Gut und Böse

Nichtchristen sind willkommen, wir bitten aber darum, in diesem Forum keine Bibel- und Glaubenskritik zu üben.
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#371 Re: Gut und Böse

Beitrag von closs » Fr 11. Dez 2015, 22:37

Pluto hat geschrieben:Wieso sollte die Existenz Gottes auf binäre Logik basieren?
Savonlinna hat geschrieben:Hier bin ich mit Dir einer Meinung, Pluto.
Gegenfrage: Gibt es etwas, was
a) sowohl "ist" als auch "nicht-ist"?
b) weder "ist" noch "nicht-ist"?

Achtung: Diese Frage bezieht sich NICHT auf Wahrnehmungs-Größen/Offenbarungen (meinetwegen "sowohl Korpuskel als auch Welle"), sondern auf das, woraus Wahrnehmungs-Größen/Offenbarungen sind ("Was ist das, das uns in Korpuskel und Welle als dasselbe erscheint?")

Ich rätsele immer mehr, warum die Frage "Sein" und "Nicht-Sein" auf so große Probleme stößt.

Savolinna "ist" (glaube ich). - Weil sie "ist", könnte sie mir in einem Kleid von Lagerfeld oder unsichtbar oder gar nicht erscheinen - in allen drei Fällen ändert dies nichts daran, dass sie "ist" (WENN es sie gibt). Das ist das binäre "1".

Es könnte auch sein, dass ich mir einbilde, dass Savolinna mir in einem Kleid von Lagerfeld oder unsichtbar oder gar nicht erscheint - "einbilde" hieße, dass es sie gar nicht gibt - sie ist dann NICHTS ANDERES als PRODUKT meiner Vorstellung. - Das ist das binäre "0".

Ontologisch sind "1" und "0" definitiv etwas anderes, selbst wenn die Symptome der Wahrnehmung identisch wären. - Und jetzt die Frage: Warum sollte das "1" und "0" nicht auf Gott zutreffen?

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#372 Re: Gut und Böse

Beitrag von Savonlinna » Fr 11. Dez 2015, 23:17

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wieso sollte die Existenz Gottes auf binäre Logik basieren?
Savonlinna hat geschrieben:Hier bin ich mit Dir einer Meinung, Pluto.
Gegenfrage: Gibt es etwas, was
a) sowohl "ist" als auch "nicht-ist"?
b) weder "ist" noch "nicht-ist"?
"Ist" ist nur ein Begriff der Grammatik.
Ich habe das wer weiß wie oft erklärt.
Es ist der Mensch, der sagt: "das da ist in diesem Raum."
Damit ist gemeint: Jemand hat das in diesen Raum gestellt.
"Sein" ist ein Hilfsverb, das nur das ausdrückt, was der Mensch ihm zugesprochen hat:
"Ist Oma da?" "Ja".
"Sein" sagt hier nur: Oma ist im Haus.

Klar definiert.
Jetzt kommen die Philosophen und wollen aus dem Hilfsverb ein Vollverb machen:
"Ist" Oma überhaupt"?

Jetzt kann ich eine Latte von Antworten geben, je nach der Perspektive, mit der ich diese Frage beantworte.
Ohne irgendeine Perspektive macht die Frage gar keinen Sinn und wäre nicht beantwortbar.

Ich kann also zum Beispiel mit "Ist" Oma überhaupt"? meinen:
Lebt sie, ist also nicht tot. Oder:
Ist sie überhaupt ein richtiger Mensch oder vegetiert sie vielleicht nur noch?
Oder, noch philosophischer: "Ist" Oma überhaupt Oma, wo sie doch vor dreißig Jahren noch keine Oma war?"

In letzterem Sinn macht also eine binäre Antwort auf diese Frage überhaupt keinen Sinn, weil hier der jeweilige Moment - Oma-Sein . inBezug gesetzt wird zu der Existenz der Gesamt-Frau, seit ihrem ganzen Leben.

Insofern gibt es selbverständlich etwas, was sowohl ist als auch nicht ist. Oder in den verschiedensten Perspektiven ist, in anderen nicht.
Schon der einfache Begriff Oma macht deutlich, dass damit nicht der ganze Mensch erfasst ist.

