Sein und Wahrnehmung II

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
JackSparrow
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#141 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von JackSparrow » Mi 2. Dez 2015, 22:30

Thaddäus hat geschrieben:kann man sie selbstverständlich nicht beobachten, denn sie stellt die Voraussetzung jeder Beobachtungsmöglichkeit dar.
Was versteht man unter einer Beobachtungsmöglichkeit?

Beobachtung ohne etwas, welches beobachtet ist schlicht und einfach undenkbar.
Man braucht nur die Augen zu öffnen. Dann wandert die Beobachtung von der Netzhaut zum visuellen Kortex, vom visuellen Kortex zum motorischen Kortex, vom motorischen Kortex zum Rückenmark und vom Rückenmark in die Muskeln. Ein spezielles Ding, welches die Beobachtung beobachtet, ist an keiner Stelle notwendig. Der gleiche Vorgang würde auch innerhalb eines Goldhamsters ablaufen.

Diesen eigentlich recht einfachen Sachverhalt haben Pluto und SilverBullet ebenfalls noch nicht verstanden.
Weil man Hypothesen stets auch durch Beispiele belegen sollte. Oder wenigstens durch eine Häufigkeitsverteilung unter Angabe von Erwartungswert, Standardabweichung und Signifikanz.

Wenn du nämlich der festen Überzeugung bist, dass dieser Apfel eine Birne ist (aus welchen Gründen auch immer), dann nimmst du keinen Apfel wahr, sondern eine Birne.
Sprachliche Defizite können eventuell einen Hirnschaden belegen, jedoch nicht die Existenz eines substantivierten Personalpronomens in Form einer wahrnehmenden Ich-Instanz.

SilverBullet
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#142 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von SilverBullet » Mi 2. Dez 2015, 22:41

Thaddäus hat geschrieben:Was soll dieser Unsinn?
Vielen Dank.

Thaddäus hat geschrieben:Was ist eine Alltagspraxis, die auf Denken ohne Sprache beruht und den gesamten Einsatzmöglichkeiten des Bewusstseins ?
Denken ohne Sprache basiert auf den „phänomenalen Bewusstseinseindrücken“.
Die offensichtlichsten Fälle werden häufig genannt:
Farben, Töne, Geruch, Schmerzen, Emotionen usw.

Weniger offensichtlich sind das „Vohandensein/Fühlen“ von
Abständen, Volumina, Formen, Ausrichtungen, Raumzusammenhänge, Geschwindigkeiten, Bewegungsabläufe usw.

Mit all dem, können wir ohne Sprache umgehen.
Sprache ist auf Grundlage dieser Dinge entstanden.
Sprache ist eine Art Behälter, in dem wir beliebige Zusammenhänge des Denkens (egal wie abstrakt sie sind) aufbewahren können.

Hier in unserem Fall geht es um den Umgang mit „Ich“, und „Person“:
Wir fassen Persönlichkeitsmerkmale von uns selbst, aber auch von Anderen, automatisch auf, und müssen erst stark nachdenken, bevor wir beschreiben können, was den jeweiligen Menschen insgesamt ausmacht.
Schau dir Synästhesie-Fälle an. Dort werden zum Teil, Persönlichkeitsmerkmale als Form wahrgenommen, was mit Sprache nun wirklich nichts zu tun haben kann.

Es ist wieder die „Überzeugung von Etwas“, wobei dies ohne Sprache abläuft.
Das Gehirn ist ein neuronales Netz. Dort werden Bedeutungszusammenhänge natürlich gänzlich ohne Sprache verwaltet.

Ich sage:
in den alltäglichen Gruppensituationen in denen es um Beziehungen zwischen Personen geht, ist das „Ich“-Denken sehr praktisch und nützlich. Genau dafür ist es aus meiner Sicht auch entstanden.

Aber:
Wenn man sich fragt, welche Existenzen damit verbunden sind, dann kann diese Alltagspraxis nicht als Basis verwendet werden, sondern man muss das Denken, das Bewusstsein, vollständig in Frage stellen.

