Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Lena
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#551 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Lena » Do 8. Okt 2015, 10:24

Novalis hat geschrieben:Sei gesegnet :wave:

Das hat mein ganzes sein, mit Freude wahrgenommen, ich danke Dir dafür.
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

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Andreas
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#552 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Andreas » Do 8. Okt 2015, 10:29

Das wäre einen Versuch wert.

Sei gesegnet, Pluto.

Lena
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#553 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Lena » Do 8. Okt 2015, 10:50

Salome23 hat geschrieben: Segne vielmehr jene, die dich fluchen(und deren Ansichten du nicht teilst) ;)

Das wäre dann, der nächste Schritt.

Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.
Mat. 5,48
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
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Savonlinna
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#554 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Do 8. Okt 2015, 12:03

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ja, rette Deine "Wahrnehmungsseite und Dein "Sein" gegen alle neuen Gedanken, bringe die immer gleichen Sätze, nimm nichts auf von dem, was andere schreiben
Das wird leichter sein, wenn Du Klarheit in folgender Frage schaffst - siehe folgenden Quote plus Frage
closs hat geschrieben:Es besteht die Gefahr, dass mit der Auflösung der Trennung von Subjekt und Objekt eine Bestätigung von Feuerbach rauskommt: Gott sei Produkt menschlichen "Geistes".
Ich werde versuchen zu antworten.

Erstmal in Kurzform:

1. Feuerbachs "Wesen des Christentums" sagt nicht das, was Du über Feuerbach schreibst. Du hast ihn vermutlich nie gelesen.
Das ist eines meinr Probleme: Mit Nicht-Wissen, das als Wissen ausgegeben wird, kann ich nicht umgehen.

2. Ich habe nicht von "Auflösung der Trennung von Subjekt und Objekt" gesprochen.
Ich habe nur versucht, einer platten Benutzung dieser Begriffe entgegenzuwirken, indem ich sie problematisierte.
Diese platte Benutzung hielt ich für unwürdig, die tiefsten Geheimnisse im Menschen und in allem Geschehen zu thematisieren.


closs hat geschrieben:Das ist meine einzige Sorge. - Denn wäre es so, wäre aus meiner Sicht jegliche Erwähnung des Wortes "Gott" albern - dann wäre der Mensch selber sein Gott - wobei wir schnurstracks beim Materialismus wären.
Mich erschüttert, dass Du so wenig von dem verstanden hast, was ich die ganze Zeit rüberzubringen suchte.

Das vor allem hat mir klar gemacht, dass Du nur noch Dich und Deine Sentenzen hörst. Alles wird danach bewertet, ob es von "Dasein" oder von "Sein" spricht. Deine Schablonen verhindern, dass ein lebendiger und wacher Dialog möglich ist.

closs hat geschrieben:Ist "Gott" aus Deiner Sicht ausschließlich Produkt Deiner oder meiner Wahrnehmung? - Produkt des Menschen?
Du erwartest ein "ja" oder "nein".
Ich habe versucht zu begründen, dass "ja-nein" Fragen nur aus einem materialistischen Denken stammen können, wenn es sich um "geistige" Fragen handelt.

Dein geistiges Fragen ist so vermaterialisiert, dass Du mich nicht verstehst, wenn ich schreibe, dass man etwas zwar als "gebunden" erkennen kann, aber nicht das erkennen oder beschreiben kann, was "ungebunden" ist.

Ich möchte Deine Fragen jetzt mal von einer anderen Seite aus beantworten:

Mir kam es immer so vor, als ob der Mensch in ein Dunkles hineingeboren ist, von dem er nichts versteht.
Als erstes spürt er Mangel: Hunger und Durst, Bedürfnis nach Liebe.
Er lernt, dass dies befriedigt werden kann und dass es auch nicht befriedigt werden kann.

Später lernt er andere Bedürfnisse kennen. Es treibt ihn zu fragen:
Was mache ich hier, was läuft hier insgesamt ab?

Was er wahrnimmt, sind zusammenhanglose Fetzen. Da funkelt ein Mond, da liegt ein Toter, hier gebiert jemand ein Kind.
Aber er macht sich aus diesen Fetzen einen Reim. Es scheint ihm angeboren, sich aus allem einen Reim machen zu müssen.

Seit der Mensch entstanden ist, hat er immer versucht, sich aus allen beobachteten Fragmenten einen Reim zu machen.
Die "Reime", die er sich gemacht hat, sind mit den Jahrtausenden sachkundiger geworden, aber fragmentarisch sind sie weiterhin durch und durch.

Denn der Mensch fragt ja nicht nur:
"Was ist dieses Ding hier, kann ich das essen?",
sondern er fragt: Wie hängt das alles zusammen, wo kommt das her, dass ich plötzlich "mehr" sehe als andere? kann ich dem trauen, kann ich dem nicht trauen.

Kurz: im Menschen laufen nicht nur simple Dinge ab, sondern ungeheuer komplexe und rätselhafte Dinge, die ihn in den Wahnsinn treiben können, die ihn in aber auch in Seligkeit katapultieren können.

