DU bist es doch, der duscht und dabei versucht nicht nass zu werden.closs hat geschrieben: Meinetwegen kann man Wissenschaft so restriktiv definieren, wie Du es zu tun scheinst. - Aber dann bitte um den Preis, dass es große Lebensbereiche - gerade im geistigen Bereich - gibt, in der Wissenschaft keine wesentliche Rolle spielen kann. - Duschen und nicht nass werden geht nicht.
Closs Ansatz einer doppelten Wahrheit - nämlich einer religiösen einerseits und einer wissenschaftlichen andererseits - wird von dem Wissenschaftstheoretiker Hans Albert wie folgt als letztlich dogmatisch entlarvt:
Wissenschaft und Weltanschauung pflegen auch von Leuten streng auseinandergehalten zu werden, die sich für religiös ungebunden erklären. Während im ersten Bereich ein unbeschränkt kritischer Gebrauch der Vernunft am Platze zu sein scheint, neigt man in bezug auf den zweiten oft eher dazu, sich für eine deutende, verstehende oder vernehmende Vernunft auszusprechen oder gar die hier adäquate Verfahrensweise von der Vernunft - oder in anderer Terminologie: von der der bloßen Rationalität oder des rechenhaften Verstandes - überhaupt abzusetzen.
Man entwickelt also eine mit methodischen Ansprüchen ausgestattete Zwei-Sphären-Metaphysik, die in Verbindung mit der Idee der doppelten Wahrheit geeignet erscheint, gewisse tradierte Anschauungen gegen bestimmte Arten der Kritik abzuschirmen und dadurch einen inselhaften Bereich unantastbarer Wahrheiten zu schaffen. In diesem Bereich ist man dann unter Umständen sogar bereit, die Logik außer Gefecht zu setzen, damit echte Widersprüche akzeptabel werden, allerdings meist ohne die Tragweite eines solchen Unternehmens und seine Absurdität voll zu erkennen. Denn die Aufgabe des Prinzips der Widerspruchsfreiheit zugunsten eines oft „dialektisch" genannten Denkens mag zwar in gewissen Fällen äußerst bequem sein, aber sie macht, wie wir wissen, beliebige Konsequenzen ableitbar, bedeutet also gewissermaßen eine logische Katastrophe, da sie den Zusammenbruch jeder sinnvollen Argumentation involviert. Das bedeutet aber, daß sie nichts anderes ist als ein ganz und gar dogmatisches Verfahren, ein Rückzug in den vollkommenen Dogmatismus, und das heißt: in die vollkommene Willkür. Das Motiv für die Wahl einer solchen Strategie liegt im allgemeinen auf der Hand: Man ist zwar im sicheren Besitz der Wahrheit, hat aber dennoch eine gewisse Angst vor kritischer Prüfung und opfert daher lieber die elementare Moral des Denkens - nämlich die Logik - als diesen angeblich sicheren Besitz.
[Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft, 4. Aufl. 1980, S. 104-105]