Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1741 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Di 27. Okt 2015, 00:42

Pluto hat geschrieben:Wenn man dann auch noch davon ausgeht, dass alles von Gott gefügt ist,wie ist es dann noch möglich, dass Judas Schuld tragen kann?
Das wäre nicht das Problem, da "Fügung" und "freier Wille"/"Wahlfreiheit" nicht interferieren. - Denn "Fügung" findet statt, "nachdem" die Entscheidung des Handelnden (hier Judas) bekannt ist - wobei das "nachdem" ein Hilfswort ist, das ich nur verwende, um den Grundgedanken rüberzubringen.

Pluto hat geschrieben: Er musste zum Verbrecher werden, damit Gottes Wille in Erfüllung gehen kann.
Das ist eben noch eine ganz andere Frage: Ist der Mensch delikt-fähig? - So wie ich die Menschheit erlebe, ist sie es NICHT.

Man schwadroniert zwar mit mords Begriffen wie "freier Wille" und "Verantwortung" und sonstwas rum - trotzdem führt das hier nicht weiter. - Um es deutlicher zu sagen: Die meisten Verbrechen werden mit (subjektiv) bestem Wissen und Gewissen begangen.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#1742 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Novas » Di 27. Okt 2015, 01:02

:arrow: |
Zuletzt geändert von Novas am Di 27. Okt 2015, 03:33, insgesamt 4-mal geändert.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#1743 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Münek » Di 27. Okt 2015, 01:09

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mit "Chiffren" und ähnlich ausweichendem Wortgeklingel kommt man hier m.E. nicht aus der Bredouille
Es gibt keine Bredouille. - Und "Chiffren" ist lediglich Ausdruck dafür, dass wir das "Sein" nur gleichnishaft durch die Brille unserer Wahrnehmung erkennen können (und auch das nur im besten Falle).

Meines Wissens finden Exorzismen nicht im Jenseits (Sein) statt. Es werden auch keine Gleichnisse oder Chriffren ausgetrieben. Geister sind höchst irdische Gesellen und der Teufel ist nach christlicher Auffassung der "Fürst dieser Welt"..

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#1744 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Münek » Di 27. Okt 2015, 01:20

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich halte es für sehr viel naheliegender, den Dämonenglauben als Aberglauben anzusehen, der seine Wurzeln in der Antike hat.
Dass es Wurzeln in der Antike gibt, ist naheliegend - es wird auch Wurzeln in anderen Hochkulturen bspw. Asiens geben. - Ob es "Aberglaube" ist, können wir nicht entscheiden - man kann bestenfalls nach den Vorgaben der jeweiligen Weltanschauung entscheiden, ob es das ist.

Richtig ist, dass es im Belieben jedes Einzelnen steht, für sich zu entscheiden, dass es Dämonen gibt.

Ich habe mich aus guten Gründen dafür entschieden, Dämonenglauben unter "Aberglauben" zu subsumieren.

Benutzeravatar
Queequeg
Beiträge: 1259
Registriert: Mi 13. Mai 2015, 14:08

#1745 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Di 27. Okt 2015, 08:17

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Er musste zum Verbrecher werden, damit Gottes Wille in Erfüllung gehen kann.
Das ist eben noch eine ganz andere Frage: Ist der Mensch delikt-fähig? - So wie ich die Menschheit erlebe, ist sie es NICHT.

Doch, doch, Pluto Frage macht durchaus einen tiefen, auch theologischen Sinn, denn dein "Deliktfähig" ist hier völlig fehl am Platze und deckt da eine völlig andere juristische Problemstellung ab.

Erklärung zum Begriff Deliktsfähigkeit:

http://www.juraforum.de/lexikon/deliktsfaehigkeit

Zur eigentlichen Fragestellung Plutos, der du dann einmal wieder ausgewichen bist, also war es im Göttlichen Heilsplan vorgesehen, das Jesus am Kreuze sterben musste, unter welchen Umständen er sterben, musste es dann nicht zwingend und notwendig einen Menschen geben, der Jesus verriet?

Ich kann dir jetzt Bibelvers um Bibelvers der sprachgewaltigen Propheten des alten Testaments um die Sinne fächeln, die das immer wieder bestätigen, allen voran der prosaischte und bildgewaltigste Prophet, hier ist dann Jesaja gemeint.

Das ganze Neue Testament verlöre seinen eigentlichen Sinn, seine fundamentale Botschaft, seine grundlegenden theologischen Inhalte, wenn Jesus - nicht am Kreuz gestorben wäre und so einen der Kernpunkte der Heilsplanes Gottes sozusagen erfüllte und vollbrachte.

