzen sehe ich, dass es Dir unmöglich um Wahrheit und Gott gehen kann.
Selbstüberhebung. - Es ist halt nicht so einfach, wie man es manchmal gerne hätte.
Schlauer Satz.
Und ich hätte es keineswegs gerne, dass Du nur schlau bist. Ich wünschte das Gegenteil.
Aber Du benutzt die Sprache als Hure, den Begriff hast Du mir klargemacht.

SilverBullet
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#382 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von SilverBullet » Di 22. Mär 2016, 13:49

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wenn keine Antwort vorliegt, man sich aber „so verhält als ob“, dann ist dies zu allen Zeiten, egal bei welchem Thema, ein „illusionärer Vorgang“.
Dann wäre möglicherweise so ziemlich alles eine Illusion.
Wieso, kommt es bei dir so häufig vor, dass du eine Frage wie eine Antwort behandelst?

Zitat-closs: „Insofern folge ich Deinem Gedankengang nicht - ich glaube sehr wohl, dass es vielerlei Realität gibt

Ich sage aktuell doch gar nichts über Realität aus, sondern nur über die Tatsache, dass man eine Frage falsch behandelt.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:ob man über Scholastik und Hermeneutik eine Frage wie eine Antwort behandeln soll.
Nein - man gibt vorläufige Antworten je nach eigenem Erkenntnis-Status - ein Prozess (hermeneutischer Zirkel).
Du hast selbst gesagt, dass man dort „Gott als Axiom“ annimmt.

D.h. man steckt den Fehler, also das "Behandeln der Frage als Antwort", bereits vorne hinein, rührt ein wenig herum und ist am Ende froh, dass die Frage auch wieder als Antwort heraus kommt.

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Münek
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#383 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Di 22. Mär 2016, 13:58

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Dass der Mensch als Eigeninstanz über methodischer Logik stehen muss und ein geistiges Veto-Recht über Selbstläufer-Ergebnisse von einzelnen Denk-Modellen einzelner Methodiken behalten muss.
Ein Schelm, wer da an Verschwurbelungsrethorik denkt. :yawn:

Ich würde es als sinnfreies Wortgeklingel bezeichnen.

Hemul
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#384 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Hemul » Di 22. Mär 2016, 15:28

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:An solchen Sätzen sehe ich, dass es Dir unmöglich um Wahrheit und Gott gehen kann.
Selbstüberhebung. - Es ist halt nicht so einfach, wie man es manchmal gerne hätte.
Schlauer Satz.
Und ich hätte es keineswegs gerne, dass Du nur schlau bist.
Schlau hin oder auch her. Nur hier kann clösschen den schlauen "LARRY" markieren und falls es ungemütlich wird rucki-zucki ins Nirvana abtauchen. Wo aber die Bibel im Mittelpunkt steht und wirkliche Fachleute gefragt sind überlässt er diesen undankbaren Part seinem Busenfreund lovetrail und lässt diesen sich hier die feinen Finger verbrennen.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

closs
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#385 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Di 22. Mär 2016, 19:42

Savonlinna hat geschrieben:Und ich hätte es keineswegs gerne, dass Du nur schlau bist. Ich wünschte das Gegenteil.
Dein wohlwollendes Ansinnen nehme ich Dir wirklich ab - wenn ich nur von Dir mal was hören würde, was mich weiterbringen könnte ...

SilverBullet hat geschrieben:Wieso, kommt es bei dir so häufig vor, dass du eine Frage wie eine Antwort behandelst?
Möglicherweise, weil Fragen als rhetorische Fragen daherkommen.

SilverBullet hat geschrieben:Du hast selbst gesagt, dass man dort „Gott als Axiom“ annimmt.
Genau genommen hat man ein subjektives geistiges Vorwissen über etwas über uns und nennt es Gott. - Dem versucht man näher zu kommen.

Kennst Du mich? Nein. - Hast Du ein Vorwissen über mich? Ja. - Ist dieses Vorwissen korrekt? Weiss man nicht, aber es ist da. - Du fängst also irgendwo an, wo schon was ist, wenn Du mich kennenlernen wolltest.

