Anthropozentrismus in der Bibel

ThomasM
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#71 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von ThomasM » Di 19. Jan 2016, 11:17

Pluto hat geschrieben: Gödel hat den Beweis von Anselm aufgegriffen, um zu zeigen, dass Anselms innere Logik stimmig ist. Mehr wollte er gar nicht; schon gar nicht wollte Gödel die Existenz Gottes beweisen.

Aber dass das nur scheinbar so ist, wusste Gödel (einer der genialsten Mathematiker die jemals gelebt haben) ganz genau, denn er wusste vom Unterschied eines gedachten Begriffs und der darunter liegenden Realität. Diesen Umstand hat seinerzeit ein Zeitgenosse von Anselm (der Mönch Gaunilo) mit seiner Analogie von der Existenz einer perfekten Insel seht schön dargelegt, und Anselms Gottesbeweis ging in lauwarmer Luft auf.
Im Grunde sagst du dasselbe, wie ich.
Gödel hat gezeigt, dass die Logik des Gottesbeweises korrekt ist, wenn du die Eigenschaften als Charakterisierung Gottes definierst.
Du sagst zu Recht "die Begrifflichkeiten, die verwendet wurden, entsprechen gar nicht der Realität Gottes", daher sagt die Logik Gödels nichts über Gott selber aus.

Genau das wollte ich betonen, nur eben angewendet auf die Begriffe "allgütig" und "allmächtig", die Zeus verwendet hat.
Die Begriffe an sich sind logisch widersprüchlich, da sie aber nicht der Realität Gottes entsprechen, sagt dies nichts über Gott aus. Die von Zeus zitierte Webseite zur logischen Widerlegung Gottes ist also genauso standfest, wie Gödels Beweis dass Gott doch existiert.

Und deshalb (und den Schluss hast du irgendwie verpasst, Pluto), ist Logik eben NICHT das korrekte Werkzeug, um die Existenz oder nicht-Existenz Gottes zu untersuchen, genausowenig wie Messungen in der Natur das richtige Werkzeug ist.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#72 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von Pluto » Di 19. Jan 2016, 11:23

ThomasM hat geschrieben:Die Begriffe an sich sind logisch widersprüchlich, da sie aber nicht der Realität Gottes entsprechen, sagt dies nichts über Gott aus.
Das grundlegende Problem liegt in der Definition Gottes. Es wird immer wieder ein derart nebulöses Konstrukt definiert, dass es zwar einigermaßen passt aber letztendlich nichts aussagt und einer stringenteren Untersuchung nicht standhält.

ThomasM hat geschrieben:Und deshalb (und den Schluss hast du irgendwie verpasst, Pluto), ist Logik eben NICHT das korrekte Werkzeug, um die Existenz oder nicht-Existenz Gottes zu untersuchen, genausowenig wie Messungen in der Natur das richtige Werkzeug ist.
Es ist nun mal immer wieder so, dass der Gläubige die Beweislast auf den Atheisten schieben will. Das ist aber wegen Asymmetrie der Beweisführung eine unredliche Argumentation.

Fazit:
Wahrnehmungen können sehr real wirken. Sie bleiben aber nicht reproduzierbare menschliche Wünsche und Sehnsüchte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#73 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von closs » Di 19. Jan 2016, 12:04

Pluto hat geschrieben:Wahrnehmungen können sehr real wirken. Sie bleiben aber nicht reproduzierbare menschliche Wünsche und Sehnsüchte.
Das Entscheidende ist nicht, ob Gott bewiesen werden kann, sondern ob diesbezügliche geistige Wahrnehmung authentisch ist zu dem, was "ist". - WAS "ist", wissen wir natürlich NICHT im Sinne einer methodischen Beweisführung - aber das sagt nichts darüber aus, ob Gott Realität ist oder nicht.