Thaddäus hat geschrieben:Silverbullet hat oben angemahnt, man müsse erst einmal die Ausdrücke Wahrnehmung, Empfindung und Wissen präzisieren. Das habe ich oben getan.
Warum machst du dir selbst etwas vor?
Du hast nur Beispiele für den Einsatz genannt, dabei kommt gerade von dir die Behauptung von Kategorieunterschieden.
Welche Kategorien? -> Keine Ahnung, dich kann ich offensichtlich nicht fragen.

Du hast vermutlich nichts anderes, als nur dein Bauchgefühl, das dir sagt, dass das Bewusstsein nicht über neuronale Abläufe stattfinden können soll. Weil du aber nicht sagen kannst, worum es bei "Bewusstsein" geht, ist das Bauchgefühl viel zu wenig – du hast keinerlei Erfahrung für diese Einschätzung.

___________________________________________________

Salome hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Was soll dieser Unsinn?
Bevor ich diese Post zuende lese, solltest du auf das antworten, worauf ich eine Antwort haben will.
Ich warte seit 5 Jahren auf Antworten, die ich bis heute nicht erhielt....
Da muss ich dich leider enttäuschen:
Wir beide können uns so lange gar nicht gekannt haben.

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#143 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von Salome23 » Mi 2. Dez 2015, 22:48

SilverBullet hat geschrieben:
___________________________________________________

Salome hat geschrieben: Ich warte seit 5 Jahren auf Antworten, die ich bis heute nicht erhielt....
Da muss ich dich leider enttäuschen:
Wir beide können uns so lange gar nicht gekannt haben.
Hätte ich geschrieben: "Ich warte seit 5 Jahren auf Antworten ,welche ich Si Bu gestellt habe..."
Habe ich aber nicht.
Daher versteh ich nicht wirklich, warum du dich durch diese meine Aussage angesprochen fühlst ;)
:wave:

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#144 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von Pluto » Mi 2. Dez 2015, 22:52

JackSparrow hat geschrieben:Sprachliche Defizite können eventuell einen Hirnschaden belegen, jedoch nicht die Existenz eines substantivierten Personalpronomens in Form einer wahrnehmenden Ich-Instanz.
Ich denke ich verstehe Thaddäus wenn sie von einer "Ich-Instanz" spricht.

Unser Gehirn zeichnet alle Erlebnisse auf und speichert die vermeintlich relevanten Brocken in der Erinnerung (Speicher). Die Erlebnisse bilden eine Art bruchstückhafter Film-Streifen im Gedächtnis. Das Gehirn ist in der Lage, gespeicherten Bruchstücke nach Belieben wieder abzurufen.
So verstehe ich zumindest die "Instanz" des Bewusstseins. Das "Ich" entsteht, weil die Erlebnisse und ihre Aufzeichnungen in der "ersten Person" wahrgenommen werden.

Allerdings bin ich fest von der Analogie des Gehirns von Prof. Wolf Singer als ein Orchesters ohne Dirigent. Deshalb kann die Verwendung von "Instanz" aus meiner Sicht nur bildlich gemeint sein.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#145 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von Thaddäus » Mi 2. Dez 2015, 23:39

SilverBullet hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Was ist eine Alltagspraxis, die auf Denken ohne Sprache beruht und den gesamten Einsatzmöglichkeiten des Bewusstseins ?
Denken ohne Sprache basiert auf den „phänomenalen Bewusstseinseindrücken“.
Die offensichtlichsten Fälle werden häufig genannt:
Farben, Töne, Geruch, Schmerzen, Emotionen usw.
Eine Alltagspraxis ist die alltägliche Interaktion zwischen Individuen.
Was du hier aufzählst, ist keine kommunikative Praxis zwischen Individuen, sondern bloß drei physikalische Eigenschaften von Objekten (Farben, Töne, Geruch) und ansonsten Empfindungen (Schmerzen, Emotionen).
Eine Beschreibung von Alltagspraxis wäre es, wenn du ausführtest, wie man sich über Farben, Töne, Geruch, Schmerzen, Emotionen im Alltag unterhalten oder sonstwie darüber mit anderen alltäglich kommunizieren kann. Wie das ohne Sprache funktioniert, diese Erklärung bleibst du schuldig.