Bei "Gott ist das noch überdeutlicher. Er kann als Begriff existieren, als gedeutete Lebensführung verstanden werden, aber auch das ist nicht erschöpfend. Ein Begriff ist schillernd, nicht fassbar.
Wenn ich sage, Gott sei nicht, habe ich natürlich Recht. Im gleichen Atemzug kann ich sagen: Er ist, und natürlich habe ich auch da Recht.
Solange er nicht von jemandem bestimmt wird, hat er nicht teil am Reich des Seins.

closs hat geschrieben:Ich rätsele immer mehr, warum die Frage "Sein" und "Nicht-Sein" auf so große Probleme stößt.
Ich glaube, außer Dir hat keiner ein Problem damit.
Du denkst Dir irgendwas aus und willst, dass das alle richtig finden.

closs hat geschrieben: Savolinna "ist" (glaube ich). - Weil sie "ist", könnte sie mir in einem Kleid von Lagerfeld oder unsichtbar oder gar nicht erscheinen - in allen drei Fällen ändert dies nichts daran, dass sie "ist" (WENN es sie gibt). Das ist das binäre "1".
Fangen wir jetzt wieder von vorne an?
Willst Du erneut mit Schrank und Gesine argumentieren, um zu zeigen, dass beide sind, also auch Gott sein muss?
Du läufst wie ein Mäuschen immer im Laufrad rum und wunderst Dich, dass da so viel Leute rumstehen und Dir zugucken. :Herz:

closs hat geschrieben:- Und jetzt die Frage: Warum sollte das "1" und "0" nicht auf Gott zutreffen?
Da gibt es viele Antworten.
Weil das nicht der Gott der Bibel ist, zum Beispiel.
Aber eigentlich ist die Frage: Warum sprichst Du ihm diese Eigenschaft zu und behauptest, daran gäbe es keinen Zweifel?

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#373 Re: Gut und Böse

Beitrag von Novas » Fr 11. Dez 2015, 23:33

Savonlinna hat geschrieben:"Ist" ist nur ein Begriff der Grammatik.

Nein. Meine „Ich-Bin-heit“ oder „Istheit“ ist eine unbezweifelbare Tatsache. Selbst wenn alles andere eine Illusion ist. Der erste unbezweifelbare Satz heißt deshalb: „Ich bin, ich existiere“ (ego sum, ego existo) das ist notwendig wahr, weil alles andere darauf aufbaut.
Die nächste anspruchsvolle Frage wäre dann: „wer (oder was) bin ich?
Bekannt sind auch die Worte von Augustinus: „si enim fallor, sum. nam qui non est, utique nec falli potest“ („Selbst wenn ich mich täusche, bin ich. Denn wer nicht ist, kann sich auch nicht täuschen.

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#374 Re: Gut und Böse

Beitrag von Savonlinna » Fr 11. Dez 2015, 23:58

Novalis hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:"Ist" ist nur ein Begriff der Grammatik.

Nein.
Doch. Das ist unbezweifelbar.
Ich habe im Übrigen Hilfsverb und Vollverb unterschieden und auf die Problematik der Vollverb-Bildung hingewiesen.

Novalis hat geschrieben:Meine „Ich-Bin-heit“ oder „Istheit“ ist eine unbezweifelbare Tatsache.
Leider nein.
Ich habe darüber Jahrzehnte nachgedacht, meine eigenen Überlegungen und Gedanken und deren Herkunft versucht herauszufinden.
Nichts ist da unbezweifelbar.

Novalis hat geschrieben: Selbst wenn alles andere eine Illusion ist. Der erste unbezweifelbare Satz heißt deshalb: „Ich bin, ich existiere“ (ego sum, ego existo) das ist notwendig wahr, weil alles andere darauf aufbaut.
Es mag eine Menge auf diesem Satz aufbauen, aber ihm geht auch eine Menge voraus.
Auch eine Menge Undurchdachtheit.
Gott ist nicht von Descartes erschaffen worden.

Ich will Dein Grundgefühl nicht anzweifeln. Aber mein Grundgefühl erzählt mir eine Menge anderes außerdem.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#375 Re: Gut und Böse

Beitrag von closs » Sa 12. Dez 2015, 00:11

Savonlinna hat geschrieben:"Sein" ist ein Hilfsverb, das nur das ausdrückt, was der Mensch ihm zugesprochen hat
Nein - "sein" ist auch ein Vollverb im Sinne von "existieren". - Savolinna "ist" - d.h.: Sie existiert. - Sie ist nicht meine Erfindung, sondern "ist" selbst.

