Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
JackSparrow
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#1721 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von JackSparrow » Mo 26. Okt 2015, 18:58

Halman hat geschrieben:Prof. Ruth Lapide ist der Auffassung, dass einige Formulierungen im biblischen Text der Bergpredigt (wobei sie häuptsächlich die Luther-Übersetzung kritisiert) nicht ganz korrekt sind.
Würden wir aus der Bibel alle Formulierungen streichen, die verschiedenen Leuten nicht gefallen, dann könnten wir das Wort Gottes sicherlich in Schriftgröße 12 auf zwei DIN A4 Seiten unterbringen.

Ob diese Korrektur korrekt ist, vermag ich nicht zu beurteilen.
Ich schon. Erstens ist die Korrektur grammatikalisch falsch, und zweitens müsste es, wenn "Versuchung" im Dativ statt im Akkusativ stünde, folgendermaßen heißen: "und führe uns nicht in der Versuchung"

Daher mag unser modernes Sprachverständnis uns in die Irre führen.
Vielleicht sollten wir für unser modernes Sprachverständnis auch noch Moses Kapitel 22 zu Rate ziehen.
Und es geschah nach diesen Dingen, da prüfte Gott den Abraham.


Novalis hat geschrieben:Wir sind in Christus und er ist in uns.
Das ist physikalisch unmöglich. Einer von beiden muss sich weiter außen befinden.

Novas
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#1722 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Novas » Mo 26. Okt 2015, 19:06

Münek hat geschrieben:Ich halte es für sehr viel naheliegender, den Dämonenglauben als Aberglauben anzusehen, der seine Wurzeln in der Antike hat.

Es gibt Finsteres in der Welt, das ist eine unangenehme Tatsache. Das sollte uns nicht entmutigen, sondern uns umso mehr darin bestärken das Gute zu tun und Licht ins Dunkel zu bringen, denn Dunkelheit ist nur die Abwesenheit von Licht. Also beklage Dich nicht, sondern mach ein Feuer, dann kann man sich am Lagerfeuer treffen und ein paar gute Gespräche führen. ;)
Angesichts der Dunkelheit macht eine einzige Kerze einen riesigen Unterschied. Was würde wohl passieren, wenn wir uns weniger beklagen und mehr Kerzen anzünden würden? Vielleicht wäre es ein Feuerwerk.
Bald ist Weihnachten und Neujahr. Das ist eine gute Gelegenheit!
Zuletzt geändert von Novas am Mo 26. Okt 2015, 19:18, insgesamt 2-mal geändert.

closs
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#1723 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 26. Okt 2015, 19:17

Münek hat geschrieben:Ich halte es für sehr viel naheliegender, den Dämonenglauben als Aberglauben anzusehen, der seine Wurzeln in der Antike hat.
Dass es Wurzeln in der Antike gibt, ist naheliegend - es wird auch Wurzeln in anderen Hochkulturen bspw. Asiens geben. - Ob es "Aberglaube" ist, können wir nicht entscheiden - man kann bestenfalls nach den Vorgaben der jeweiligen Weltanschauung entscheiden, ob es das ist.

Münek hat geschrieben:Mit "Chiffren" und ähnlich ausweichendem Wortgeklingel kommt man hier m.E. nicht aus der Bredouille
Es gibt keine Bredouille. - Und "Chiffren" ist lediglich Ausdruck dafür, dass wir das "Sein" nur gleichnishaft durch die Brille unserer Wahrnehmung erkennen können (und auch das nur im besten Falle).

closs
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#1724 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 26. Okt 2015, 19:18

JackSparrow hat geschrieben:Das ist physikalisch unmöglich. Einer von beiden muss sich weiter außen befinden.
:thumbup: :lol: Wieder ein Rätsel gelöst.

Novas
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#1725 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Novas » Mo 26. Okt 2015, 19:41

closs hat geschrieben:Dass es Wurzeln in der Antike gibt, ist naheliegend - es wird auch Wurzeln in anderen Hochkulturen bspw. Asiens geben. - Ob es "Aberglaube" ist, können wir nicht entscheiden - man kann bestenfalls nach den Vorgaben der jeweiligen Weltanschauung entscheiden, ob es das ist.

