Alles Teufelszeug?

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Savonlinna
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#1741 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Do 3. Mär 2016, 00:54

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ob es "die Realität selbst" gibt, das ist aber nur eine Frage der Wahrnehmung, nicht wahr?
Eben NICHT. - Das ist genau unser grundlegendes Missverständnis.
Da liegt kein Missverständnis vor.

closs hat geschrieben:"Realität" verstehe ich gerade in Abgrenzung von "Wahrnehmung".
Ich weiß. Du hast es an die 20 000 Mal geschrieben.
Aber da alles Wahrnehmung ist, was den Menschen betrifft - Deiner Meinung nach - , kann auch obiger Satz von Dir nur als Wahrnehmung gemeint sein.

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Münek
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#1742 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Do 3. Mär 2016, 01:10

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das schien ihm sehr plausibel zu sein. Aber danach war endgültig Schluss.
Wieso das? - Wenn es Gott gibt, sind auch die Naturgesetze von ihm. - Da hat sich mit Newton nichts geändert.

Meines Wissens war Newton davon überzeugt, dass Gott den Planeten bei ihren elliptischen (Kepler) Um-
läufen um die Sonne ab und an auf das Popöchen hauen muss, damit sie nicht aus dem Takt geraten
.

Das glaubt heute natürlich keiner mehr. Hier nach wie vor einen Eingriff Gottes zu unterstellen,
ist aus naturwissenschaftlicher Sicht Blödsinn und auch unplausibel.

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Münek
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#1743 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Do 3. Mär 2016, 01:29

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:deshalb befinden wir uns mit Glaubensbekundungen jeglicher Art im Meer der BELIEBIGKEIT.
Auch die Aussage, dass die Res extensa keine Vorstellung, sondern selber real sind, ist eine willkürliche Aussage. - Zwar plausibel, aber willkürlich, da nicht falsifizierbar. - Und jetzt?

Nun lass doch mal Deinen Guru Descartes außen vor. Ist ja schlimm mit Dir...

Es ging mir nur darum, Dir vor Augen zu führen, dass Deine Glaubensvorstellung wie eine gelbe
Plastikente unter 1000 Plastikenten im Meer schwimmt. Also nichts Besonderes ist.


Dein Versuch, Deiner Plastikente einen Sonderstatus zu verschaffen ("logisch nicht
widerlegbar"), ist - wie ich aufgezeigt habe - gründlich fehlgeschlagen...

Man kann beliebig viele gelbe Plastikenten produzieren - und keine hat der anderen was voraus...

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#1744 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Do 3. Mär 2016, 02:55

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: ich frage Dich erneut, inwiefern Deine Prämisse (Jahwe und sein Heilsplan) Fragen nach Vernünftigkeit und Plausibilität standhält.
Das habe ich mehrfach beantwortet - zur Erinnerung: Geistige, logisch schlüssige und mit der emotionalen Realität vieler Menschen übereinstimmende Denksysteme seit 2000 Jahren - das geht bis zu Gödel.

Das ist doch keine Antwort!

Soweit ich mich erinnere, bist Du einer KONKRETEN Beantwortung dieser Frage bisher IMMER ausgewichen.

Nie hast Du begründet, weshalb für Dich die Existenz des biblisch bezeugten Gottes
Jahwe mit seiner angeblich vor Urzeiten unabänderlich gefügten Heilsgeschichte
(Deine PRÄMISSE) einschließlich des notwendigen Sühnetodes seines Sohnes vernünf-
tig
und plausibel sein soll.

Da kam einfach nichts.

Stattdessen mit dem Finger auf andere Gläubige zu verweisen (ob Kirchenphilosoph
oder Mütterchen auf der dritten Bank in einer bayerischen Kapelle), ist alles andere
als überzeugend.