Savonlinna hat geschrieben:Jetzt kommen die Philosophen und wollen aus dem Hilfsverb ein Vollverb machen
Genau.

Savonlinna hat geschrieben:Ohne irgendeine Perspektive macht die Frage gar keinen Sinn und wäre nicht beantwortbar.
Genau das ist der Irrtum. - Savolinna "ist" unabhängig von der Perspektive des Betrachters - das ist doch genau die Aussage, die ich seit Jahren versuche zu vermitteln: Sein ist unabhängig von Wahrnehmung.

Savonlinna hat geschrieben:In letzterem Sinn macht also eine binäre Antwort auf diese Frage überhaupt keinen Sinn, weil hier der jeweilige Moment - Oma-Sein . inBezug gesetzt wird zu der Existenz der Gesamt-Frau, seit ihrem ganzen Leben.
Da könnte man jetzt philosophieren, ob "Oma" eine Entität ist, oder eine temporäre Eigenschaft der Person x. - Savolinna "ist" - als dieses Sein ist sie in frühen Jahren ein Mädchen und in späten Jahren eine Oma. - Mir geht es erst mal um die Identität "Savolinna ist" - unabhängig von temporären Bewertungen ("Mädchen"/"Oma").

Savonlinna hat geschrieben:Insofern gibt es selbverständlich etwas, was sowohl ist als auch nicht ist. Oder in den verschiedensten Perspektiven ist, in anderen nicht.
Jetzt hüpst Du wieder auf die Wahrnehmungs-Ebene. - Natürlich kann etwas aus Wahrnehmungs-Ebene unscharf sein - das bestreitet doch keiner - das sind Bewertungen. - Mir geht es um die Entität, auf der überhaupt Bewertungen möglich sind, weil was "da" ist.

Die Entität "Savolinna ist" ist vollkommen unberührt davon, ob man sie einmal als Mädchen und ein anderes Mal als Oma wahrnimmt - bei all dem sind ""Mädchen", "Jugendliche", "Frau", "Oma" unterschiedliche Wahrnehmungs-Bewertungen der Entität "Savolinna". - Das ist wie beim Zahnarzt: Es muss eine Wurzel ("Entität") da sein, damit man überhaupt etwas Sichtbares/Bewertbares draufsetzen kann ("Keramik-Krone"/"Goldkrone"/etc.) - egal was man draufsetzt: Man setzt es auf die Wurzel.

Savonlinna hat geschrieben:Bei "Gott ist das noch überdeutlicher. Er kann als Begriff existieren, als gedeutete Lebensführung verstanden werden, aber auch das ist nicht erschöpfend. Ein Begriff ist schillernd, nicht fassbar.
Richtig - das sind menschliche Bewertungen/Wahrnehmungen - man kann "es" unterschiedlich verstehen. - Aber das "es" (Entität) muss da sein - ODER wir sprechen von reinem "Kopf-Kino".

Savonlinna hat geschrieben:Wenn ich sage, Gott sei nicht, habe ich natürlich Recht. Im gleichen Atemzug kann ich sagen: Er ist, und natürlich habe ich auch da Recht.
Beide Aussagen sind aus meiner Sicht falsch - denn ob man bei Wahrnehmung "recht hat", kann man weder im einen noch im anderen Fall falsifizieren - man weiss es nicht.

Man kann ("Wahrnehmungs-Ebene") sagen "Ich glaube, dass Gott nicht ist" oder "Ich glaube, dass Gott ist". - Und dann ist die offenbleibende Frage: "Welche Aussage ist authentisch?". - Gibt es Gott als Entität NICHT, ist die Wahrnehmung authentisch "Ich glaube, dass Gott nicht ist". - Gibt es Gott als Entität, ist die Wahrnehmung authentisch "Ich glaube, dass Gott ist". - Wir wissen es aber nicht, da Aussagen dazu nicht falsifizierbar sind.

Savonlinna hat geschrieben:Ich glaube, außer Dir hat keiner ein Problem damit.
Das wäre schlimm. - Mein Verdacht geht dahin, dass die gängigen Denkweisen derart exklusiv an der Wahrnehmung orientiert sind, dass man eben diese zum Maßstab dafür nimmt, was sein kann. - Das Objekt ist somit eine abhängige Größe des Subjekts - das werde ich nie akzeptieren.