Im Buddhismus gibt es ganz ähnliche Begriffe, beispielsweise spricht man dort im Zusammenhang mit dem Kreislauf der Existenz von „hungrigen Höllengeistern“, die der dunklen und niedrigsten Stufe angehören oder auch vom Reich der Götter. Es handelt sich dabei also um Archetypen. Man muss sich nur mal irgendwelche Kinofilme oder die große Weltliteratur ansehen und man wird in den wirklich berührenden und hervorragenden Geschichten diesen Grundkonflikt zwischen den „Kriegern des Lichts“ (Paul Coelho) und der „dunklen Seite der Macht“ sehen.
Das ist deshalb so spannend, weil es unsren tatsächlichen Erfahrungen im Leben nahe kommt, dem Spannungsbogen der Polarität und unsrer Bewegung darin; momentan kommen häufig Filme, die den Weltuntergang thematisieren bzw. postapokalyptische Serien. Ich würde mich über mehr visionäre und hoffnungsvolle Filme freuen.

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#1726 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von NIS » Mo 26. Okt 2015, 19:51

Novalis hat geschrieben:Im Buddhismus gibt es ganz ähnliche Begriffe, beispielsweise spricht man dort im Zusammenhang mit dem Kreislauf der Existenz von „hungrigen Höllengeistern“, die der dunklen und niedrigsten Stufe angehören oder auch vom Reich der Götter. Es handelt sich dabei also um Archetypen. Man muss sich nur mal irgendwelche Kinofilme oder die große Weltliteratur ansehen und man wird in den wirklich berührenden und hervorragenden Geschichten diesen Grundkonflikt zwischen den „Kriegern des Lichts“ (Paul Coelho) und der „dunklen Seite der Macht“ sehen.
Das ist deshalb so spannend, weil es unsren tatsächlichen Erfahrungen im Leben nahe kommt, dem Spannungsbogen der Polarität und unsrer Bewegung darin; momentan kommen häufig Filme, die den Weltuntergang thematisieren bzw. postapokalyptische Serien. Ich würde mich über mehr visionäre und hoffnungsvolle Filme freuen.
Was wäre, wenn Licht und Schatten durch die Sonne harmonisch werden und automatisch zusammenarbeiten und Hand in Hand gehen?
Denn ohne Licht kein Schatten und ohne Finsternis kein Weltall! :Herz: :wave:
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#1727 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 26. Okt 2015, 19:55

Novalis hat geschrieben: Es handelt sich dabei also um Archetypen.
Ich sehe es genauso (wik):

"Der Begriff Archetyp oder Archetypus (von altgriechisch ἀρχή arché ‚Beginn‘, ‚Anfang‘ und τύπος typos‚ ‚Vorbild‘, ‚Skizze‘) verweist in der philosophischen Verwendung zuerst auf Platon und seinen Begriff der Idee, der damit die metaphysische Wesenheit meint, an der die sinnlich wahrnehmbaren Dinge teilhaben".

Einschränkung: Archetypen sind älter als Plato - er hat sie nur intellektuell thematisiert.

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#1728 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Novas » Mo 26. Okt 2015, 20:15

Hier übrigens ein Interview von Paul Coelho mit dem Spiegel:
SPIEGEL ONLINE: Sehen Sie ihre Bücher bestätigt, in denen die Hauptfiguren aufbrechen, um sich zu beweisen und neue Lebensinhalte zu suchen?

Coelho: Ja, ich habe die richtigen Dinge geschrieben. Wir brauchen ein neues Bewusstsein. Die Terrorattacken in den USA und der Krieg zeigen meiner Ansicht nach nicht den Kampf der Kulturen. Sie machen uns jedoch klar, dass wir nichts als gegeben hinnehmen können. Es gibt keine Garantien. Leute, die glauben, alles bliebe so, wie es ist, können nur noch reagieren, sie verlieren ihre Kreativität. Die Ereignisse zeigen, dass das nicht funktioniert. Man muss offen sein für neue Eindrücke, für neue Vorgehensweisen. Während meines ganzen Lebens haben wir nur über Frieden gesprochen, aber die ganze Zeit über wurden Kriege geführt.

Wir müssen zu Kriegern des Lichts in dieser dunklen Welt werden und einen guten Kampf führen, bei dem wir statt Waffen unsere eigene innere Stärke nutzen. Wenn wir in der altbekannten Weise vorgehen, machen wir Bin Laden zum Helden. Ich befürchte, dass sich in der nächsten Zukunft viele Menschen zusammenschließen könnten, die unzufrieden sind mit dem, was in der Welt passiert, zum Beispiel die Globalisierungsgegner, die wir in Genua erlebt haben.