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#1745 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Do 3. Mär 2016, 03:01

Hemul hat geschrieben:Und daran wirst u. kannst auch Du nix ändern. :wave:

Um Gottes Willen, Hemulchen. Nie würde ich mich erdreisten, etwas an Jehovas Plan ändern zu wollen. :o

Wie hätte ich die Parusie = Wiederkunft Christi im Jahr 1914 verhindern können? :o

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sven23
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#1746 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » Do 3. Mär 2016, 06:52

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Prämissen sollten hinsichtlich ihrer Vernünftigkeit und Plausibilität hinterfragbar sein
Das ist bei geistigen Prämissen sehr wohl der Fall. - Aber sie sind nicht falsifizierbar.Was Du allerdings (stellvertretend für viele) nicht erkennst:
Auch naturalistische Prämissen sind nicht falsifizierbar (siehe Descartes - man kann aber auch selber drauf kommen, nebenbei bemerkt). - Falsifizierbar ist nur INNERHALB einer Methodik möglich. - An diesem Punkt kämpfen wir jetzt schon seit ewig rum - man könnte drauf verzichten, wenn davon nicht alles weitere an Schlussfolgerungen abhinge.

Nun hänge Dich mal nicht so an der NICHT-FALSIFIZIERBARKEIT auf. Diese hat doch überhaupt keine Bedeutung.

Die Glaubensbekundungen...

... es existierten Gott, Gottessöhne, Dämonen, Feen, Gespenster, das rosafarbene unsichtbare Einhorn, Totengeister, Himmel und Hölle, das fliegende Spaghettimonster, Teufel, Engel, der Weltengeist Hurz, Rübezahl, sprechende Tiere, die Wächter-Göt-
ter in den Galaxien, Himmelfahrten, Auferstehung von den Toten, Weltgericht, ewiges Leben in Seligkeit, der Klabauter- und der Weihnachtsmann, ewige Verdammnis, Reinkarnation, Unsterblichkeit der Seele, die Nichtexistenz nach dem Tod, der ewige traumlose Schlaf, Paradies mit 80 Jungfrauen...

... sind ebenfalls nicht zu falzifizieren.

Ja - und jetzt? Ich sehe hier nur `ne große Auswahl.... ;)

Genau. Gerade weil sie nicht falsifizierbar sind, sind sie mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Bei Kurt klingt das immer wie eine Trumpfkarte: Ätsch, ist nicht falsifizierbar, ergo könnte ich doch recht haben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#1747 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Do 3. Mär 2016, 08:31

Münek hat geschrieben:Beliebig ist beliebig.
Du musst Dich schon entscheiden, was Du darunter verstehst. - Zwei Angebote habe ich Dir gemacht.

Savonlinna hat geschrieben:Aber da alles Wahrnehmung ist, was den Menschen betrifft - Deiner Meinung nach - , kann auch obiger Satz von Dir nur als Wahrnehmung gemeint sein.
Und damit kann man auch das, was ist, in den Strudel der Relativität hineinziehen - schon verstanden. - Deshalb setze ich, dass es etwas Absolutes (das, was ist) gibt, das NICHT relativ ist. - Wie gesagt: Als Mensch kommt man eh nicht ohne Setzung aus.

Münek hat geschrieben:Hier nach wie vor einen Eingriff Gottes zu unterstellen, ist aus naturwissenschaftlicher Sicht Blödsinn und auch unplausibel.
Aha - weil man wissenschaftlich begründen kann, wie Naturgesetze funktionieren, glaubt man, dass es deshalb keinen Grund für diese Gesetze gibt. - So schnell hat man sich was zusammengebastelt.

Münek hat geschrieben:Man kann beliebig viele gelbe Plastikenten produzieren - und keine hat der anderen was voraus...
Also hätte der Naturalismus nichts dem Glauben an Pumuckl voraus?

