closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Das bedeutet, zu behaupten, plus und minus könne zusammengedacht werden als etwas, das beides gleichzeitig ist, - und das geht nicht. Weder physikalisch, noch logisch.
Aber dialektisch. - Man muss beides nur "aufheben". - Und somit geht es auch logisch.
Die Dialektik ist nicht dazu da, einen logischen Widerspruch zu rechtfertigen oder etwas Unplausibles irgendwie plausibel zu machen. Die Hegelsche Dialektik ist die Aufhebung (Synthese) von Gegensätzen (These-Antithese) in einem ontologisch allumfassenden historischen Prozess der Selbstentäußerung des Geistes, an dessen Ende dieser Geist als Weltgeist sich selbst vollständig versteht und damit "
zu sich selbst kommt", was in der Hegelschen Philosophie, dem Hegelschen System ihren Abschluss findet. Es ist aber etwas anderes, diese Dialektik lediglich dafür benutzen zu wollen, etwas zu erklären, was nicht erklärt werden kann, weil man dazu gegen den Satz vom ausgeschlossen Widerspruch "Nicht (p
und nicht-p)" [also ¬(p ∧ ¬ p)/ z.B.: Es kann nicht zugleich regnen und nicht-regnen] verstoßen muss. Benutzt man die Dialektik hierfür, macht man sie nur ganz und gar unglaubwürdig.
closs hat geschrieben:
Verallgemeinern wir mal die Frage: Wie wäre darstellbar, dass das Ich an sich immateriell ist, jedoch zu einer Zeit materiell sein kann? - Ganz allgemein gefragt - ganz ohne Descartes oder andere.
Um aufzuzeigen, warum das nicht funktioniert, müssen wir uns darüber unterhalten, welche Argumente ganz konkret gegen einen Substanzdualismus sprechen. Das können wir gerne tun.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Wenn man etwas behauptet, dann muss man erklären können, wie es funktionieren soll. Kann man das nicht, muss es verworfen werden.
Das ist das typische zeitgenössische methodische Gedöns. - Als ob etwas Angeregtes nicht sein könne, selbst wenn man es nicht oder noch nicht erklären kann.
Es ist kein methodisches Gedöns, wenn man jemand, der eine bestimmte Behauptung aufstellt, dazu auffordert, diese Behauptung argumentativ zu stützen und eine Funktionalität exakt zu erklären. Es ist sogar die
Verpflichtung dessen, der die Behauptung aufstellt, diese überzeugend zu begründen und zu erklären. Ansonsten ist seine Behauptung nichts wert.
Wenn man behauptet, eine Seele könne sich vom Körper lösen, über einem Krankenbett schweben und sehen und hören, was im Krankenzimmer geschieht, während die Hirnfunktionen seines Körpers im Bett
vollständig erloschen sind, dann muss man dezidiert und plausibel erklären können, wie Seelen ohne Augen und Ohren und ohne cerebrales Seh- und Hörzentrum sehen und hören können sollen. Vermag man das nicht, ist diese Behauptung nichts wert und indiskutabel.
closs hat geschrieben:
Dass man solche Dinge methodisch verwerfen kann, ist doch unbenommen. - Aber spürst Du nicht die Schere im Kopf?
Es gibt sehr Vieles, was wissenschaftlich (noch) nicht erklärbar ist. Eine mögliche Erklärung darf aber nicht gegen gut fundierte Ergebnisse der Naturwissenschaften (wie z.B. den Energieerhaltungssatz) und die kausale Geschlossenheit der physikalischen Welt verstoßen (beides tut der Substanzdualismus). Auch, wenn ein exakte Erklärung noch aussteht, muss sie prinzipiell möglich sein und darf also nicht gegen längst gewonnene und abgesicherte Erkenntnisse verstoßen.
Mit Schere im Kopf meinst du, dass diese Sicht jede
Spiritualität zunächst ausszuschließen scheint. Das stimmt aber nicht. Um das auszuführen, müsste ich aber weiter ausholen.
closs hat geschrieben:
Mich stört, wenn man aus methodischen Gründen meint, Sicherheit darüber haben zu können, dass die Religionen der Welt nicht alle Tassen im Schrank haben, weil sie die geistige Existenz des Menschen von dessen Körperlichkeit getrennt sehen. - Das ist sehr mutig.
Religion und Spiritualität haben eine Berechtigung. Sie sind für die Menschen - ganz offensichtlich - von einer enormen, existenziellen Wichtigkeit. 200 Jahre europäische Aufklärung haben sie nicht ausmerzen können und das wird auch in Zukunft nicht passieren. Nur sind so ziemlich alle (modernen) religiösen Grundüberzeugungen falsch und basieren auf eklatanten Miss- und Fehlverständnissen.