Die HKM ist mitten unter euch

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Münek
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#421 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von Münek » Sa 23. Jan 2016, 17:58

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie Münek sagte: nimm es einfach hin.
Es ist natürlich hinzunehmen. - Mich stört dabei, dass die Modell-Theologen überhaupt nicht auf die Idee zu kommen scheinen, dass sie in Bezug auf die Wirklichkeit komplett daneben liegen könnten.

Warum sollten sie auf eine solche Idee verfallen, wenn dafür nicht der mindeste Anlass besteht? :lol:

Aufgabe dieser "Modell-Theologen" ist es nunmal ausschließlich, unter Anwendung wissenschaftlich anerkannter Untersuchungsmethoden Geschichte, soweit dies aufgrund der Quellen möglich ist, zu rekonstruieren. Die Historie ist ihre Wirklichkeit. Zu ihrer Aufgabe gehört es selbstverständlich nicht, sich mit lediglich postulierten übernatürlichen Wesen und deren angebliche Wundertaten zu befassen.

Glauben vermag nun mal nicht, einmal tatsächlich Geschehenes je nach Wunsch ungeschehen zu machen. Da kannst Du glauben soviel Du willst: Was historisch passiert ist, ist nunmal passiert. Dein Versuch, mit laienhaften Begründungen die einvernehmlich erzielten Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung in Frage zu stellen, ist höchst naiv und lächerlich.

closs
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#422 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 18:26

Münek hat geschrieben:Warum sollten sie auf eine solche Idee verfallen, wenn dafür nicht der mindeste Anlass besteht?
Wenn Du den Doppel-Post von Savonlinna liest, sollte es leicht fallen, auf diese Idee zu kommen.

Münek hat geschrieben:Die Historie ist ihre Wirklichkeit.
Ja - "ihre". - Ich meine damit, was tatsächlich passiert ist.

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Münek
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#423 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von Münek » Sa 23. Jan 2016, 18:56

Münek hat geschrieben:Ich zitiere aus einem neueren Buch ("Jesus") des weltbekannten Theologen Hans Küng, S. 108:

"Sein Reich komme: Jesus hat wie die ganze apokalyptische Generation das Reich Gottes... für die allernächste Zeit erwartet...Das gegenwärtige System ist nicht endgültig, die Geschichte geht dem Ende entgegen - und zwar noch in dieser Generation, die die letzte ist, die das plötzliche und bedrohende Ende der Welt und ihr Neuwerden noch erleben wird. Aber: Es sollte anders, sehr viel anders kommen.

Ob Jesus das Hereinbrechen des Reiches Gottes bei seinem Tod oder für unmittelbar nach seinem Tod erwartet hat, über solches lässt sich aufgrund der Quellen lange spekulieren, aber nichts Sicheres sagen. Dass Jesus das Reich Gottes für die unmittelbare Zukunft erwartet hat, ist eindeutig.

Zahlreich sind die Worte, die die Nähe des (zukünftigen) Gottesreiches ausdrücklich ankündigen oder voraussetzen. Zwar weigert sich Jesus, einen genauen Termin anzugeben. Aber kein einziges Wort Jesu schiebt das Endgeschehen in weite Ferne. Vielmehr zeigt die älteste Schicht der synoptischen Überlieferung , dass Jesus das Gottesreich für die allernächste Zeit erwartet..."

Wie bewertet der Theologe Küng den Irrtum Jesu?

"Selbstverständlich hat Jesus im apokalyptischen Vorstellungsrahmen und in den Vorstellungsformen seiner Zeit gesprochen. Dieser Verstehensrahmen der Naherwartung ist durch die geschichtliche Entwicklung überholt worden, der apokalyptische Horizont ist versunken - dies muss deutlich gesehen werden. Aus der heutigen Perspektive müssen wir sagen: Es handelte sich bei der Naherwartung weniger um einen Irrtum als um eine zeitbedingte, zeitgebundene Weltanschauung, die Jesus mit seinen Zeitgenossen teilte."

AHA!

Tja - so kann man es auch sagen. Aber Irrtum bleibt Irrtum. Das als nah angekündigte Gottesreich kam nicht. Auf jeden Fall ist Küng in seinem Jesusbuch ehrlicher als Ratzinger. Da sich dieser Dogmatiker einen Irrtum Jesu nicht einzugestehen vermag, erklärt er kurzerhand das von Jesus verkündigte Gottesreich als in der Person Jesu verwirklicht, obwohl der Nazarener wiederholt von einem Gottesreich sprach, das man unter bestimmten Voraussetzungen betreten, in das man hineingelangen kann und in dem er selbst binnen Kurzem nach seinem Tod wieder Wein trinken werde.

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Münek
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#424 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von Münek » Sa 23. Jan 2016, 19:04

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Historie ist ihre Wirklichkeit.
Ja - "ihre". - Ich meine damit, was tatsächlich passiert ist.

Was historisch wirklich geschehen ist, entscheidet ganz gewiss nicht der Glaube.