SPIEGEL ONLINE: Glauben Sie, dass Krieg der richtige Weg ist, gegen die Terroristen vorzugehen?

Coelho: In meinen Augen sind es in erster Linie keine Terroristen, sondern Kriminelle. Ich glaube, dass Krieg keine richtige Lösung ist, weil er das Gegenteil bewirkt und diese Leute stärkt. Schauen Sie sich doch die Taliban an, sie wurden erst von den USA unterstützt, dann wurden sie zu Erzfeinden. Ich weiß nicht, was mit der Nordallianz passieren wird, doch die Tendenz ist die gleiche. Wir benutzen die alten Methoden für neue Herausforderungen, und diese alte Methode ist Krieg.

Doch wir sollen mehr unsere Intuition nutzen, mehr auf unsere Empfindungen hören, um neue Wege gehen zu können. Bin Laden repräsentiert schon von der Physiognomie her alles, was wir fürchten, gleichzeitig sind viele Leute von ihm fasziniert. Er wird immer mehr zum Symbol für alle Menschen, die gegen die USA sind. Das ist eine gefährliche Entwicklung, denn Amerika ist kein Land, Amerika repräsentiert eine Kultur.

SPIEGEL ONLINE: Verstehen Sie Leute, die gegen die Globalisierung sind, weil sie befürchten, durch sie ihre Identität zu verlieren?

Coelho: Nein, meiner Ansicht nach sind die Globalisierungsgegner eine ziemlich laute Minderheit. Niemand versteht so richtig, wogegen sie eigentlich sind, welche Ziele sie haben. Globalisierung passiert ja nicht erst jetzt, sondern es gibt sie seit 5000 Jahren. Schon in der Antike hat sie eine Rolle gespielt. Wir haben jetzt ganz andere Chancen. Das Internet macht es möglich, dass sich auch kleine Minderheiten präsentieren und ihre Identität verteidigen können.

SPIEGEL ONLINE: Sie waren zum Wirtschaftsgipfel nach Davos eingeladen und haben dort den damaligen US-Präsidenten Clinton getroffen. Auch er gehört zu Ihren Lesern. Was sagen Sie den Politikern und Managern?

Coelho: Ich bin auch im nächsten Jahr wieder zum Gipfel nach New York eingeladen. Doch ich sage den Politikern nichts, ich gebe keine Ratschläge, ich diskutiere und rede nur mit ihnen. Das ist meine Aufgabe als Schriftsteller. Die Welt braucht einen gemeinsamen Dialog, deshalb sind solche Treffen wie in Davos auch wichtig. Dort ist gewissermaßen ein neutrales Gebiet, wo man Ideen diskutieren kann.

http://www.spiegel.de/kultur/literatur/ ... 67801.html



:thumbup:

***
Hat ein Krieger des Lichts ein Unrecht erlitten, zieht er
sich meist zurück, weil er allein sein und den
anderen seinen Schmerz nicht zeigen will.
Dieses Verhalten ist sowohl gut wie schlecht. Eines ist,
zuzulassen, daß sein Herz langsam seine eigenen Wunden
heilt. Etwas anderes ist es, den ganzen Tag allein vor sich hin
zu grübeln aus Furcht, Schwäche zu zeigen.
In jedem von uns wohnen ein Engel und ein Dämon, und ihre
Stimmen sind einander sehr ähnlich.
In schwierigen Augenblicken führt der Dämon Selbstgespräche und
versucht uns weiszumachen, wie verletzlich wir sind. Der Engel hält uns
dazu an, unsere Haltung zu überdenken, und offenbart sich zuweilen
durch den Mund unseres Nächsten.
Ein Krieger findet einen Mittelweg zwischen Einsamkeit und
Abhängigkeit

Ein Krieger des Lichts braucht Liebe. Zuneigung und
Zärtlichkeit gehören zu seiner Natur wie Essen,
Trinken und die Lust am Guten Kampf. Wenn der
Krieger angesichts des Sonnenuntergangs kein
Glück empfindet, stimmt etwas nicht.
In diesem Augenblick unterbricht er den Kampf und sucht sich
Gefährten, um gemeinsam mit ihnen die Dämmerung zu
erleben.
Wenn er nicht auf Anhieb welche findet, fragt er sich: »Hatte ich
Angst, mich jemandem zu nähern? Habe ich Zuneigung
bekommen und es nicht bemerkt?«
Ein Krieger des Lichts nutzt die Einsamkeit, läßt sich aber nicht
von ihr benutzen