In anderen Worten: Die Tatsache, dass Gott nicht beweisbar ist, ist nicht gleichbedeutend damit, dass Gott lediglich Vorstellung und somit keine Entität ist - es bleibt komplett offen. - Deshalb heisst es ja "Glaube": "Ich habe mannigfache logische und individuelle Hinweise, dass Gott eine Entität ist - deshalb glaube ich, dass es Gott gibt".

SilverBullet
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#74 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von SilverBullet » Di 19. Jan 2016, 14:18

ThomasM hat geschrieben:Also wird der Atheist an seinem Glauben an die Nicht-Existenz Gottes festhalten, egal wieviele Fakten oder Logiken ihm präsentiert werden, dass seine innere Überzeugung nicht der Realität entspricht.
Ich weiss genau, was du meinst.

Man kann es Theisten und Atheisten lang und breit erklären, dass sie gar keine Vorstellung haben, was da existieren oder nicht existieren soll – es ist denen egal, sie behandeln einen Anfangsverdacht, der lediglich mit einem Wort versehen wurde, wie eine Festlegung, die in ihren Zusammenhängen einwandfrei beurteilt werden könnte.

„Gott“ ist im Grunde die Fragestellung, wie man den phantasievollen Anfangsverdacht der „Weltherstellung“ und dieses „komische Bewusstseinsrätsel“ so in den Griff bekommen könnte, dass es nicht allzu kompliziert wirkt und als „persönliche Beziehung“ präsentiert werden kann, in die man, als Bonbon, gesellschaftliche Grundegeln verpacken kann.

Pluto
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#75 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von Pluto » Di 19. Jan 2016, 16:17

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wahrnehmungen können sehr real wirken. Sie bleiben aber nicht reproduzierbare menschliche Wünsche und Sehnsüchte.
Das Entscheidende ist nicht, ob Gott bewiesen werden kann, sondern ob diesbezügliche geistige Wahrnehmung authentisch ist zu dem, was "ist".
Im Gegenteil, entscheidend ist, ob diese Wahrnehmungen richtig sind oder einfach nur Wunschträume des Behaupters.
Wie willst DU das feststellen?

closs hat geschrieben:- WAS "ist", wissen wir natürlich NICHT im Sinne einer methodischen Beweisführung - aber das sagt nichts darüber aus, ob Gott Realität ist oder nicht.
Erst wenn man Gott rational beschreiben kann wird ein Schuh draus.
Wenn du eine realistische Definition von Gott hast, sag Bescheid. :wave:
Vorher loht es sich nicht darüber zu spekulieren.

closs hat geschrieben:Die Tatsache, dass Gott nicht beweisbar ist, ist nicht gleichbedeutend damit, dass Gott lediglich Vorstellung und somit keine Entität ist...
Doch genau das ist der Fall.

What can be claimed without evidence, can be dismissed without evidence. - [Christopther Hitchens]
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#76 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von closs » Di 19. Jan 2016, 16:44

Pluto hat geschrieben:Im Gegenteil, entscheidend ist, ob diese Wahrnehmungen richtig sind oder einfach nur Wunschträume des Behaupters.
Wieso "im Gegenteil"? - Das ist doch exakt meine Aussage.

Pluto hat geschrieben:Wie willst DU das feststellen?
Geht nicht. - Man muss es dabei belassen, dass es entscheidend ist, ohne mit letzter Sicherheit wissen zu können, ob das, was man für authentisch hält, tatsächlich richtig ist.

Pluto hat geschrieben:Erst wenn man Gott rational beschreiben kann wird ein Schuh draus.
Rational beschreiben kann man ihn, indem man seine angenommenen Eigenschaften definiert und begründet.

Pluto hat geschrieben:What can be claimed without evidence, can be dismissed without evidence. - [Christopther Hitchens]
Das sind innerbetriebliche Bonmots, die nichts daran ändern was "ist" oder "nicht-ist".

Pluto hat geschrieben:Doch genau das ist der Fall.
Nein - etwas "ist" oder "ist-nicht" - vollkommen unabhängig davon, ob wir es beweisen können oder nicht.