Jesus Opfertod am Kreuze der Erlösung ist die Sonne, um die sich das Christentum (theologisch) dreht. Ein Mensch musste Jesus also zum Kreuz führen, die Handlung des Judas ist also eine Handlung im Einvernehmen mit Gottes Heilsplan. Auf gut deutsch: irgendein ein armes Schwein musste die Rolle, die schon im alten Testament von Gott vorgegeben wurde, ja nun übernehmen..., hätten wir zu damaligen Zeitläuften gelebt, hätte es nicht auch einen von uns treffen können?

Dazu sei einmal Helmut Gollwitzer zitiert:

"Der Verräter Judas darf nicht schlechter gestellt werden als der Verleugner Petrus, der Verfolger Paulus, die versagenden Jünger alle. Weder seines Verrats noch seines Selbstmordes wegen darf er außerhalb des Wirkbereiches der vergebenden, Leben gebenden Liebe gestellt werden. Wird hier eine Grenze gezogen, dann wird zweifelhaft, wo wir anderen bleiben, die wir oft allzu selbstverständlich uns innerhalb dieser Grenzen wähnen, wir kleinen Versager, oft auch Verräter."
(Krummes Holz Aufrechter Gang. München 1971)

Ich denke, diese Zeilen machen schon einen tiefen Sinn, betrifft dieser Text doch nicht nur die Splitter, sondern auch die ungezählten Balken in unseren Augen, Matthäus 7, 2-4.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1746 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Di 27. Okt 2015, 08:36

Münek hat geschrieben:Meines Wissens finden Exorzismen nicht im Jenseits (Sein) statt.
Und jetzt? - Was hat das mit "Chiffre" zu tun? - Auch Historisches kann Chiffre sein. - Chiffre steht für "Statthalter für etwas, was im Original nicht darstellbar ist" - wenn man so will: "Gleichnis". - Goethe sagt nicht umsonst "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis". - Du machst so, als müsse "Chiffre" etwas Virtuelles sein.

Münek hat geschrieben:Richtig ist, dass es im Belieben jedes Einzelnen steht, für sich zu entscheiden, dass es Dämonen gibt.
Das geht schon gar nicht: Man kann entscheiden, ob man an Dämonen glaubt (selbst diese Aussage ist nicht ganz richtig) - aber man kann nicht entscheiden, ob es sie gibt.

Benutzeravatar
Queequeg
Beiträge: 1259
Registriert: Mi 13. Mai 2015, 14:08

#1747 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Di 27. Okt 2015, 08:41

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn man dann auch noch davon ausgeht, dass alles von Gott gefügt ist,wie ist es dann noch möglich, dass Judas Schuld tragen kann?
Das wäre nicht das Problem, da "Fügung" und "freier Wille"/"Wahlfreiheit" nicht interferieren. - Denn "Fügung" findet statt, "nachdem" die Entscheidung des Handelnden (hier Judas) bekannt ist - wobei das "nachdem" ein Hilfswort ist, das ich nur verwende, um den Grundgedanken rüberzubringen.


Das ist schon ein waffenscheinpflichtiger Unsinn zu nennen, du du mäanderst dich hier, in deinem typischen Clossizmus, um den Kern der Fragestellung mit einmal wieder blumigen Worthülsen herum.

Wir alle sollten uns ehrlich der Frage stellen - war Judas nicht ein Werkzeug, ein Werkzeug Gottes innerhalb seines Heilsplanes mit der Menschheit?

Ich denke hier nicht nur an Pinchas Lapide, geboren1922 in Wien, er floh aus dem KZ, kämpfte in Palästina in der jüdischen Brigade, nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes wurde er Schüler Bubers in Frankfurt und wirkte dann als jüdischer Theologe: er fordert eine Rehabilitierung des Judas, weist auf die lange Reihe der Judasdeutungen hin - bei Leo Baeck, Martin Buber, Hermann Levin Goldschmidt, David Flusser und andere jüdische Denker und meint, es sei Zeit, dass Judas endlich auch von wohlmeinenden Christen Gerechtigkeit widerfahre, in den Schulbüchern, auf der Kanzel und im Religionsunterricht.

Ich meine, hier darf einmal grundlegend nachgedacht werden, beim AT beginnend, bei der Unbedingtheit und Radikalität der von Jesus verkündeten Nächstenliebe endend.

Deshalb noch einmal: war Judas nicht ein Werkzeug, ein notwendiges Werkzeug Gottes innerhalb seines Heilsplanes mit der Menschheit, aus der Verkündung heraus notwendig?

Eugen Drewermann: "Kaum einem Menschen tut die Bibel so sehr Unrecht wie dem Judas, Von Jesu Aufruf zur Nächstenliebe, ja sogar Feindesliebe blieb bei Judas nicht viel übrig."