Savonlinna hat geschrieben:Weil das nicht der Gott der Bibel ist, zum Beispiel.
Doch - schau Dir mal den Namen "Jahwe" an.

Savonlinna hat geschrieben:Aber eigentlich ist die Frage: Warum sprichst Du ihm diese Eigenschaft zu und behauptest, daran gäbe es keinen Zweifel?
Andersrum: Die 4 Buchstaben "g-o-t-t" machen aus meiner Sicht nur einen Sinn, wenn es eine Entität ist. Es ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel, menschliche Wahrnehmung zum Maßstab für das Wort "Gott" zu nehmen.

Im Grunde fragst Du: Warum sprichst Du einem Auto die Eigenschaft zu, auf der Straße fahren zu können? - Meine Antwort wäre: Weil's dann kein Auto ist - dann gibt's halt keine Autos. - Oder man nennt "Auto", was man nach heutigem Verständnis "Eimer" oder "Pizza" nennt. - Aber das ist dann Sprachchaos.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#376 Re: Gut und Böse

Beitrag von Pluto » Sa 12. Dez 2015, 00:14

closs hat geschrieben:Gegenfrage: Gibt es etwas, was
a) sowohl "ist" als auch "nicht-ist"?
In der QM gibt es so etwas. Man nennt es in der Physik "Nicht-Lokalität" weil es unserer Vorstellung, dass etwas irgendwo ist, widerspricht. Das ist das berühmte Messproblem der Physik.
Eigenartigerweise beeinflusst die Wahrnehmung tatsächlich das Verhalten von Elementarteilchen. Mal ist das Teilchen da, mal ist es woanders.
Es stellt sich heraus, dass diese Frage nur mit einer Wahrscheinlichkeit zu beantworten ist.

closs hat geschrieben:Ich rätsele immer mehr, warum die Frage "Sein" und "Nicht-Sein" auf so große Probleme stößt.
Das Grundproblem ist: du denkst binär. Vielleicht könnten beide Größen der menschlichen Fantasie entspringen.

closs hat geschrieben:Und jetzt die Frage: Warum sollte das "1" und "0" nicht auf Gott zutreffen?
Diese Frage kann man so nicht beantworten. Sie macht erst dann Sinn wenn du definiert hast wonach wir suchen, also was Gott überhaupt ist.
Was genau soll da existieren? Was ist es überhaupt, dessen Existenz wir feststellen wollen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#377 Re: Gut und Böse

Beitrag von Savonlinna » Sa 12. Dez 2015, 00:23

closs hat geschrieben:Savolinna "ist" unabhängig von der Perspektive des Betrachters - das ist doch genau die Aussage, die ich seit Jahren versuche zu vermitteln: Sein ist unabhängig von Wahrnehmung.
Da läuft wieder wie die Maus im Laufrad.
Du spulst immer dasselbe ab, ohne es auch nur im Hauchansatz begründen zu wollen.

Es ist falsch, was Du sagst, weil Du viel zu grob denkst.
Du willst andere davon überzeugen, dass sie grob und ungeschlacht denken sollen?
Wirst Du nicht können. Weil sie es nicht vermögen.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#378 Re: Gut und Böse

Beitrag von closs » Sa 12. Dez 2015, 00:40

Pluto hat geschrieben:Es stellt sich heraus, dass diese Frage nur mit einer Wahrscheinlichkeit zu beantworten ist.
"Wahrscheinlichkeit" ist doch keine Entitäts-Frage, sondern eine Wahrnehmungs-Frage. - Die Entität des Elementarteilchen ist doch, dass es mal da und mal dort sein kann. - Es GIBT also dieses Elementarteilchen und ist keine Erfindung des Gehirns von Physikern.

Pluto hat geschrieben:Das Grundproblem ist: du denkst binär.
Ja - etwas "ist" oder "ist nicht". - Es "ist" ein Elementarteilchen oder es "ist nicht" - also binär. - Nur wenn es "ist", kann man feststellen, dass es "mal da und mal dort ist". - Wäre es keine Entität, könnte es nirgendwo sein, weil es es nicht gäbe.

Pluto hat geschrieben:Diese Frage kann man so nicht beantworten. Sie macht erst dann Sinn wenn du definiert hast wonach wir suchen, also was Gott überhaupt ist.
Nein - das ist eine Grundsatzfrage, die auf "Stuhl" oder "Gott" oder "Pumuckl" gleichermaßen zutrifft - es trifft auf alles zu. - "Ist" etwas oder "ist es nicht".