Münek hat geschrieben:Ich würde es als sinnfreies Wortgeklingel bezeichnen.
In aller Zurückhaltung: Sätze wie der Deinige kommen auffällig oft dann, wenn es von der Oberfläche weg geht.

Hemul hat geschrieben: ins Nirvana
Dito.

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Thaddäus
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#386 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Thaddäus » Di 22. Mär 2016, 19:52

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Erkenntnisse der historisch-kritischen Forschung waren nicht gerade schmeichelhaft für die Glaubensdogmatiker.
Manchmal zu recht. - Aber den eigentlichen Dogmen kann die HKM weder schaden noch schmeicheln, weil es zwei komplett unterschiedliche Baustellen sind.
Deine oben von mir fett gesetzte Behauptung/Prämisse ist - wie bereits aufgezeigt - aus diversen Gründen falsch. Die wissenschaftstheoretischen wurden bereits genannt, von dir aber nicht gewürdigt, obwohl sie plausibel sind. Vielleicht kann dir ein Gedankenexperiment besser verdeutlichen, inwiefern deine Prämissen falsch sein müssen.

Zu diesen Prämissen gehört, dass man den Kanon nur vom Jetztstandpunkt christlich (katholischen) Glaubens, der Tradition (der rkK) und einiger ihrer zentralen Dogmen "richtig" verstehen kann, - nicht aber vom "bloß" wissenschaftlichen Standpunkt der HKM (= die hermeneutische Haltung der Ratzinger-Exegese und der kanonischen Exegese und deiner). Du benutzt die Prämisse, um z.B. die historisch-kritisch belegbare Naherwartung Jesu umzudeuten in eine Fernerwartung, um Jesu Gottessohnschaft zu begründen sowie für deine Behauptung, die HKM sei nicht zuständig für Glaubensaussagen etc.

Man nehme Folgendes an:
Es ist zwar höchst unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen, dass noch ein "Evangelium" von Jesus selbst gefunden wird. Geschrieben in aramäischer Sprache und logischerweise abbrechend spätestens mit der Gefangenenahme Jesu, ist es durch Erzählperspektive und -haltung, Stil und aufgrund der darin beschriebenen Ereignisse etc. mit hoher Sicherheit Jesus selbst zuzuordnen.

Wenn in diesem Jesus-Ev. nun stünde, was die HKM als wesentliche Erkenntnisse herausgefunden hat, nämlich z.B. seine Naherwartung, dass er ein Jünger des Johannes war, dass er als zentrale Botschaft das nahe Gottesreich verkündete, dass er keine Naturwunder gewirkt hat, es in seinem Evangelium keine Weinhachtsgeschichte gibt, dafür aber andere Erzählungen, die bei den Evangelisten nicht zu finden sind; dass er sich ausschließlich zu den Juden gesandt sah, dass er sich lediglich als Prophet verstand usw. usf., - dann könnte man unter der hermeneutischen Prämisse der kanonischem und Ratzinger-Exegese (sowie deiner) die Relevanz dieser authentischen Quelle für den christlichen Glauben schlichtweg leugnen. Vom dogmatischen Jetztstandpunkt deines und des katholischen Glaubens aus gesehen passen die Ergebnisse in wesentlichen Punkten nicht zu deren dogmatisierten Glaubensinhalten vor allem in der rkK.

Damit hätten wir den Fall, dass selbst eine höchstwahrscheinlich authentische Jesus-Quelle die hermeneutische Prämisse der kanonischen und Ratzinger-Exegese (sowie deine) nicht widerlegen oder auch nur korrigieren könnte. Nicht einmal ein Evangelium, geschrieben von Jesus selbst und die darin enthaltenen christlichen Herrenworte sind also in der Lage, den Jetztstandpunkt christlich (katholischen) Glaubens, der Tradition (der rkK) und einiger ihrer zentralen Dogmen zu korrigieren. Deine und Ratzingers hermeneutische Glaubens-Prämisse stellen faktisch eine Immunisierung sogar vor einem vermutlich authentischen Jesus-Ev. dar. Diese Konsequenz trifft natürlich auf alle fundamentalistisch-hermeneutischen Ansätze zu, die ausschließen, dass Ergebnisse der historisch-kritischen Methode ihre Glaubensinhalte als falsch erweisen könnten.

