Alles Teufelszeug? II

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sven23
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#301 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 18. Mär 2016, 08:07

closs hat geschrieben: Aber sie verwechseln es nicht mit dem, was Jesus gemeint hat - und eben dieses ist nur geistig erschließbar (nicht wissbar) und nicht historisch-kritisch erschließbar. - Dass dieser Unterschied intellektuell nicht nachvollzogen wird, verwundert mich immer wieder.
Es ist nur historisch-kritisch erschließbar. Mich wundert, dass dies immer noch nicht verstanden wird.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich verstehe auch nicht, warum man hier immer den Eindruck erwecken will, dass die Forschung nur von Hirntoten betrieben würde. Das sind Profis, die einen umfassenden Überblick über die Quellenlage und die Literatur darüber haben.
Weder wird den Forschern Dummheit unterstellt noch Unwissen. - Es ist der methodische Zugang, der Grenzen hat.
Der methodische Zugang ist ein wissenschaftlicher. Dann wäre dein Fehlschluss also: Wissenschaft ist nicht geeignet, die Glaubenswelt Jesu und seiner Zeitgenossen zu beschreiben. Der reinste Irrsinn. :shock:


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dass das Gegenteil der Fall ist, wurde hier mehrfach belegt.
Nicht überzeugend. - Erinnere Dich an Savolinnas Ausführungen zu Ratzinger. - Auch das, was ich kenne, spricht eine andere Sprache, als unterstellt wird.
Na ja, Savonlinna stellt sich immer bockig, wenn es um Forschungsergebnisse geht, das kennen wir ja mittlerweile.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wovor sie sich bekanntlich hütet wie der Teufel :devil: vorm Weihwasser.
Die Aussage, Jesus habe selber eine Naherwartung gehabt, IST eine spirituelle Aussage.
Nö, es ist eine ganz normale Beschreibung der Glaubenswelt Jesu. So wie man sagen kann: Stalin war Atheist. Das ist keine spirituelle Aussage, sondern eine Beschreibung auf Grund der Quellenlage.

closs hat geschrieben: - Es geht einzig und allein um Übergriffigkeiten, die es gelegentlich im Namen der HKM zu geben scheint.
Und als Übergriffigkeit wird alles definiert, was dem Glaubenskonstrukt nicht ins Konzept paßt. Das ist zu leicht durchschaubar.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#302 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 18. Mär 2016, 08:52

Savonlinna hat geschrieben: Die Historizität ist wichtig, aber muss diese Historizität bereits gewesen sein?
Ich glaube sogar, dass es ein wichtiges Merkmal der Geschichte ist, dass sie bereits geschehen ist.
Aber was wissen schon diese Historiker? ;)
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sven23
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#303 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 18. Mär 2016, 09:01

closs hat geschrieben: Aber:
Er hat doch etwas ganz anderes gemeint als das, wie er danach oft rezipiert wurde. - Du meinst, er habe seine Wiederkunft mit Glanz und Gloria auf Wolke 7 und mit weltlicher Machtübernahme in den nächsten paar Jahrzehnten gemeint - nicht wahr? - Da würden Dir Ratzi und Berger nicht folgen - und ich natürlich auch nicht.
Ich auch nicht und die Forschung auch nicht, denn Jesus hat sich nicht selbst verkündet, das war dann in der Tat spätere christliche Rezeption/Kontaminiation seiner Lehre.
Er hat das nahe Gottesreich verkündet und all sein Handeln, seine Botschaft, seine "Interimsethik" war auf dieses Ziel ausgerichtet. Dass dann später aus dem Verkünder der Verkündete wurde, ist in der Tat christliche Rezeption und Veränderung seiner Botschaft.
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sven23
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#304 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 18. Mär 2016, 09:25

Halman hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:2. Erst als sich die Naherwartung nicht erfüllte, verwandelte sie sich über viele Jahrzehnte in einer Fernerwartung.
Dies ist ein gutes Beispiel für eine Tatsachenformulierung; Du gebrauchst sie ja selbst..
Stop. Die Forschung spricht von wahrscheinlichen, plausiblen, nachvollziehbaren, in den historischen Kontext passende Ergebnisse, niemals von 100% sicheren und bewiesenen Tatsachen. Das ist auf Grund der dünnen Quellenlage auch gar nicht möglich und wurde hier schon oft genug betont. Die Forschung muß Rechenschaft über ihre Methoden ablegen, so werden die Ergebnisse transparent und nachvollziehbar.

Halman hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:3. Dass Du gegen die Forschungsergebnisse nicht ankommst, liegt allein an Deinem Unvermögen, sie zu widerlegen.
Dass die Stehtserwartung im NT verankert ist, hatte ich anhand der Schrift belegt. Dies wird nur nicht anerkannt.
Das wird aus gutem Grund nicht anerkannt, denn diese "Stetserwartung" ist bereits christliche Rezeption hin zur Parusieverzögerung.


Halman hat geschrieben: Dass die kanonische Exegese anders zu verstehen ist, als sie hier von Euch verstanden wird, hatte ich mit Verweis auf Zenger belegt. Dass der emeritierte Papst auf hohem wissenschaftlichem Niveau gearbeitet hatte, hatte ich mit einem Zenger-Zitat belegt, es wird nur nicht akzeptiert.
Auch das wird aus gutem Grund nicht akzeptiert, denn wie du inzwischen wissen solltest, wird in der Leben-Jesu-Forschung nur die historisch-kritische Methode angewandt, nicht die kanonische Exegese, die zirkelreferent arbeitet.
Ratzinger weiß das natürlich auch, weshalb er ja den Glaubensentscheid fordert. Dass dies unwissenschaftlich ist, brauche ich wohl nicht extra zu betonen.