Münek hat geschrieben:Soweit ich mich erinnere, bist Du einer KONKRETEN Beantwortung dieser Frage bisher IMMER ausgewichen.
Nein - ich habe es einige Male ziemlich ausführlich gemacht - aber es kam etwas zu philosophisch an. - Es ist mir auch inzwischen zu anstrengend.

sven23 hat geschrieben: Gerade weil sie nicht falsifizierbar sind, sind sie mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Natürlich - aber das gilt für ALLES. - Es gilt sogar für den Naturalismus. - Falsifizieren kann man nur INNERHALB eines gewählten Wahrnehmungs-Systems.

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Thaddäus
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#1748 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Do 3. Mär 2016, 08:45

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Wenn dem nämlich so wäre, wie du vermutest, gäbe es keine Möglichkeit der Unterscheidung zwischen Wahnsinn und Normalität, zwischen gestörter Wahrnehmung und funktionierender.
[...]
Es ist eben nicht möglich, hinsichtlich der Wirklichkeitserkenntnis beliebige Prämissen setzen zu können.
So ist es - das sind Vereinbarungen bzw. Unterscheidungen aufgrund von Weltanschauungen.
[...]
Beliebig nicht. - Es müssen aus meiner Sicht logisch nicht widerlegbare sein.
Es ist keine Frage von "Vereinbarungen bzw. Unterscheidungen aufgrund von Weltanschauungen", ob der Rechner, auf dem du diese kuriose erkenntnistheoretische These verfasst hast, existiert oder nicht. Dein Rechner ist da und er verschwindet nicht, wenn du deine Weltanschauung änderst. Er verschwindet auch dann nicht, wenn du die Augen schließt und dir wünschst, er solle verschwinden. Was materiell-dinglich im Universum existiert und was nicht, ist selbstverständlich auch keine Frage der Logik oder gesetzter logischer Prämissen. Dein Rechner verschwindet nämlich auch dann nicht, wenn du irgendwelche logische Prämissen änderst. Der ist dann immer noch dar.

Deine erkenntnistheoretische These ist infantil und trägt Kennzeichen einer kleinkindlichen Wirklichkeitsauffasung. Spielt man mit 3 bis 5 jährigen KIndern Verstecken, dann kommt es vor, dass sie sich irgendwo hinkauern und die Augen fest schließen, weil sie davon ausgehen, dass, wenn sie nichts sehen, auch sie selbst nicht gesehen werden. Sie übertragen ihre eigene unmittelbare subjektive Wahrnehmung - nämlich nichts zu sehen -, auf die Wahrnehmung anderer Personen, von denen sie sich nicht vorstellen können, dass diese auch dann etwas sehen können, wenn sie selbst nichts mehr sehen können.

Geistige Dinge - egal ob transzendente Zahlen, Sherlock Holmes oder Gott - existieren zunächst einmal ebenfalls, insofern sie "Gegenstand" von Diskursen sein können, aber sie existieren nicht im materiell-dinglichen Gegenstandsbereich der Physik, sondern in den Gegenstandsbereichen von Mathematik, Literatur und des Glaubens bzw. der Religion. Ob diese "Gegenstände" in ihren jeweiligen Sinnfeldern im Sinne ihrer behaupteten Relevanz existieren, wird durch Verfahren überprüft: so kann durch einen mathematischen Beweis bewiesen werden, dass transzendente Zahlen tatsächlich existieren in dem Sinne, dass sie für die Mathematik relevant sind. Die "Existenz" von Sherlock Holmes kann dadurch als relevant für die Literatur belegt werden, indem man seine Rolle als Hauptfigur der Kriminalromane von Sir Arthur Conan Doyle analysiert. Ein empirischer Beleg ist das Auftauchen des Namens dieser fiktiven Figur in den Romanen. In genau dieser Weise existieren auch Gott und Götter. Sie tauchen in religiösen Schriften auf und sind "Gegenstand" von Diskursen z.B. über Gottesbeweise oder über die Sonntagspredigt.