Du antwortest einmal mehr einfach mit irgendwelchen Dingen, die dir in den Sinn kommen: ohne klaren Aussagegehalt oder auch nur einer argumentativen Struktur.

SilverBullet hat geschrieben: Weniger offensichtlich sind das „Vohandensein/Fühlen“ von
Abständen, Volumina, Formen, Ausrichtungen, Raumzusammenhänge, Geschwindigkeiten, Bewegungsabläufe usw.
Das ist eine bloße Aufzählung räumlicher Eigenschaften von unbewegten und bewegten Objekten! Wieder keine Beschreibung einer Alltagspraxis, - wie oben. Und wiederum erklärst du auch nicht, inwiefern wir über diese Objekteigenschaften ohne Sprache in der Praxis kommunizieren können sollen.

SilverBullet hat geschrieben: Mit all dem, können wir ohne Sprache umgehen.
So? Markiere mir doch bitte die Stellen in deinen obigen Sätzen, wo du erklärst, wie wir das ohne Sprache tun, - in der Alltagspraxis.

SilverBullet hat geschrieben: Sprache ist auf Grundlage dieser Dinge entstanden.
Sprache ist eine Art Behälter, in dem wir beliebige Zusammenhänge des Denkens (egal wie abstrakt sie sind) aufbewahren können.
Unklar ausgedrückt. Präzise muss es lauten: Sprache ist ein symbolisches System, in dem Zusammenhänge des Denkens ausgedrückt werden können.

SilverBullet hat geschrieben: Wir fassen Persönlichkeitsmerkmale von uns selbst, aber auch von Anderen, automatisch auf, und müssen erst stark nachdenken, bevor wir beschreiben können, was den jeweiligen Menschen insgesamt ausmacht.
Schau dir Synästhesie-Fälle an. Dort werden zum Teil, Persönlichkeitsmerkmale als Form wahrgenommen, was mit Sprache nun wirklich nichts zu tun haben kann.
Im LSD-Rausch mag jemand Farben sehen, wenn er Töne hört. Wenn er das beschreiben kann, muss er übrigens seine Wahrnehmungen und Empfindungen offensichtlich selbst beobachten können, also auch über eine Beobachtungsinstanz verfügen (sonst könnte er ja nicht beobachten, dass er Farben sieht, wenn er Töne hört). Und wenn er das beschreibt, muss er das ganz offensichtlich mit Sprache tun, denn wie sonst könnte er uns mitteilen, was in ihm vorgeht.
Nicht nur liegt auch hier keine nicht-sprachliche Alltagspraxis vor. Ich habe nebenbei auch noch alle deine zentralen behauptungen widerlegt, die du ein paar Posts weiter oben getroffen hast, vor allem die, es gäbe keine Beobachtungs-Instanz, die es uns erlaubt, unser eigenes Denken, Wahrnehmen und Empfinden zu beobachten.

SilverBullet hat geschrieben: Es ist wieder die „Überzeugung von Etwas“, wobei dies ohne Sprache abläuft.
Das Gehirn ist ein neuronales Netz. Dort werden Bedeutungszusammenhänge natürlich gänzlich ohne Sprache verwaltet.
1. Erkläre, was eine nicht-sprachliche Überzeugung ist. Bringe also ein Beispiel, für eine Überzeugung, die nicht sprachlich ist.
2. Die Bedeutung des Ausdrucks "Abendstern" ist der Planet Venus, denn der Name "Abendstern" bezieht sich auf den 2. Planeten unseres Sonnensystems. Dieser Bedeutungszusammenhang ist ganz sicher sogar eine Hervorbringung gewisser neuronaler Aktivitäten unseres Gehirns.
Aber zu behaupten, gewisse neuronale Aktivitäten des Gehirns würden den Bedeutungszusammenhang verwalten, dass der Abendstern der 2. Planet unseres Sonnensystems ist, ist ein genau solcher sprachlicher Unfug wie zu behaupten, meine Leber verwalte den Alkoholspiegel meines Blutes.

