Alles Teufelszeug?

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Savonlinna
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#381 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Sa 13. Feb 2016, 14:41

Vielleicht noch dazu:

closs hat geschrieben:Aus meiner Sicht ist die ständige Selbst-Thematisierung eigener Wahrnehmungs-Prozesse, die man mit dem Ziel der Schein-Objektivierung in methodische Systeme fasst, weitaus starrer.
Ob es noch starrere Systeme gibt als Deine, kann ich nicht beurteilen.
Das würde ja auch nichts daran ändern, dass ich hier im Forum auf DEINE Starre stoße und damit zu tun habe.
Das macht sven auch immer. Immer, wenn ich ihn auf sein dogmatisches Denken hinweise, sagt er: andere seien viel schlimmer.

closs hat geschrieben: - Als könne Bewegung innerhalt eines starren Verschlags glaubhaft universale Dynamik simulieren. - Ich muss jetzt auch mal deutlich werden, obwohl es mir bei Dir wirklich schwer fällt.
Ich verstehe zwar noch immer null von dieser Aussage, es scheint mir aber, als ob Du mir da irgendwas vorwirfst, was mit mir nichts zu tun hat.

Darum noch einmal, was ich Dir schon öfter versucht habe zu erklären:
Für mich ist der Mensch nicht fassbar. Ich weiß nicht, und ich denke, wir alle wissen nicht, was mit dem Menschen entstanden ist.
Darum weise ich jeglichen Versuch zurück, den Menschen auf etwas festzulegen.

Du willst ihn festlegen, darum weise ich das zurück.
Du fragst mich oft, welche Weltanschauung ich habe, und ich sage Dir regelmäßig: ich habe keine.
Damit meine ich: ich schaue mir nie die ganze Welt an - sie steht mir nicht zur Verfügung -, mache mir also kein Bild von der Welt.
Das eben von Dir Zitierte will mir möglicherweise aber ein festes Weltbild unterstellen.

Ich kann nicht dafür, dass ich keins habe. Es fügt sich in mir keins zusammen.
Ich fühle mich wie jemand, der in eine dunkle und unbekannte Umgebung gekommen ist und nach und nach Gegenstände und Personen wahr nimmt, von denen man nichts weiß, aber mit denen man sich mit der Zeit irgendwie arrangieren kann. Man kann lernen, auch mit Unbekanntem zusammenzuleben.

Ich mache mir aus diesem und jenem einen Reim, aber er ist vorläufig.
Ich begegne Leuten, die ungleich mir ein festes Weltbild haben und andere von dessen "Richtigkeit" überzeugen wollen.
Je älter ich werde, desto absurder kommt es mir vor, dass man irgendetwas für "richtig" hält, wo wir ja selber das Wort "richtig" erfunden haben.
Wir können uns entscheiden, wie wir zusammen leben wollen, aber es hat mit objektiver Richtigkeit nichts zu tun.

Am ehesen passt noch folgendes Bild zu meinem Grundempfinden:
Mozart schreibt eine Symphonie, Beethoven schreibt eine Symphonie.
Welche ist "richtiger"?

Diese rhetorische Frage drückt am ehesten aus, warum ich Dein "tertium non datur" so absurd und dogmatisch empfinde.
Denn: Tertium DATUR!
Die Musik widerlegt Dich.
Alles Schöpferische widerlegt Dich.
Zuletzt geändert von Savonlinna am Sa 13. Feb 2016, 14:53, insgesamt 1-mal geändert.

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Savonlinna
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#382 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Sa 13. Feb 2016, 14:43

NIS hat geschrieben:Jesus Christus war der Teufel, der Sohn Gottes, eine unschuldige Jungfrau am Kreuz ihrer Liebe auf Golgatha.

Der Teufel wußte nicht, was er tat, als der Adam und Eva im Paradies verführte!