Strenge und Barmherzigkeit sind beim Krieger des
Lichts stets im Gleichgewicht. Um seinen Traum zu verwirklichen, braucht er einen
festen Willen und gleichzeitig die Fähigkeit, sich
hinzugeben. Er hat ein Ziel, doch das heißt nicht, daß der Weg,
der ihn dahin führt, auch der ist, den er sich vorstellt.
Daher macht der Krieger Gebrauch von Disziplin und Mitgefühl.
Gott läßt seine Kinder nie im Stich, doch Seine Ratschlüsse
sind unergründlich, und Er baut den Weg mit unseren Schritten.
Disziplin und Hingabe schüren im Krieger die Begeisterung.
Niemals noch hat Routine Berge versetzen können.

PAUL COELHO

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Zuletzt geändert von Novas am Mo 26. Okt 2015, 20:53, insgesamt 3-mal geändert.

SilverBullet
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#1729 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von SilverBullet » Mo 26. Okt 2015, 20:20

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Du hast nach wie vor keine Ahnung, was „Gott“ sein soll.
Du hast nicht verstanden, dass eine Beschreibung von göttlichen Eigenschaften sowie eine Beschreibung dessen, was Gott NICHT ist, eine Kontur dessen ergeben, was Gott ist. - Gott vollständig zu erkennen geht nicht, weil er dann Produkt unserer Wahrnehmungs-Ebene wäre.
Du sprichst nur von „Kontur“, also hast du doch nachweislich keine Ahnung, was „Gott“ sein soll - es geht doch um den "Inhalt der Kontur".

Darfst du das nicht zugeben, weil du ansonsten nicht mehr behaupten kannst „an Gott glauben zu können“?

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Savonlinna
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#1730 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Mo 26. Okt 2015, 20:45

SilverBullet hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:So kann man sicher sein, dass jemand stirbt, wenn wir ihn tödlich verletzen; wir können sicher sein, dass jemand seinen Verstand verliert, wenn man das Gehirn dementsprechend operiert.
Darin ist aber immer nur Körperliches beteiligt.
Es ist zwar im Alltag verständlich, dass man über das „Bewusstsein“/„Mentale“ so spricht, als „sei“ es nicht körperlich.

Es ist aber genauso höchst gefährlich, denn man gaukelt sich selbst ein Verständnis vor, mit dem man entscheiden könne, „was Bewusstsein sein“ darf und was nicht.
Ich bin fern davon, irgend etwas entscheiden zu wollen.
Ich habe lediglich beschrieben, dass man zwar den Körper zerstören kann, ihn dennoch aber nicht dadurch verstehen kann.

Mit dieser Täuschung schaut man am Ende das aktive Gehirn an und sagt:
„das kann es nicht sein“

Tatsächlich kann dieses Urteil aber gar nicht ausgesprochen werden.
Ich habe überhaupt kein Urteil ausgesprochen.
Das Problem in diesem Thread ist, dass Du mich oft mit closs verwechselst und closs mich mit Dir verwechselt.
Ist möglicherweise schwierig, zwei Leute, die aus anderen Gründen einem widersprechen, in ihren Positionen auseinanderzuhalten.

SilverBullet hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Nichtsdestotrotz müssen die inenren Bilder in ihrer Art und Form von irgendwo ihren Ursprung haben.

Ein bestimmtes Kleid kann ich vor meinem inneren Auge sehen, weil ich es schon einmal draußen in unserer Wirklichkeit gesehen habe.
Das Gesicht meiner Mutter kann ich vor meinem inneren Auge haben, weil ich es ebenfalls draußen in der Wirklichkeit gesehen habe.
Eine gewisse Körperhaltung kann ich vor meinem inneren Auge haben, weil ich sie von "draußen" kenne.

Was ist aber mit den Gesichtern, Kleidungen, Körperhaltungen, die ich nie im realen Leben gesehen habe und dennoch vor meinem inneren Auge sind?
Vorsicht. Ein zentraler Fehler, in den man mit Leichtigkeit hineinrutscht, ist der Dualismus:
„ich schaue mir im Bewusstsein etwas an“
„ich sehe etwas vor meinem inneren Auge“

Auf der einen Seite soll das „Ich“ und auf der anderen Seite der „mentale Inhalt“ sein. Dazwischen wird eine Art Wahrnehmungsvorgang angenommen.