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#77 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von Pluto » Di 19. Jan 2016, 16:55

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Erst wenn man Gott rational beschreiben kann wird ein Schuh draus.
Rational beschreiben kann man ihn, indem man seine angenommenen Eigenschaften definiert und begründet.
Da sich Allmacht und Allwissenheit widersprechen, geht genau das nicht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Doch genau das ist der Fall.
Nein - etwas "ist" oder "ist-nicht" - vollkommen unabhängig davon, ob wir es beweisen können oder nicht.
Eben nicht!
Es trifft NUR auf Dinge zu die prinzipiell existieren können. Wenn aber die Definition dessen was man beweisen will von Vornherein widersprüchlich ist (siehe oben), kann man es als NICHT Existent verwerfen.

Z.B. Könnte es Wesen mit Augen unter den Fußsohlen geben.
Aber diese Annahme ist derart albern und sinnlos, dass sie als Möglichkeit ohne langes hin und her Gerede verworfen werden kann.
Dasselbe gilt übrigens für die Parodie des Fliegenden Spaghetti Monsters.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#78 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von closs » Di 19. Jan 2016, 17:04

Pluto hat geschrieben:Da sich Allmacht und Allwissenheit widersprechen, geht genau das nicht.
Dieser Schein-Widerspruch basiert auf falschen Prämissen - versteht man Gott über-zeitlich und begreift den Begriff "Fügung", gibt es diesen Widerspruch nicht.

Pluto hat geschrieben:Es trifft NUR auf Dinge zu die prinzipiell existieren können.
Richtig. - Und wie willst Du dies mit menschlichen Mitteln herausfinden?

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#79 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von Pluto » Di 19. Jan 2016, 17:12

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Da sich Allmacht und Allwissenheit widersprechen, geht genau das nicht.
Dieser Schein-Widerspruch basiert auf falschen Prämissen- versteht man Gott über-zeitlich und begreift den Begriff "Fügung", gibt es diesen Widerspruch nicht.
Es ist ein echter Widerspruch.
"Fügung" und "Überzeitlichkeit" sind erfundene Begriffe, die man als unlogisch NICHT Existent verwerfen kann.

Nur mal so aus Neugierede... Was wären denn "richtige" Prämissen?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es trifft NUR auf Dinge zu die prinzipiell existieren können.
Richtig. - Und wie willst Du dies mit menschlichen Mitteln herausfinden?
So wie ich es anhand meines Beispiels getan habe — in dem man sie einer rational-logischen Prüfung unterzieht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#80 Re: Anthropozentrismus in der Bibel

Beitrag von Zeus » Di 19. Jan 2016, 18:00

ThomasM hat geschrieben:Also Zeus, wenn Logik für dich der Master ist, dann halte dich an Gödel, den größten Logiker aller Zeiten.
Du klammerst dich an das Wort "Logik". Ich meinte Logik im Sinne von vernünftigem logischem Denken.
Gödel und deine Logik-Korinthenkackerei gehen mir völlich am A.sch vorbei.
Das Unlösbarkeit des Problems der Theodizee ist und bleibt ein Beweis dafür, dass der christliche Gott, definiert als allmächtig, gütig, barmherzig, allwissend und gerecht nicht existiert.
Insbesondere finde ich die "Schöpfung" des großen Geistes nicht gerade das Gelbe vom Ei:
Bild
"Die stärkste Argument gegen die Existenz Gottes ist nicht, was Menschen einander antun, sondern die Natur. Alles menschlich Böse lässt sich theologisch begründen – für die Blöden mit dem Wirken des Teufels, für die Klügeren mit der Wahlfreiheit, die der Schöpfer uns gelassen habe. Aber nichts rechtfertigt die unfassbare schrankenlose Grausamkeit der Natur."MEHR
Hätte sich der Schöpfer des Universums nicht ein besseres System ausdenken können? Ist Gott etwa ein Sadist?
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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