SilverBullet hat geschrieben: Aber:
Wenn man sich fragt, welche Existenzen damit verbunden sind, dann kann diese Alltagspraxis nicht als Basis verwendet werden, sondern man muss das Denken, das Bewusstsein, vollständig in Frage stellen.
Hinlänglich bewiesen sind durch meine Ausführungen mittlerweile die Existenz von Bewusstsein, Introspektion und Selbstbewusstsein als unhintergehbare Instanzen jeder Beobachtungsmöglichkeit, auch der der Selbstbeobachtung.
Wenn du dir "Existieren" nicht anders als dingliches Existieren vorstellen kannst, dann ist das nicht mein Problem. Die Funktion F(x) existiert zweifellos. Natürlich nicht dinglich substanziell, sondern eben als mathematische Funktion.

SilverBullet hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Silverbullet hat oben angemahnt, man müsse erst einmal die Ausdrücke Wahrnehmung, Empfindung und Wissen präzisieren. Das habe ich oben getan.
Warum machst du dir selbst etwas vor?
Du hast nur Beispiele für den Einsatz genannt, dabei kommt gerade von dir die Behauptung von Kategorieunterschieden.
Offenbar weißt du nicht, was eine deskriptive Defintion ist bzw. eine Realdefintion im Unterschied zur Nominaldefinition. Lies es nach, wenn du es nicht weißt, dann begreifst du, dass meine kurzen Erklärungen von Wahrnehmung, Empfindung und Wissen im obigen Beispiel völlig korrekt sind (wiewohl sie noch nicht umfassend und genau genug gefasst sind, wodurch sie aber nicht falsch werden).

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Savonlinna
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#146 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von Savonlinna » Do 3. Dez 2015, 07:07

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Du kannst kaum den Mund aufmachen, ohne zu betrügen.
Inzwischen wächst bei mir der Verdacht, dass - ganz ohne Absicht meinerseits - meine Art der Argumentation irgendetwas in Dir bedroht.
NIcht bedroht - sondern enttäuscht.

closs hat geschrieben:- Du wischst es weg, indem Du postulierst, Du seist ehrlich und ich würde betrügen. - Das ist zu einfach - da steckt was tiefer.
Ja, da steckt natürlich etwas tiefer. Ich wische es ja gerade nicht weg, sondern formuliere es.
Menschliche Enttäuschung macht mir vielleicht etwas mehr zu schaffen als anderen.
Aber das ist absolut mein Ding, da mache ich keinen für verantwortlich.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Dein Gott wird sich nach Deinen Tricks auch schwerlich richten.
Da hast Du recht. - Die Realität schert sich einen Dreck darum, was man von ihr denkt oder wie man mit ihr umgeht. - Das gilt für alle, also auch für uns beide.
Nein, Dein Gott ist allein Dein Ding. Du hast ihn konstruiert, und also bist nur Du ihm Rechenschaft schuldig.
Andere kannst Du nicht als Schutzschild vor Dich halten.
Dein "Da hast Du recht" war also wieder ein Versuch der Täuschung, denn ich sagte das Gegenteil von Dir.

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Thaddäus
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#147 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von Thaddäus » Do 3. Dez 2015, 08:28

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:kann man sie selbstverständlich nicht beobachten, denn sie stellt die Voraussetzung jeder Beobachtungsmöglichkeit dar.
Was versteht man unter einer Beobachtungsmöglichkeit?
Du fragst also ernsthaft nach, was man unter Beobachtungsmöglichkeit versteht!
Du kommst also nicht selbst darauf?
Ich habe neulich eine lustige deutsche Redewendung gehört, die ich bis dahin noch nicht kannte: Jemand ist nicht die hellste Kerze auf der Torte. Wenn ich ihre Bedeutung richtig verstanden habe, ist sie hier angebracht. ;)
Ich gebe dir jetzt die Antwort auf deine Frage, was man unter einer Beobachtungsmöglichkeit versteht und markiere sie rot, damit sie dir nicht entgeht.
Unter einer Beobachtungsmöglichkeit versteht man die Möglichkeit, beobachten zu können. Eine Voraussetzung der Möglichkeit von Beobachtung ist, dass es einen Beobachter gibt, der beobachtet.
Die sinnvolle Verwendung des Verbs beobachten präsupponiert die Annahme eines Beobachters. Der ist also eine implizite logische Voraussetzung der Möglichkeit von Beobachtung.

