SilverBullet hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:So kann man sicher sein, dass jemand stirbt, wenn wir ihn tödlich verletzen; wir können sicher sein, dass jemand seinen Verstand verliert, wenn man das Gehirn dementsprechend operiert.
Darin ist aber immer nur Körperliches beteiligt.
Es ist zwar im Alltag verständlich, dass man über das „Bewusstsein“/„Mentale“ so spricht, als „sei“ es
nicht körperlich.
Es ist aber genauso höchst gefährlich, denn man gaukelt sich selbst ein Verständnis vor, mit dem man entscheiden könne, „was Bewusstsein sein“ darf und was nicht.
Ich bin fern davon, irgend etwas entscheiden zu wollen.
Ich habe lediglich beschrieben, dass man zwar den Körper zerstören kann, ihn dennoch aber nicht dadurch verstehen kann.
Mit dieser Täuschung schaut man am Ende das aktive Gehirn an und sagt:
„das kann es nicht sein“
Tatsächlich kann dieses Urteil aber gar nicht ausgesprochen werden.
Ich habe überhaupt kein Urteil ausgesprochen.
Das Problem in diesem Thread ist, dass Du mich oft mit closs verwechselst und closs mich mit Dir verwechselt.
Ist möglicherweise schwierig, zwei Leute, die aus anderen Gründen einem widersprechen, in ihren Positionen auseinanderzuhalten.
SilverBullet hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Nichtsdestotrotz müssen die inenren Bilder in ihrer Art und Form von irgendwo ihren Ursprung haben.
Ein bestimmtes Kleid kann ich vor meinem inneren Auge sehen, weil ich es schon einmal draußen in unserer Wirklichkeit gesehen habe.
Das Gesicht meiner Mutter kann ich vor meinem inneren Auge haben, weil ich es ebenfalls draußen in der Wirklichkeit gesehen habe.
Eine gewisse Körperhaltung kann ich vor meinem inneren Auge haben, weil ich sie von "draußen" kenne.
Was ist aber mit den Gesichtern, Kleidungen, Körperhaltungen, die ich nie im realen Leben gesehen habe und dennoch vor meinem inneren Auge sind?
Vorsicht. Ein zentraler Fehler, in den man mit Leichtigkeit hineinrutscht, ist der Dualismus:
„ich schaue mir im Bewusstsein etwas an“
„ich sehe etwas vor meinem inneren Auge“
Auf der einen Seite soll das „Ich“ und auf der anderen Seite der „mentale Inhalt“ sein. Dazwischen wird eine Art Wahrnehmungsvorgang angenommen.
Dieser Ansatz führt (aus meiner Sicht) in eine komplett falsche Richtung, weil man dadurch automatisch nach Existenzen sucht.
Was Du da schreibst, habe ich schon mal von Esoterikern gehört.
Die machen Übungen, damit genau das schwindet, was in ihren Augen nicht vorhanden ist: der Wahrnehmungsvorgang.
Woher hast Du diese Idee?
Allerdings hat das nichts mit meinen Fragen zu tun, jedenfalls sehe ich das nicht.
Die Bilder im Wachtraum sind da, sie sind in unserer äußeren Realtität nicht auffindbar, ich habe sie dennoch.
Mir nützt es nichts, wenn ich mir im Museum Bilder angucke und Du mir sagst, ich täusche mich darin, dass ich diese Bilder sehe.
Kann ja sogar sein, dass diese Museumsbilder nicht von mir unterschieden sind oder ich in den Bildern bin:
nichstdestotrotz ist ein deutlich beschreibbarer Unterschied zwiscnen dem, was ich außen sehe und was ich als Wachbild sehe.
SilverBullet hat geschrieben:Innerhalb von Wahrnehmung gibt es (zumindest mit der uns bekannten Technik) aber keine Existenzen.
"Existenz" ist nichts Absolutes. Eine Sprachgemeinschaft entscheidet, was sie als existierend definiert und was nicht.
Erstens also benennt man als existierend das, was intersubjektiv - also mehr oder weniger kollektiv - auf uns einwirkt.
Dazu gehören die Dinge, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Dazu gehören auch die körperlichen Schmerzen, die wir zwar nicht sehen, aber spüren können.
Zweitens gibt es dann noch "seelische Schmerzen", die nicht ganz so intersubjektiv wie die physischen Schmerzen wahrgenommen werden, dennoch als "existierend" bezeichnet werden, weil ein Psychotherapeut sie diagnostizieren kann.
Dirttens werden auch die inneren Bilder als "existierend" bezeichnet, weil praktisch jeder Mensch diese kennt, auch wenn er meist gar nicht darauf achtet. Ich nenne sie "geistig", weil außer mir sie niemand sehen oder spüren kann - aber sie haben dennoch eine intersubjektive Existenz, weil jeder darum weiß.
Kurz vorm Einschlafen werden sie lebendiger, weil das Bewusstsein langsam schwindet, aber sie sind im Prinzip immer vorhanden, jede Sekunde.
Man sieht - in unserer äußeren Realität - einen Wartesaal, in den man sich auf dem Bahnhof setzt, aber unbewusst registriert man den Wartesaal auch als geistiges Bild.
Sonst könnte er nicht später in den Träumen auftauchen.
Es gibt bestimmte Dinge in unserer Alltagswelt, die gerne in den Träumen auftauchen:
Zug, Lift, Schiff, Wartesaal, Unterführung, Tunnel, leeres Haus.
Sie alle sind für uns mehr als nur das, wofür sie errichtet wurden:
sie sind für uns auch Orte unserer inneren Existenz.
Ich würde dafür nicht mal das Wort "Symbol" benutzen, das ist viel zu wenig.