Deine und Ratzingers hermeneutische Glaubens-Prämisse entspricht damit der des Großinquisitors in Fjodor Dostojewskis Binnenerzählung "Der Großinquistor" in seinem Roman "Die Brüder Karamasov".
Ich führe diese Erzählung hier keineswegs aus polemischen Gründen an. Vielmehr stimmen deine und Ratzingers hermeneutische Glaubensprämissen tatsächlich mit denen des Großinquisitors in dieser Erzählung grundsätzlich überein!

In dieser berühmten Binnenerzählung erscheint Jesus Christus im Sevilla des 16. Jahrhunderts, kurz nachdem der dortige Großinquisitor - seinen römisch-katholischen Glaubensüberzeugungen konsequent folgend - eine große Anzahl von Ketzern hat verbrennen lassen. Der wiedererschienene Jesus spricht kein Wort, wird aber von allen, denen er begegnet, sofort als der tatsächlich wiedergekehrte Jesus Christus erkannt. Auch vom Großinquisitor, der ihn gefangen nehmen lässt. Der Großinquisitor besucht Jesus im Gefängnis und macht ihm schwere Vorwürfe, denn er habe den Menschen eine Freiheit gegeben, mit der sie einfach nicht umgehen könnten. Erst die römisch-katholische Kirche habe den Christenmenschen einen klaren und eindeutigen Weg des Glaubens aufgezeigt, mit dem sie leben können und Ordnung in diese chaotische Welt gebracht. Der Großinquisitor erklärt Jesus Christus, dass er besser nicht wiedergekehrt wäre, weil dies nur Unruhe und Zweifel in den christlichen Geist der Menschen bringen könne.

Deine und Ratzingers hermeneutische Glaubens-Haltung, die eine Irrtumslosigkeit des Jetztstandpunktes christlich (katholischen) Glaubens voraussetzt, entspricht exakt dieser Haltung des Großinquisitors. Es ist in der Tat eine nicht falsifizierbare hermeneutische Glaubens-Haltung. Die Absurdität dieser Haltung ergibt sich zwingend daraus, dass sie selbst durch ein authentisches Jesus-Evangelium bzw. authentische Jesusworte nicht widerlegbar oder korrigierbar ist, weil Glaubensinhalte dogmatisch als korrekt vorausgesetzt werden, sie sich aber nicht an dem ausrichten, was über die wahrscheinlich authentische Haltung von Jesus Christus herausgefunden werden kann. Die Absurdität ist eine Konsequenz der petitio principii, die deiner und Ratzingers hermeneutischer Haltung inhärent ist.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Di 22. Mär 2016, 19:58, insgesamt 1-mal geändert.

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Savonlinna
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#387 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Di 22. Mär 2016, 19:58

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Und ich hätte es keineswegs gerne, dass Du nur schlau bist. Ich wünschte das Gegenteil.
Dein wohlwollendes Ansinnen nehme ich Dir wirklich ab - wenn ich nur von Dir mal was hören würde, was mich weiterbringen könnte ....
Der Zug ist längst abgefahren.
Anfangs dachte ich, wir bringen uns weiter. Bis ich schlussendlich begreifen musste, dass Du nur schlau bist und immer Recht haben willst.
Dir kann ich nichts geben.

closs
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#388 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Di 22. Mär 2016, 21:04

Thaddäus hat geschrieben: Die wissenschaftstheoretischen wurden bereits genannt, von dir aber nicht gewürdigt, obwohl sie plausibel sind.
Dem steht gegenüber, dass Erfahrungswerte aus anderen Literaturgattungen nicht unbedingt per Analogie-Bildungen übertragbar sind.

So kann das Argument "Wir stellen aus anderer Literatur fest, dass ältere Quellen authentischer zum Ursprung sind" im Fall der Bibel gerade falsch sein - Begründungen dafür habe ich ebenfalls mehrfach gegeben - ohne Resonanz, geschweige denn Verarbeitung. - Auch meine Version ist plausibel. Wer entscheidet nun, welche Plausibilität gültig ist?

