Alles Teufelszeug? II

closs
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#361 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Mo 21. Mär 2016, 17:21

SilverBullet hat geschrieben:Da „Gott“ nichts anderes, als die Anfangsfrage des Schöpferverdachts ist
Du baust wieder mal nebenbei einen kapitalen Irrtum ein, um dann auf diesem Irrtum weitere Schlussfolgerungen zu finden, die dann tatsächlich richtig sind.

Der Irrtum ist:
Gott "IST" nicht ein Anfangsverdacht, sondern entweder Entität, also Realität, oder ausschließlich Menschen-Vorstellung. - Wäre die Realität, dass er nur Menschen-Vorstellung ist, wären Deine weiteren Schlussfolgerungen aufgeklärt und vernünftig. - Da Du es aber nicht weisst, sind Deine Schlussfolgerungen un-aufgekläürt und un-vernünftig.

SilverBullet hat geschrieben:Ein Auslegungs- und Textverständnisanspruch auf Basis von „kompletter Ahnungslosigkeit“ produziert lediglich willkürliche Ergebnisse entlang von Wunschvorstellungen.
Angenommen, Du hättest recht: Dann wäre HKM nichts anderes als ein atheistisches Instrument, das Aussagen zur Bibel macht unter der ausdrücklichen Bedingung, keine Ahnung zu haben, was eigentlich in der Bibel steht. - Das meine ich mit "Tragikomödie".

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sven23
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#362 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Mo 21. Mär 2016, 17:25

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Um die ursprüngliche Lehre und Glaubenswelt, die er vertreten hat.
Man kann herausfinden, welche Glaubenswelten es ist zur Zeit Jesu gab. - Aber wie willst Du wissen, was Jesus vertrat?
Vielleicht wollte er doch gerade eine andere Glaubenswelt begründen ("Ich aber sage Euch") - Paradigmen-Wechsel. - Wenn die HKM es sich zum Ziel NÄHME, Jesu Botschaft aus bestehenden Glaubenswelten zu erschließen, WÄRE sie komplett auf dem Holzweg.
Bitte besorg dir endlich Literatur dazu. Die Holzwege zimmerst du dir immer selbst zurecht.
Wie ich schon sagte, wird die Jesusbewegung als innerjüdische Erneuerungsbewegung gesehen. Es gibt dazu in der historisch-kritischen Forschung Plausibilitätskriterien, die im jüdischen Kontext zu verstehen sind, und Differenzkriterien, die für eine Unterscheidung vom traditionellen Glauben sprechen. Das wird auch bei Theißen/Merz ausführlich behandelt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eines kann man heute mit ziemlicher Sicherheit sagen: Jesus beabsichtige keinesfalls, eine neue Religion zu gründen.
Korrekt - er wollte das AT evolutionieren - aber da hätten die Juden mitmachen müssen.
Es gab zu der Zeit neben den 3 traditionellen Hauptrichtungen des Judentums noch 20 andere Sekten und Erneuerungsbewegungen. Sollten die Juden auf jede neue Sekte aufspringen? Würdest du dasselbe heute tun? Außerdem ist die Vergottung Jesu bereits allerschärfste christliche Kontamination.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es handelte sich viel mehr um eine innerjüdische Erneuerungsbewegung, die sehr stark auf das nahe bevorstehende Gottesreich ausgerichtet war und die Menschen ob der knappen Zeit zur Umkehr mahnte. Das läßt sich ganz unabhängig davon sagen, ob Jesus nun tatsächlich der Sohn Gottes war oder nicht.
Das ist der große, große Irrtum. - Die äußere Erfüllung ist doch gerade zu überwinden - Du sprichst wie ein Schriftgelehrter des AT. - Auch in dem, was Du theologische Forschung nennst, scheint das Entscheidende des NT überhaupt noch nicht kapiert worden zu sein.
Der Irrtum bestand wohl darin, dass das frühe Urchristenum sich die Naherwartung Jesu zu eigen gemacht hat. Als es nicht eintrat, mußte man reagieren, wie man an vielfältigen Textergänzungen, Einfügungen und Fälschungen ablesen kann.