† † †


AMEN
Hi, NIS! Willkommen zurück!
Freu mich, von Dir zu hören. :D

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#383 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Sa 13. Feb 2016, 14:52

Thaddäus hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Innerhalb des Mandats dessen, was die HKM sagen kann, ist dies ja auch korrekt.
Es gibt kein innerhalb des Mandats der HKM, wie es kein gleichberechtigtes außerhalb der HKM in dieser Sache gibt. Was es gibt, ist ein fundmantales wissenschaftstheoretisches Missverstänndnis deinerseits.

Deine Formulierung, die HKM habe ja recht, aber nur innerhalb ihres Mandats, ist exakt so widersinning, wie davon zu sprechen, die Physik habe mit ihren Ergebnissen ja recht, aber nur innerhalb ihres Mandats. Ansonsten gäbe es aber noch andere "Mandate", mit der Physik ganz anders betrieben werden könne und deren Ergebnisse seien völlig gleichberechtigt.

Dein letzter Satz scheint mir aufzuzeigen, dass Du closs hier missverstehst.
Denn selbstverständlich sind die Ergebnisse der Physik nur gültig innerhalb der Prämissen, die die Physik setzt.
Das ist das Selbstverständnis aller Wissenschaft.

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#384 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Sa 13. Feb 2016, 16:05

Savonlinna hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Dein letzter Satz scheint mir aufzuzeigen, dass Du closs hier missverstehst.
Denn selbstverständlich sind die Ergebnisse der Physik nur gültig innerhalb der Prämissen, die die Physik setzt.
Das ist das Selbstverständnis aller Wissenschaft.
Ich denke, ich verstehe closs goldrichtig.
Er behauptet nämlich nicht weniger (im übertragenen Sinne) als Physik treiben zu können, ohne dabei die Methoden der Physik anwenden zu müssen, sondern andere anwenden zu dürfen. Aber genau das geht nicht. Wer Physik wissenschaftlich betreiben will, der muss auch die Methoden der Physik, wie sie sich im Laufe ihrer Geschichte als bewährt herausentwickelt haben, anwenden. Tut er das nicht, dann betreibt er keine Physik. Und wer glaubt, er könne Physik noch so betreiben, wie die vorsokratischen Naturphilosophen, der betreibt ebenfalls keine Physik.

Der Glaube kann glauben was und wie er will, und es ist keine wissenschaftliche Frage, ob der, der glaubt, berechtigt glaubt oder nicht, denn die subjektive Berechtigung seines Glaubens kann man durchaus auf ein persönliches Erleuchtungserlebnis zurückführen oder auf persönliche Erfahrungen mit Gott usw. Das ist aber Glaube und keine Wissenschaft!
Wissenschaft tritt dezidiert mit dem Anspruch an, verbindliche, weil intersubjektiv als wahr einsehbare Aussagen über die Welt zu machen, insoweit das möglich ist, und kann sie keine zwingend wahren Aussagen über die Welt treffen, versucht sie Aussagen und Ergebnisse zu formulieren, die mit der höchstmöglich erreichbaren Wahrscheinlichkeit wahr sind.

Will man Theologie wissenschaftlich betreiben, um so zu halbwegs sicheren theologischen Ergebnissen zu gelangen, dann darf man auch nur solche Methoden anwenden, die als wissenschaftlich anerkannt sind. Tut man das nicht, dann ist das kein "anderes Mandat", sondern es ist dann einfach nur keine theologische Wissenschaft.
Genau diesem Missverständnis sitzt auch Ratzinger auf. Wie closs missversteht er fundamental, was die Aufgabe von Wissenschaft ist und was eigentlich ihre Berechtigung ausmacht.
Closs und Ratzinger möchten Theologie mit dem Anspruch von Wissenschaftlichkeit betreiben, ohne wissenschaftliche Methoden anwenden zu müssen.

