Alles Teufelszeug?

Anton B.
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#741 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Anton B. » Fr 19. Feb 2016, 13:40

Thaddäus hat geschrieben:Trotzdem macht ein Blick über die diversen wissenschaftstheoretischen Positionen klar, dass der metodische Atheismus jeder einzelnen implizit ist, so unterschiedlich sie anonsten auch sein mögen.
Als feststehender terminus technicus ist mir "methodischer Atheismus" auch nicht bekannt. Vielleicht verwendest Du ihn mehr als beschreibenden Ausdruck.

Zuerst dachte ich ganz kurz, Du hättest "methodischer Naturalismus" schreiben wollen. Aber worin inhaltlich besteht der Unterschied zwischen "methodischer Naturalismus" und "methodischer Atheismus". Bzw. anders gefragt: Wo kommen die beiden Ausdrücke, die ja aus verschiedenen Richtungen zielen, zu einer inhaltlich für uns bedeutsamen Differenz?
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

Anton B.
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#742 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Anton B. » Fr 19. Feb 2016, 13:55

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:. In keiner einzigen von diesen wird aber ein Konzept der doppelten Wahrheit vertreten oder die Legitimation eines Rechtfertigungsbezugs auf religiöse oder metaphyische Überzeugungen.
Logisch - weil die Definition des Kritischen Rationalismus dies nicht zulassen KANN. - Deshalb ist der KR doch eine Methodik und keine Philosophie.
Der "Kritische Rationalismus" als Methodik ist aber nicht gesetzt, sondern ist einfach das, was nach unserem heutigem Verständnis aus der Definition von "Wissen" als Methodik zur Untersuchung "empirischer Phänomene" notwendig ist.
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Thaddäus
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#743 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Fr 19. Feb 2016, 14:06

Anton B. hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Trotzdem macht ein Blick über die diversen wissenschaftstheoretischen Positionen klar, dass der metodische Atheismus jeder einzelnen implizit ist, so unterschiedlich sie anonsten auch sein mögen.
Als feststehender terminus technicus ist mir "methodischer Atheismus" auch nicht bekannt. Vielleicht verwendest Du ihn mehr als beschreibenden Ausdruck.
Tatsächlich spricht man zunächst besser vom "methodologischen Atheismus", was präziser ist als methodischer Atheimus, denn methodischer Atheismus kann auch (miss-)verstanden werden als ein dezidierter Atheismus, der eben methodisch vorgeht. "Methodologischer Atheismus" bedeutet aber nur, dass für die wissenschaftliche Methodologie Gott, doppelte Wahrheiten, transnaturale oder metaphysische Entitäten, übernatürliche oder transnaturalistische Begründungen usw. keine Rolle spielen (ob es all das geben könnte oder nicht, spielt mithin keine Rolle). Es ist ein de facto Atheismus in allen wissenschaftlichen Methoden der Wissenschaften und vor allem also in der wissenschaftlichen Praxis.

Anton B. hat geschrieben: Zuerst dachte ich ganz kurz, Du hättest "methodischer Naturalismus" schreiben wollen. Aber worin inhaltlich besteht der Unterschied zwischen "methodischer Naturalismus" und "methodischer Atheismus". Bzw. anders gefragt: Wo kommen die beiden Ausdrücke, die ja aus verschiedenen Richtungen zielen, zu einer inhaltlich für uns bedeutsamen Differenz?
Wenn es Differenzen zwischen den beiden Ausdrücken gibt, dürften die nicht besonders groß sein. Beide schließen transnaturalistische Erklärungen oder Rechtfertigungen aus: ob in der experimentellen Physik oder der HKM.