JackSparrow hat geschrieben: Man braucht nur die Augen zu öffnen. Dann wandert die Beobachtung von der Netzhaut zum visuellen Kortex, vom visuellen Kortex zum motorischen Kortex, vom motorischen Kortex zum Rückenmark und vom Rückenmark in die Muskeln. Ein spezielles Ding, welches die Beobachtung beobachtet, ist an keiner Stelle notwendig. Der gleiche Vorgang würde auch innerhalb eines Goldhamsters ablaufen.
Zunächst einmal wandert keine Beobachtung von der Netzhaut irgendwohin.
Auf die Netzhaut trifft Licht unterschiedlicher Wellenlänge, wo es von den Stäbchen (schwarz-weiß) und Zäpfchen (Farbe) in elektrochemische Impulse umgewandelt wird (schon an dieser Stelle beginnt die Verarbeitung zu einer bestimmten Bild-Punkt-Struktur), die schließlich bis zum Sehzentrum des Gehirns weitergeleitet werden. Dort, werden die elektrochemischen Impulse zu einem Bild verarbeitet. Eine Beobachtung ist bis hierin überhaupt noch nicht entstanden!
Das Bild wird vom Sehzentrum um 180Grad gedreht und dann in Interaktion mit verschiedenen weiteren Hirnregionen dahingehend interpretiert, was zu sehen ist und welche Bedeutung das Gesehene hat. Erst mit dieser Interpretation der eingegangenen elektro-chemischen Impulse beginnt Beobachtung überhaupt erst.
Nimmt man auf diese Weise etwas wahr, das sich schnell bewegt (z.B. ein Ball, der auf mich zufliegt oder ein Tier, das angreift oder ein Auto, welches auf mich zurast), dann kann es zu Reflexhandlungen kommen, die bereits im Rückenmark ausgelöst werden (und nicht im Cortex; Fangen des Balles, Flucht, Beiseitespringen), damit der Weg bis zu den beteiligten Muskeln möglichst kurz ist und die Reaktion schneller eingeleitet werden kann.

Wenn ein Voyeur andere Menschen bei sexuellen Handlungen beobachtet, kann es sein, dass er sich gleichzeitig über seine Neigung schämt. In diesem Falle beobachtet er die Menschen und weiß gleichzeitig, dass er sie beobachtet und das dies eigentlich moralisch verwerflich ist. Dies bedeutet, er beobachtet sich dabei, wie er andere beobachtet. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass er sich schämen kann (also in diesem mentalen Zustand ist). Dies bedeutet, die Selbst-Beobachtung dessen, was er tut ist die Voraussetzung und der kausale Auslöser für seinen mentalen Zustand des Schämens.

Ich weiß nicht, ob Hamster voyeuristische Neigungen haben, aber wenn sie sich über ihren Voyerismus schämen können, dann müssen sie auch über Selbst-Bewusstsein und die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung verfügen.

JackSparrow hat geschrieben:
Diesen eigentlich recht einfachen Sachverhalt haben Pluto und SilverBullet ebenfalls noch nicht verstanden.
Weil man Hypothesen stets auch durch Beispiele belegen sollte. Oder wenigstens durch eine Häufigkeitsverteilung unter Angabe von Erwartungswert, Standardabweichung und Signifikanz.
:lol:
Ein Scherz! Oder meinst du das ernst?

