
"Fast fühlt man sich genötigt, Hilfe zu leisten und Partei zu ergreifen für diesen Mann, dem von seiner Kirche so übel mitgespielt wurde, die seine innersten Glaubenssätze und Überzeugungen, die seine Religion so verraten hat und die aus einem frommen Anbeter Jahwes einen Angebeteten gemacht hat, und das schon so bald nach seinem gewaltsamen Tod und bis in unsere Zeit hinein. Und manches an ihm erscheint uns sympathisch.
Das Liebesgebot steht hier natürlich an erster Stelle. Es wird gerne als Inbegriff dessen gesehen, was er gelehrt hat, obwohl dies ja eher die nahe Gottesherrschaft war. Und auch wenn das Liebesgebot im Judentum vorgeprägt war und sich auch sonst in religiösen und philosophischen Texten findet, es steht einem Menschen immer gut an, es zu betonen. Das ist eine Sprache, die jeder versteht. Die Texte, die von der Liebe handeln, gehören sicher zum Bewahrenswerten der biblischen Schriften, die sonst doch stark überbewertet werden. Und daran ändert sich auch nichts, wenn der Liebesgedanke zuweilen von reichlich dubiosen Gestalten propagiert wird, geistigen Trittbrettfahrern und Einschmeichlern wie z. B. Bhagwan und anderen Sektenführern. Jesus jedenfalls hat diesen Liebesgedanken verinnerlicht und verkündigt."
Kubitza, Jesuswahn