closs hat geschrieben: Handwerklich ist das sicherlich korrekt. - Aber wie will man richtige Schlussfolgerungen ziehen, wenn man selbst alttestamentarisch eingestielt ist? - Wenn man das Wesen des NT überhaupt noch nicht kapiert hat?
Das "Wesen" den NT ist christliche Rezeption, die nur noch bedingt mit Jesus zu tun hat.
Schon Nietzsche wirft Paulus Verfälschung der Lehre Jesu vor.
Auch apogryphe Schriften können wertvolle Hinweise liefern. So werden z. b. im Judasevangelium die 12 Apostel als schlimme Verbrecher dargestellt. Was anfangs für Verwirrung sorgte, entpuppte sich als Kritik an der frühen Kirche, der man Verfälschung und Abkehr von der Lehre Jesu vorwarf. Die 12 Apostel waren lediglich Chiffre für Bischöfe und Kirchenführer.
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closs
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#363 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Mo 21. Mär 2016, 17:47

sven23 hat geschrieben:Wie ich schon sagte, wird die Jesusbewegung als innerjüdische Erneuerungsbewegung gesehen.
Korrekt - das meine ich mit "Evolution".

sven23 hat geschrieben: Es gibt dazu in der historisch-kritischen Forschung Plausibilitätskriterien
Aber man muss doch überprüfen, ob sie auf jemanden auch für den Fall anwendbar ist, dass er tatsächlich inkanrnierter Gott ist. - Wir hatten doch schon mal den Fall, dass Plausibilitätskriterien vollkommen daneben gehen können.

sven23 hat geschrieben:Sollten die Juden auf jede neue Sekte aufspringen? Würdest du dasselbe heute tun?
Ich verstehe die Juden sehr gut - da hätte ich auch meine Probleme gehabt. - Ja und? Was heisst das in der Sache selbst? - Entweder Jesus hatte recht oder nicht - daran ändert sich nichts.

sven23 hat geschrieben:Außerdem ist die Vergottung Jesu bereits allerschärfste christliche Kontamination.
Wie willst Du das wissen? - Stelle Dir vor, die Christen hätten recht? - Willst Du diese Möglichkeit ausschließen, nur weil ein spezielles HKM-Verständnis ihre inner-methodischen Lauf hat?

sven23 hat geschrieben:Der Irrtum bestand wohl darin, dass das frühe Urchristenum sich die Naherwartung Jesu zu eigen gemacht hat.
Dass Jesus selbst eine Naherwartung hatte, ist aus christlicher Sicht höchst unwahrscheinlich - auch hier: Meinst Du wirklich, hier sei eine inner-methodische Übertragung von Plausibilitäts-Mustern aussagekräftig?

Merkst Du nicht, dass hier eine inner-methodisch erzwungene Prämisse nach der anderen kommt, deren Status als Prämisse gleichzeitig inner-methodisch empört zurückgewiesen wird?

sven23 hat geschrieben:Das "Wesen" den NT ist christliche Rezeption, die nur noch bedingt mit Jesus zu tun hat.
Und das meint wahrscheinlich die "forschende Theologie", wie Du es nennst. - Merkst Du nicht, dass hier unter dem Etikett der Wissenschaftlichkeit ein trojanisches Pferd in die Theologie eingeschleust wurde? - Und dann wunderst Du Dich, wenn Ratzinger vom "Antichristen in der Theologie" spricht?

Es wäre höchste Zeit, dass innerhalb der Theologie der Begriff "Wissenschaftlichkeit" diskutiert wird. - Was ist Wissenschaft? - Und vor allem: Was KANN WIssenschaft überhaupt in einem Bereich leisten, in dem es um geistiges Verständnis geht? - Die zweite Frage wird erst beantwortet werden können, nachdem die erste beantwortet ist.

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sven23
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#364 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Mo 21. Mär 2016, 18:10

closs hat geschrieben:Ich verstehe die Juden sehr gut - da hätte ich auch meine Probleme gehabt. - Ja und? Was heisst das in der Sache selbst? - Entweder Jesus hatte recht oder nicht - daran ändert sich nichts.
Eben, nach allem was wir wissen hatte er nicht Recht. Irren ist nun mal menschlich.

closs hat geschrieben: Merkst Du nicht, dass hier unter dem Etikett der Wissenschaftlichkeit ein trojanisches Pferd in die Theologie eingeschleust wurde? - Und dann wunderst Du Dich, wenn Ratzinger vom "Antichristen in der Theologie" spricht?
Sagen wir mal so: Die Erkenntnisse der historisch-kritischen Forschung waren nicht gerade schmeichelhaft für die Glaubensdogmatiker. Das stinkt ihnen natürlich bis heute gewaltig. Auf wissenschaflticher Ebene hat man aber nicht entgegenzusetzen, deshalb schwafelt man vom Antichristen. :roll:
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#365 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von SilverBullet » Mo 21. Mär 2016, 18:24

