War der Sündenfall von Gott geplant?

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Pluto
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#151 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Pluto » Mi 27. Jan 2016, 19:53

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das mag ja alles sein, aber in diesem Fall kommt die Bewertung dahinter, die den Wortsinn der EIFERSUCHT eindeutig macht
Moment - es heisst insgesamt, dass Gott eifernd/mit großen Nachdruck/konsequent/etc. dies oder jenes tut.
Sorry.
Aber wenn Jemand Menschen bis in die dritte/vierte Generation verfolgt und bestraft, dann ist das nachtragend und passt zu Eifersucht, aber nicht zu Eifer.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Auch das mag deine persönliche Meinung sein
Korrekt - ich ziehe halt den DAMALS empfundenen Bedeutungs-Inhalt vor.
Du weißt aber, dass der hebräische Text eh schon eine kontaminierte Version ist, gell?
(Kopie von Kopien von Kopien...)

closs hat geschrieben:Die "Volxbibel" (die eine hervorragende Redaktion zu haben scheint), löst es folgendermaßen und damit nach heutigem Verständnis am besten:
Von mir aus nehmen wir die Volxbibel. Dort steht in 2.Mose 20,5

  • Du sollst dich nicht irgendwelchen Pseudogöttern ausliefern und schon gar nicht zu ihnen beten. Denn ich bin voll eifersüchtig und will, dass du erstmal nur mich liebst. Wenn jemand fies zu mir ist und mich sogar hasst, wird das Konsequenzen haben, bis hin zur dritten und vierten Generation nach ihm.
Deutlich genug, für dich (und Hemul)?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#152 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von closs » Mi 27. Jan 2016, 20:02

Pluto hat geschrieben:Aber wenn Jemand Menschen bis in die dritte/vierte Generation verfolgt und bestraft, dann passt das zu Eifersucht, aber nicht zu Eifer.
"Eifer" drückt die Intensität des Vorgehens aus, "Eifersucht" die Motivation dazu. - Beides passt im Kontext, ist aber komplett Unterschiedliches.

Wenn man über das Motiv "Geschlechterfluch" spricht, ist es egal ob man "Eifer" oder "Eifersucht" sagt. - Hier aber war das Thema, Gott sei "eifersüchtig" (also das Motiv) - urtextnah ist dieses Motiv nicht zu erkennen.

Pluto hat geschrieben:Du weißt aber, dass der hebräische Text eh schon eine kontaminierte Version ist, gell?
Jegliche Niederschrift ist kontaminiert im Verhältnis zu dem, was wirklich passiert ist, weil das wirklich Passierte "Sein" ist, während die Niederschrift "Wahrnehmung" ist, die sich in Sprache chiffriert.

Es ist aber trotzdem ein Unterschied, ob man der Erst-Chiffren zum Maßstab macht oder deren spätere Interpretationen - unter historisch-kritischen Gesichtspunkten sind die Erst-Chiffren wichtiger. - Trotzdem sind sie streng genommen keinen Gewähr für das, was WIRKLICH passiert ist (WENN überhaupt etwas passiert ist - das kommt ja noch dazu).

Pluto hat geschrieben:Deutlich genug, für dich und Hemul?
Ja - da hat sich die Redaktion für eine Ver-Volx-ung der Rezeptions-Variante entschieden. - Die Volx-Bibel ist trotzdem gut - aber hier verzichtet sie auf den ältesten Sinn.

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Savonlinna
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#153 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Savonlinna » Mi 27. Jan 2016, 20:06

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Die "Volxbibel" (die eine hervorragende Redaktion zu haben scheint), löst es folgendermaßen und damit nach heutigem Verständnis am besten:
Von mir aus nehmen wir die Volxbibel. Dort steht in 2.Mose 20,5

  • Du sollst dich nicht irgendwelchen Pseudogöttern ausliefern und schon gar nicht zu ihnen beten. Denn ich bin voll eifersüchtig und will, dass du erstmal nur mich liebst. Wenn jemand fies zu mir ist und mich sogar hasst, wird das Konsequenzen haben, bis hin zur dritten und vierten Generation nach ihm.
Die Volx-Bilder scheint sich ja vorgenommen zu haben, durch ihre Übersetzung eine massive Kritik am Gott der Bibel zu transportieren.