Thaddäus hat geschrieben:Zu diesen Prämissen gehört, dass man den Kanon nur vom Jetztstandpunkt christlich (katholischen) Glaubens, der Tradition (der rkK) und einiger ihrer zentralen Dogmen "richtig" verstehen kann
So habe ich es nie verstanden - sogar die RKK räumt meines Wissens ein, dass Dogmen weiter entwickelt werden können (kam mir neulich bei einem Google-Link vor die Flinte).

Unter "Dogma" verstehe ich eigentlich eine Lehraussage der RKK "So sehen wir es". - Dogmen, deren Begründungen ich verfolgt habe, erschienen mir sehr fundiert zu sein - aber eben geistig und nicht historisch begründet.

Thaddäus hat geschrieben:nicht aber vom "bloß" wissenschaftlichen Standpunkt der HKM
Kannst Du mir mal auf die Sprünge helfen und ein Dogma nennen, das per HKM falsifiziert werden könnte? - Ich kenne nicht alle katholishen Dogmen, aber diejenigen, die ich kenne, sind rein geistiger Natur und fundamental sehr gut begründet. - Wo hat hier die HKM etwas zu suchen?

Thaddäus hat geschrieben:Du benutzt die Prämisse, um z.B. die historisch-kritisch belegbare Naherwartung Jesu umzudeuten in eine Fernerwartung
Die historisch-kritischen Belege sind aus meiner Sicht Fehldeutungen aufgrund von falschen Analogie-Bildungen - stelle Dir folgendes Szenario vor:

Jesus wäre tatsächlich "Gott im Menschen", also nicht ein beliebiger Wanderprediger - nicht falsifizierbar. - Und nun käme "Gott im Menschen" alias Jesus, um einen Paradigmen-Wechsel zu verkünden - "ich aber sage Euch". - Weiter würde er die äußeren Zeichen einer Religions-Zugehörigkeit durch innere Zeichen ersetzen - "innere statt äußere Beschneidung". - Kommt alles in der Bibel vor.

Als "Gott im Menschen" würde Jesus weiterhin sagen können "Mit mir und meiner Auferstehung ist das Reich Gottes unwiderruflich nah" - kommt auch con variazione an jeder Ecke in der Bibel vor. - So - und jetzt kommt die HKM und sagt "Nee, nee - es ist nachgewiesen <also Faktum>, dass Jesus eine Naherwartung hatte". - Würde Jesus nicht auferstanden sein, würde er sich bei solchen Aussagen im Grab umdrehen. :devil:

Und somit haben wir den Fall, dass Jesus eine Naherwartung hatte, wenn man den methodischen Erfahrungswerten der HKM folgt - eine Methode übrigens, die nicht umhin kann, Jesus NICHT als "Gott im Menschen" zu sehen, weil es ja nicht falsifizierbar ist. - Die HKM muss also eine so nicht genannte, aber als solche wirkende Prämisse voranstellen mit dem Inhalt "Jesus ist nicht Gott im Menschen". - Und dann kann sehr wohl folgerichtig das rauskommen, was Du sagst - unbenommen.

Was ist dann Wissenschaft, wenn sie nur den einen Fall von zwei möglichen berücksichtigen kann?

Thaddäus hat geschrieben:Es ist zwar höchst unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen, dass noch ein "Evangelium" von Jesus selbst gefunden wird. ... Wenn in diesem Jesus-Ev. nun stünde, was die HKM als wesentliche Erkenntnisse herausgefunden hat, nämlich z.B. seine Naherwartung, dass er ein Jünger des Johannes war, dass er als zentrale Botschaft das nahe Gottesreich verkündete, dass er keine Naturwunder gewirkt hat
Dann würde das System RKK zusammenbrechen. - Dann wäre der Glaube der RKK falsch gewesen.