Closs und Ratzingers Ansichten sind lediglich ihre persönlichen Glaubensansichten. Die kann man gut oder nicht gut finden, überzeugend oder nicht überzeugend, hilfreich oder nicht hilfreich, aber eines ist klar: sie sind keine theologische Wissenschaft und sie bringen auch keine tieferen, intersubjektiv einleuchtenden Einsichten als die HKM. Sie bringen nämlich überhaupt keine intersubjektiv als verbindlich wahr vermittelbaren Einsichten hervor! Die bringt ausschließlich die HKM hervor (und die Archeologie, die Kirchengeschichte, soweit die sich der wissenschaftlichen Methoden der Geschichtswissenschaft bedient und der Philosophie, soweit deren philosophisch-theologische Ergebnisse in sich konsistent sind, philosophisch-wissenschaftlicher Methodik entspringen und auf vernünftig überzeugenden Überlegungen beruhen).
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 13. Feb 2016, 16:49, insgesamt 6-mal geändert.

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#385 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » Sa 13. Feb 2016, 16:15

Thaddäus hat geschrieben: Closs und Ratzinger möchten Theologie mit dem Anspruch von Wissenschaftlichkeit betreiben, ohne wissenschaftliche Methoden anwenden zu müssen.
Genau das ist der entscheidende Punkt. Besser kann man es nicht auf eine Formel bringen. :thumbup:
Thaddäus, du bist eine Offenbarung. :Herz:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#386 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 13. Feb 2016, 16:44

Savonlinna hat geschrieben:Du willst ihn festlegen, darum weise ich das zurück.
Zu Recht - WENN ich das sagen würde. - Ich will den Menschen gerade NICHT durch Wahrnehmungs-Systeme festlegen.

Savonlinna hat geschrieben:Du fragst mich oft, welche Weltanschauung ich habe, und ich sage Dir regelmäßig: ich habe keine.
Hier irrst Du Dich - denn da Du Wahrnehmung hast, hast Du auch eine Anschauung, die aus Deiner Wahrnehmung entsteht (ich nehme Begriffe - hier: Weltanschauung - oft sehr wörtlich).

Savonlinna hat geschrieben:ich schaue mir nie die ganze Welt an
Das kann niemand.

Savonlinna hat geschrieben:Das eben von Dir Zitierte will mir möglicherweise aber ein festes Weltbild unterstellen.
Weltbilder sind doch nicht Ausdruck davon, dass man vorher die ganze Welt angeschaut hat - gerade NICHT. - Genau deshalb trenne ich doch ständig "Sein" von "Wahrnehmung" - hier konkret: "die Welt" von meinem Bild davon. - Du vermittelst aber den Eindruck, dass das "Bild davon" die Welt selber sei. - Und das geht bei meinem ontologischen Verständnis nicht (auch hier: "ontologisch" nicht im Sinne irgendeiner Schule, sondern wörtlich gemeint).

Savonlinna hat geschrieben:Ich mache mir aus diesem und jenem einen Reim, aber er ist vorläufig.
Ja - Dein "alles ist im Fluss" ist doch auf Wahrnehmgs-Ebene richtig. - Aber nicht (unbedingt) im Bezug auf das, wovon wir wahrnehmen. - Wenn Du Dich/Deine Wahrnehmung veränderst, änderst sich nicht dadurch (!) die Welt. - Durch Handeln ja, aber nicht durch Wahrnehmung.

Savonlinna hat geschrieben:Wir können uns entscheiden, wie wir zusammen leben wollen, aber es hat mit objektiver Richtigkeit nichts zu tun.
Ebenfalls Zustimmung.

Savonlinna hat geschrieben:Diese rhetorische Frage drückt am ehesten aus, warum ich Dein "tertium non datur" so absurd und dogmatisch empfinde.
Das "tertium non datur" bezieht sich doch nicht auf unterschiedliche Wahrnehmungen von Menschen, sondern auf die Trennung von "Wahrnehmendem" und "Wahrgenommenem".

Natürlich hast Du mit Deinem Beispiel Mozart/Beethoven recht - daran würde ich nie zweifeln. - Der Mensch selber ist nie objektiv - aber man darf sein eigenes Panta Rhei doch nicht als Maßstab für ein Welt-Panta-Rhei verstehen: "Wenn Ich schon subjektiv ist, ist das, was ich wahrnehme, ebenso subjektiv". - Dagegen wende ich mich.