Nachtrag:

closs hat geschrieben:Die "Volxbibel" (die eine hervorragende Redaktion zu haben scheint), löst es folgendermaßen und damit nach heutigem Verständnis am besten:

Luk. 14,26„Wer mit mir leben will, muss einen radikalen Schnitt mit seiner Vergangenheit machen. Sein Vater und seine Mutter, seine Frau und seine Kinder und auch seine Geschwister müssen ihm unwichtig werden. Er muss sich sogar selbst total unwichtig sein. Nur wer so drauf kommt, gehört zu meinen Schülern".
Das hat in die gleiche Kerbe.

Ich habe kürzlich etwas von einem Theologen - oder einer Theologin - gelesen, der oder die schrieb, dass die Kritik an dem damaligen Gott in der Bibel selber enthalten sei.
Dass darum die Bibel also wirklich wertvoll sei.

Dummerweise habe ich völlig den Namen dieses Theologen oder der Theologin vergessen. Ich wollte das Buch nämlich lesen.
Zuletzt geändert von Savonlinna am Mi 27. Jan 2016, 20:13, insgesamt 1-mal geändert.

Pluto
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#154 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Pluto » Mi 27. Jan 2016, 20:11

closs hat geschrieben:Hier aber war das Thema, Gott sei "eifersüchtig" (also das Motiv) - urtextnah ist dieses Motiv nicht zu erkennen.
Was qualifiziert dich zu dieser Aussage?
Die meisten professionellen Bibelübersetzter sehen es jedenfalls nicht so.

closs hat geschrieben:Es ist aber trotzdem ein Unterschied, ob man der Erst-Chiffren zum Maßstab macht oder deren spätere Interpretationen - unter historisch-kritischen Gesichtspunkten sind die Erst-Chiffren wichtiger.
Das jede uns zur Verfügung stehende Version eine Abschrift ist,kann man das so nicht sagen.

closs hat geschrieben:Trotzdem sind sie streng genommen keinen Gewähr für das, was WIRKLICH passiert ist (WENN überhaupt etwas passiert ist - das kommt ja noch dazu).
Das ist ungewiss.

closs hat geschrieben:Die Volx-Bibel ist trotzdem gut - aber hier verzichtet sie auf den ältesten Sinn.
Woher willst du das wissen? Warst du bei der von dir so hoch gepriesenen Übersetzung dabei?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Hemul
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#155 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Hemul » Mi 27. Jan 2016, 20:18

Pluto hat geschrieben:Interessant finde ich was die NWÜ dazu schreibt...
Es will schon etwas heißen wenn Du sogar die NWÜ als Beweis anführst-gelle? ;)

Hemul hat geschrieben:Folgende Aussage ist aber für Dich offensichtlich nicht relevant-gelle? 8-)

Pluto hat geschrieben:Stimmt. Relevant ist was in der Bibel steht, oder willst du da etwa widersprechen?
Ich widerspreche energisch wenn irgendein autodidaktischer Kleingeist dem Gott der Bibel eine Sucht unterjubeln möchte. Übrigens widerspreche nicht ich-sondern Du der "Guten Nachricht Bibel" in 2.Mose 20:5,
http://www.bibleserver.com/text/GNB/2.Mose20
5 Wirf dich nicht vor fremden Göttern nieder und diene ihnen nicht. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein leidenschaftlich liebender Gott und erwarte auch von dir ungeteilte Liebe.
Was oder wer mag Dich hier so verstockt haben? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