Pumuckl wäre ein Fall, bei dem man mit allergrößter Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass es ihn ohne Erfindung des Menschen nicht gäbe - lebten keine Menschen auf der Erde, gäbe es keinen Pumuckl. - Einen "Stuhl" würde es zwar auch ohne den Menschen geben, aber er wäre noch da, wenn heute alle Menschen sterben würden. - Pumuckl wäre NICHT mehr da.

Bei Gott behaupten die Gläubigen, dass er NICHT eine Erfindung des Menschen gibt, er also noch da wäre, wenn heute alle Menschen sterben würden. - Feuerbach & Co. würden dem widersprechen - hier ist also die Antwort offen.

Savonlinna hat geschrieben:Du spulst immer dasselbe ab, ohne es auch nur im Hauchansatz begründen zu wollen.
Naja - was mache ich denn die ganze Zeit? - Letztlich läuft die Diskussion darauf raus, ob "Realität"/"Sein" eine Schöpfung menschlicher Wahrnehmung oder eine Schöpfung Gottes ist.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#379 Re: Gut und Böse

Beitrag von Novas » Sa 12. Dez 2015, 01:28

Savonlinna hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:

Leider nein.
Ich habe darüber Jahrzehnte nachgedacht, meine eigenen Überlegungen und Gedanken und deren Herkunft versucht herauszufinden.
Nichts ist da unbezweifelbar.



Eines ist unbezweifelbar: Du bist. Dein "Ich" hat darüber nachgedacht. Es mag sein, dass die ganze Welt ein Traum ist. Doch was ist mit dem, der ihn träumt? Unsre Gedanken mögen irrtümlich sein, reine Phantasie, aber was ist mit dem, der sie denkt? Mit jedem Augenblick bezeugst Du dich selbst, dein Sein; und in dem Du dich selbst bezeugst, bezeugst Du das Sein schlechthin. "Selbsterkenntnis" und "Gott es erkenntnis" gehören (aus Sicht der christlichen Mystik) zusammen.

Aus christlicher Sicht ist "Gott es erkenntnis" immer gekoppelt an eine umfassendere (tiefere) Erfahrung des eigenen Selbst, es ist also eine außerordentlich intime Erfahrung;oder unendlich konkret. Das macht es so schwierig darüber zu reden, weil Worte bereits eine Abstraktion darstellen.

Deshalb ist die christliche Mystik auch ein Weg der Stille. Im Kern der Dattel verbirgt sich das Geheimnis der ganzen Palme, in der Welle das ganze Meer und in der Tiefe unsres Herzens verbirgt sich .......... etwas, was unendlich kostbar ist... etwas, was unendlich konkret, unglaublich lebendig und wunderbar ist.... etwas, was unzerstörbar ist.

Ganz nahe, so nahe, dass wir es meistens übersehen. :thumbup:



Um Gott durch die Seele wahrzunehmen,
muss sie blind sein. Deshalb sagte er (hl. Paulus):
"Er sah das Nichts" von dessen Licht alles Licht kommt,
von dessen Substanz alle Substanz kommt.
~ Meister Eckhart

Manchmal sind es die Blinden, die plötzlich wirklich sehen; und manchmal sind es die Sehenden, die wirklich blind sind. Das will uns Jesus sagen. Die Blinden sehen und die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein und die Tauben hören, die Toten stehen auf und den Armen wird das Evangelium gepredigt. (Matthaeus 11:5)

Das Christsein ist ein wunderbares Paradoxon: erst wenn man leer wird, kann man das wahre Leben in Empfang nehmen und wirklich von ihm erfüllt und belebt werden. Erst wenn man sein Ego (das falsche Selbst) los lässt, die Lektion der Hingabe lernt, kann man den Heiligen Geist aufnehmen, von seinem frischen Hauch von Grund auf durchweht werden, erneuert und wiedergeboren werden.


„Die dem Herrn vertrauen, schöpfen neue Kraft, sie bekommen Flügel wie Adler.“ Jesaja 40,31

Ich fühle, dass Du in deinem Leben einen reichen Schatz der Erfahrung gesammelt hast, so ist es nicht an mir, Dich zu belehren. Das ist nur etwas, was ich aus meinem Herzen (und gerne) mit Dir zu teilen bereit bin, in dem Wissen, dass ich Dir nichts vormachen kann. ;) Jeder Mensch hat seine Geschichte mit Gott und Gott seine Geschichte mit jedem Menschen.