Anton B.
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#387 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Anton B. » Sa 13. Feb 2016, 17:05

sven23 hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Closs und Ratzinger möchten Theologie mit dem Anspruch von Wissenschaftlichkeit betreiben, ohne wissenschaftliche Methoden anwenden zu müssen.
Genau das ist der entscheidende Punkt. Besser kann man es nicht auf eine Formel bringen. :thumbup:
Thaddäus, du bist eine Offenbarung. :Herz:
Ratzinger hat den Anspruch der Wissenschaftlichkeit. Er setzt aber vorher bewusst Grundpfeiler und spannt damit ein System auf, welches er dann mit wissenschaftlicher Methodik weiter erforscht. Dabei bezieht er Tradierungen jedweder Art mit ein. Meines Erachtens benennt er auch korrekt den Charakter dieser Arbeit und ist sich dem durch die Vorgaben eingebrachten Umdeutungspotential hinsichtlich der verschiedenen Methoden inkl. der HKM durchaus bewusst.

Mir scheint daher die Gesamtmethodik Ratzingers durchaus "wissenschaftlich". Nur beziehen sich die Methoden und das durch sie generierte Wissen eben immer auf zwar benannte, aber außerhalb der Dogmatik bzw. dem Fundament des Lehramtes der Kirche definitiv rein "willkürliche" Vorgaben.

Aus erkenntnistheoretischer Sicht kann man wohl sagen, er versucht ein in wesentlichen Grundfesten künstliches System wissenschaftlich zu explorieren.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#388 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 13. Feb 2016, 17:08

Thaddäus hat geschrieben:Er behauptet nämlich nicht weniger (im übertragenen Sinne) als Physik treiben zu können, ohne dabei die Methoden der Physik anwenden zu müssen, sondern andere anwenden zu dürfen.
Exakt das tue ich nicht - und habe es begründet. - Wie kommst Du darauf?

Meine Aussage war sinngemäß: Es gibt neben der Physik keine andere Physik - es gibt neben der HKM keine andere HKM. - Aber "Physik als Wissenschaft" und "HKM als Wissenschaft" sind selber Einzel-Disziplinen, zu denen es andere Wahrnehmungs-Systeme in Bezug auf das Objekt gibt - konkret: Man kann Jesus historisch-kritisch und geistig/kanonisch approachen - es sind zwei getrennte Wahrnehmungs-Systeme, die sich nicht ins Gehege kommen, wenn sie sich beide diszipliniert verhalten.

Du unterstellst mir exakt das Gegenteil dessen, was ich gesagt habe. - Vermutlich liegt der tiefere Grund des Missverständnisses darin, dass Du - zeitgemäß - derart von Deinem Verständis wissenschaftlichen Denkens auch in geistigen Bereichen formatiert bist, dass andere Wahrnehmungs-Systeme gar nicht mehr vorstellbar zu sein scheinen.

Thaddäus hat geschrieben:Und wer glaubt, er könne Physik noch so betreiben, wie die vorsokratischen Naturphilosophen, der betreibt ebenfalls keine Physik.
Absolut korrekt - und hier nicht das Thema. - Ich sprach von etwas anderem.

Thaddäus hat geschrieben:Wissenschaft tritt dezidiert mit dem Anspruch an, verbindliche, weil intersubjektiv als wahr einsehbare Aussagen über die Welt zu machen
So - und dieser Anspruch ist in geistigen Dingen nicht umsetzbar. - Du hast "Hiob" nicht verstanden.

Geistige Erkenntnis ist immer persönliche Erkenntnis - sie lässt sich nicht wissenschaftlich ersetzen. - Genauso lässt sich Jesus wissenschaftlich nur so verstehen, als wäre es ein Thaddäus oder ein Closs - wissenschaftlich ist es aber eben NICHT möglich, den Fall miteinzubeziehen, dass Jesus inkarnierter Gott ist. - Hier kann die HKM machen, was sie will - meinetwegen herausfinden, dass Jesus zum Frühstück gerne Müsli aß und Milz-Probleme hatte. - Aber sie kann nicht herausfinden, ob Jesus der ist, für den ihn das Christentum hält (übrigens erneut: Ich bin NICHT Vereins-Mitglied einer christlichen Kirche).