Auf all das versucht er sich ebenfalls einen Reim zu machen, weil sein Fragen ihn dazu drängt.
Und es sind immer auch hier nur Fragmente, die in sein Bewusstsein steigen, und deren Zusammenhang er sich irgendwie zusammenreimt.

Das ist die Ausgangssituation des Menschen, closs, so wie ich sie verstehe.
Er weiß nichts, reimt sich aber Dinge zusammen.

Ich habe, gerade an Dich, oft geschrieben:
Wir wissen nicht, was mit den Menschen entstanden ist.
Was also alles potentiell in ihnen ist, und vor allen Dingen: Was "zwischen" ihnen ist, was zwischen ihnen abläuft.

Wenn jemand sagt:
'Alles das, was mit den Menschen bisher geschehen ist und noch geschehen kann, möchte ich mit dem Attribut "göttlich" bezeichnen' - dann sehe ich keinen Grund, das abzulehnen.
Es drückt aus, dass noch Ungeahntes mit uns geschehen kann, weil wir uns selber ein Rätsel sind.

Aber auch hier versucht der Mensch, sich daraus einen Reim zu machen und schon mal zu überlegen, ob er das "göttliche Geschehen" nicht irgendwie erraten kann. Also wissen kann, worauf das hinauslaufen wird.

Jetzt muss ich mal kurz was einschalten:
Ich hab mal als Student einem - sehr liberalen - Studentenpfarrer gesagt:
"Mir wäre wirklich lieb, man würde den Begriff "Gott" abschaffen.
Und der Studentenpfarrer sagte zu meiner Verblüffung:
"Das dürfen wir nicht, denn sonst entsteht eine Leerstelle, die mit 'Führer' gefüllt wird.

Das habe ich nie vergessen, und daraus zum Teil resultiert meine Haltung:
dass wir immer aufstöbern sollten, wo man "feste" und vor allen Dingen "universalistische" Überzeugungen vorfindet, die das Schöpferische im Geschehen abdrosseln - aber nie sagen dürfen: das und das sei die Wahrheit.

Wir Menschen sind eingebunden in das Schöpferische.
Auch wenn das Schöpferische wieder auch nur ein Fragment ist, das wir in uns erkennen:
wir haben verstanden, dass dieses Schöpferische uns Menschen zerstören kann und dass es uns der Erfüllung unserer Sehnsucht näher bringen kann.
Wir können also mit dafür sorgen, der Verdinglichung des 'Rätsel Mensch' und des Rätsels allen Geschehens entgegenzuwirken.

Und jetzt noch eine etwas andere Perspektive:
Es gibt im Christentum zwei einander entgegengesetzte Positionen:

die dialektische Theologie
und die christliche Mystik

Erstere behauptet die radikale Unterscheidung zwischen Mensch und Gott, also die Unerkennbarkeit Gottes
Die Mystik sieht ein Zusammenspiel zwischen Mensch und Gott: beide hängen zusammen, befruchten einander.

Du, closs, scheinst ersterem anzugehören. Ich neige mehr zu der Sprache der Mystik.
Das, was ich sagen will, gehört also nicht in den Bereich des "Materialismus".

Dennoch ist auch die christliche Mystik und Mystik überhaupt mit Vorsicht zu genießen.
Gerade ihr gegenüber muss man besonders wach sein.

Darum also schon ist es wichtig, kein "entweder oder" oder ein "ja oder nein" zu formulieren, sondern alles in seinem Für und seinem Wider zu betrachten.

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#555 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Do 8. Okt 2015, 13:34

Münek hat geschrieben:Richtig. Paulus spricht von der Auferstehung eines "pneumatischen Leibes" (1. Kor. 15, 35-55), wobei sich dieser Geistleib jeder Vorstellung entzieht.
Stimmt - und was schließen wir daraus, wenn sich etwas unserer Vorstellung entzieht? - Dass es deshalb nicht "ist"?

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#556 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Do 8. Okt 2015, 13:52

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Richtig. Paulus spricht von der Auferstehung eines "pneumatischen Leibes" (1. Kor. 15, 35-55), wobei sich dieser Geistleib jeder Vorstellung entzieht.
Stimmt - und was schließen wir daraus, wenn sich etwas unserer Vorstellung entzieht? - Dass es deshalb nicht "ist"?
Genau! Der pneutmatische Leib existiert wohl kaum.

Im Übrigen hat "pneumatisch" was mit Luft zu tun, so wie in: " Hast auch schon deine Winter-Pneus am Auto aufgezogen?"
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#557 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Do 8. Okt 2015, 13:56

Naqual hat geschrieben: In der Gehirnforschung wurde belegt, dass wir die Entscheidung bereits getroffen haben, bevor wir sie bewusst wahrnehmen (jedenfalls bei manuellen Tätigkeiten).
Das wurde nicht belegt. :)

Gehirnforschung kann "Entscheidung" nicht überprüfen.
Hier muss man strikt unterscheiden: a. Was sagt das Experiment? b. Wie deutet man als Privatmensch das Ergebnis des Experimentes.
Gehirnforscher haben diese nassforsche Deutung: 'Juchhu, es gibt keine Willensfreiheit' längst als Übegriff beschrieben. Da hat man im Namen der Wissenschaft eine weltanschauliche Deutung gezogen: geht aber nicht.