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wenn du nämlich der festen Überzeugung bist, dass dieser Apfel eine Birne ist (aus welchen Gründen auch immer), dann nimmst du keinen Apfel wahr, sondern eine Birne.
Sprachliche Defizite können eventuell einen Hirnschaden belegen, jedoch nicht die Existenz eines substantivierten Personalpronomens in Form einer wahrnehmenden Ich-Instanz.
Zunächst einmal bedeutet die Wahrnehmung eines Apfels als einer Birne kein sprachliches Defizit.
Man stelle sich vor alle Menschen auf der Welt beschlössen von sofort ab, Äpfel nicht mehr "Äpfel", sondern "Birnen" zu nennen (und umgekehrt). In 100 Jahren ist diese Vertauschung längst vergessen und die Menschen sind der festen Überzeugung, dass sie eine Birne essen, wenn sie einen Apfel essen und umgekehrt.
Könnte man dann sagen, alle Menschen, die die feste Überzeugung haben, eine Birne wahrzunehmen und zu essen, nehmen in Wirklichkeit einen Apfel wahr?
Offensichtlich ist diese Konsequenz absurd.
Dieses Beispiel zeigt die Abhängigkeit dessen, was sinnlich wahr genommen wird von seiner begrifflichen Verknüpfung. Natürlich ändert sich die Chemie eines Apfels und einer Birne durch diese Begriffsvertauschung nicht.
Epistemisch ändert sich aber unsere feste Überzeugung davon, was wir eigentlich wahrnehmen!
Eine Wahrnehmung selbst bedeutet noch gar nichts!
Erst begriffliche Verknüpfungen und mentale Repräsentationen machen aus Wahrnehmungen bedeutungsvolle Wahrnehmungen.

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#148 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von closs » Do 3. Dez 2015, 09:49

Savonlinna hat geschrieben:Menschliche Enttäuschung macht mir vielleicht etwas mehr zu schaffen als anderen.
Du rekrutierst menschliche Enttäuschung daraus, dass man ein eigenes Denk-System hat, das Deinem nicht entspricht?

Savonlinna hat geschrieben:Dein "Da hast Du recht" war also wieder ein Versuch der Täuschung, denn ich sagte das Gegenteil von Dir.
Ein gutes Beispiel. - Du sagst einen Satz, der im allgemeinen Kontext richtig ist. - Denn wenn "Gott" das höchste Sein ist (alles andere würde das Wort "Gott" verbieten), dann kann man sich Gott vorstellen wie man will: Die "Realität Gott" würde sich dadurch nicht ändern.

Möglicherweise hast Du das Gegenteil gemeint, weil Du mich angreifen wolltest - ich lese Deinen Satz ohne Wertung im Sinne von "was heisst dieser Satz in seiner Substanz". - Das hat nichts mit "Täuschung" zu tun. - Allenfalls kannst Du mir vorwerfen, dass ich aus einem Ad Hominem eine wichtige Aussage isoliere, also das Ad Hominem ignoriere.

SilverBullet
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#149 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von SilverBullet » Do 3. Dez 2015, 11:19

Salome23 hat geschrieben:Hätte ich geschrieben: "Ich warte seit 5 Jahren auf Antworten ,welche ich Si Bu gestellt habe..."
Habe ich aber nicht.
Daher versteh ich nicht wirklich, warum du dich durch diese meine Aussage angesprochen fühlst
Es ist ganz einfach:
In dem du den Vorwurf von Thaddäus an mich zitiert hast und ihn für deinen Fall auf fünf Jahre erweitert hast, kann man den Eindruck gewinnen, dass ich dir seit fünf Jahren nicht antworte – was natürlich nicht der Fall ist.

Du darfst mich jederzeit einfach alles fragen und ich werde versuchen darauf zu antworten :-)

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#150 Re: Sein und Wahrnehmung II

Beitrag von SilverBullet » Do 3. Dez 2015, 11:32

Thaddäus hat geschrieben:Eine Alltagspraxis ist die alltägliche Interaktion zwischen Individuen. Was du hier aufzählst, ist keine kommunikative Praxis zwischen Individuen …
Aber nein, wenn ich z.B. jeden Tag ein abstraktes Bild male, dann ist das eine Alltagspraxis für den „Einsatz des Bewusstseins“.
Dabei muss keinerlei sprachliche Umsetzung/Beschreibung (zumal das bei abstrakten Bildern häufig sehr schwer und eher aufgesetzt ist) und keine Interaktion durchgeführt werden.