Alle diese Orte
aktivieren in uns etwas, das über das Konkrete hinaus geht.
Ich setze mich in einen Zug nicht nur, um von A nach B zu kommen, sondern auch, um eine Art Aufbruchstimmung zu empfinden, vor allem im Urlaub. "Aufbruch" ist auch ein geistiger Vorgang.
Nicht umsonst kommen viele, wenn sie "unterwegs" sind, auf Ideen, Festgefahrenes zu verlassen.
Wenn man viel fotografiert - was ich seit einigen Jahren tue -, dann fängt man an, mehr dieses "Geistige" hinter allem und jedem zu sehen.
Dass unsere heutige Zeit "ungeistig" geworden sei oder "Chiffren" nicht mehr verstehe, halte ich für ein Gerücht.
Die größte Fotocommunity der Welt - "flickr", wo jeder seine Fotos hochladen und einem Millionen-, wenn nicht Milliardenpublikum zur Kenntnis bringen kann - ist der größte Beweis dafür, mit welcher Leidenschaft die Hobby-Fotografen hinter unserer Alltagswelt das "Geistige" fotografisch zu erwischen suchen.
Je mehr das gelingt, desto höher ist die Klickzahl der User.
Die literarische Kunst, die bildnerische Kunst, auch die Fernsehkrimis, sie alle versuchen zu einem gewissen Anteil das Gleiche.
Verlassene Bahhnöfe, dunkle Straßen, ein Niemandsland, eine Grenze - alles "magische" Orte, mythische Orte, die das Unbewusste, das Geistige in uns ansprechen. Wir bevölkern sie mit unseren Erinnerungen, dazu ist Kunst ja auch da. Sie bietet diese Orte an in ihrer Magie, und wir finden ein Stück von uns selbst in ihnen.
SilverBullet hat geschrieben:Was ist also die Lösung für dein Rätsel, dass Bilder auftauchen, die du noch nie gesehen hast?
Es gibt zwei Möglichkeiten:
1.
Das Gehirn entwirft oder empfängt(?) eine komplette Weltansicht, die so detailliert berechnet wird, dass ein „Ich“ (was auch immer das sein soll) wie vor einer Kinoleinwand sitzt und über die „neuen Inhalte“ staunt.
2.
Das Gehirn berechnet eine „Ich-Verstehreaktion“, so als ob „das Ich“ vor einer Kinoleinwand sitzt und staunt.
Von diesen beiden Möglichkeiten ist Nr 2 die direktere, die schnellere, die bessere und sie benötigt keine Existenzen (nur Bedeutungszusammenhänge -> Datenverarbeitung)
Die entscheidende Frage ist:
wie willst du beweisen, dass du diesen „inneren Bildern“ tatsächlich noch nie begegnet bist?
Man kann alles innere Erleben nicht "beweisen", das sollte bekannt sein.
Aber auch Zeugenaussagen genügen. Wenn Millionen Menschen einmütig bestätigen, dass die Farben im Wachtraum im realen Leben niemals diese Ausdruckskraft haben, haben können, dass die Schöhheit dieser Gesichter im realen Leben nicht möglich ist - dann ist das intersubjektiv vorhanden.
Da einen diese Schönheit fast erschlägt, dürfte es auch im realen Leben einen erschlagen haben, und daran würde man sich erinnern.
SilverBullet hat geschrieben:Jeder von uns kennt den Effekt, dass routinierte Handlungen fast wie im Schlaf durchgeführt werden.
Motto: „vermutlich war ich irgendwie dabei, als ich es gemacht habe, aber ich weiss es nicht mehr“
Dieser Effekt kommt meiner Meinung nach zustande, in dem das Gehirn die Handlung, ohne die explizite Berechnung von Bewusstsein, kontrolliert.
Das Gehirn verarbeitet in dieser Phase eine Unmenge an Bildern, wodurch sich das Gehirn selbstverständlich innerlich auch wiederum umbaut und sich Inhalte merkt (nach 100-200ms hat sich die Struktur geändert).
Solche Phasen begleiten uns ständig, wobei das Gehirn viele Informationen verarbeitet, filtert und je nach bisheriger Prägung „archiviert“.
Es ist vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich, dass irgendwann, wenn du in einer Art „Brainstorming“-Phase bist, solche Bilder plötzlich schemenhaft eine Rolle spielen und dazu der Eindruck (die Überzeugung) generiert wird, dass dies komplett unerwartete und neue Ideen/Inhalte seien.
Selbstverständlich ist die Erinnerungsfähigkeit hochsensibel, wenn man völlig konzentriert beim Schreiben ist und darauf wartet, welchen Schritt Protagonist XY als nächstes macht. Es fliegen einen sogar Erinnerungen aus den ersten Lebensjahren an, wenn sie gebraucht werden.
Aber das meinte ich nicht.
Es sind ja Zusammenhänge, die man beim Schreiben sucht und die einem plötzlich wie Schuppen von den Augen fallen.
Wirklcih so, als ob man einen Weg freirubbelt.
Mensch X steht vor einer Scheune und will sie anzünden, und in dem Moment hört Schreibender "geistig" ein Baby schreien.
Er hat null Ahnung, was das Baby mit der story zu tun haben soll, aber er schreibt das auf.
Andere schreiben anders, machen das alles rational, aber viele eben lassen sich auch lenken durch diese inneren Bilder und Geräusche, mit denen nach und nach eine geistige Welt entsteht.
Die Elemente sind alle real, aber die Verbindung unter ihnen führt diese Elemente in einen neuen Horizont.
Und das ist das uns allen Menschen eingeborene Schöpferische.
Aber letzteres wirst Du wahrscheinlich nicht abstreiten.