Die russische Mörderin behauptet nun aber etwas anderes: sie behauptet Allah habe zu ihr gesprochen und ihr den Befehl zur Ermordung ihres Schützlings erteilt. Sprechen und Hören sind aber physische Akte. Sie behauptet also, Allah könne sprechen und Schallwellen aussenden, wie eine real-physische Person. Damit wird Allah ein Gegenstand im materiell-dinglichen Gegestandsbereich der Physik und damit verwechselt sie die Gegenstandsbereiche von Sinnfeldern. Tatsächlich bildet sie sich nur ein, Allah habe zu ihr "gesprochen". Genau das ist ein Kennzeichen für Wahn, Irrsinn und Realitästsverlust. Glaubt man, Sherlock Holmes habe zu einem gesprochen, liegt derselbe Wahrnehmungsirrtum vor.
Dabei ist zunächst nicht zu bezweifeln, dass die Frau tatsächlich glaubt, Allah habe zu ihr real physisch gesprochen. Insofern sie nicht einfach lügt, war dieser Wahrnehmungstrugschluss ein realer Bewusstseinsinhalt von ihr. Aber es ist eben ein Trugschluss und in diesem Falle mit den schrecklichsten Konsequenzen.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Do 3. Mär 2016, 14:26, insgesamt 1-mal geändert.

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Savonlinna
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#1749 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Do 3. Mär 2016, 10:20

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Aber da alles Wahrnehmung ist, was den Menschen betrifft - Deiner Meinung nach - , kann auch obiger Satz von Dir nur als Wahrnehmung gemeint sein.
Und damit kann man auch das, was ist, in den Strudel der Relativität hineinziehen
In diesen Strudel der Relativität ziehst Du alles hinein. Siehe das von mir Geblaute.
Denn: aus Deinem Denken folgt: "Alles ist Wahrnehmung, was Menschenwerk ist".

Ich hingegen denke ja gerade ganz anders.


closs hat geschrieben:- schon verstanden.
Hast Du wirklich verstanden, dass es Du bist, der alles relativiert?
Mein ganzer Disput mit Dir geht genau darum: dass Du Deine eigenen Aussagen relativierst.
Darum gehe ich gegen Dein System an.

closs hat geschrieben: Deshalb setze ich, dass es etwas Absolutes (das, was ist) gibt, das NICHT relativ ist. - Wie gesagt: Als Mensch kommt man eh nicht ohne Setzung aus.
Siehst Du? Deine Setzung ist, nach Deiner Ausage, relativ. Da Du sie als Mensch tätigst, ist sie wahrnehmungsbedingt, so wie Du "wahrnehmungsbedingt" verstehst. Deine Setzung "es gibt etwas Absolutes" ist relativ, nach Deinem eigenen System.

Das Christentum hast Du mit Deinem eigenen System abgeschafft, die Philosophie im Übrigen auch.
Du bist der Kronzeuge für "Alles ist relativ".

Gerade weil ich diesen Relativismus nicht mitmache, lehne ich Dein System ab.
Dein System ist Erfüllungsgehilfe des Relativismus.

Du kommst über das relativistische Denken nicht hinaus.
Dazu gibt es aber eben Alternativen.

SilverBullet
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#1750 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von SilverBullet » Do 3. Mär 2016, 10:24

closs hat geschrieben:Du übergehst nach wie vor die fundamentalen Weichenstellungen von Descartes, die heute noch gültig sind - einfach aus purer Logik.
Aber nein, ich übergehe die „fundamentalen Weichenstellungen“ von Descartes nicht.
Ich halte seine Aussage gerade hinaus für falsch.

„Ich denke, also bin ich“ (mal egal, ob er es genau so gesagt hat - vermutlich möchtest du es so verwenden) ist aus „Wahrnehmungssicht“ formuliert.
Das bedeutet hier versucht Wahrnehmung, Wirklichkeit zu identifizieren.