Aber stelle Dir auch vor, dass ein Jesus-Evangelium gefunden werden würde, das Ratzinger voll bestätigt: Jesus sah sich selbst als Nähe des Gottesreichs, die durch seine Auferstehung bleibend fürs Dasein ist. - Was würde dann die HKM sagen, die vorher Gegenteiliges als nachgewiesenes Faktum bezeichnet hätte?

Deshalb: Ich verstehe nach wie vor nicht, warum die WISSENSCHAFT HKM nicht beide Möglichkeiten durchspielt:
1) Wie interpretieren wir, falls Jesus lediglich EINER von vielen Wanderpredigern war?
2) dito "Gott im Mensch" war?

Meinst Du wirklich, es sei Voraussetzung für den ergebnisoffenen Umgang mit einem Werk, dass man es geistig NICHT versteht? - Genau so kommt es rüber.

Thaddäus hat geschrieben:Damit hätten wir den Fall, dass selbst eine höchstwahrscheinlich authentische Jesus-Quelle die hermeneutische Prämisse der kanonischen und Ratzinger-Exegese (sowie deine) nicht widerlegen oder auch nur korrigieren könnte.
Zunächst: Ich bin nicht die Rkk, nicht einmal Mitglied derselben. - Ich bilde mir nur ein, die Qualität deren Argumentationen nachvollziehen zu können, und finde deren Argumentations-Niveau i.d.R. anspruchsvoller als anderes.

Davon abgesehen:
Käme ein Jesus-Evangelium auf, das allseits als authentisch angesehen werden würde - das wollen wir der Einfachheit halber voraussetzen - , hätten wahrscheinlich die Juden recht, die in Jesus nur einen Propheten erkennen würden. - Mich würde dies sehr überraschen, aber nicht aus den Latschen hauen. - Dann müsste man die geistigen Erkenntnisse, als deren Quelle man Jesus vorher gesehen hätte, anders zuordnen. - Denn an den Erkenntnissen ändert sich ja nichts.

Welche geistigen Erkenntnisse (nein, nicht intersubjektiv nachweisbar, aber milliardenfach geteilt) wären dies? - Bspw. dass der Mensch PRIMÄR nicht aus Materie kommt, sondern aus dem Geist. - Dass Gott - modern gesprochen - die Aufhebung der Dialektik ist ("Gott ist die Liebe" ist im Grunde dasselbe - aber dann müsste man diskutieren, was "Liebe" eigentlich ist - und schon wird's wieder fundamental - aber dazu braucht man kein NT).

Dass Leid der Indikator für die Differenz zwischen göttlichem Sein und menschlichem Dasein ist. - Dass "Sündenfall" die Chiffre für die Differenz zwischen Gott-Aufhebung und Ich-Orientierung ist - die durch Jesus aufgehoben wird - das ist ja der Gag der sog. "Erlösung". - Etc., etc. - abendfüllend.

Das alles bliebe, nur dass der Schlussstein der Auflösung/Erlösung/Aufhebung nun doch noch nicht da wäre - für den Fall, dass eine Jesus-Evangelium etwas ganz anderes sagen würde, als es die RKK glaubt zu wissen. - Dann wären wir halt in einem anderen geistigen Zeitalter, als wir gedacht haben. - Wie gesagt: Würde mich sehr überraschen, aber es würde für mich nichts ändern, weil Überzeitliches alias Geistiges unabhängig von zeitlichen Abläufen funzt.

Mit anderen Worten: Auch ich würde nicht ausschließen, dass die Juden recht haben. - So what?

Thaddäus hat geschrieben: Der Großinquisitor erklärt Jesus Christus, dass er besser nicht wiedergekehrt wäre, weil dies nur Unruhe und Zweifel in den christlichen Geist der Menschen bringen könne.
Eine sehr wahre Geschichte, die den Nagel auf den Kopf treffen lassen. - "Fundamental-geistig" wäre hier eher Dostojewski zu nennen - bravo.

Auf mich trifft dies nicht zu - ist auch irrelevant - und wie ich glaube, auch nicht auf Ratzinger. - Ich denke, dass er sehr viel differenzierter denkt, als hier dargestellt wird.

