Das liegt dann auch an der Tatsache, dass das Christentum den Boden einer anderen Kultur betrat; im europäischen Mittelalter orientierte man sich eben an der griechischen Phillosophie, die schnell in das römische Denken überging.Thaddäus hat geschrieben:Die christliche Tradition hat sich freilich nicht am hebräischen, sondern am griechischen Denken orientiert, was sich in ihren statischen Bestimmungen Gottes in den Konzilsbeschlüssen niedergeschlagen hat (Wesensgleichheit von Gott Vater, Sohn und hl. Geist usw.).
Unser abendländisches Denken ist mehr vom Griechentum/Römertum geprägt als vom jüdischen. Das Christentum wurde an das europäische Denken angepasst, es verlor dessen jüdische Wurzeln.
Genauso!Thaddäus hat geschrieben:Die Griechen dagegen waren schon von ihrer Sprache her dazu prädestiniert, Naturforschung und Philosophie zu treiben. Im Griechischen gibt es (wenn ich mich recht erinnere) 10 Ausdrücke nur für das Sehen, die jeweils bestimmte Aspekte des Sehens hervorheben. In der altgriechischen Sprache kann man Beobachtungen auf subtilste Weise unterscheiden. (Ähnlich der Inuit-Sprache, die zig verschiedene Wörter für Schnee haben.) Und die Griechen konnten durch Hinzufügung eines Artikels, jedes Verb und jedes Adjektiv substantivieren, was bedeutet, dass sie aus z.B. den Verben denken, sehen, verstehen usw. und aus Adjektiven wie schön, tugendhaft, tapfer etc. das Denken, das Sehen, das Verstehen, das Schöne, die Tugend und die Tapferkeit machen konnten. Substantiviert können diese Ausdrücke auch sprachlich zu einem Gegenstand des Denkens und der Erforschung werden. Substantiviert werden diese Tätigkeitswörter und Eigenschaften aber statisch, sie werden zu statischen untersuchbaren Gegenständen.
Ja, das geht mir genauso.Thaddäus hat geschrieben:Ich finde es ungemein spannend, wie Sprache das gesamte Denken maßgeblich gestaltet.
Ich versuche das closs, seit ich hier im Forum bin, bewusst zu machen, dass sein eigenes Denken von seiner eigenen Sprache begrenzt wird, dass man das aber ganz konkret hinterfragen kann, auch muss.
Gerade diese Substantivierung, von der Du sprichst, ist ein sehr entscheidender Punkt. closs glaubt ganz naiv, wie ein Kleinkind: wofür es ein Wort gibt, dafür gibt es auch eine Entität.
Er meint, es reicht zu sagen: "alles ist bedingt, also auch ich" - statt dass er die Bedingtheiten ganz konkret erkennt und dann aufhebt.
Ich habe eine Weile in Schweden gelebt, und das ist ja eigentlich eine dem Deutschen nahe Sprache.
Und dennoch: dort habe ich erkannt - als ich begann, in der schwedischen Sprache zu denken -, dass eine Menge an philosophischen Fragen und teilweise quälenden existentiellen Fragen auf Schwedisch nicht ausdrückbar waren.
Also, begriff ich fast bestürzt: dass gewisse existentielle philosophische Probleme sprachgemacht waren.
Sie waren nur scheinbar existentiell. Die Sprache hat mich quasi betrogen. Die Probleme gab es gar nicht wirklich.