Du kürzt es manchmal sinngemäss mit „Subjekt erkennt sich als Objekt“ ab, und soll wohl laut einigen philosophischen Ansichten „das einzig wirklich Verlässliche“ sein.

Ich habe mich in den vorigen Beiträgen damit befasst, welche Möglichkeiten eine Wahrnehmung hat, um eine Einschätzung aufzubauen, was für sie als "Wirklichkeit" gelten soll (wiederum egal, ob dies dann tatsächlich auch stimmt).

Aus meiner Sicht geht dies nur durch die Feststellung des Unterschieds zur Wahrnehmung, also der Wahrnehmungsunabhängigkeit.

Kurzum, damit das Subjekt sich als Objekt der Wirklichkeit erkennt, müsste eine Wahrnehmung für sich selbst, eine Wahrnehmungsunabhängigkeit feststellen.
Sozusagen die Wahrnehmung wäre dann (für die Wahrnehmung) Etwas (Objekt), das nicht die Wahrnehmung sein kann.

Ich finde, das klingt sehr nach einem „Schimmel, der nicht Weiss ist“, also nach einem „Ding der Unmöglichkeit“, sozusagen Objekt A ist zugleich Nicht-Objekt-A.

Ich ziehe daraus nicht das Fazit, dass ein Subjekt nicht auch ein Objekt sein kann, sondern, dass es nicht die Wahrnehmung sein kann, die dies für sich selbst entscheidet.
Die Aussage von Descartes wäre somit falsch.

Weshalb transportiert diese Aussage aber dennoch irgendwie einen „gefühlt korrekten Eindruck“?
1.
Eine Wahrnehmung ist eine Aktivität. Es muss also zumindest irgendeine Art von Vorgang geben, so dass es zu den „Bedeutungssituation“ kommt, wobei dadurch aber erst einmal keinerlei Wirklichkeitsauflagen entstehen. In wie weit es hier also um tatsächliche „Bedeutungsexistenzen“ geht oder nicht, ist damit nicht gesagt.
2.
Der „Ich“-Anteil in der Wahrnehmung besteht zum Einen, aus einer Art „Einschätzungssammlung zur Person“. Hier sind mannigfaltige Zusammenhänge möglich, wie die Wahrnehmung die Person des Lebewesens verwalten kann. Das ändert sich auch über die Zeit.
Neben diesem „Phantasiegebäude der Person“ gibt es aber auch das aktuelle Körpergefühl, die aktuelle Körpervorstellung. Der Körper wiederum ist für die Wahrnehmung sehr wohl als Objekt der Wirklichkeit identifizierbar (z.B. wird bei Krankheit und Verletzung eine sehr gute Unabhängigkeit von der Wahrnehmung festgestellt, weil die Wahrnehmung diese Situationen gar nicht aufbauen möchte).
3.
Die menschliche Wahrnehmung verwaltet das „Hier und Jetzt“, also einen Zusammenhang, der, für sich alleine, einen extrem starken Wirklichkeitsbezug ausdrückt. Der zeitliche Verlauf kann als Wirklichkeit festgestellt werden, weil es in der Wahrnehmung oftmals zum „Wunsch des Zurücknehmens von Aktionen“ kommt, was aber niemals möglich ist => Wahrnehmungsunabhängigkeit, Wirklichkeit.
Wenn die „Ich“-Person von der Wahrnehmung im „Hier und Jetzt“ verwaltet wird, ist somit automatisch ein Wirklichkeitseindruck beteiligt (auch wenn er nichts direkt mit der „Ich“-Person zu tun hat).

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben: „Glauben“ ist innerhalb der Wahrnehmung ein Vertrauen an die Gültigkeit von Zusammenhängen.
Moment: "Glauben" ist, dass Wahrnehmung an sich authentisch ist zu dem, was Du "Wirklichkeit" nennst. - Das ist etwas anderes.