Wo kämen wir denn dahin? 8-)

Novas
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#425 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von Novas » Sa 23. Jan 2016, 19:07

Münek hat geschrieben:Was historisch wirklich geschehen ist, entscheidet ganz gewiss nicht der Glaube.)

und ganz bestimmt auch nicht die Glaubensgemeinschaft der Atheisten. Wo kämen wir dahin? ;) Es gibt eine Geschichte, die wir aus ganz und gar verschiedenen Perspektiven deuten können. Außerdem gibt es einen materiellen Bereich der Geschichte und einen spirituellen Bereich.
Mit dem spirituellen Bereich meine ich die Gedanken, Träume, Mythen, Bilder, Visionen der Menschen, die zweifellos als reale schöpferische Kräfte die materielle Welt inspirieren und gestalten, auch dann, wenn Du persönlich nicht an diese glaubst.

Ich erinnere gerne an diesen Satz von Joseph Campbell:

„Mythen sind öffentliche Träume, Träume sind private Mythen.“

"Religion" ist ein gemeinsam geträumter Traum, der meistens mit einem privaten Traum beginnt (Prophet) der aus einem tiefen inneren Drang, etwas mit anderen teilt. Andere fühlen sich inspiriert, neugeboren, aufgeweckt und träumen diesen Traum mit ihm weiter.

Das Resultat ist eine "spirituelle Gemeinschaft".
Zuletzt geändert von Novas am Sa 23. Jan 2016, 19:33, insgesamt 3-mal geändert.

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Savonlinna
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#426 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von Savonlinna » Sa 23. Jan 2016, 19:13

Münek hat geschrieben:Da sich dieser Dogmatiker einen Irrtum Jesu nicht einzugestehen vermag, erklärt er kurzerhand das von Jesus verkündigte Gottesreich als in der Person Jesu verwirklicht
"Kurzerhand" wohl nicht, da Ratzinger ja nicnt hur eine Woche an diesem Buch schrieb. Er hat sicher ein halbes Leben über diese Frage nachgedacht.

Es gibt ja auch andere Theologen, unter anderem evangelische, die genau das so sehen, was Du fettgedruckt hast.

Ich verstehe nicht, warum Du monatelang - ich glaube fast, jahrelang - Deine These fast manisch wiederholst, obwohl wir doch so lange schon darüber diskutiert haben und unsere Resultate zeigten, dass verschiedene Theologen verschiedener Meinungen sind und waren.

Wir leben in keiner Meinungsdiktatur, Münek, es wäre fast sittenwidrig, wenn alle gleichgeschaltet wären.
Lass zu, dass verschiedene Theologen, verschiedene Menschen die uralten Dokumente unterschiedlich deuten. Da bricht keine Welt zusammen, dafür haben wir doch gekämpft, fur eine Demokratie mit Meinungsfreiheit, mit Deutungsfreiheit und auch mit der Freiheit, seine Meinung zu ändern, wenn es an der Zeit ist.

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#427 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von Novas » Sa 23. Jan 2016, 19:18

Savonlinna hat geschrieben:Da bricht keine Welt zusammen, dafür haben wir doch gekämpft, fur eine Demokratie mit Meinungsfreiheit, mit Deutungsfreiheit und auch mit der Freiheit, seine Meinung zu ändern, wenn es an der Zeit ist.

So ist es. Das ist - für mich - ein ganz wesentlicher Teil dessen, was Jesus mit "Reich Gottes" gemeint hat.

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sven23
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#428 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von sven23 » Sa 23. Jan 2016, 19:49

Savonlinna hat geschrieben: Du hast schon so oft beteuert, dass closs nicht für seinen Glauben den Stempel den Wissenschafts-TÜV-Sempel haben will?
Warum fängst Du denn jetzt plötzlich mit dem Gegenteil an? :o
Nein, ich habe immer gesagt, daß er den begehrten Stempel nicht bekommen kann. ;)

Savonlinna hat geschrieben: Das kann ich nicht beurteilen. Mir ist nur klar, dass Du und Münek wenig Ahnung von der HKM haben und komische Sachen darüber verbreiten.
Zum Beispiel?
Ich empfehle dir einfach mal die Definition von Thaddäus zu lesen, die ist noch prägnanter als die in Wiki:

"Die Historisch-Kritische Methode untersucht biblische und außerbiblische Texte bzw. berücksichtigt die historisch-sozialen Umwelten des alten und neuen Testamentes, UM im Idealfalle tatsächliche historische Geschehnisse und tatsächliche, historisch-originale Aussagen z.B. des jüdischen Wanderpredigers Jeshua (Logien) mit der höchst möglichen wissenschaftlichen Sicherheit zu rekonstruieren. Nur so kann wissenschaftlich das "tatsächliche Geschehen", von dem du sprichst, überhaupt rekonstruiert werden, soweit das möglich ist.
...
Nur mit den Mitteln der Historisch-Kritischen-Methodik (und der Archeologie) kann man die Rezeption und Überlieferung von Texten und ihren diversen Fassungen von der rezeptionsgeschichtlichen und überlieferungsgeschichtlichen Kontaminationen befreien! Wobei die Veränderung der Texte von einfachen Abschreibefehlern bis hin zu rein dazu "erfundenen Geschehnissen" der natürlichen Entwicklung von Texten in einem Überlieferungsprozess entspricht. So z.B. die ausführlich ausgeschmückte Weihnachtsgeschichte bei Lukas. Weder gab es zu dieser Zeit eine Volkszählung, noch gab es drei Weise aus dem Morgenland, die im Laufe der Überlieferungsgeschichte zu Königen mutierten und schließlich auch noch Namen erhielten, die in keinem der Evv. zu finden sind.
Es gab dieses historische Geschehen nicht. Genau das ist der wissenschaftliche Erkenntisstand dazu."



