Alles Teufelszeug? II

Pluto
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#331 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Pluto » So 20. Mär 2016, 17:31

closs hat geschrieben:Da es aber aber andere Auffasssungen von Wissenschaft gibt, wird dies nicht geschehen.
Wovon redest du?
Mag ja sein, dass es vor allem unter Laien, Theologen oder Philosophen, unterschiedliche Auffassungen dazu gibt.
Aber in der Wissenschaft selbst gibt es keinerlei Zweifel, welche Auffassung richtig ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#332 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 20. Mär 2016, 17:34

Pluto hat geschrieben:Aber in der Wissenschaft selbst gibt es keinerlei Zweifel, welche Auffassung richtig ist.
Ganz und gar nicht - schau Dich mal bei den Wissenschafts-Theoretikern um.

Und wenn Du recht hättest: Dann hätte Wissenschaft nur in der Naturwissenschaft etwas zu suchen und in Randbereichen philologischer Disziplinen. - Dann sollte man schnurstracks Philologie auslagern in nicht-wissenschaftliche Universitäten - das wäre konsequent. - Aber es wird nicht geschehen, eben weil es unterschiedliche Auffassungen gibt, was Wissenschaft sein kann.

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sven23
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#333 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 20. Mär 2016, 17:40

closs hat geschrieben: Da es aber aber andere Auffasssungen von Wissenschaft gibt, wird dies nicht geschehen.
Eigentlich gibt es nur eine Auffassung, das andere heißt Esoterik. :lol:

closs hat geschrieben: Gerade am Wochenende hatte ich die Gelegenheit, mich über dieses Thema mit einer habilitierten Theologin zu unterhalten. - Dieses Problem ist bekannt. - Ein anderes Problem wurde hinzu genannt: Die Theologie sei inzwischen derart säkularisiert, dass man weitgehend nicht mehr von einer "Lehre von Gott" sprechen könne, sondern von einer rein kultur-wissenschaftlichen Disziplin, die komplett außenstehend unter dem Namen "Theologie" auftrete.
Das sehe ich gar nicht so dramatisch. Wenn Theologie sich weiter entwickeln würde, wäre das doch zu begrüßen. Aber so wirklich erkennen kann man diese Entwicklung besonders in der verdogmatisierten RKK noch nicht.
In dem von Halmann eingestellten Beitrag von Zenger beklagt dieser, dass er unter der historisch-kritischen Forschung in den 50-60 Jahren sehr gelitten habe. Wohl deshalb, weil das traditinonelle Jesusbild der biblischen Überlieferung immer mehr zu bröckeln begann.
Aber auf solche persönlichen Befindlichkeiten kann die Forschung keine Rücksicht nehmen, selbst wenn es sich um den Papst handelt. Forschung bleibt Forschung und muß nach wissenschaftlicher Methodik vorgehen. Glaubensdogmatische Präferenzen haben dort nichts zu suchen.
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sven23
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#334 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 20. Mär 2016, 17:47

closs hat geschrieben: Und wenn Du recht hättest: Dann hätte Wissenschaft nur in der Naturwissenschaft etwas zu suchen und in Randbereichen philologischer Disziplinen. - Dann sollte man schnurstracks Philologie auslagern in nicht-wissenschaftliche Universitäten - das wäre konsequent. - Aber es wird nicht geschehen, eben weil es unterschiedliche Auffassungen gibt, was Wissenschaft sein kann.
Man kann doch die angesprochenen Disziplinen auch wissenschaftlich betreiben, wieso denn nicht? Nicht auf so einem strengen Niveau wie in den Naturwissenschaften, aber immerhin.
Selbst die Theologie wird doch in ihrem forschenden Zweig wissenschaftlich betrieben. Den Spagat zwischen Wissenschaft und Glaubensdogmatik haben wir ja schon besprochen, da knackt es natürlich im morschen Gebälk.
Aber den Eindruck zu erwecken, als gäbe es noch irgendeine andere Form von Wissenschaft, die es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, das ist eine Irreführung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#335 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Pluto » So 20. Mär 2016, 17:54

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber in der Wissenschaft selbst gibt es keinerlei Zweifel, welche Auffassung richtig ist.
Ganz und gar nicht - schau Dich mal bei den Wissenschafts-Theoretikern um.
Auch hier weiß ich nicht wovon du redest!