Deine Wirklichkeits-Beispiele setzen regelmäßig an, NACHDEM Du diese Grundkonstellation übergangen hast.
Nein, ich habe ausdrücklich und mehrfach klar dargestellt, dass eine Wahrnehmung (aus meiner Sicht) niemals sagen kann, was Wirklichkeit ist, sondern entscheiden muss, was für sie Wirklichkeit sein soll.

Das Feststellen des Wirklichkeitsstaus durch eine Wahrnehmung ist somit maximal eine Einschätzung und kein Wissen.

Ich hoffe, wir können diesen Punkt baldmöglichst abhaken.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:„Unterscheidung der Geister" nicht, dass ich das Ergebnis vorher bereits mitbringen muss?
Nein - weil man ja nicht die Gewähr hat, dass man selber diese Unterscheidungs-Befähigung hat.
Ich habe bei Wiki nachgesehen:
Zitat-Wiki „
Unterscheidung der Geister … bezeichnet die kritische Differenzierung von Gedanken, Gefühlsregungen und Prophetien im Hinblick auf die Frage, inwieweit sie von Gott stammen oder nicht.


Es soll hier also ganz klar um eine Unterscheidung zwischen der Wahrnehmung und der Wirklichkeit gehen.

Zitat-Wiki „
„Ich setzte voraus, daß es dreierlei Gedanken in mir gibt: solche, die mein eigen sind und allein meiner Freiheit und meinem Willen entspringen, während die beiden andern von außen kommen: der eine vom guten, der andere vom bösen Geist.“
IGNATIUS VON LOYOLA: Exerzitien


Da hier eindeutig von „Ich setze voraus“ gesprochen wird, kann man ohne Probleme davon ausgehen, dass es sich nicht um einen Feststellungsablauf sondern um eine anfängliche Festlegung handelt.

Das hat mit dem Mechanismus in der menschlichen Wahrnehmung zur Feststellung einer Wahrnehmungsunabhängigkeit nichts zu tun.

Wie soll eine Wahrnehmung die Korrektheit dieser Aussage, als Wirklichkeit feststellen können?

Auch hier in diesem Thread wurde (glaube ich) schon gesagt, dass man das christliche Welt (Bibel) nur verstehen kann, wenn man von vornherein die „Unterscheidung der Geister“ annimmt.

Wir sind nicht geeignet um auf diese Weise, Wirklichkeit einzuschätzen – wir funktionieren anders.

Wenn also das christliche Weltbild die Wirklichkeit samt Schöpfung und Erlösungs-Eigen-Erkennungs-Strategie einfach festlegen möchte, dann widerspricht dies vollständig unserer Funktionsweise.

Die Folge ist, dass es nur wenigen Extrem-Anhängern gelingt, sich durch ständiges Emotionaltraining, einen Automatismus anzueignen, bei dem die normale Wirklichkeitsidentifikation in den Hintergrund gestellt wird und nur auf Vertrauen gesetzt wird.
Der Rest der „Religionssportler“ kennt eigentlich hauptsächlich nur den Zweifel, was auch vollständig ihrer Bauart entspricht.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Welche Prämissen?
Dass die Welt nicht Produkt Deiner Vorstellung ist.
Das sind aber entweder evolutionäre Funktionsmechanismen oder, wenn man eine religiöse Erklärung verwenden möchte, Herstellerauflagen.

Und genau hier liegt das Problem begraben:
Wenn das christliche Weltbild einen Hersteller einführen möchte, bei dem es darauf ankommt, dass sich die Wahrnehmung an den Herstellerauflagen vorbei um „Erlösung“ kümmern soll, dann ist das kein sinnvoller Entwurf.

Die explizite Nichtbeachtung der „Unterscheidbarkeit zur Wahrnehmung“, schafft aus Sicht der Wahrnehmung sozusagen die Wirklichkeit ab
=> „Zweifel im Glauben“ (kennt vermutlich jeder Gläubige).

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