Salome23
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#156 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Salome23 » Mi 27. Jan 2016, 20:28

closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Und nun vergleichen wir dies mit den Worten des HERRN
Die Worte des Herrn sind nach der urtextnahen Übersetzung von Buber "eifernd". ;)
Elberfelder:
2.Mose 20,5
5 Du sollst dich vor ihnen nicht niederwerfen4 und ihnen nicht dienen. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott, der die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern, an der dritten und vierten Generation von denen, die mich hassen,

King James Version
:
2.Mose 20,5
5 Thou shalt not bow down thyself to them, nor serve them: for I the LORD thy God am a jealous God, visiting the iniquity of the fathers upon the children unto the third and fourth generation of them that hate me;
-------
Elberfelder
4.Mose 5,14
14 und der Geist der Eifersucht kommt über ihn, und er wird eifersüchtig auf seine Frau, und sie hat sich wirklich unrein gemacht; oder aber der Geist der Eifersucht kommt über ihn, und er wird eifersüchtig auf seine Frau, und sie hat sich nicht unrein gemacht

King James Version:
4.Mose 5,14
14 And the spirit of jealousy come upon him, and he be jealous of his wife, and she be defiled: or if the spirit of jealousy come upon him, and he be jealous of his wife, and she be not defiled:
Zuletzt geändert von Salome23 am Mi 27. Jan 2016, 20:29, insgesamt 1-mal geändert.

Hemul
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#157 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Hemul » Mi 27. Jan 2016, 20:28

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Hier aber war das Thema, Gott sei "eifersüchtig" (also das Motiv) - urtextnah ist dieses Motiv nicht zu erkennen.
Was qualifiziert dich zu dieser Aussage?
Was qualifiziert Dich eigentlich zu folgender Aussage?

Pluto hat geschrieben: Ich bekomme langsam das Gefühl, dass Buber in seiner Übersetzung die Bibel absichtlich kontaminiert.
Da hat die Fachwelt hier doch eine ganz andere Meinung:
http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... 40#p184142
4. Übersetzungstyp: Wörtliche Übersetzung in engster Nähe zum hebräischen Text. Verzicht auf glättende Füllwörter. Extrem »konkordante« Übersetzungsmethode: Für jedes hebräische Wort wird unabhängig vom jeweiligen Sinnzusammenhang eine gleich bleibende deutsche Entsprechung verwendet; darüber hinaus werden wurzelverwandte hebräische Wortgruppen durch wurzelverwandte deutsche Wortgruppen wiedergegeben (chäsäd = Huld; chasad = hold sein; chasidim = die Holden). Die Übersetzung sucht den Charakter des Textes als lebendiges Wort durch die Gliederung in »Atemeinheiten« (im Druck: Sinnzeilen) zum Ausdruck zu bringen.
und:
10. Gesamturteil: Eine Übersetzung, die nicht nur den Hauch der Originalsprache, sondern auch eine original jüdische Sicht des Alten Testaments vermittelt.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

Hemul
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#158 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Hemul » Mi 27. Jan 2016, 20:35

Salome23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Und nun vergleichen wir dies mit den Worten des HERRN
Die Worte des Herrn sind nach der urtextnahen Übersetzung von Buber "eifernd". ;)
Elberfelder:
2.Mose 20,5
5 Du sollst dich vor ihnen nicht niederwerfen4 und ihnen nicht dienen. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott, der die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern, an der dritten und vierten Generation von denen, die mich hassen,

King James Version
:
2.Mose 20,5
5 Thou shalt not bow down thyself to them, nor serve them: for I the LORD thy God am a jealous God, visiting the iniquity of the fathers upon the children unto the third and fourth generation of them that hate me;
-------
Elberfelder
4.Mose 5,14
14 und der Geist der Eifersucht kommt über ihn, und er wird eifersüchtig auf seine Frau, und sie hat sich wirklich unrein gemacht; oder aber der Geist der Eifersucht kommt über ihn, und er wird eifersüchtig auf seine Frau, und sie hat sich nicht unrein gemacht

King James Version:
4.Mose 5,14
14 And the spirit of jealousy come upon him, and he be jealous of his wife, and she be defiled: or if the spirit of jealousy come upon him, and he be jealous of his wife, and she be not defiled:

Kannst Du bitte so freundlich sein und einmal aufzeigen wie alle Deine angeführten "KRONZEUGEN" Lukas 23:43 wiedergeben? :Smiley popcorn:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#159 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von closs » Mi 27. Jan 2016, 20:40

Savonlinna hat geschrieben:Die Volx-Bilder scheint sich ja vorgenommen zu haben, durch ihre Übersetzung eine massive Kritik am Gott der Bibel zu transportieren.
Ehrlich - diesen Eindruck hatte ich bisher noch nicht. - Ich habe eher das Gefühl, dass Brutalo-Aussagen in den "normalen" Übersetzungen gemildert werden.

Savonlinna hat geschrieben:Das haut in die gleiche Kerbe.
Auch hier: Ich finde, dass es hier milder ist als die Verwendung des Wortes "Hass".

Pluto hat geschrieben:Was qualifiziert dich zu dieser Aussage?
Lediglich mein persönlicher Eindruck von Bubers Übersetzung, die sehr gut mit den Rezensionen übereinstimmt, die Hemul eingestellt hat. - Wichtig bei einer Rezensionen ist der Hinweis, dass Buber weitgehend konkordant arbeitet und die jüdische Denkweise zu transportieren versucht - letzteres war exakt mein Eindruck: Das Phänomen wertungsfrei in den Vordergrund zu stellen.

Pluto hat geschrieben:Das jede uns zur Verfügung stehende Version eine Abschrift ist,kann man das so nicht sagen.
Abschrift oder Interpretation - oder was gäbe es noch?

Pluto hat geschrieben:Woher willst du das wissen? Warst du bei der von dir so hoch gepriesenen Übersetzung dabei?
Bubers Vorgehensweise (er übersetzt als Philologe und nicht als Theologe) spricht dafür - letztlich "wissen" kann man es nicht. - Buber überträgt sehr schön den archaischen Charakter - ich kann nicht ausschließen, dass er dies nur vorgaukelt - aber das wurde ihm bisher noch nicht vorgeworfen.

Salome23 hat geschrieben:Elberfelder ... etc.
Ich sprach nicht von "mehrheitlich", sondern von "urtextnah".

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Thaddäus
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#160 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Thaddäus » Mi 27. Jan 2016, 20:46

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wenn du diese pdf öffnest, darfst du einen sehr guten Artikel über Hegels "spekulativen Karfreitag" lesen, in dem steht, warum das gläubige Gefühl, dass Gott tot ist - seit dem Nihilismus der Aufklärung, am Ende doch wichtig ist für die Selbstbewussterkenntis des Weltgeistes.
Moment - nach meinem Verständnis wird dort gesagt, dass am Karfreitag eine Wende stattfindet, aus der "die höchste Totalität …
auferstehen kann und muß"
.
Der spekulative Karfreitag, von dem Hegel spricht, führt den historischen Karfreitag des Volksglaubens ("Gott [= Jesus] ist für uns gestorben") in einen Vernunftglauben über ("Gott [= Jesus] musste für uns sterben". Warum?

Wenn sich der Geist durch die Entwicklung der Natur-, der Menschheits- und der Geistesgeschichte des Menschen - kurzum: in der Geschichte - fortentwickelt, um sich am Ende selbst als absoluten Geist erkennen und begreifen zu können, dann stellt das historische Geschehen des Kreuzestodes und das Christentum insgesamt, als ja eine geistige Erscheinung innerhalb dieser Entwicklung, einen Wendepunkt dar. Der Geist spiegelt sich in jedem Menschen in der Art und Weise, dass diese Menschen permanent irgendwelche geistigen Inhalte hervorbringen, - u. a. eben auch in dem Glauben an einen absoluten Geist in der Form des christlichen Gottes und anderer Götter. Der monotheistische Gott ist dabei bereits eine vernunftgetriebene Weiterentwicklung des Polytheismus (nach Hegel).
In dieser dialektischen geistigen Entwicklungsgeschichte stellt der am Kreuz selbst sterbende Gott eine Besonderheit dar, weil hier der "Geist-Gott-Glaube" sich von sich selbst auf das äußerste entfremdet (denn er stirbt ja). Aber auch diese äußerste Form der Selbstentfremdung des Gottes wird dialektisch dadurch wieder in einer höheren Ebene aufgehoben, als der sich so selbst negierende Geist-Gott in der geistig-menschlichen Erfahrung der eigenen Sterblichkeit und des eigenen Todes, sich seiner selbst wiederum auf einer höheren Stufe bewusster wird.