Wissenschaftstheoretiker leben davon, die Dinge möglichst nebulös zu beschreiben. Wenn alles klar wäre bräuchte man sie nicht.
Jeder Wissenschaftler aber, der sein Fach aus der Praxis versteht, weiß besser als die Theoretiker, was er zu tun hat, um wissenschaftlich zu bleiben. Es gibt dazu einen praktischen Konsens.

closs hat geschrieben:Und wenn Du recht hättest: Dann hätte Wissenschaft nur in der Naturwissenschaft etwas zu suchen und in Randbereichen philologischer Disziplinen.
Es geht im Übrigen um die Methodik, nicht um das Forschungsgebiet.
Außerdem klingt deine Aussage wie eine Vorschrift oder ein Verbot ("dies darf ein Wissenschaftler tun und jenes nicht"). Wer soll der Wissenschaft vorschreiben, was sie untersuchen darf und was nicht?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#336 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 20. Mär 2016, 17:56

sven23 hat geschrieben:Eigentlich gibt es nur eine Auffassung, das andere heißt Esoterik.
Das scheint die Welteinteilung des Materialismus zu sein - Du bringst es auf den Punkt. - Mir san mir - der Rest ist Esoterik.

sven23 hat geschrieben: Wenn Theologie sich weiter entwickeln würde, wäre das doch zu begrüßen.
Diese Einschätzung traue ich Dir zu. ;)

sven23 hat geschrieben:Forschung bleibt Forschung und muß nach wissenschaftlicher Methodik vorgehen.
Dagegen hat keiner was - das wissen auch Berger und Ratzinger - und tun es auch. - Das Problem sind nach wie vor die unterschiedlichen Prämissen.

sven23 hat geschrieben:Selbst die Theologie wird doch in ihrem forschenden Zweig wissenschaftlich betrieben.
Richtig - deshalb tun es doch auch Ratzinger und Berger so. - Aber sie haben andere Prämissen.

Was Du exklusiv unter "forschend" meinst, ist de facto der atheistisch vorgeprägte Zweig, der etwas falsifizieren will, was er substantiell überhaupt nicht versteht. - Im Grunde ist es eine Tragikomödie.

sven23 hat geschrieben:Aber den Eindruck zu erwecken, als gäbe es noch irgendeine andere Form von Wissenschaft, die es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, das ist eine Irreführung.
Dieser Satz könnte von Ratzinger oder Berger sein. - Verstehst Du?

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#337 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 20. Mär 2016, 18:01

Pluto hat geschrieben:Es gibt dazu einen praktischen Konsens.
Das mag innerhalb der Naturwisssenschaften so sein. - Bei den Geisteswissenschaften gibt es diesen Konsens ganz offensichtlich nicht.

Pluto hat geschrieben:Wer soll der Wissenschaft vorschreiben, was sie untersuchen darf und was nicht?
Sie selbst.

Dies kann dazu führen (und genau danach sieht es zur Zeit aus), dass Wissenschaft I sich dieses vorschreibt und Wissenschaft II sich jenes vorschreibt. - Dies scheint bereits heute in der geistes-wissenschaftlichen Praxis so zu sein.

Pluto hat geschrieben:Wissenschaftstheoretiker leben davon, die Dinge möglichst nebulös zu beschreiben.
Möglicherweise schauen sie auch über den Tellerrand des "praktischen Konsens" hinaus.

Wie auch immer: So wie es aussieht, wird es eine weitere Teilung in verschiedene Wissenschafts-Schulen geben. - Alternative: Es gibt keine Wissenschaft mehr, die sich mit philologischer Substanz beschäftigt.

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#338 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 20. Mär 2016, 18:27

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Forschung bleibt Forschung und muß nach wissenschaftlicher Methodik vorgehen.
Dagegen hat keiner was - das wissen auch Berger und Ratzinger - und tun es auch. - Das Problem sind nach wie vor die unterschiedlichen Prämissen.
Wissen tun sie es vielleicht, so viel Intellekt traue ich ihnen schon zu. Sie ignorieren es aber aus ideologischen/glaubensdogmatischen Gründen.
Deshalb sprechen ja auch einige Theologen von einer peinlichen Entgleisung.
Frage dich doch mal ganz kritisch selber, warum die Forschung in der Leben-Jesu-Forschung nur die historisch-kritische Methode verwendet und nicht die kanonische Exegese.