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#744 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Fr 19. Feb 2016, 14:15

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Der Dialog mit Dir endet immer im Absurden, weil Du nie mehr weißt, was Du überhaupt geschrieben hast.
Ich weiss das sehr wohl, ändere aber immer wieder eine Formulierung, wenn ich am Nicht-Verständnis meiner Aussagen verzweifle. - Und weil ich durchaus selbstkritisch bin und mir dies selbst in die Schuhe schiebe, versuche ich, mit anderen Formulierungen für dasselbe (!) den richtigen "Einflugwinkel" ("Werde ich vielleicht SO verstanden?") zu finden.
Du veränderst meine Aussagen, indem Du ihnen Deine unterstellst.
Das ist der Würgegriff, den Du gut drauf hast und der mir keinen Spaß macht.

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Thaddäus
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#745 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Fr 19. Feb 2016, 15:14

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Das Konzept der doppelten Wahrheit gab es ja, und es hat sich herausgestellt, dass es zu genau dem geführt hat, worüber Albert schreibt.
Da hat er ja recht: Die Problematik ist da - das bestreitet keiner. - Mein Punkt ist, dass er diese Problematik einseitig auflöst.
Nein, die Geschichte und Entwicklung der Wissenschaften selbst hat das so aufgelöst. Albert stellt es nur noch einmal ausdrücklich fest.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:. In keiner einzigen von diesen wird aber ein Konzept der doppelten Wahrheit vertreten oder die Legitimation eines Rechtfertigungsbezugs auf religiöse oder metaphyische Überzeugungen.
Logisch - weil die Definition des Kritischen Rationalismus dies nicht zulassen KANN. - Deshalb ist der KR doch eine Methodik und keine Philosophie.
Wirf bitte einen Blick in Wiki zum Stichwort "Wissenschaftstheorie", dann siehst du, dass dort der kritische Rationalismus nur eine unter vielen wissenschaftstheoretischen Positionen ist. Aber keine einzige der dort zahlreich aufgeführten Positionen, die sich alle unterscheiden, kommt auch nur in die Nähe dessen, was du hier vertrittst. Insbesondere vertritt keine einzige doppelte Wahrheiten, weil dies das Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch aushebeln würde und beliebige Erklärungen möglich würden, was letztlich die komplette Logik aushebelt. Albert schreibt das bereits oben und es ist ganz und gar korrekt.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es gibt - wie du selbst sehen kannst - nicht einmal innerhalb der realistischen Wissenschaftstheorie eine Position, die übernatürliche oder religiöse Erklärungen, doppelte Wahrheiten oder Bezugnahmen auf metaphysische Entitäten vertritt.
Dito - das bestreitet doch niemand. - Aber genau das führt doch zur Frage: Was KANN der KR und was kann er nicht?
Hallo? Der kritische Rationalismus ist eine unter vielen möglichen wissenschaftstheoretischen Positionen, aber keine - ich wiederhole: keine! - vertritt, was du vertrittst! Im Gegenteil vertreten ALLE dort aufgeführten Richtungen offensichtlich einen impliziten methodologischen Atheismus.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es gibt keine beliebigen Defintionen von Wissenschaft, Vernunft, Geist, Wahrnehmungssystem etc.
Natürlich nicht - aber es gibt mehrere Definitionen.

"Wissenschaft" wird innerhalb der Wissenschafts-Theorie unterschiedlich definiert (siehe Hoyingen-Hüne).
Ja, aber niemals so, dass sie in so wesentlichen Punkten von der gängigen Definition abweicht wie deine.

closs hat geschrieben: * Vernunft wird im christlichen Sinne anders definiert als im Materialismus.
* Geist ist im christlichen Sinne NUR transnaturalistisch definiert - im Materialismus NIE transnaturalistisch definiert.
Ja, und "YHWH" wird von den Zeugen Jehovas als "Jehova" definiert (ein übrigens lustiger Irrtum bezüglich der masoretischen Punktation des biblischen Hebräisch). Und es gibt sogar eine Definition von Astralkörper und von Phlogiston. Wer, außer einigen wenigen Katholiken folgt bitteschön der katholischen Defintion von "Vernunft"? (Es gibt keine allgmeinchristliche Defintion von Vernunft.)
"Geist" ist selbst im christlichen Verständnis sicherlich nicht NUR transnaturalistisch definiert, und wenn es so wäre, wäre es der Beleg dafür, diese Defintion von Geist als unbrauchbar abzulehnen.