Thaddäus hat geschrieben:Deine und Ratzingers hermeneutische Glaubens-Haltung, die eine Irrtumslosigkeit des Jetztstandpunktes christlich (katholischen) Glaubens voraussetzt, entspricht exakt dieser Haltung des Großinquisitors.
Meine sowieso nicht. Ich bin erst zum Christentum gestoßen, NACHDEM ich auf anderem Weg geistige Kontexte erkannt habe - die ich dann - für mich überraschenderweise!!!! - im Christentum wiedergefunden habe. - Das hat - anderes Thema - etwas mit Dialektik und Ontologie zu tun - im Ursprungssinne dieser Begriffe, also nicht im Sinne von speziellen Schulen. - Aber das wäre wirklich ein anderes Thema.

Thaddäus hat geschrieben: Die Absurdität dieser Haltung ergibt sich zwingend daraus, dass sie selbst durch ein authentisches Jesus-Evangelium bzw. authentische Jesusworte nicht widerlegbar oder korrigierbar ist
Doch - auch Dogmen sind falsifizierbar - nur halt nicht unbedingt im Dasein.

Thaddäus hat geschrieben:Die Absurdität ist eine Konsequenz der petitio principii, die deiner und Ratzingers hermeneutischer Haltung inhärent ist.
Letztlich gibt es diesen Zirkelbeweis auch bei der HKM - denn da sie aus methodischen Gründen nicht davon ausgehen darf, dass Jesus Gott ist, kann sie Jesu Worte nur als "normale" Menschenworte interpretieren. - Auch hier macht die Voraussetzung den Nachweis. Die HKM ist nur ergebnisoffen im Rahmen ihrer Prämissen. - Weshalb ich ja so sehr dafür plädiere, dass sie nur im Rahmen ihrer Prämissen forscht und sich geistiger Aussagen ("Jesus hatte eine Naherwartung" = Fakt) enthält.

Allerdings ist mir die RKK insofern sympathischer als die HKM (nach Deinem Verständnis), dass die RKK mit offenem Visier spricht - will heißen: Die Rkk bekennt sich dazu, etwas zu glauben und nicht zu wissen, während die HKM (im hier vorgetragenen Sinne) nicht weiss, dass sie ebenfalls glaubt, also - auch noch in überlegener Attitüde - meint, mit ihrem Methoden-Wissen qualitativ über einem hermeneutischen Glaubens-Wissen zu stehen. - Da wünschte ich mir manchmal etwas mehr intellektuelle Ambitioniertheit, indem man einfach über sein methodisches System hinausdenkt.

So weit erst mal.

Hemul
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#389 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Hemul » Di 22. Mär 2016, 21:25

closs hat geschrieben:Unter "Dogma" verstehe ich eigentlich eine Lehraussage der RKK "So sehen wir es".
Der ist gut den kannte ich noch nicht. :lol: :lol: :lol: :lol: Fast zwei Jahrtausende wurden diejenigen die es wagten auch nur
den geringsten Zweifel an einem Dogma der RKK aufkommen zu lassen auf der Streckbank bis auf 3,50m lang gemacht oder bestialisch auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Wenn sie könnten würden sie es immer noch machen. Zum Glück hat Kaiser
Napoleon diesem grausamen Spiel ein Ende gemacht und die Dogmen Macher in den Vatikan verbannt-wo sie nicht mehr so viel Unheil anrichten können. :clap:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

closs
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#390 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Di 22. Mär 2016, 21:29

Hemul hat geschrieben:Der ist gut den kannte ich noch nicht.
Ein Blick in wik hätte gereicht:
"Unter einem Dogma (altgr. δόγμα, dógma, „Meinung, Lehrsatz; Beschluss, Verordnung“[1]) versteht man eine feststehende Definition oder eine grundlegende, normative Lehraussage, deren Wahrheitsanspruch als unumstößlich festgestellt wird".

Was Du meinst, ist der (auch aus meiner Sicht: satanische) Machtanspruch der RKK über viele Jahrhunderte. - Die Vermengung von geistiger und weltlicher Macht war in der Tat DER Sündenfall der RKK schlechthin. - Aber das ist ja seit 200 Jahren anders - gottseindank.

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