closs hat geschrieben:Gott "IST" nicht ein Anfangsverdacht, sondern entweder Entität, also Realität, oder ausschließlich Menschen-Vorstellung
„Gott“ ist der Name für die Frage, „wer hat die Welt erschaffen?“ – mehr nicht.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ein Auslegungs- und Textverständnisanspruch auf Basis von „kompletter Ahnungslosigkeit“ produziert lediglich willkürliche Ergebnisse entlang von Wunschvorstellungen.
Angenommen, Du hättest recht: Dann wäre HKM nichts anderes als ein atheistisches Instrument, das Aussagen zur Bibel macht unter der ausdrücklichen Bedingung, keine Ahnung zu haben, was eigentlich in der Bibel steht. - Das meine ich mit "Tragikomödie".
Ich spreche hier von den Leuten, die „Gott“ als Antwort behandelt sehen möchten, also jenen, die den „Glaubensentscheid“ voraussetzen, ohne zu wissen, an was man glauben und wie man dies durchführen soll.
Diese Leute führen eine Komödie auf, indem sie so tun, als läge Inhalt vor.

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#366 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Mo 21. Mär 2016, 18:46

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Irrtum bestand wohl darin, dass das frühe Urchristenum sich die Naherwartung Jesu zu eigen gemacht hat.
Dass Jesus selbst eine Naherwartung hatte, ist aus christlicher Sicht höchst unwahrscheinlich.

Was redest Du da? Die Nähe des anbrechenden Gottesreiches stand sogar im ZENTRUM seiner Predigt.

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#367 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Mo 21. Mär 2016, 22:15

sven23 hat geschrieben:nach allem was wir wissen hatte er nicht Recht.
Das ist kein Wissen, sondern Ergebnis von Prämissen.

sven23 hat geschrieben:Die Erkenntnisse der historisch-kritischen Forschung waren nicht gerade schmeichelhaft für die Glaubensdogmatiker.
Manchmal zu recht. - Aber den eigentlichen Dogmen kann die HKM weder schaden noch schmeicheln, weil es zwei komplett unterschiedliche Baustellen sind.

SilverBullet hat geschrieben:Diese Leute führen eine Komödie auf, indem sie so tun, als läge Inhalt vor.
Für Dich ist es eine Komödie, für mich umgekehrt eine Tragikomödie. - Wir gehören unterschiedlichen kulturellen Epochen an und sind uns jeweils absolut sicher, der qualitativ fortschrittlicheren Epoche anzugehören.

Und warum glauben wir dies? - Richtig - weil wir unterschiedliche Prämissen haben. - Die eine Seite nennt seine Prämissen "Credo", die andere Seite nennt sein Prämissen "Keine-Prämissen". ;) - Kultur-Spaltung.

Münek hat geschrieben:Die Nähe des anbrechenden Gottesreiches stand sogar im ZENTRUM seiner Predigt.
Absolut korrekt und mehrfach bestätigt - aber halt anders, als Du denkst.

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#368 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Mo 21. Mär 2016, 23:18

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:nach allem was wir wissen hatte er nicht Recht.
Das ist kein Wissen, sondern Ergebnis von Prämissen.
Diesen Schlagabtausch führt ihr schon seit gefühlten 80 Jahren.
Keiner überprüft je seine These, keiner kommt voran, sondern jeder wiederholt immer nur das Ewigleiche.

Nach Max Frisch ist genau das die Hölle.

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#369 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Mo 21. Mär 2016, 23:28

Savonlinna hat geschrieben:Keiner überprüft je seine These
Wie will man ein Nicht-Falsifizierbares überprüfen? - Es ist bspw. nicht falsifizierbar, dass Wahrnehmung und Realität unterschiedliche Größen sind - obwohl es aus meiner Sicht logisch zwingend ist.

Wir müssen uns wahrscheinlich damit abfinden, dass alle Weltanschauungen auf nicht-falsifizierbarem Glauben beruhen - egal ob es sich um Christentum oder Materialismus oder sonstwas handelt. - Aus meiner Sicht kein Problem - wenn es nur erkannt werden würde. - Aber selbst das scheint man nicht erwarten zu dürfen.

Wie löst Du dieses Problem? - Durch reinen Subjektivismus?

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#370 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Mo 21. Mär 2016, 23:40

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Nähe des anbrechenden Gottesreiches stand sogar im ZENTRUM seiner Predigt.
Absolut korrekt und mehrfach bestätigt - aber halt anders, als Du denkst.

DU hast geschrieben: "Dass Jesus SELBST eine Naherwartung hatte, ist aus christlicher Sicht höchst UNWAHRSCHEINLICH."

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