closs hat geschrieben: Alle diese konträren Definitionen sind nicht beliebig, sondern sehr wohl begründet - aber eben abhängig von den JEWEILIGEN Setzungen der dahinter stehenden Weltanschauung.
Ob solche unterschiedlichen Definitionen wohl begründet sind, ist gerade zu bezweifeln! Wohl begründet sind die, die einer Mehrheit der Wissenschaftsgemeinschaft plausibel gemacht werden können.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Der ganze Sinn einer Defintion ist, dass das Definiendum (also das, was definiert wird) idealerweise nur eine einzige korrekte Defintion hat, auf die man sich als plausibelste einigt.
Schön wär's, ist aber nicht so. - Weshalb ich dafür plädiere (wie dies bei uns in der Philologie Usus war), Begriffe mit einem Zusatz zu versehen:
Das ist nicht nötig und wird auch nicht gemacht, weil die meisten Experten sich sehr wohl auf klare und gemeinsame Definitionen einigen können.
Du glaubst doch nicht im Ernst, dass sich irgendwer in der großen weiten Wissenschaftsgemeinde für die katholische oder evangelische oder muslimische Defintion von Vernunft und Geist interessiert, denn diese Defintionen können per se nur tendenziös, weil religiös gebunden sein. Und das ist kein Manko, es stellt einen Fortschritt in den Wissenschaften dar.

closs hat geschrieben: Und dann kann ein Computer plötzlich "Geist" haben - weil man es so definiert hat.
Ich denke ebenfalls nicht, dass Computer Geist besitzen und er bekommt auch keinen, weil man "Geist" plötzlich anders definiert. Im Bemühen aber, zu verstehen, was Geist eigentlich ist, wagen sich manche AI'ler so weit vor zu behaupten, Geist sei schon, wenn Watson besser als Menschen Quizfragen beantworten kann.

closs hat geschrieben:Mit "Experten des Fachs" meinst Du die Speerspitzen der Umwerter. - Merkst Du nicht, dass es hier nicht um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung, sondern um einen Kulturkampf geht?
Ach, dass ist doch Unsinn closs. Die Experten eines Fachs sind diejenigen, die innerhalb einer Disziplin die aktuellste Forschung betreiben. Die, die daraus Ideologie machen, sind zumeist Laien, die keine Ahnung von der aktuellesten Forschung haben.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Gibt man den Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch auf, wird jede beliebige Erklärung möglich und das bedeutet den Tod jeder Wissenschaft.
Stimmt prinzipiell. - Nur kann es sehr wohl sein, dass These und Anti-These in der Synthese aufgehoben werden, also nur auf thetischer Ebene widersprüchlich sind.
Wenn Dialektik darauf hinausläuft, den Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch aufzuheben, so dass eine Sache so und gleichzeitig das Gegenteil davon sein kann, dann sind beliebige Erklärungen möglich und das ist wissenschaftlich abzulehnen, weil Wissenschaft gerade darauf aufbaut, dass eben keine beliebigen Erklärungen möglich sind!



closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Das ist der Sinn von Poppers Falifikation!
Ja - aber immer: INNERHALB eines Modells. - Konkret:
Nein, nicht innerhalb eines Modells, sondern innerhalb aller Wissenschaften!