Der Geist (= der Gott des Volksglaubens) selbst muss also auf seinem Weg, sich seiner selbst als absoluten Geist begreifen zu können, den eigenen Tod erfahren, gespiegelt im Glauben der Gläubigen an den Kreuzestod Jesu, dass Gott selbst gestorben ist, - was ja ein zentrales faktisches geistiges Geschehen in der Geschichte der Menscheit darstellt. Das ist der spekulative Karfreitag, der das historische Geschehen des Kreuzestodes überhöht in die philosophische Reflexion (natürlich innerhalb des philosophischen Systems von Hegel selbst).

Keine Ahnung, ob das noch irgendwer versteht, aber es ist Hegel, falls ich Hegel diesbezüglich richtig verstanden habe. Ich selbst kann das nicht beurteilen.

closs hat geschrieben: Zu Hegel eine reine Verständnisfrage, die Du vielleicht beantworten kannst:
Wenn man "Weltgeist" als letztes Ziel im Sinne einer Realisierung der Vernunft in der Geschichte versteht (also inner-weltlich interpretiert): Welchen Grund hätte dann Hegel, das Christentum mit Mitteln der Vernunft zu erklären UND Religion als höchste Form der Erkenntnis (so oder so ähnlich sagt er es) zu verstehen? - Christentum ist nun nicht gerade charakterisiert durch eine innerweltliche Weltgeist-Realisierung.
Die (christliche) Religion (der Kreuzestod Jesu als Tod des Gottes selbst) ist zwar eine wichtige Durchgangsstation (und Wendepunkt) des absoluten Geistes auf dem Weg seiner Selbstbegreifung als absoluten Geist (nämlich als dem Weltgeist), aber die christliche Religion ist bei Hegel nicht die höchste Form der Erkenntnis.

Die höchste Form der Erkenntnis stellt bei Hegel die philosophische Reflexion, also den Vernunftglauben dar, der dies alles reflektiert und begreift. Die höchste Form der Erkenntnis des absoluten Geistes seiner selbst stellt in der Tat die hegelsche Philosophie dar, weil er ja in seinem vernünftig-philosophischen System die Selbtwerdung des absoluten Geistes konsequent reflektiert und offenlegt. Tatsächlich glaubt Hegel, dass der absolute Geist sich in IHM - in Hegel und seiner dialektischen Systemphilosophie - letztgültig als absoluten Geist und damit als WELTGEIST begreift. Der absolute Geist spiegelt sich in seiner Selbsterkenntnis logischerweise in allen geistigen Erzeugnissen des Menschen, - zuletzt aber in der Philosophie Hegels selbst! Hegel sieht sich in seinem philosophischen Denken und in seiner systemischen Philosophie tatsächlich als den Erfüller jener dialektischen Bewegung durch die gesamte (Geistes-)Geschichte, durch die sich der Weltgeist am Ende als das erkennt, was er tatsächlich ist, - nämlich der absolute Geist. In der hegelschen Philosophie kommt also der absolute Geist zu sich selbst und begreift sich endgültig. Denn auch Hegels Philosophie ist ja ein Teil der Geistesgeschichte, durch die der Geist aber nun endgültig zu seiner Selbsterkenntnis als absoluten Geist gelangt.

Niemals in der Geschichte der Philosophie hat ein Denker einen größeren Anspruch an sein eigenes Werk erhoben!

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