Dieser Ansatz führt (aus meiner Sicht) in eine komplett falsche Richtung, weil man dadurch automatisch nach Existenzen sucht.
Was Du da schreibst, habe ich schon mal von Esoterikern gehört.
Die machen Übungen, damit genau das schwindet, was in ihren Augen nicht vorhanden ist: der Wahrnehmungsvorgang.
Woher hast Du diese Idee?

Allerdings hat das nichts mit meinen Fragen zu tun, jedenfalls sehe ich das nicht.
Die Bilder im Wachtraum sind da, sie sind in unserer äußeren Realtität nicht auffindbar, ich habe sie dennoch.

Mir nützt es nichts, wenn ich mir im Museum Bilder angucke und Du mir sagst, ich täusche mich darin, dass ich diese Bilder sehe.
Kann ja sogar sein, dass diese Museumsbilder nicht von mir unterschieden sind oder ich in den Bildern bin:
nichstdestotrotz ist ein deutlich beschreibbarer Unterschied zwiscnen dem, was ich außen sehe und was ich als Wachbild sehe.

SilverBullet hat geschrieben:Innerhalb von Wahrnehmung gibt es (zumindest mit der uns bekannten Technik) aber keine Existenzen.
"Existenz" ist nichts Absolutes. Eine Sprachgemeinschaft entscheidet, was sie als existierend definiert und was nicht.
Erstens also benennt man als existierend das, was intersubjektiv - also mehr oder weniger kollektiv - auf uns einwirkt.
Dazu gehören die Dinge, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Dazu gehören auch die körperlichen Schmerzen, die wir zwar nicht sehen, aber spüren können.

Zweitens gibt es dann noch "seelische Schmerzen", die nicht ganz so intersubjektiv wie die physischen Schmerzen wahrgenommen werden, dennoch als "existierend" bezeichnet werden, weil ein Psychotherapeut sie diagnostizieren kann.

Dirttens werden auch die inneren Bilder als "existierend" bezeichnet, weil praktisch jeder Mensch diese kennt, auch wenn er meist gar nicht darauf achtet. Ich nenne sie "geistig", weil außer mir sie niemand sehen oder spüren kann - aber sie haben dennoch eine intersubjektive Existenz, weil jeder darum weiß.

Kurz vorm Einschlafen werden sie lebendiger, weil das Bewusstsein langsam schwindet, aber sie sind im Prinzip immer vorhanden, jede Sekunde.
Man sieht - in unserer äußeren Realität - einen Wartesaal, in den man sich auf dem Bahnhof setzt, aber unbewusst registriert man den Wartesaal auch als geistiges Bild.
Sonst könnte er nicht später in den Träumen auftauchen.

Es gibt bestimmte Dinge in unserer Alltagswelt, die gerne in den Träumen auftauchen:
Zug, Lift, Schiff, Wartesaal, Unterführung, Tunnel, leeres Haus.

Sie alle sind für uns mehr als nur das, wofür sie errichtet wurden:
sie sind für uns auch Orte unserer inneren Existenz.
Ich würde dafür nicht mal das Wort "Symbol" benutzen, das ist viel zu wenig.

Alle diese Orte aktivieren in uns etwas, das über das Konkrete hinaus geht.
Ich setze mich in einen Zug nicht nur, um von A nach B zu kommen, sondern auch, um eine Art Aufbruchstimmung zu empfinden, vor allem im Urlaub. "Aufbruch" ist auch ein geistiger Vorgang.
Nicht umsonst kommen viele, wenn sie "unterwegs" sind, auf Ideen, Festgefahrenes zu verlassen.

Wenn man viel fotografiert - was ich seit einigen Jahren tue -, dann fängt man an, mehr dieses "Geistige" hinter allem und jedem zu sehen.
Dass unsere heutige Zeit "ungeistig" geworden sei oder "Chiffren" nicht mehr verstehe, halte ich für ein Gerücht.

Die größte Fotocommunity der Welt - "flickr", wo jeder seine Fotos hochladen und einem Millionen-, wenn nicht Milliardenpublikum zur Kenntnis bringen kann - ist der größte Beweis dafür, mit welcher Leidenschaft die Hobby-Fotografen hinter unserer Alltagswelt das "Geistige" fotografisch zu erwischen suchen.
Je mehr das gelingt, desto höher ist die Klickzahl der User.