closs hat geschrieben: WENN man setzt, dass es nichts Übernatürliches gibt (der KR MUSS das aufgrund seiner Regeln tun),
Oh je!
Nein, weder der kritische Rationalismus noch die Wissenschaften setzen, dass es nichts Übernatürliches gibt. Sie setzen, dass innerhalb der Wissenscahften Übernatürliches keine Rolle spielt und spielen darf, was die historische Erfahrung gelehrt hat. Das ist etwas anderes: es ist die methodische Enthaltung von übernatürlichen Erklärungen und Begründungen.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Es geht um die höchstmögliche Plausibilität
Im Rahmen des KR.
Unsinn. Es geht bei allen wissenschaftlichen Erklärungen um höchstmögliche Plausibilität, doch nicht nur im kritischen Rationalismus.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Gleichzeitig kann es keine doppelte Wahrheit geben, denn wenn etwas mit höchster Plausibilität so ist, wie es ist und also als vorläufig wahr angenommen werden kann, dann ist es unmöglich, dass das Gegenteil hiervon mit der gleichen Plausibiltät wahr ist.
Dieser Satz ist deshalb unrichtig, weil "Plausibilität" sich auf eine Methodik/gar ein Modell bezieht und nicht auf die (ontologischen) Wirklichkeit.
Das wird jetzt wirklich langsam ärgerlich.
Jede Methode und jedes Modell und jede Theorie muss sich auf die Wirklichkeit beziehen lassen, sonst könnte sie diese ja nicht beschreiben und Ereignisse in der natürlichen Welt z.B. vorhersagen. Das ist doch völlig klar! Wenn man eine Raumstation im Orbit halten will oder eine Rakete zum Mars fliegen lassen, dann wird das mit mathematischen Methoden nach Modellen berechnet und wenn richtig gerechnet wird, stirbt niemand!

closs hat geschrieben: Insofern ist Dein Satz nur dann richtig, wenn er lautet:
Gleichzeitig kann es keine doppelte Wahrheit innerhalb EINES methodischen Systems geben, denn wenn etwas mit höchster Plausibilität in EINEM methodischen System so ist, wie es ist und also als vorläufig wahr angenommen werden kann, dann ist es unmöglich, dass das Gegenteil hiervon mit der gleichen Plausibiltät im SELBEN methodischen System wahr ist.
Nein, so ist er richtig:

Gleichzeitig kann es keine doppelte Wahrheit innerhalb korrekter Aussagen über die Welt geben, denn wenn etwas mit höchster Plausibilität innerhalb einer vernünftigen Rede über die Welt, welche jederzeit dem Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch folgen muss, um überhaupt verständlich sein zu können , so ist, wie es ist und also als vorläufig wahr angenommen werden kann, dann ist es unmöglich, dass das Gegenteil hiervon mit der gleichen Plausibiltät widerspruchsfrei wahr ist.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Fr 19. Feb 2016, 16:02, insgesamt 6-mal geändert.

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#746 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Fr 19. Feb 2016, 15:30

Anton B. hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:. In keiner einzigen von diesen wird aber ein Konzept der doppelten Wahrheit vertreten oder die Legitimation eines Rechtfertigungsbezugs auf religiöse oder metaphyische Überzeugungen.
Logisch - weil die Definition des Kritischen Rationalismus dies nicht zulassen KANN. - Deshalb ist der KR doch eine Methodik und keine Philosophie.
Der "Kritische Rationalismus" als Methodik ist aber nicht gesetzt, sondern ist einfach das, was nach unserem heutigem Verständnis aus der Definition von "Wissen" als Methodik zur Untersuchung "empirischer Phänomene" notwendig ist.
Die Gegenposition zum kritischen Rationalismus ist im Übrigen nicht etwa ein metaphysischer Realismus, der übernatürliche Erklärungen etc. zuließe. Einen solchen gibt es überhaupt nicht mehr.
Seine Gegenposition ist Karl Otto Apels Transzendentalpragmatik. Die Transzendentalpragmatik behauptet die Möglichkeit von Letztbegründungen, also unhintergehbaren letzten logisch-pragmatischen Voraussetzungen des Redens und Handelns, die sinnvolles Reden und Handeln überhaupt erst ermöglichen. Hierzu gehört zum Beispiel das Gesetz vom ausgeschlossenen Widerspruch und der Satz der Identität, welche u.a. dafür sorgen, dass vernünftiges Reden überhaupt möglich ist. Ohne sie würde Rede einfach nur wirr und unverständlich.