Savonlinna hat geschrieben: Ich habe nur flüchtig über die kanonische Exegese gelesen. Richtig scheint zumindest, dass sie im Moment Aufwind hat. Sie wird in einem Artikel bei bibelwissenschaft.de erwähnt und dort als legitim erklärt.
In der Glaubenswelt ist alles legitim. Die Legitimation gibt man sich sozusagen selbst.

Savonlinna hat geschrieben: Ratzinger begründet das in seinem Jesus-Buch im Grunde einleuchtend, da ja das, was Jesus ist, nur durch Überlieferung - Rezeption also - bekannt ist.
Das ist dann aber bei allem so, Jesus betreffend, und nicht nur dort, wo man die Rezeption als Ausrede benötigt.
Die Heilsgeschichte ist eine sehr späte Rezeption. Der Begriff wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts!! eingeführt.


Savonlinna hat geschrieben: Ich halte es für korrekt, die jahrtausendelange Rezeptionsgeschichte - Geschichte der Überlieferung - bei der Deutung mit einzubeziehen, wenn man nicht behauptet, das sei die einzige Wahrheit. Das behauptet Ratzinger aber meines Wissens nicht.
Das birgt aber die Gefahr, daß man immer wieder nur das findet, was man finden will, bzw. was durch Rezeption und Veränderungen/Fälschungen hinzugedichtet wurde.
Die kanonische Exegese ist ja explizit als Gegenmodell zur HKM entwickelt worden, weil durch die Ergebnisse der NT-Forschung das Glaubensmodell gefährdet schien.
"Die Kanonische Exegese fragt nicht nach dem ursprünglichen Sinn der Bibeltexte, sondern nach deren Rezeption (Empfang) in der Glaubensgemeinschaft"
Quelle: Wikipedia
Ratzinger besteht auf der Historizität der Geschehnisse um Jesus, wie in der Bibel berichtet. Dazu Müneks Zitat aus Ratzingers Jesusbuch:
"Für den biblischen Glauben ist es wesentlich, dass er sich auf wirklich historisches Geschehen bezieht... Wenn
wir diese Geschichte wegschieben, wird der christliche Glaube als solcher aufgehoben und in eine andere Re-
ligionsform umgeschmolzen."

Außerdem würden dann alle Dogmen keinen Sinn machen, wenn man nicht auf deren Historizität bestehen würde. Insofern ist Ratzingers Einstellung konsequent, ignoriert aber weitgehend die Forschungsergebnisse.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#429 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 20:00

sven23 hat geschrieben: ich habe immer gesagt, daß er den begehrten Stempel nicht bekommen kann.
Es gibt diesen Stempel nicht im Sinne einer nachgewiesenen Wirklichkeit.

sven23 hat geschrieben:Die Heilsgeschichte ist eine sehr späte Rezeption.
Die Heilsgeschichte gibt es seit dem sog. "Sündenfall" - man muss nur mal die Torah lesen.

sven23 hat geschrieben:Die kanonische Exegese ist ja explizit als Gegenmodell zur HKM entwickelt worden
Die kanonische Exegese ist älter als die HKM (möglicherweise unter anderem Namen) - in der Tat rückt sie jetzt wieder mehr in den Fokus, weil die HKM nicht sehr viel über Rezeptions-Forschung hinaus leisten kann.

sven23 hat geschrieben:"Die Kanonische Exegese fragt nicht nach dem ursprünglichen Sinn der Bibeltexte, sondern nach deren Rezeption (Empfang) in der Glaubensgemeinschaft" Quelle: Wikipedia
Dieser Satz ist nach wie vor komisch - erst wenn er von einem kanonischen Exegeten unterschrieben wird, nehme ich ihn ernst und frage weiter. - Hast Du schon mal dran gedacht, dass der wiki-Text von einem HKM-Anhänger geschrieben worden sein könnte? :!:

sven23 hat geschrieben:Insofern ist Ratzingers Einstellung konsequent, ignoriert aber weitgehend die Forschungsergebnisse.
Möglicherweise ist er mehr interessiert an der Wirklichkeit Jesu denn an der Rezeptions-Forschung. - In dieser Frage wird es wohl nie eine Klärung geben, weil Rückschlüsse der Rezeptions-Forschung auf das Original nur sehr beschränkt möglich sind.

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#430 Re: Die HKM ist mitten unter euch

Beitrag von Novas » Sa 23. Jan 2016, 20:03

Nein, der Glaube ist nicht beliebig. Oder legitimiert alles. Das ergibt sich schon aus dem Gebrauch des "gesunden Menschenverstandes".

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