closs hat geschrieben: Was Du exklusiv unter "forschend" meinst, ist de facto der atheistisch vorgeprägte Zweig, der etwas falsifizieren will, was er substantiell überhaupt nicht versteht. - Im Grunde ist es eine Tragikomödie.
Nein, diese Forschung ist für die Theologie überlebenswichtig, wenn sie eine Daseinsberechtigung an den Universitäten behalten will. Diese Forschung wird von Theologien betrieben, die an wissenschaftliche Methodik gebunden sind.
Noch besser wäre es natürlich, wenn es eine unabhängige Forschung gäbe.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber den Eindruck zu erwecken, als gäbe es noch irgendeine andere Form von Wissenschaft, die es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, das ist eine Irreführung.
Dieser Satz könnte von Ratzinger oder Berger sein. - Verstehst Du?
Ich fürchte auch, dass sie meinen, es gäbe so eine Art von "anderer Wissenschaft", die sie für ihre Glaubensogmatik instrumentalisieren können.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#339 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 20. Mär 2016, 20:44

sven23 hat geschrieben:Frage dich doch mal ganz kritisch selber, warum die Forschung in der Leben-Jesu-Forschung nur die historisch-kritische Methode verwendet und nicht die kanonische Exegese.
Weil es da Sinn macht. - Wenn es ausschließlich darum geht, Jesu Leben im Spiegel der damaligen historischen Gegebenheiten zu betrachten, ist dies das Mittel der Wahl.

sven23 hat geschrieben: diese Forschung ist für die Theologie überlebenswichtig, wenn sie eine Daseinsberechtigung an den Universitäten behalten will.
Wie gesagt: Wenn die einzige Forschung innerhalb der Theologie eine Forschung wäre, die "satzungs-gemäß" davon ausgehen müsste, dass Jesus genauso Sven oder Closs sein könnte, wenn diese damals gelebt hätten, könnte sie nicht einmal ansatzweise an die Bibel-Substanz herantreten und könnte dementsprechend lediglich eine Rand-Funktion wahrnehmen. - Kann man so machen - aber will man das wirklich?

sven23 hat geschrieben:Ich fürchte auch, dass sie meinen, es gäbe so eine Art von "anderer Wissenschaft", die sie für ihre Glaubensogmatik instrumentalisieren können.
Oder dass sie meinen, dass Wissenschaft eine substantielle Rolle in der Theologie spielen kann.

Wie gesagt:
Entweder Wissenschaft als Randerscheinung innerhalb der Theologie - dann bekommst Du recht - oder Wissenschaft als substantielle Größe innerhalb der Theologie - dann haben Ratzinger und Berger recht.

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#340 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Mo 21. Mär 2016, 07:46

closs hat geschrieben:Weil es da Sinn macht. - Wenn es ausschließlich darum geht, Jesu Leben im Spiegel der damaligen historischen Gegebenheiten zu betrachten, ist dies das Mittel der Wahl.
Genau so ist es. Zirkelreferente "Beweise", wie man sie mit kanonischer Exegese zustande bringt, haben hier nichts zu suchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: diese Forschung ist für die Theologie überlebenswichtig, wenn sie eine Daseinsberechtigung an den Universitäten behalten will.
Wie gesagt: Wenn die einzige Forschung innerhalb der Theologie eine Forschung wäre, die "satzungs-gemäß" davon ausgehen müsste, dass Jesus genauso Sven oder Closs sein könnte, wenn diese damals gelebt hätten, könnte sie nicht einmal ansatzweise an die Bibel-Substanz herantreten und könnte dementsprechend lediglich eine Rand-Funktion wahrnehmen. - Kann man so machen - aber will man das wirklich?
Man muß es so wollen, es bleibt keine andere Wahl. Forschung muß ergebnisoffen und pragmatisch herangehen. Setzungen wie: Jesus ist der Sohn Gottes oder Jesus ist nicht der Sohn Gottes dürfen hier keine Rolle spielen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich fürchte auch, dass sie meinen, es gäbe so eine Art von "anderer Wissenschaft", die sie für ihre Glaubensogmatik instrumentalisieren können.
Oder dass sie meinen, dass Wissenschaft eine substantielle Rolle in der Theologie spielen kann.
Das kann sie ja auch, aber eben anders, als man sich das von glaubensdogmatischer Seite wünschte. Deshalb wurde ja auch die Gegenoffensive der kanonischen Exegese gestartet, die aber aus wissenschaftlicher Sicht in der Leben-Jesu-Forschung untauglich ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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