Nebenbei - Petrus verriet Jesus auch..., auch wir verraten Jesus jeden Tag und schlagen ihn immer wieder neu an das Kreuz.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1748 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Di 27. Okt 2015, 08:48

Queequeg hat geschrieben: Pluto Frage macht durchaus einen tiefen, auch theologischen Sinn
Stimmt - deshalb habe ich ja darauf geantwortet:

Erklärung zum Begriff Deliktsfähigkeit:
"Nach § 828 Absatz 3 BGB ist eine natürliche Person bereits ab dem siebten Lebensjahr deliktsfähig, wenn der Handelnde die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzt".

Meinst Du, dass ein überzeugter Materialist die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzt, geistige Dinge zu verstehen?

Queequeg hat geschrieben: also war es im Göttlichen Heilsplan vorgesehen, das Jesus am Kreuze sterben musste, unter welchen Umständen er sterben, musste es dann nicht zwingend und notwendig einen Menschen geben, der Jesus verriet?
Ja - siehe "Fügung".

Queequeg hat geschrieben:Das ganze Neue Testament verlöre seinen eigentlichen Sinn, seine fundamentale Botschaft, seine grundlegenden theologischen Inhalte, wenn Jesus - nicht am Kreuz gestorben wäre und so einen der Kernpunkte der Heilsplanes Gottes sozusagen erfüllte und vollbrachte.
Bingo - so ist es.

Queequeg hat geschrieben: irgendein ein armes Schwein musste die Rolle, die schon im alten Testament von Gott vorgegeben wurde, ja nun übernehmen
Du verstehst "Fügung" nicht.

Queequeg hat geschrieben:Ich denke, diese Zeilen machen schon einen tiefen Sinn, betrifft dieser Text doch nicht nur die Splitter, sondern auch die ungezählten Balken in unseren Augen, Matthäus 7, 2-4.
Gollwitzer hat vollkommen recht. - Zumal es Judas ist, der aus Einsicht und Reue am Ende verrückt wird - er ist damit aus meiner Sicht selber am Kreuz. - JEDER trägt sein Kreuz.

Diese Diskussion krankt daran, dass Begriffe wie "Schuld" und "Fügung" nicht ausreichend reflektiert sind - das gilt sehr wohl auch im innerchristlichen Bereich.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1749 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Di 27. Okt 2015, 08:50

Queequeg hat geschrieben:Das ist schon ein waffenscheinpflichtiger Unsinn zu nennen, du du mäanderst dich hier, in deinem typischen Clossizmus, um den Kern der Fragestellung mit einmal wieder blumigen Worthülsen herum.
Und Du überspielst wieder mal Unverständnis mit Inhalt vortäuschenden Wort-Kaskaden. - Ha - der war gut. :thumbup:

Queequeg hat geschrieben:Wir alle sollten uns ehrlich der Frage stellen - war Judas nicht ein Werkzeug, ein Werkzeug Gottes innerhalb seines Heilsplanes mit der Menschheit?
Selbstverständlich war er das.

Queequeg hat geschrieben: und meint, es sei Zeit, dass Judas endlich auch von wohlmeinenden Christen Gerechtigkeit widerfahre
Zustimmung.

Queequeg hat geschrieben:Nebenbei - Petrus verriet Jesus auch..., auch wir verraten Jesus jeden Tag und schlagen ihn immer wieder neu an das Kreuz.
Bingo - wir scheinen uns tatsächlich einig zu sein.

Benutzeravatar
Queequeg
Beiträge: 1259
Registriert: Mi 13. Mai 2015, 14:08

#1750 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Di 27. Okt 2015, 09:35

closs hat geschrieben:Meinst Du, dass ein überzeugter Materialist die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzt, geistige Dinge zu verstehen?

Ich bin der festen Überzeugung, das jeder Mensch, egal ob Materialist, ob Humanist, ob einfach nur freier Geist oder auch ein Suchender in Sachen Vernunft und Wahrheit den geistigen Dingen oft näher ist und diesen Dingen und Fragen oft unverfälschter gegenüber tritt, als die Gralshüter religiös gepachteter Wahrheiten.

Deine hier ewig gekündete Schubladen-Philosophie mag bei simplen Geistern vielleicht Eindruck schinden, im Grunde genommen ist's nur (d)eine gewisse Art von Sprachlosigkeit.

Geist ist bei dir ein rhetorischer "Letztschlagargument", das du immer dann in's argumentative Feld führst, wenn dir das "diskutative Wasser" bis zum Halse steht.
Geist ist bei dir nur noch ein steriles Instrument plakativer Verschlagwortung, nicht aus den Herzen kommend, nicht aus deiner Seele quellend, Geist ist bei dir nur noch rhetorisches Mittel zum religiös demagogischen Zweck.

Es ist einfach so.

Antworten