Die literarische Kunst, die bildnerische Kunst, auch die Fernsehkrimis, sie alle versuchen zu einem gewissen Anteil das Gleiche.
Verlassene Bahhnöfe, dunkle Straßen, ein Niemandsland, eine Grenze - alles "magische" Orte, mythische Orte, die das Unbewusste, das Geistige in uns ansprechen. Wir bevölkern sie mit unseren Erinnerungen, dazu ist Kunst ja auch da. Sie bietet diese Orte an in ihrer Magie, und wir finden ein Stück von uns selbst in ihnen.


SilverBullet hat geschrieben:Was ist also die Lösung für dein Rätsel, dass Bilder auftauchen, die du noch nie gesehen hast?

Es gibt zwei Möglichkeiten:
1.
Das Gehirn entwirft oder empfängt(?) eine komplette Weltansicht, die so detailliert berechnet wird, dass ein „Ich“ (was auch immer das sein soll) wie vor einer Kinoleinwand sitzt und über die „neuen Inhalte“ staunt.
2.
Das Gehirn berechnet eine „Ich-Verstehreaktion“, so als ob „das Ich“ vor einer Kinoleinwand sitzt und staunt.

Von diesen beiden Möglichkeiten ist Nr 2 die direktere, die schnellere, die bessere und sie benötigt keine Existenzen (nur Bedeutungszusammenhänge -> Datenverarbeitung)

Die entscheidende Frage ist:
wie willst du beweisen, dass du diesen „inneren Bildern“ tatsächlich noch nie begegnet bist?
Man kann alles innere Erleben nicht "beweisen", das sollte bekannt sein.
Aber auch Zeugenaussagen genügen. Wenn Millionen Menschen einmütig bestätigen, dass die Farben im Wachtraum im realen Leben niemals diese Ausdruckskraft haben, haben können, dass die Schöhheit dieser Gesichter im realen Leben nicht möglich ist - dann ist das intersubjektiv vorhanden.

Da einen diese Schönheit fast erschlägt, dürfte es auch im realen Leben einen erschlagen haben, und daran würde man sich erinnern. :)

SilverBullet hat geschrieben:Jeder von uns kennt den Effekt, dass routinierte Handlungen fast wie im Schlaf durchgeführt werden.
Motto: „vermutlich war ich irgendwie dabei, als ich es gemacht habe, aber ich weiss es nicht mehr“

Dieser Effekt kommt meiner Meinung nach zustande, in dem das Gehirn die Handlung, ohne die explizite Berechnung von Bewusstsein, kontrolliert.

Das Gehirn verarbeitet in dieser Phase eine Unmenge an Bildern, wodurch sich das Gehirn selbstverständlich innerlich auch wiederum umbaut und sich Inhalte merkt (nach 100-200ms hat sich die Struktur geändert).

Solche Phasen begleiten uns ständig, wobei das Gehirn viele Informationen verarbeitet, filtert und je nach bisheriger Prägung „archiviert“.

Es ist vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich, dass irgendwann, wenn du in einer Art „Brainstorming“-Phase bist, solche Bilder plötzlich schemenhaft eine Rolle spielen und dazu der Eindruck (die Überzeugung) generiert wird, dass dies komplett unerwartete und neue Ideen/Inhalte seien.
Selbstverständlich ist die Erinnerungsfähigkeit hochsensibel, wenn man völlig konzentriert beim Schreiben ist und darauf wartet, welchen Schritt Protagonist XY als nächstes macht. Es fliegen einen sogar Erinnerungen aus den ersten Lebensjahren an, wenn sie gebraucht werden.
Aber das meinte ich nicht.

Es sind ja Zusammenhänge, die man beim Schreiben sucht und die einem plötzlich wie Schuppen von den Augen fallen.
Wirklcih so, als ob man einen Weg freirubbelt.

Mensch X steht vor einer Scheune und will sie anzünden, und in dem Moment hört Schreibender "geistig" ein Baby schreien.
Er hat null Ahnung, was das Baby mit der story zu tun haben soll, aber er schreibt das auf.
Andere schreiben anders, machen das alles rational, aber viele eben lassen sich auch lenken durch diese inneren Bilder und Geräusche, mit denen nach und nach eine geistige Welt entsteht.

Die Elemente sind alle real, aber die Verbindung unter ihnen führt diese Elemente in einen neuen Horizont.
Und das ist das uns allen Menschen eingeborene Schöpferische.
Aber letzteres wirst Du wahrscheinlich nicht abstreiten.

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