In Bezug auf „Ich“ und „Person“ reichen z.B. Gruppenvorstellungen aus. Auch da muss es für den „Einsatz der Bewusstseinsmöglichkeiten“ nicht zu einer Kommunikation kommen.

Thaddäus hat geschrieben:…sondern bloß drei physikalische Eigenschaften von Objekten (Farben, Töne, Geruch) und ansonsten Empfindungen (Schmerzen, Emotionen).
So wie ich es sehe, sind die Bewusstseinsphänomene „Farben“, „Töne“, „Geruch“ usw. keine physikalischen Eigenschaften, sondern das Verstehen von physikalischen Zusammenhängen – das ist ein grosser Unterschied.

Der Beweis hierfür ist ganz einfach der elektrische Impuls.
Nachweislich geben die Sinneszellen elektrische Impulse ab, aus deren Verarbeitung erst danach die „Überzeugung vom Vorhandensein der Phänomene“ stattfindet.

Wären es physikalische Eigenschaften, dann müssten im Grunde „Farben“ transportiert werden.

Thaddäus hat geschrieben:Eine Beschreibung von Alltagspraxis wäre es, wenn du ausführtest, wie man sich über Farben, Töne, Geruch, Schmerzen, Emotionen im Alltag unterhalten oder sonstwie darüber mit anderen alltäglich kommunizieren kann. Wie das ohne Sprache funktioniert, diese Erklärung bleibst du schuldig.
Ich ziele bei „Alltagspraxis“ nicht auf Kommunikation ab, sondern auf den „Einsatz von Bewusstsein“.

Wenn du dem „Denken ohne Sprache“ begegnen möchtest, dann musst du nur in einem Grafikprogramm eine Hälfte der Zeichenfläche „Blau“ und die andere „Gelb“ einfärben.
Danach denkst du über den Unterschied zwischen „Blau“ und „Gelb“ nach.

Du wirst diesen Unterschied nicht beschreiben können, dennoch ist er für dich „da“ und du kannst mit ihm umgehen:
Wenn du ein Bild malst, und die Sonne zu „blau“ erscheint, dann wirst du sie mehr „gelb“ machen wollen, aber nicht, weil du eine sprachliche Analyse durchgeführt hast, sondern weil es zu einer „Denksituation ohne Sprache“ kam:
Zuerst wird ein störender Effekt festgestellt,
danach kommt es zu einer Veränderungsüberlegung und
letztlich wird eine Massnahme ausgewählt, um diese Veränderung zu erreichen.

Thaddäus hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Weniger offensichtlich sind das „Vohandensein/Fühlen“ von
Abständen, Volumina, Formen, Ausrichtungen, Raumzusammenhänge, Geschwindigkeiten, Bewegungsabläufe usw.
Das ist eine bloße Aufzählung räumlicher Eigenschaften von unbewegten und bewegten Objekten!
Nein, es geht doch nach wie vor um das Bewusstsein.
Selbstverständlich ziele ich hier auf das Vorkommen dieser „Dinge“ im Bewusstsein ab.

Wenn du deinen Blick auf irgendwelche Objekte auf deinem Tisch richtest, wirst du ohne Probleme die Abstände wahrnehmen und auch damit umgehen können, ohne darüber zu sprechen. Du bist sozusagen, ohne Sprache, davon überzeugt, dass dort ein Abstand vorhanden ist und dass er eine bestimmte Ausprägung hat, die du genau „im Griff hast“ – du kannst damit ohne Sprache umgehen.
Es kommt vor, dass blinde Menschen durch eine Operation wieder Sehen können. Dabei gibt es Patienten, die davon berichten, dass sie zwar eine Art Farbbild sehen, aber dies nur Flächen sind. Keine Abstände, keine Volumina, keine Formen, kein Raumverständnis.