Halman hat geschrieben: Außerdem muss ich Forschungsergebnisse gar nicht widerlegen, ich muss lediglich imstande sein, eine alternative Sichtweise als Möglichkeit aufzuzeigen..
Wenn man nicht den Aspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, kann man das machen. Auf wissenschaftlicher Ebene konnte auch Ratzinger die Forschungsergebnisse nicht widerlegen, deshalb sein Glaubensentscheid, der sich natürlich wunderbar mit kanonischer Exegese untermauern läßt.
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Savonlinna
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#305 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Fr 18. Mär 2016, 09:38

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Die Historizität ist wichtig, aber muss diese Historizität bereits gewesen sein?
Ich glaube sogar, dass es ein wichtiges Merkmal der Geschichte ist, dass sie bereits geschehen ist.
Aber was wissen schon diese Historiker? ;)
Hstorizität ist nicht identisch mit Geschichte. Das wissen die Historiker.
Und ich habe schon oft Ernst Bloch und seine Gedanken hier im Forum erwähnt.
Ich halte es für möglich, dass Ratzinger ihn kennt und einiges von ihm übernommen hat.
Aber es kann natürlich auch sein, dass Ratzinger unabhängig davon auf eine ähnliche Überlegung gekommen ist.

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#306 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Fr 18. Mär 2016, 09:52

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dass das Gegenteil der Fall ist, wurde hier mehrfach belegt.
Nicht überzeugend. - Erinnere Dich an Savolinnas Ausführungen zu Ratzinger. - Auch das, was ich kenne, spricht eine andere Sprache, als unterstellt wird.
Na ja, Savonlinna stellt sich immer bockig, wenn es um Forschungsergebnisse geht, das kennen wir ja mittlerweile.
Richtig. Ich lass Eure kleinen Verfälschungen nicht durchgehen. Ich habe wörtlich zitiert, und zwar in Kontexten.
Dass Ihr aber trotzdem weiter verfälscht, ist interessant zu erkennen.

Hier im Forum kann man das nicht klären, aber unter Wissenschaftlern könnte man das schon klären.
Und unter Gymnasiasten könnte man das auch klären, die lernen nämlich, wie man Texte sachgerecht liest und referiert.
Vielleicht lege ich ihnen mal eine Probe Eurer "Referierkunst" vor.

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#307 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 18. Mär 2016, 10:02

Münek hat geschrieben:Nein - völlig daneben. Feststellungen über historisch (höchstwahrscheinlich) geschehene Ereignisse sind doch keine "geistigen Aussagen" (= Glaubensaussagen).
Feststellungen im Rahmen der HKM sind Folge des ehrenhaften Versuchs, der Schrift aus einer speziellen Perspektive gerecht zu werden. - Die Gesamtbewertung der Ergebnisse dieser Versuche erfolgt jedoch auch durch andere Perspektiven.

Münek hat geschrieben:Historische Ereignisse lassen sich nicht nachträglich durch Glaubensakte verändern!
Exakt - das gilt auch für die HKM selbst.

Münek hat geschrieben:Die HKM ist "Anwältin der Schrift".
Sie ist EINE Anwältin der Schrift, die innerhalb ihres Mandats einen guten Beitrag leistet.

Münek hat geschrieben:Über seinen Wunsch, die "kanonische Exegese" künftig an den Fakultäten etabliert sehen zu wollen, werden die Theologieprofessoren sicherlich nur müde gelächelt haben. ;)
Es wird auch zukünftig, wahrscheinlich sogar vermehrt, Bemühungen über historisch-kritische Untersuchungen hinaus geben, Zugang zu Substanz und Wirklichkeit der Schriften zu schaffen.

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#308 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Pluto » Fr 18. Mär 2016, 10:06

closs hat geschrieben:Es wird auch zukünftig, wahrscheinlich sogar vermehrt, Bemühungen über historisch-kritische Untersuchungen hinaus geben, Zugang zu Substanz und Wirklichkeit der Schriften zu schaffen.
Was könnte das noch kommen, was der Wirklichkeit gerechter wird als die historisch-kritische Betrachtung?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#309 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 18. Mär 2016, 10:09

Münek hat geschrieben:Was Jesus gedacht hat, lässt sich nur aus den Worten seiner Königsreichs-Predigt erschließen
Dass Gottes Reich mit Jesus nah ist, ist in der Tat eine Kernaussage, die gesamt-kanonisch schlüssig ist. - Was er damit gemeint hat, ist Interpretationssache, die man nicht Jesus selbst anlasten darf.

Münek hat geschrieben:Was heißt denn, "es wurde mehrfach so getan"...? Was willst Du denn damit zum Ausdruck bringen?
Dass mit dem Anspruch der Wissenschaftlichkeit etwas als alternativlos, also tatsachen-äquivalent, dargestellt ist, was mit großer Wahrscheinlichkeit nicht der historischen Wirklichkeit entspricht.

Münek hat geschrieben:Der fromme Halman soll mal belegen, dass "die Theologie üblicherweise ihre Forschungsergebnisse als Tatsachen verkauft".
De facto hat Halman recht.

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#310 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 18. Mär 2016, 10:11

Münek hat geschrieben:Die wissenschaftliche Theologie baut gewiss keine Gegen-Dogmatik auf.
Formal gewiss nicht - durch ihr teilweise alternativlos anmutendes Auftreten in Fragen, die unter anderen Aspekten ganz anders alternativlos zu beantworten sind, de facto schon.

Allein die Aussage, nur Wissenschaft einer bestimmten Couleur sei nicht Eisegese, ist Dogmatik.

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