Mit anderen Worten: Die HKM kann nichts Geistiges über Jesus sagen, sondern nur Peripheres, was immerhin wichtig sein kann (Textkritik, Quellenkritik, etc. - aber doch keine inhaltliche geistige Deutung, wenn man genau das Geistige methodisch ausschließt). - Würdest Du von Deinem Bäcker erwarten, dass er Heidegger-Vorträge macht? - Nein, Du erwartest, dass er Dich satt macht, damit Du über Heidegger nachdenken kannst - aber nicht Dein Bäcker.

Thaddäus hat geschrieben:Tut man das nicht, dann ist das kein "anderes Mandat", sondern es ist dann einfach nur keine theologische Wissenschaft.
Wenn Du "Wissenschaft" (entgegen anderer wissenschafts-theoretischer Aussagen) so definierst, hat Wissenschaft überhaupt nichts in der Theologie zu suchen - außer als wertvolle periphere Hilfswissenschaft.

Thaddäus hat geschrieben:Closs und Ratzinger möchten Theologie mit dem Anspruch von Wissenschaftlichkeit betreiben, ohne wissenschaftliche Methoden anwenden zu müssen.
Das ist wirklich falsch.

Ratzi will die HKM als Hilfsmittel nutzen, um auf dieser Basis in die geistige Diskussion einzutreten, die nach Deinem Wissenschafts-Begriff nicht wissenschaftlich sein kann. - Streng genommen sind nach Deinem Wissenschafts-Modell "Philosphie als Wissenschaft" und "Theologie als Wissenschaft" keine Philosophie und keine Theologie, sondern externe Disziplinen, die vom substantiellen Kern von Philosophie und Theologie distanziert beschreibend tätig werden.

Das kann man machen (meine ich wirklich). - Aber dann darf man sich nicht gegen Philosophen und Theologen aufpissen, die sich für den substantiellen Kern interessieren. - Wie gesagt: Wenn beide Seiten (Philosophie als Wissenschaft"/"Theologie als Wissenschaft" versus "Philosophie"/"Theologie" diszipliniert sind, kommen sie sich nicht ins Gehege - genauso wenig wie sich Musikwissenschaftler und Musiker nicht ins Gehege kommen (man kann als musik-hassender und seit Geburt tauber Mensch nichtsdestoweniger ein guter Musik-Wissenschaftler sein - aber man ist halt kein Musiker).

Duschen und nicht naß werden geht nicht - nach meinem Eindruck versuchen (einige) HKM-ler über methodische Wissenschaft über die Substanz des Christentums mitreden zu wollen - das geht nicht (außer man ist in Personal-Union sowohl Wissenschaftler als auch gläubig - aber dagegen verwahrst Du Dich ja).

Thaddäus hat geschrieben: intersubjektiv als verbindlich wahr vermittelbaren Einsichten hervor ... die bringt ausschließlich die HKM hervor
Korrekt - um den Preis, dass es in der Peripherie stattfindet. - Wichtig ist es trotzdem, daran lässt auch Ratzi keinen Zweifel.

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#389 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Sa 13. Feb 2016, 19:00

Anton B. hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Closs und Ratzinger möchten Theologie mit dem Anspruch von Wissenschaftlichkeit betreiben, ohne wissenschaftliche Methoden anwenden zu müssen.
Genau das ist der entscheidende Punkt. Besser kann man es nicht auf eine Formel bringen. :thumbup:
Thaddäus, du bist eine Offenbarung. :Herz:
Ratzinger hat den Anspruch der Wissenschaftlichkeit. Er setzt aber vorher bewusst Grundpfeiler und spannt damit ein System auf, welches er dann mit wissenschaftlicher Methodik weiter erforscht. Dabei bezieht er Tradierungen jedweder Art mit ein. Meines Erachtens benennt er auch korrekt den Charakter dieser Arbeit und ist sich dem durch die Vorgaben eingebrachten Umdeutungspotential hinsichtlich der verschiedenen Methoden inkl. der HKM durchaus bewusst.