Gingen all diese Zusammenhänge aber von den Objekten aus, müssten sie zum Einen transportiert werden (da sind natürlich wieder nur elektrische Impulse) und zum Anderen würden sie auch für diese Patienten transportiert werden müssen, was aber nicht der Fall ist.

Thaddäus hat geschrieben:Im LSD-Rausch mag jemand Farben sehen, wenn er Töne hört.
Vorsicht, hier machst du dich zu schnell über Symptome lustig, die von einem Lösungsversuch für das „Rätsel des Bewusstseins“ abgedeckt werden müssen.

Es gibt wohl Menschen, deren Realitätsverständnis, also deren Bewusstsein, regelrecht „auseinander fliegt“.
Dies muss erklärt werden.
Wer dort mit Existenzen argumentiert, wird in gewisse Schwierigkeiten kommen, denn diese „Existenzen“ müssen auf eine Art "flexibel" sein, dass sie lieber nicht existieren sollten.

Thaddäus hat geschrieben:Wenn er das beschreiben kann, muss er übrigens seine Wahrnehmungen und Empfindungen offensichtlich selbst beobachten können
Mal angenommen du könntest weder den Unterschied zwischen „Blau“ und „Gelb“(siehe oben) noch den Ablauf der zum Unterschied führt, beschreiben, wäre dies dann für dich ein Beweis, dass du dich nicht selbst beobachten kannst?

Ich sehe in „Qualia“ tatsächlich einen Beweis dafür, dass sich das Bewusstsein nicht selbst beobachten kann.

(Solltest du tatsächlich über diese Beobachtungs- und Analysefähigkeiten verfügen, dann schreib alles dazu in einen Beitrag – ich lese es)

Thaddäus hat geschrieben:1. Erkläre, was eine nicht-sprachliche Überzeugung ist. Bringe also ein Beispiel, für eine Überzeugung, die nicht sprachlich ist.
Das „Vorhandensein von Blau“
Der „Unterschied zwischen Blau und Gelb“
Das „Vorhandensein von Abständen“
Das „Vorhandensein von Schmerzen“
Das „Vorhandensein eines ‚Ich’“
usw. usw. usw.

Thaddäus hat geschrieben:Wenn du dir "Existieren" nicht anders als dingliches Existieren vorstellen kannst, dann ist das nicht mein Problem. Die Funktion F(x) existiert zweifellos. Natürlich nicht dinglich substanziell, sondern eben als mathematische Funktion.
Vorsicht, Mathematik ist ein Denkwerkzeug und spielt damit nur im Bewusstsein eine Rolle.

Die so genannte „Existenz von F(x)“ kann somit nicht als Begründung oder Hinweis für die „Existenz des Bewusstseins“ verwendet werden.
Dadurch versuchst du dir nur „Kategorieeindrücke“ zu „erschwindeln“ und bringst lediglich den altbekannten, philosophisch motivierten, Gültigkeitsanspruch des Denkens und möchtest eine Suggestion aufbauen.

Hast du schon über einen Beweis für die Korrektheit dieses Gültigkeitsanspruchs nachgedacht?

Thaddäus hat geschrieben:Offenbar weißt du nicht, was eine deskriptive Defintion ist bzw. eine Realdefintion im Unterschied zur Nominaldefinition
Um nichts falsch zu machen, habe ich tatsächlich erst nachgesehen:

Zitat-Wiki: „Deskriptive Definition
Als deskriptive Definition (oder auch feststellende Definition) bezeichnet man eine Definition, die einen gewohnten Sprachgebrauch festhält.


Es handelt sich also um die „Festlegung eines Sprachgebrauchs“ aber nicht um die Festlegung der Kategorie-/Existenzverhältnisse.

Laut Wiki hast du somit den Sprachgebrauch erklärt (aus der Alltagspraxis – wie ich geschrieben habe: wann man die Begriffe einsetzt), aber es geht hier um die Kategorie- und Existenzzusammenhänge. Letztlich möchtest du einen Vergleich mit den Abläufen im Gehirn durchführen.

Durch deine Beispiele hast du jedoch keinerlei Überblickposition erlangt, durch die du zu einem derartigen Vergleich in der Lage wärst.

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