Können wir uns darauf einigen, Popper habe sich als Philosoph mit dem Wesen der Ermittlung von "Wissen" zu empirisch zugänglichen Untersuchungsgegenständen beschäftigt? Als solcher hat er bis heute gültig nachgewiesen (ja richtig: nachgewiesen), dass in diesem Feld die positivistisch-induktive Art der Erkenntnisgewinnung nicht funktioniert. Darauf hin hat der liebe Mann die hypothetisch-deduktive Methode als strenge methodische Antwort auf diesen Sachverhalt hin entwickelt.closs hat geschrieben:Das ist wieder mal das Problem "Original - Rezeption". - Meines Wissens (und auch aus inhaltlichen Gründen) ist Popper (zumindestens mit seinem Kritischen Rationalismus KEIN Philosoph - da kann ich sogar mal auf Pluto verweisen, der gelegentlich gesagt hat, Popper habe sich von der Bezeichnung "Philosoph" aktiv distanziert.Anton B. hat geschrieben:Doch, er ist Philosoph und wird allgemein als solcher betrachtet.
Und da sagst Du, Popper wäre Methodiker und kein Philosoph. Mit dem starken Hinweis, unser Pluto hätte das auch gesagt.
Dass Du es nicht merkst: Du postulierst, Du setzt eine bestimmte Realität. Mehr ist da erstmal nicht. Deine Aussage ist nicht mehr als Dein persönliches Statement.closs hat geschrieben:An sich "ist" sie ganz und gar nicht unbestimmt (lassen wir für einen Moment QM-Sachen weg), sondern sehr bestimmt. - Es ist unsere Wahrnehmung, die sie nicht genau bestimmen lässt - diese Erkenntnis würde Descartes wahrscheinlich gefallen.Anton B. hat geschrieben:Daher ist auch die Realität "unbestimmt".
Der Punkt ist der, dass philosophische Erkenntnisse auf einem wiederum anderen philosophischen Fundament aufsetzen. Deshalb sind alle philosophischen Konzepte, sei es Ontologie, Positivismus, Empirismus, aber auch der kritische Rationalismus immer an andere zeitgenössische Konzepte gebunden, aus denen sie vielleicht abgeleitet, vielleicht aber auch als Ergänzung oder als Alternative, als Kontrapunkt beigeordnet sind.closs hat geschrieben:Soweit auf diesem Weg beschrieben wird, WIE man physiologisch zu Wahrnehmungs-Erkenntnis kommt, kann ich das prinzipiell sehr wohl nachvollziehen (das Einzelwissen fehlt mir, aber da glaube ich Ergebnisse unbesehen). - Nur: Das ist eine ganz andere Fragestellung als die meinige (siehe auch Plato, Descartes und Heidegger - und ganz sicher viele andere auch).Anton B. hat geschrieben:kannst den Weg, der zu dem zeitgenössischem Wissen -- gerade auch über die Erkenntnisgewinnung -- geführt hat, nicht nachvollziehen?
Mein Eindruck ist (ich lasse mich gerne korrigieren), dass das zeitgenössische Wissen so gut wie ausschließlich aufsetzt auf einem naturalistischen Weltbild und/oder sich mit der Frage beschäftigt: "Wie können wir UNSERE Wahrnehmung beschreiben". - Descartes & Co. fragen dagegen (eine Übersetzung in heutige Sprache): "Was ist sicheres Wissen, was ist Vereinbarung?". - Und kommt zum Ergebnis, dass alles außer dem "Cogito, er(g)o sum" so etwas wie "Vereinbarung" (er sagt dazu "Glaube") ist.
Aus meiner Sicht sind bzw. wären solche Erkenntnisse eminent wichtig als Grundlage der DANN erst folgenden Frage nach "zeitgenössischem Wissen". - Meinem Eindruck nach wird heute diese Grundlage vernachlässigt - zumindestens in der Rezeption (Foren, Medien, etc.)
Was Du leider überhaupt nicht inhaliert hast, ist der Wechsel von einem positivistischen zu einem "kritischen" Verständnis der Gewinnung von Wissen via Wahrnehmung.
Wenn Du die Begründungen und den historischen Weg dazu nicht kennst, kannst Du die "Vernachlässigung" der Dir am Herzen liegenden Konzepte eigentlich nur als mehr oder weniger willkürlichen Akt verstehen. Klar, dass Du dann auf die Suche nach Setzungen, möglichst materialistischer und naturalistischer Art, gehst, Meine Diagnose dagegen ist, dem closs fehlt es einfach an Wissen um die "modernen" Diskussionen in der Philosophie.