Selbst dann, wenn man ihn ein Leben lang verleugnet. Er wird vielleicht am Schönsten sichtbar in der Geschichte vom verlorenen Sohn, in dem Vater der auf seinen verlorenen Sohn wartet. Denn es mag sein, dass wir alle im Bild dieses verlorenen Sohnes enthalten sind, die ganze Welt. Verloren, ja, aber es gibt eine Gute Nachricht: eines Tages kehrt er heim, nachdem er sein Erbe verprasste und so niedrig sank, dass er bei den Schweinen schlief, ihm war alles egal. Sein Leben schien ihm sinnlos und absurd und der Tod näher, als das Leben.

Doch als er heim kehrt - beladen bis zum Rand mit Schuldvorwürfen, Verbitterung und dem Gefühl, ein totaler Versager zu sein, der alles falsch gemacht hat - da erwartet ihn nicht ein Vater mit erhobenem Zeigefinger, nicht ein blödsinniger Schulmeister oder ein bösartiger Racheengel, sondern eine unendliche Liebe, der wartet schon am Fenster, sieht ihn aus der Ferne kommen und stürmt ihm sofort mit großer Erleichterung entgegen, denn er erwartete ihn die ganze Zeit.

Er sieht, dass er ganz durchfroren ist, also ruft er die Diener und befiehlt ihnen ein heißes Bad einzulassen und neue Kleider zu bringen. Dann veranstaltet er ein Willkommensfest zu seinen Ehren, so ist er geliebt: und so erinnert sich der Sohn, wer er ist, ein Kind der Liebe von königlicher Herkunft, die ihm nichts und niemand nehmen kann. Er kann gar nicht tief genug sinken, gar nicht ausreichend Versager sein, um nicht von dieser Liebe immer noch geliebt zu werden.

Wünschen wir uns nicht alle so einen Vater, der uns mit einer vollkommenen (im grunde ja mütterlichen) Liebe liebt, die uns gebührt, die uns endlich versteht, die uns tatsächlich annimmt, wie wir sind? Die uns heilt? Die uns frei lässt? Die uns aufrichtet und ermutigt? Der christliche Glaube, wie ich ihn verstehe, macht uns dieses Angebot: kannst/willst/möchtest Du an diese Liebe glauben oder nicht?

Niemand muss, aber Du kannst, Du darfst. Das ist ein Akt der Freiheit und der gefühlten Wahrheit in deinem Herzen, mit der Du dich verbinden kannst. Eine Wahrheit, die niemals weniger, aber immer mehr Freiheit bedeutet. Diese Liebe ist wie ein Triumphzug, den wir gemeinsam beschreiten dürfen auf dieser Reise durch die Zeit und darüber hinaus.

Gesegnet ist der Mensch, der sich auf den Herrn verlässt, Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hinstreckt. (Jeremia 17,7+8)

... und ich wünsche Dir einen gesegneten Tag, edle Wettstreiterin. Ich wertschätze Dich, deine Person und deine selbstständige (und leidenschaftliche) Wahrheitssuche, egal wie dein Glaubensbekenntnis lautet. Das ist mir sowas von egal (und ganz unter uns: Jesus auch, der hat ganz andere Prioritäten....) doch das christliche Credo empfehle ich Dir gerne.... :wave:

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#380 Re: Gut und Böse

Beitrag von Savonlinna » Sa 12. Dez 2015, 10:37

Novalis hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Meine „Ich-Bin-heit“ oder „Istheit“ ist eine unbezweifelbare Tatsache.
Leider nein.
Ich habe darüber Jahrzehnte nachgedacht, meine eigenen Überlegungen und Gedanken und deren Herkunft versucht herauszufinden.
Nichts ist da unbezweifelbar.
Eines ist unbezweifelbar: Du bist.

Das ist Deine Sicht, und mehr kann ich nicht dazu sagen.
Für mich stellten sich die Dinge anders dar.

Dennoch stimmen wir möglicherweise darin überein, dass die "Ich"-Geburt die Gottes-Geburt voraussetzt.
Das, was ich ais "ich" wahrnehme, liegt nicht in mir selbst. Oder besser: nicht nur in mir selbst.

Antworten