closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben: Die älteste Überlieferungsschicht des NT und deren Jesus-Logien bestätigen also ausdrücklich nicht, dass Jesus sich selbst als Gottesohn oder gar Gott gesehen hätte.
Wie mehrmals begründet, gilt hier nicht die an sich bewährte Verfahrensweise, pauschal die älteste Quelle als die sinn-näheste zu verstehen. - Jesus KANN sich so oder anders gesehen haben - vollkommen offen. -
Nein, genau damit verkennst du den Sinn von HKM und Wissenschaft überhaupt!
Jesus kann sich so oder anders gesehen haben? Nein, eben nicht! Er kann sich eben nicht so oder anders gesehen haben.
Wenn man wissen will, wie er sich
mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst gesehen hat, dann benötigt man, um nämlich genau das herausfinden zu können, die HKM!
Um deine Position zu retten, willst du stets darauf hinaus, man könne die Dinge so oder auch anders sehen. Das ist aber - und zwar egal um welche Dinge es sich handelt - zumeist falsch! Man kann die Dinge eben nicht mit gleicher Sicherheit so oder auch ganz anders sehen. Wissenschaft ist überhaupt nur erfunden worden, um klar zu machen, dass sich die Dinge eben nicht beliebig verhalten können!
Es ist ein postmoderner Mythos und eine Falschaussage über die Welt, zu meinen, alle Ansichten seien irgendwie gleichberechtigt wahrscheinlich richtig. Das ist definitiv Unsinn.
Die HKM weist auf, warum es mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig ist, anzunehmen, dass Jesus sich eben nicht als Gottessohn (im griechischen Sinne eines abstrakten Gottesbegriffs) oder gar als trinitarischen Gott verstanden hat. Jesus hätte vermutlich nur mit dem Kopf geschüttelt über das, was das Konzil von Nicäa über sein göttliches Wesen dogamtisch festgelegt hat. Es ist unendlich unwahrscheinlich, dass sich Jesus als trinitarischen Bestandteil Gottes verstanden hat. Es wäre für ihn eine blasphemische Abscheulichkeit gewesen, dies von sich selbst zu glauben, weil er nämlich Jude war!
Bestreitet man das, bestreitet man, dass Jesus aus der jüdischen Tradition stammt und vergewaltigt ihn geradezu in einem christlich-spätantiken Sinne.
closs hat geschrieben:
Je nach eigener Weltanschauung wird man so oder anders interpretieren. - Mehr ist hier nicht rauszuholen.
Das ist - mit Verlaub - Unsinn.
Wir können - historisch-kritisch - sehr genau herausfinden, wie Gaius Julius Cäsar sich selbst verstanden hat oder Nero oder warum Homer die Götter so schildert, wie er sie eben in der Ilias beschreibt. Eben weil Jesus mit höchster Wahrscheinlichkeit ein historische Person war, können wir das umso besser.
Alle deine Relativierungsbestrebungen diesbezüglich sind als wissenschaftlich unwahrscheinlich und rein apologetisch motiviert abzulehnen.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben: Eine Entwicklung, die erst in der dogmatischen Festlegung Jesu als wahrer Mensch und wahrer Gott und also als Hypostase und wesensgleich mit Gott und heiligem Geist als Trinität auf dem Konzil von Nicäa (325) zu ihrem Ende kommt.
So ist es. - Nun wäre die Frage: Welche dieser Entwicklungs-Stufen kommt der tatsächlichen Wirklichkeit Jesu am nähesten?
Du hast keine Ahnung, was die "tatsächliche Wirklichkeit Jesu" war oder auch nur bedeuten könnte! Wie - bitteschön - und über welche Erkenntnisquellen solltest du das denn wissen? Du postulierst stets nur, zu wissen, was die tatsächliche Wirklichkeit sei. Das ist aber ein völlig unbegründeter und auch unbegründbarer Unfug. Das weißt du eben gerade nicht, genauso wenig wie jeder beliebige Mensch auf der Straße. Und wenn du dich dieser tatsächlichen Wirklichkeit Jesu tatsächlich nähern willst, dann geht das nur über die HKM und nur die kann dir begründet erklären, was vermutlich diese tatsächliche Wirklichkeit war.
Was du da versuchst zu tun, ist intellektuell und wissenschaftlich komplett unredlich.
closs hat geschrieben:
- Die Antwort ist eine reine Glaubenssache - egal ob von Säkularisten oder von Christen.
Nein, das ist gerade nicht reine Glaubenssache!
Vielmehr ist es die Frage, was man über die HKM über den historischen Jesus herausfinden kann.
closs hat geschrieben:Die HKM als Instanz zur Nachzeichnung und Bewertung der Rezeptions-Geschichte ist ja auch voll akzeptiert - genau das ist ihr Feld. - Aber sie kann - ich wiederhole mich - nichts darüber aussagen, welche Rezeptions-Stufe der tatsächlichen Identität Jesu (also der "Wirklichkeit") am nähesten kommt.
Und genau das ist schlicht und einfach falsch!
DU kannst nichts begründet darüber sagen, was die wahre Identität Jesu ist. Die HKM kann begründet erklären, was vermutlich dem tatsächlichen Selbstbild Jesu am nächsten kommt, - und zwar mit der höchsten Wahrscheinlichkeit, die sich überhaupt erreichen lässt.