Da gibt es übrigens einen Spektrum-Artikel, auf den Thomas im Thread "Entzaubert die Hirnforschung den Menschen" hingewiesen hatte.
http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... 70#p160289

Ich hab mir diese Spektrum-Ausgabe von September 2015 gekauft.
Ich wollte darauf in dem verlinkten Thread eigentlich noch eingehen.

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#558 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Do 8. Okt 2015, 14:01

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Richtig. Paulus spricht von der Auferstehung eines "pneumatischen Leibes" (1. Kor. 15, 35-55), wobei sich dieser Geistleib jeder Vorstellung entzieht.
Stimmt - und was schließen wir daraus, wenn sich etwas unserer Vorstellung entzieht? - Dass es deshalb nicht "ist"?
Der Geistleib entzieht sich ja nicht unserer Vorstellung.
Sonst wüsste man ja nicht davon, oder spräche nicht davon.

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#559 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Do 8. Okt 2015, 14:16

Savonlinna hat geschrieben:. Feuerbachs "Wesen des Christentums" sagt nicht das, was Du über Feuerbach schreibst. Du hast ihn vermutlich nie gelesen.
RIchtig (außer über Zitate, die einem vorgesetzt werden) - ich habe seine Rezeption zitiert. - Feuerbach gilt als derjenige, der Religion als "Einbildung" versteht - der Mensch mache Gott, den es "real" nicht gäbe.

Savonlinna hat geschrieben: Ich habe nicht von "Auflösung der Trennung von Subjekt und Objekt" gesprochen.
OK - also könnte (im konkreten Fall) "Gott" unabhängig "sein" von menschlicher Vorstellung.

Savonlinna hat geschrieben:Mich erschüttert, dass Du so wenig von dem verstanden hast, was ich die ganze Zeit rüberzubringen suchte.
Du sprichts von inner-wahrnehmungs-mäßigen Prozessen - dabei folge ich Dir doch im wesentlichen. - Mein Klärungsbedarf war nun, ob Du Dich abgrenzt von der These, dass ALLES Eigen-Projektion sei, was als "geistig" bezeichnet wird.

Savonlinna hat geschrieben:Du erwartest ein "ja" oder "nein".
RIchtig - und zwar NICHT in dem Sinne, dass nicht beides zusammen spielen könne, sondern ob Du überhaupt diese Trennung machst. - Wenn Du sagst, dass Gott unabhängig von unserer Wahrnehmung sein kann, ist es ein eindeutiges Ja, dass Gott NICHT ausschließlich Produkt der Wahrnehmung ist.

Savonlinna hat geschrieben:Das ist die Ausgangssituation des Menschen, closs, so wie ich sie verstehe. Er weiß nichts, reimt sich aber Dinge zusammen.
Da sind wir uns vollkommen einig. - Dieses "Zusammenreimen" kann man dann mit Denk-Systemen unterlegen - also sein Zusammenreimen systematisieren. - Da stimmst Du doch zu, oder?

Savonlinna hat geschrieben:'Alles das, was mit den Menschen bisher geschehen ist und noch geschehen kann, möchte ich mit dem Attribut "göttlich" bezeichnen' - dann sehe ich keinen Grund, das abzulehnen. - Es drückt aus, dass noch Ungeahntes mit uns geschehen kann, weil wir uns selber ein Rätsel sind.
Auch Zustimmung. - Unter "göttlich" verstehe ich dabei "göttlich inspiriert", aber nicht "gott-gleich" - einverstanden?

Savonlinna hat geschrieben:Erstere behauptet die radikale Unterscheidung zwischen Mensch und Gott, also die Unerkennbarkeit Gottes
Die Mystik sieht ein Zusammenspiel zwischen Mensch und Gott: beide hängen zusammen, befruchten einander.
Da sehe ich keinen Widerspruch - die "Unerkennbarkeit Gottes" ist doch Ausdruck der mystischen Suche - oder nicht?

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#560 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Do 8. Okt 2015, 14:20

Savonlinna hat geschrieben:Der Geistleib entzieht sich ja nicht unserer Vorstellung.
Sonst wüsste man ja nicht davon, oder spräche nicht davon.
Da müssten wir mal drüber reden, was "Vorstellung" ist.

Wenn es heisst, mal solle sich kein Bild von Gott machen (im Sinne von Jahwe), dann deshalb, weil die eigene Vorstellungs-Kraft nicht geeignet ist, zu einem adäquaten Ergebnis zu kommen. - Trotzdem macht man sich gleichnishafte Vorstellung davon ("Gleichnisse"/Offenbarungen").

Wenn ein Naturalist von "Vorstellung" spricht, meint er damit, dass etwas nicht vorstellbar sei, was über das Naturalistische hinausgeht. - Das sind zwie sehr unterschiedliche Entwürfe des Wortes "Vorstellung".

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