closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Da stecken gleich zwei Fehler drin, ein weniger schlimmer und ein gewaltiger
Das werden wir am Ende sehen.
Ne, das sieht man auf den ersten Blick ..., denn [
Begründung] "telos" bedeutet nicht "Ende" und so, wie du dich auf einen telos-gebenden Gott stützt, darf sich jeder andere Gläubige auf seinen nicht-telos-gebenden Gott berufen, und es ist unentscheidbar, welche von beiden Aussagen korrekt ist oder ob beide inkorrekt sind, was der Fall ist, wenn man nämlich gar keinen Gott annimmt. Zudem ist es offensichtlich, dass du mit deiner ontologischen Proklamation Ockhams ontologisches Sparsamkeitsprinzip verletzt. Also sind es sogar drei Fehler.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Wenn du also behauptest, für Gott gäbe es eine Teleologie, dann behauptest du, Gott hat der Welt, der Geschichte, der Natur etc. bei der Schöpfung ein inhärentes Ziel mitgegeben, auf welches alle Entwicklungen und alle Geschichte hinauslaufen.
Leider etwas komplizierter.
Nein, das ist auch nicht komplizierter, denn [
Begründung] sobald du von
Teleologie sprichst, setzt du ein inhärentes Ziel, sei es, dass es von Gott kommt oder sei es, dass es der Natur selbst bereits inhärent ist. Du kannst also gar nicht abstreiten, dass du dies tust, denn du verwendest den Begriff
Teleologie.
closs hat geschrieben:Wenn die Wissenschaft mit ihren Mitteln nachweist, dass die ET kein vorherbestimmtes Ziel hat, sondern sich zufällig/chaotisch entwickelt ... Man schließt daraus (...), die Teleologie sei falsifiziert.
Die Annahme eines
teleologischen Prinzips in der Natur lässt sich wissenschaftlich nicht falsifizieren, denn [
Begründung] sie gründet sich auf der aristotelischen Unterscheidung von
Stoff und
Form und der Gedanke, es gäbe eine zielgerichtete Entwicklung in der Natur, wird klassischerweise als ein
Formprinzip betrachtet. Aristoteles nimmt als Beispiel die Eichel, aus der schließlich eine stolze Eiche wird, was irgendwie in der Eichel bereits angelegt sein muss (als
Entelechie). Heute wissen wir, dass die Eichel einen genetisch festgelegten Bauplan enthält, so dass aus ihr eine Eiche zwangsläufig werden muss. Die Genetik erklärt das Werden also schlicht
ohne die Zusatzannahme, dass es noch ein spezielles Formprinzip geben müsste, damit aus der Eichel eine Eiche werden kann. Sie benötigt einfach kein weiteres teleologisches Prinzip, um erklären zu können, warum aus einem (befruchteten) Samen eine bestimmte Pflanze wird oder aus einem Samen und einer Eizelle ein Tier oder ein Mensch. Die Erklärung ohne Annahme eines teleologischen Prinzips folgt also streng dem Ockhamschen Sparsamkeitsprinzip, welches du sträflich ignorierst.
closs hat geschrieben:Dem gegenüber steht die Ansicht, dass Gott "in den Urtagen" (vgl. 2.Kön. 25,19) alles gefügt/geplant habe, was seit der Schöpfung nur noch abzulaufen hat (wie dies zu interpretieren wäre, wäre eine eigene Diskussion).
Ja, daran darfst du selbstverständlich glauben. Aber das bedeutet nicht, dass auch andere daran glauben müssen oder auch nur sollten.
closs hat geschrieben:Es stehen sich also zwei "Wahrheiten" und somit eine "doppelte Wahrheit" gegenüber:
a) Der Mensch entwickelt sich, auch in Bezug auf sein Schicksal, zufällig/chaotisch und mit offenen Ende - sozusagen "ergebnisoffen".
b) Des Menschen Schicksal ist "seit den Urtagen" bekannt - Gott weiss also bereits "heute", dass Thaddäus am 27.2. 2079 um 3 Uhr 24 in der Speerstraße 15 in Hamburg versterben wird.
Nö, da stehen sich natürlich keine zwei Wahrheiten gegenüber. Warum sollte denn deine Annahme,
des Menschen Schicksal ist seit den Urtagen bekannt, eine Wahrheit sein? Diese bloße Annahme müsstest du ja erst einmal so plausibel machen, dass man sie vernünftigerweise akzeptieren muss.
closs hat geschrieben:
Eine THEOLOGISCH mögliche korrekte Aussage über die Welt (im Sinne ihrer Stellung gegenüber Gott) ist meine Aussage natürlich schon - denn was wäre Theologie, wenn sie Gott nicht in ihren Aussagen miteinbezieht.
Nein. Und an dieser Stelle zeigt sich die eklatante Übergriffigkeit deiner Position!
Nicht die Wissenschaften greifen in deinen Glauben ein, - die lassen dich glauben, was du willst, weil sie die Frage deines perönlichen Glaubens überhaupt nicht interessiert. DU bist es stattdessen, der gegenüber den Wissenschaften übergriffig und belästigend wirst, denn du willst die Wissenschaften dazu zwingen, deine willkürliche Setzung teleologischer oder metaphysischer Prinzipien gefälligst berücksichtigen zu sollen. Das ist ungefähr so, wie eine Frau vor dem Kölner Dom unsittlich zu betatschen und ihr auch noch das Handy klauen zu wollen.
closs hat geschrieben:
Was kann den Gott dafür, dass Ockham ihn nicht in seiner Methodik/seinem Lehrsatz berücksichtigen kann? - Wo steht geschrieben, dass Gott als fact in the world naturwissenschaftlich anerkannt sein muss? - Das ist Babel pur. - Das Brötchen entscheidet, ob es einen Bäcker gibt. - Das ist Ideologie.
Ockhams ontlogisches Sparsamkeitsprinzip ist ein wissenschaftlich sehr sinnvolles Prinzip, denn es verhindert, dass Leute wie du daher kommen, die irgendwelche esoterisch-metaphysische Prinzipien als existierend behaupten und die Wissenschaften dazu zwingen wollen, diese gefälligst zu berücksichtigen, obwohl ihre Setzung alles andere als plausibel ist. Du befummelst schon wieder die Wissenschaften unsittlich ...