Der Kritische Rationalismus behauptet dagegen, dass es eine solche Möglichkeit einer Letztbegründung nicht gibt, weshalb es auch keine absoluten Wahrheiten geben kann, sondern stets nur relative. Eine begründete wissenschaftlich-plausibele Erkenntnis wird also solange für wahr gehalten, bis sie aufgrund gegenläufiger Erkenntnisse falsifiziert oder relativiert wird.

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#747 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Fr 19. Feb 2016, 16:15

Thaddäus hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Trotzdem macht ein Blick über die diversen wissenschaftstheoretischen Positionen klar, dass der metodische Atheismus jeder einzelnen implizit ist, so unterschiedlich sie anonsten auch sein mögen.
Als feststehender terminus technicus ist mir "methodischer Atheismus" auch nicht bekannt. Vielleicht verwendest Du ihn mehr als beschreibenden Ausdruck.
Tatsächlich spricht man zunächst besser vom "methodologischen Atheismus", was präziser ist als methodischer Atheimus, denn methodischer Atheismus kann auch (miss-)verstanden werden als ein dezidierter Atheismus, der eben methodisch vorgeht. "Methodologischer Atheismus" bedeutet aber nur, dass für die wissenschaftliche Methodologie Gott, doppelte Wahrheiten, transnaturale oder metaphysische Entitäten, übernatürliche oder transnaturalistische Begründungen usw. keine Rolle spielen (ob es all das geben könnte oder nicht, spielt mithin keine Rolle). Es ist ein de facto Atheismus in allen wissenschaftlichen Methoden der Wissenschaften und vor allem also in der wissenschaftlichen Praxis.
Ja, und eine Weltanschauung hat eben in der Wissenschaft nichts zu suchen.

Insofern trübt der Begriff "methodologischer Atheismus" den Blick Richtung Ideologie. Außerdem lässt er, wie ich schon sagte, eine marxistische oder faschistische Wissenschaft zu, denn beide sind atheistisch.

Es reicht völlig, von "wissenschaftlicher Methodik" zu reden, denn diese schließt bereits jegliche Weltanschauung in der Methodik aus.
Die Zusammensetzung "nethodologischer Atheismus" ist Schleichwerbung für den Atheismus. ;)
So wie manchmal die Werbung Produktnamen einschleust, ohne dass man es merkt - damit man das Produkt dann kauft, unbewusst darüber, dass man es ihm einsuggeriert hat.

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#748 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Fr 19. Feb 2016, 16:23

Savonlinna hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Tatsächlich spricht man zunächst besser vom "methodologischen Atheismus", was präziser ist als methodischer Atheimus, denn methodischer Atheismus kann auch (miss-)verstanden werden als ein dezidierter Atheismus, der eben methodisch vorgeht. "Methodologischer Atheismus" bedeutet aber nur, dass für die wissenschaftliche Methodologie Gott, doppelte Wahrheiten, transnaturale oder metaphysische Entitäten, übernatürliche oder transnaturalistische Begründungen usw. keine Rolle spielen (ob es all das geben könnte oder nicht, spielt mithin keine Rolle). Es ist ein de facto Atheismus in allen wissenschaftlichen Methoden der Wissenschaften und vor allem also in der wissenschaftlichen Praxis.
Ja, und eine Weltanschauung hat eben in der Wissenschaft nichts zu suchen.
Nein, es handelt sich dabei um keine Weltanschauung, denn der methodologische Atheismus lässt völlig offen, ob es Gott, Erleuchtungwahrheit, Offenbarungswahrheit, doppelte Wahrheit usw. gibt oder nicht gibt. Es interessiert die Wissenschaft nur nicht, ob diese Dinge existieren oder nicht. Sie spielen für sie keine Rolle. Genau darin liegt die methodische Entscheidung: dass sie dür das wissenschaftliche Arbeiten keine Rolle spielen.
Und das ist keine Weltanschauung, sondern eben eine methodische Entscheidung, erwachsen aus den historischen Erfahrungen.