Mir scheint daher die Gesamtmethodik Ratzingers durchaus "wissenschaftlich". Nur beziehen sich die Methoden und das durch sie generierte Wissen eben immer auf zwar benannte, aber außerhalb der Dogmatik bzw. dem Fundament des Lehramtes der Kirche definitiv rein "willkürliche" Vorgaben.

Aus erkenntnistheoretischer Sicht kann man wohl sagen, er versucht ein in wesentlichen Grundfesten künstliches System wissenschaftlich zu explorieren.

Danke, Anton.
Ich kenne zwar gründlich nur das Vorwort zu "Jesus" Band 1, aber ziemlich genauso wie Du es beschreibst, habe ich Ratzinger ebenfalls befunden, auch bereits früher schon in anderen Essays.

Man muss kein Freund seiner Aussagen sein, um anzuerkennen, dass er präzise beschreibt, wo er sich der Wissenschaft bedient und wo nicht.
Das ist Satz für Satz in besagtem Vorwort nachweisbar.

Novas
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#390 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Novas » Sa 13. Feb 2016, 19:10

closs hat geschrieben:Vermutlich liegt der tiefere Grund des Missverständnisses darin, dass Du - zeitgemäß - derart von Deinem Verständis wissenschaftlichen Denkens auch in geistigen Bereichen formatiert bist, dass andere Wahrnehmungs-Systeme gar nicht mehr vorstellbar zu sein scheinen

Diesen Eindruck habe ich auch. Für mich gibt es da kein Problem, denn Wissenschaft und Religion sind zwei komplementäre Systeme des Wissens, die einander ergänzen, aber nicht aufeinander reduziert werden können. Soetwas wie eine göttliche Offenbarung ist ein Postulat und kann wissenschaftlich nicht bewiesen werden. Die entscheidende Frage ist: lasse ich mich davon erregen, inspirieren, hat es Konsequenzen für mein Leben oder nicht?

Dietrich Bonhoeffer hat das ganz gut in Worte gefasst:

Christliche Religion steht und fällt mit dem Glauben an die in der Geschichte wirklich, greifbar, sehbar gewordene – freilich für die, die Augen haben zu sehen und Ohren haben zu hören – göttliche Offenbarung, und trägt so in ihrem innersten Wesen die Frage: nach dem Verhältnis von Geschichte und Geist oder, auf die Bibel angewandt, von Buchstabe und Geist, Schrift und Offenbarung, Menschenwort und Gotteswort. … Man kann es keinem verwehren, die Bibel als ein Buch unter anderen zu betrachten, ja wir müssen es alle tun, denn es waren Menschen wie andere, die es schrieben.

Aber ausschließlich mit diesen Voraussetzungen tritt der Historiker an die Bibel heran, das eine Buch unter anderen, das freilich eine merkwürdig viel größere Bedeutung gewann als die anderen. Eine Geschichte der christlichen Religion von annährend 2000 Jahren ruht auf ihm als Grundlage, also ohne Zweifel ein Dokument unter anderen, aber von hervorragender historischer Bedeutsamkeit. Kein Wunder, daß hier die historische Kritik ihren ersten und bleibenden Gegenstand fand, daß sie hier ihre Waffen schärfen lernte bis ins feinste hinein.


Quelle: Dietrich Bonhoeffer, Jugend und Studium 1918-1927, DBW Band 9, Seite 305 f
http://www.dietrich-bonhoeffer.net/zitat/id/655/

Zweifellos ist schon die Idee, es könne eine göttliche - von Menschen nicht kontrollierbare und beherrschbare - Offenbarung geben für viele ein reines Ärgernis.
Zuletzt geändert von Novas am Sa 13. Feb 2016, 19:35, insgesamt 1-mal geändert.

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