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#749 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Fr 19. Feb 2016, 16:31

Anton B. hat geschrieben:Und um Ideologisierung auszutricksen, sind eben Wort-Definitionen inkl. der Zuschreibung von Interpretationen das Mittel der Wahl.
Natürlich - darum kämpfe ich, nebenbei, seit Jahren. - Nur: Definitionen sind je nach Weltanschauungen für dasselbe Wort unterschiedlich.

Anton B. hat geschrieben:Denn "die" Wissenschaft ist sich ihrer Grundlagen -- soweit man hier davon sprechen kann -- bewusst.
Es ist nicht "die Wissenschaft", die - wenn sie sauber betrieben wird - sich streng in ihren methodischen Grenzen bewegt und keine Schlussfolgerungen über diese Grenzen hinaus zieht.

Das Problem ist der Naturalismus, Szientismus und Physikalismus, die aus einer Methode eine Philosophie machen, also im Grunde Wissenschaft prostituieren.

Anton B. hat geschrieben:Wie oft habe denn alleine ich (neben anderen) hier Forum nicht genau das explizit ausgedrückt?
Du warst ziemlich der einzige, der auf die Begrenztheit der Wissenschaft hingewiesen hat. - Andere meinen, dass es nichts gäbe, was nicht mit Wissenschaft hinreichend erklärt werden könne.

Anton B. hat geschrieben:Und dass Du mit Deinen Setzungs-Setzungen das Wesen der Ableitung dieser Regeln nicht akkurat wiedergibst, steht da auf noch einem anderen Blatt.
Die Setzung ist, dass man, also auch Wissenschaft, nur etwas wissen kann auf Basis seiner Methodik und seines Modells. - Dies steht im Widerspruch zu denen, die in Wissenschaft DAS Mittel der Wahl sehen zur Beschreibung von allem, was "ist".

Dass die Wissenschafts-Theorie dies genauso sehen mag (also "diszipliniert"), glaube ich Dir gerne - nur es gibt auch eine Praxis, die in der Regel aus einer Vermischung aus Wissenschaft und Weltanschauung besteht, wenn es um geistes-wissenschaftliche Fragen geht. - DIes wird besonders deutlich bei theologischen Fragestellungen.

Anton B. hat geschrieben:"Warum die Zeit mit Blödmännchen da draußen vertüddeln, wenn ich -- der closs -- doch die rechte Erkenntnis habe."
So ist es wirklich nicht gemeint - es nervt nur, wenn der Reflex nach einer Referenz vor dem eigenen Nachdenken steht. - Als wäre eine Aussage inhaltlich wahrer oder falscher, wenn dazu keine Referenz zur Hand ist.

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#750 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Fr 19. Feb 2016, 16:33

Anton B. hat geschrieben:Der "Kritische Rationalismus" als Methodik ist aber nicht gesetzt, sondern ist einfach das, was nach unserem heutigem Verständnis aus der Definition von "Wissen" als Methodik zur Untersuchung "empirischer Phänomene" notwendig ist.
Wenn man (sicherlich aus guten Gründen) setzt, nach einer bestimmten Methodik vorzugehen, setzt man damit, dass man in der Folge im Rahmen der methodischen Möglichkeiten interpretiert. - Es geht auch gar nicht anders - insofern keine Kritik meinerseits. - Aber man muss es doch wissen, wenn man seine Arbeitsgrundlagen reflektiert.

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